Archiv der Kategorie: Belize

Segel-Video

Mi., 15.Nov.17, Kolumbien/Santa Marta, Tag 1264, 11.850 sm von HH

Wenn wir schon feststecken in Sana Marta, dann doch produktiv.

Unser neuer Video-Clip ist online.
Über unseren elf Tage-Trip von den ABC-Inseln nach Mexiko. Die Begeisterung der Crew lässt zu wünschen übrig…die Belohnung ist dafür riesig.

Viel Spaß. :-)

 

Im Zick Zack an der Piratenzone vorbei

Mi., 17.Mai 17, Belize/Belize City, Tag 1082, 10.252 sm von HH

Der Weg aus Belize wird nicht einfach.
Wir sind zu weit nach Westen geraten, um komfortabel hier weg zu kommen.
Unser Ziel heißt ‚Providencia‘. Eine kleine Insel vor der Küste Nicaraguas, die aber zu Kolumbien gehört.

Der direkte Weg dorthin wären 500 sm.
Mit viel Glück wären die sogar segelbar, wenn der Wind nord-östlich käme. Aber an der Ecke, wo es nach Süden abknickt, gab es vor einigen Monaten zwei üble Piraten-Überfälle auf Segel-Yachten.

Im Zick-Zack nach Osten

Im Zick-Zack nach Osten

 

Die Masche war in beiden Fällen die gleiche: Die Jungs kamen längsseits und baten um Getränke, die sie erhalten haben. Ein paar Stunden später erschienen sie erneut, nur diesmal wurde nicht mehr gefragt. Nun bekamen die Eigner direkt Waffen unter die Nase gehalten. :shock:
Dreizehn Boote haben die Yacht belagert und 20 bis 25 Piraten sind an Bord gestürmt und haben die Bude leer geräumt. Neben Funk und Navigations-Elektronik wurde auch Kleidung und Alkohol mitgenommen. Alles was abschraubbar war, wurde eingesackt.

So.
Um diese Ecke wollen wir einen Umweg fahren. Einen großen Umweg. Einhundert Meilen soll unser Abstand betragen. Das schaffen wir nur, wenn wir uns weit nach Osten tragen lassen und dann erst nach Süden abbiegen.

So.
Aus dieser Richtung kommt nun genau der Wind. Wir werden also mehrere Kreuzschläge machen müssen. Die derzeitige Planung verlängert die Stecke um satte 300 sm. :shock:
Ob das so bleibt, ist nicht vorhersehbar. Vielleicht kommt der Wind nördlich, dann spart uns das Meilen, hat der Wind Südkomponenten, müssen wir sogar noch welche drauf packen.

Auf Atanga kommt Freude auf. Die gesamt Crew kann sich kaum halten vor Begeisterung.
Aber wir können nicht behaupten, wir hätten es nicht vorher gewusst. Alle Komponenten waren uns bekannt, als wir uns für Mexiko entschieden haben.
Dass wir dafür bezahlen müssen, teuer bezahlen, haben wir gewusst. :mrgreen:
Mexiko war es allemal wert.

Das Ausklarieren in Belize hat heute einfach und schnell geklappt.
Zu den drei Stellen, die wir besuchen müssen, lassen wir uns mit einem Taxi fahren. Gut angelegte 20 EUR. Kein Suchen, kein Verlaufen, kein Latschen in der Gluthitze. Können wir unbedingt so empfehlen.

Wir brechen etwas früher auf als geplant.
Nicht weil wir so heiß auf die Strecke sind, sondern das Wetter ändert sich.
Zweimal hatten wir Flaute in den letzten zwei Wochen. Gewitter und Wetterleuchten mehren sich. Die Zeit ist gekommen, zu gehen.

Unser Ankerplatz vor der Marina ist ebenfalls nur halb optimal. Bei dem auflandigem Wind liegen wir direkt vor der Steinmohle.
Der Ankergrund ist Mud und hält gut, aber bei Gewitter-Boen liegen wir hier falsch.
Das Wasser ist trüb vom lehmigen Grund und lädt nicht zum Baden ein. Schnochel-Gründe gibt es so nah am Festland nicht. Die Stadt ist etwas ab vom Schuß….
Die Zeit ist gekommen, zu gehen.

