Frau Holle

Mo., 28.Aug.17, Kolumbien/Santa Marta, Tag 1185, 11.850 sm von HH

Es ist heiß. Brutal heiß.
Bereits um 7:00 Uhr sind 32 Grad im Salon. Jeder Handschlag führt zu Schweißausbrüchen. Arme und Beine glänzen feucht, vom Hals laufen die Rinnsale in den Ausschnitt. Zum Sitzen auf dem Sofa muss man sich ein Handtuch unterlegen, damit man nicht alles voll schweißt.

Das muss man wissen für die folgende Geschichte.

Wir brauchten neue Kopfkissen. Die alten müffeln.
Trotz Wäsche verströmen sie einen leichten Mix aus Käse und feuchtem Getreide. Kopfkissen mit Daunen sollten es sein. In Santa Marta ist sowas nicht aufzutreiben, also haben wir uns Kissen aus Deutschland mitgebracht.

Unsere alten Kopfkissen haben ein Maß von 60 x 60 cm. Erstaunlich, aber solche Kissen gibt es in ganz Hamburg nicht zu kaufen. Das sei kein Deutsches Maß, höre ich überall.
Nun sind unsere Kissenbezüge ebenfalls so klein, dass ich mit 80 x 80 Deutsch-Standard-Kissen nichts anfangen kann.

Kurzerhand überlege ich mir, die zu großen Kissen einfach kleiner zu nähen.
Kann ja nicht so schwer sein. Zwei grade Nähte, überschüssiges Material abschneiden, Arbeit fertig. :mrgreen:

Liebe Leute, nicht Nachmachen! Niemals und zu keiner Zeit.
Kauft neue Kissenbezüge, es ist einfacher.

Zu meiner Verteidigung möchte ich sagen, dass es keine (!) warnenden Hinweise in Deutschland gab.
Mehreren Personen (jawohl, ihr wisst, wen ich meine) habe ich von meinem Vorhaben berichtet und zwischen beipflichtendem Nicken und stummer Zustimmung keinen Wink der Warnung erhalten.

Zwanzig Zentimeter des Bezuges feder-frei zu schütteln erweist sich als unmöglich. Die zusammengepressten Feder richten sich sofort wieder auf. Neu und flauschig wandern sie zurück in den verbotenen Bereich.
Schließlich gebe ich auf und nähe einfach drüber. :roll:

Den zweiten Streifen federfrei zu schütteln, geht noch schlechter, weil sich nun viel zu viele Federn in einem engen Korsett befinden. Ich nähe wieder einfach drüber.

Auf dem Steg schneide ich die ‚leeren‘ Streifen ab.
Sofort fängt es an zu schneien. Durch ein kleines Loch in der Naht puhle ich überschüssige Daunen aus dem nun viel kleineren Kissen. Es ist unglaublich, wie viele Daunen in so einem Kissen stecken. Millionen.

 

Ein großer, unendlicher Schweinkram. Die feinen Daunen kleben überall fest. Am Schweiß, am feuchten T-Shirt, an der Mülltüte, am Bezug, an den Armen, überall.

Die eingenähten Daunen sind kaum aus ihrer Naht zu rupfen. Ich hab Angst, dass der noch einfache Saum aufreißt und sich eine Federwolke über mich ergießt. Nur mühsam bekomme ich die Federn raus gefummelt.

Anschließend sichere ich die neue Naht mit der Nähmaschine nochmal dreifach. Nicht, dass eines Nachts noch ein Malheur passiert.

Im Salon sieht es mittlerweile aus wie im Hühnerstall. Überall kleben Daunen dran. Auf der Haut krabbel, juckt und kribbelt es. Man macht sich keinen Begriff, wie viele Federn in so einem Kissen stecken.

Schließlich ist es geschafft, die Biester lassen sich zum Glück leicht einsaugen. Aber hätte ich man einfach neue Kissenbezüge gekauft.

2 Gedanken zu „Frau Holle

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