Ich hätte gerne noch einen Ausflug ins Landes-Innere gemacht, aber Achim scharrt mit den Hufen. Ihm ist die Strecke ins „Ungewisse“ nicht mehr angenehm. Sollte ein früher ‚Tropical Storm‘ kommen, wir hätten keine Fluchtmöglichkeiten auf See.
Somit ist die Zeit gekommen, zu gehen.

Wir melden uns von unterwegs.
Wie lange wir brauchen? Keine Ahnung.
Acht Tage sagt ‚Virtual Planer‘, vielleicht werden es zehn oder zwölf. Daumen drücken für acht, liebe Leute. ;-)

Belize City

So., 14.Mai 17, Belize/Belize City, Tag 1078, 10.252 sm von HH

Die größte Stadt Belizes (70.000 Einwohner) hat einen schlechten Ruf: Grusel-Stadt und Dschungel-Kaff liest man in Reiseberichten.
Als Drehscheibe für Regenwald-Exkursionen und Tauch-Urlauben, verweilen die meisten Besucher Belizes nur ein paar Stunden in der verruchten Stadt.

Das erste, was uns auffällt, wir werden freundlich gegrüßt.
Ein britisch-vornehmes ‚good afternoon‘ schallt uns entgegen. Die überwiegend schwarzen Passanten sind hilfsbereit bei der Suche nach dem richtigen Weg: „Hier geht ihr besser nicht lang. Die Nachbarschaft ist nicht die beste. Auf den großen Straßen bleiben.“

Ob Nebenstraßen oder Hauptwege, egal, häufig werden wir gefragt, ob wir „etwas“ kaufen wollen. „Hey, man, I have the best shit in town.“

Der Haulover-Creek teilt die Stadt.
Ein schmutziger Meeresarm, der mehrere Kilometer ins Land hinein reicht.
Seit die ‚Swinging Bridge‘ beim letzten Hurrikane beschädigt wurde, wird sie nicht mehr geöffnet. Die schmale Drehbrücke aus dem Jahr 1922 wurde bis letztes Jahr zweimal täglich von Hand geöffnet.
Jetzt müssen die Segel-Fischerbotte außerhalb der Stadt festmachen.
Holzhäuser stehen bis ans Ufer des Haulover-Creek. Verwittert von der Seeluft. Vermodert durch die ewig feuchte Tropen-Hitze. Morbider Charme oder Gammel?

Holzhäuser dominieren die gesamte Stadt.
Abgeblätterte Schönheiten, die ihre besten Tage hinter sich haben. Selbst in den ‚guten‘ Straßen möchte man sofort mit einem Eimer Farbe Hand anlegen.

 

Breite Entwässerungsgräben laufen durch die Stadt. Den Abwasser-Rinnen neben den Fußwegen fehlen die Gullideckel. Schmutziges Wasser sucht sich seinen Weg. Man mag es sich nicht vorstellen während der Regenzeit. Dass alle auf Stelzen bauen, hat seinen Sinn.
Die Hauptstraßen sind geteert, die Nebenwege bestehen aus Schotter. Vergitterte Fensterläden, Nato-Draht an den Eingängen, Geschäfte geben ihre Ware nur durch Gitter raus. Vertrauen erweckend wirkt das nicht.

Die Busse sind eine Klasse für sich. Ratternde alte Kisten mit aufgeplatzten Sitzkissen und einer dicken Staubschicht. Pünktliche Abfahrt einmal stündlich. Voll besetzt und viel genutzt von den Einheimischen. Touristen gibt es keine in der Stadt. Im Bus fährt nur ein Backpacker mit uns.

Wir liegen mit Atanga knapp acht Kilometer außerhalb vor der einzigen Marina vor Anker.
In die Marina können wir nicht, da die Einfahrt zu flach für uns ist.
Wir dürfen aber unser Dinghy am Steg festmachen, unseren Müll los werden und die Waschmaschine benutzen. Alles für lau. Na, das ist ja mal ein Service.
Die Marina liegt am Highway und vor der Tür halten einmal stündlich die Busse, die uns in 15 Minuten in die Stadt bringen.

In Belize City finden wir einen gut sortierten Supermarkt und natürlich den Gemüsemarkt. Endlich keine Importware, sondern frisches Obst aus hiesigem Anbau. Alles frisch und zum halben Preis wie in San Pedro. Toll.

Auf dem Markt nach der Toilette zu fragen, ein Akt der Verzweiflung. Die Belohnung ist eine ultra saubere Toilette. So wie die Toilette, so ist auch der innere Zirkel der Stadt. Es liegt auffällig wenig Müll in den Straßen.
An Belize City scheiden sich die Geister…Grusel-Stadt oder exotischer-schwüler Dschungel-Ort? Ich bin für Letzteres. Es sind mal wieder die Menschen, mit ihrem freundlichen Lächeln und Winken, die es heraus reißen.

Jahreszeiten – schmerzlich vermisst

Sa., 13.Mai 17, Belize/Robinson Cays, Tag 1077, 10.252 sm von HH

In den Tropen gibt es drei Jahreszeiten: heiß, sehr heiß und unerträglich heiß.
Wir haben ‚unerträglich heiß‘.
Schon vor dem Aufwachen erreichen die Temperaturen über 30 Grad. Wir können gar nicht so viel trinken, wie wir schwitzen.

Schon längst ist europäische Arroganz über die Unbeweglichkeit der Einheimischen einem mitfühlenden Wohlwollen gewichen. Man kann bei dieser Hitze nicht gut arbeiten. Wir verstehen, warum tageweise vor der Hütte im Schatten gesessen wird.

Vor zwei Monaten, in einer Art Winter, gingen die Temperaturen nachts runter auf 20 Grad.
Was für eine Wohltat. Durchschlafen, ohne im eigenen Saft gebacken zu werden.
Eine Jacke überziehen? Großartig. Es bildet sich Gänsehaut? Prima, der Körper funktioniert noch.

Vorbei.

Ein Projekt am Tag, lautet die Devise. Und das möglichst in den Morgenstunden. Obwohl das auch nur Spinnerei ist. Es macht keinen Unterschied, ob es beim Putzen oder beim Dinghy aufblasen, noch ein paar Grad wärmer ist.
Kochen ist was für Masochisten. Ist ja modern geworden seit ‚Shades of Grey‘. :lol:
Die können alle zu mir kommen: die Ecke in der Pantry schafft es, selbst bei Kurzgerichten, locker auf 38 Grad.

Auch mein Auge vermisst die Jahreszeiten.
In den Tropen gibt es grün, sehr grün oder grün-grün.
Wir haben grade ‚grün‘.

Von Freunden, die weiterhin Bilder von nickenden Schneeglöckchen, überquellenden Wiesen von blühendem Bärlauch und den ersten Rosenknospen posten, muss ich mich leider entfreunden. :shock:
Mangroven, Lianen, Bromelien, sind alle exotisch und aufregend. Aber es geht doch nichts über die sanftgrünen Blätter-Rosetten der Akelei, die sich zerbrechlich zart aus dem Boden schieben. Ein kleines Wunder, was sich da jeden Frühling aus der Erde dreht.

Hier agiert die Natur mit dem Holzhammer. Alles ist üppig, alles ist groß, alles grün.
Blüten sind selten. Aber, wenn ein Baum Blüten trägt, sind die groß wie Kalbsköpfe.
Meistens mit einem Hauch Plastik-Look. Grelle Farben, um Aufmerksamkeit kreischend.
Falls das nicht reicht, wird häufig noch ein betörender Duft ausgestrahlt.
Gepflegtes Understatement ist die Sache der Tropen nicht.

Die Regenzeit steht vor der Tür.
Die ersten Regentage hatten wir schon. Eine Art vierte Jahreszeit: schwül-heiß.
Allerdings ohne die Klärende Abkühlung danach, wie zu Hause.
Nun dreht die Pflanzenwelt hier völlig durch. Alles scheint zu explodieren. Die Rosenschere, achtlos im Garten vergessen, ist am nächsten Tag überwuchert. Bambus kann bis zu einem Meter am Tag wachsen. Himmel, wer denkt sich solche Pflanzen aus?

Ich liebe die Tropen. Ich liebe diese Prahlerei, diese Übertreibung der Natur.
Und wer mag sie nicht, diese lauen Sommer-Nächte? Mit Wind, wie Samt auf der Haut (da war er wieder, mein Lieblingssatz ;-) ) und einem Sternenhimmel zum Greifen nah.
Aber Jahreszeiten werden vermisst.

Robinson Point Cay

Do., 11.Mai 17, Belize/Robinson Cays, Tag 1075, 10.243 sm von HH

Die Balou ist seit gestern auf ihrem Weg nach Florida.
Wir sind allein. Denken wir zumindest. Aber weit gefehlt, unsere Ankunft wird von vielen Augen gesehen. Die meisten der Inseln sind bewohnt, was wir erst erkennen, als wir mit unserem Dinghy eine Tour durch das Gewirr unternehmen.

Fischer hausen dort in schiefen Wellblech-Hütten. Uns haben sie längst gesehen und kommen längsseits. Abgewohnte Gesellen, kein Schwiegermutter-Traum.
Der Käpt’n mit den verfilzen Locken dröhnt uns barsch an. In einer unbekannten Sprache, die an Chewbacca erinnert. Die fehlenden Zähne helfen nicht bei der Verständigung.
Sein dunkelhäutiger Gefährte, eine Art Han Solo, übersetzt: „Könnt ihr unser Handy laden?“

Wir sind verblüfft. Wenn wir mit viel gerechnet haben, aber nicht dass wir als Docking-Station tätig sein sollen. :lol:
Das Handy wechselt die Seiten. „Wir kommen heute Abend wieder. Seid ihr dann noch da?“, will Käpt’n Locke wissen. Wir nicken. „Okay, alles klar, bis später.“

Der Korallenhaufen ‚Robinson Point Cay‘ wird von Gonzales bewohnt.
Was er macht und wovon er lebt, bleibt unklar, obwohl Gonzales englisch spricht.
Er hat kein Boot und muss auf seine Fischer-Kumpels warten, die ihn mit Nahrung versorgen.
Er heißt uns herzlich willkommen auf der Insel, die in Privatbesitz sei. Der Eigentümer käme aber nur selten vorbei und würde dann mit elf Personen im Obergeschoß des Stelzenbaus wohnen.
Dass das Haus noch steht, grenze an ein Wunder. Der Hurrikane im letzten Jahr hat die Insel mit Zwei-Meter-Wellen überspült. Kaum vorzustellen, wenn man sich jetzt den Ententeich betrachtet.

Wir sollen uns gerne umsehen auf Robinson Point Cay.
Früher gab es einen kleinen Werftbetrieb auf der Insel, der aufgegeben wurde, nachdem ein schlimmer Unfall passierte. Alte Slip-Anlagen und zwei Wracks im seichten Wasser sind die stummen Zeitzeugen.

Gonzales hat frischen Fisch geliefert bekommen und bietet uns einen halben Jack. Die Bezahlung erfolgt in der härtesten Währung der Welt: in Rum.
Ich hätte ihm lieber Reis gegeben, aber er ist da klar strukturiert, was er bevorzugt.

Strom erhält er über einen Generator. Der scheint kaputt oder es herrscht Geldmangel für Sprit. Abends liegt seine Behausung komplett im Dunkeln. Manchmal blitzt kurz eine Taschenlampe auf. Ein Solar-Panel wäre fein, lässt er uns wissen.

Der Wookiee kommt abends, um sein Handy zu holen.
Kein Fisch für Euch heute, bedauert er. Ob wir etwas Salz für ihn hätten zum Kochen? Klar, kein Problem.
Unverständliche Worte rufend, zieht er seines Wegs. Wer wohl Morgen sein Handy lädt?

Atanga vor Anker

Atanga vor Anker