Sonntag gleich Kirchentag

So., 07.Apr.19, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva/Rikitea, Tag 1771, 17.385 sm von HH

Ziemlich schnell nachdem die ersten Europäer, wie James Cook, Käpt’n Bligh und spanische Konquistadoren, ihre Füße auf Südseeinseln setzten, kamen die Missionare.
Ein gutes Beispiel für das Unheil, was die christliche Kirche anrichten kann, ist das Gambier Atoll. Unter der Knechtschaft eines verrückten Priesters kamen vor 150 Jahren über viertausend Menschen um.
1834 wanderte der französische Priester Honoré Laval auf Mangareva ein. Zuerst bekehrte er den letzen König von Gambier zum Christentum, um ihn anschließend brutal zu unterdrücken.
Laval war besessen von einer Bauwut. In 37 Jahren seiner Unterdrückung, entstand in Rikitea die größte Kirche Polynesiens, die heute die Kathedrale der Südsee genannt wird. Unzählige Kapellen, neun weitere Kirchen, zwei Gefängnisse und Klöster gehen auf seine Kappe. Mit drastischen Maßnahmen zwang er die Bevölkerung seine merkwürdigen Bauwünsche umzusetzen.
Während dieser Zeit starben 90 Prozent der Bevölkerung. Nur knapp 500 Menschen überlebten.
Am Ende seiner Schreckensherrschaft wurde Laval in Tahiti des Mordes angeklagt, aber für geisteskrank erklärt.

Noch heute findet man überall Überreste seiner Bauwut. Kleine Kapellen, Torbögen, Türmchen und ein, zur Ruine verfallenes, Kloster.

Wildromantische Überreste vom Kloster

Wildromantische Überreste vom Kloster

Alles ist dem Verfall preisgegeben

Alles ist dem Verfall preisgegeben

Die Südsee-Kathedrale ist renoviert und sonntags wird zum Gottesdienst geläutet. Aufgerüscht und nett zu recht gemacht, findet sich das halbe Dorf zur Messe ein. Der Küster winkt uns trotz unserer Wanderschuhe freundlich herein und weißt uns einen Platz in der letzten Reihe zu. Auf dem Altar, verziert mit Perlmutt, soll sich eine große, schwarze Perle befunden haben, die sich heute im Vatikan befinden soll.

Die größte Kirche Polynesiens

Die größte Kirche Polynesiens

 

Gesungen (hübsch und mit Inbrunst) wird in Landessprache – in Reo Mangareva. Die Predigt erfolgt im Mix -auf Französisch und Reo. Nach kurzer Zeit verkrümeln wir uns wieder. Kein Problem. Der Küster nickt uns erneut freundlich zu. Die Kirchentür steht die ganze Zeit offen und die Locals kommen und gehen ebenfalls, wann sie Lust haben.

 

Die Versorgungslage

Do., 05.Apr.19, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva/Rikitea, Tag 1769, 17.385 sm von HH

Die Situation ist ernst, aber nicht hoffnungslos. :mrgreen:
Wenn das Versorgungs-Schiff da war, sind die Tiefkühltruhen in den Läden voll. Es finden sich Köstlichkeiten wie Entenbrust und Lammhaxen aus Neuseeland. Es gibt ganze Enten, Speck und gekochten Schinken zu kaufen. Die Preise sind ebenfalls köstlich. Eine (!) Entenbrust kostet 14 USD, Fleisch variiert im Kilopreis – zwischen 14 und 35 USD, je nach Qualität.
Da muss ein Hähnchen für zwei Tage herhalten. Die Keulen und Brust gibt es am erste Tag, gebraten mit süß-sauer Zwiebeln. Das Gerippe wird zur Brühe verkocht und zur Nudelsuppe verfeinert mit Gemüseeinlage aus der Dose und frischen „Frühlingszwiebeln“.

Obst gibt es nicht im Laden kaufen. Wir bekommen von Langzeit-Liegern den Tipp die Einheimischen in ihren Gärten zu fragen. :lol: Wir versuchen es mit ‚Banane‘. Das ist wenigstens ein Begriff, der weltweit gekannt wird. Und, oh Wunder, es klappt. Vati versteht nicht, was ich von ihm will, holt aber den Sohnemann aus dem Garten. Der übersetzt meinen Wunsch Mutti und die schleppt 15 kleine Bananen an. Nein, nein, ich soll nichts bezahlen, die bekomme ich geschenkt.
Papayas, Pampelmusen und Kokosnüsse suchen wir immer erfolgreicher auf unseren Wanderungen. Skorbut ist somit abgewehrt.

Die Pampelmusen wachen einem in den Mund

Die Pampelmusen wachen einem in den Mund

 

Gemüse ist ein echtes Problem. Knoblauch und Zwiebeln gibt es zu kaufen, mehr leider nicht. In der Botanik wächst eindeutig eine wilde Zucchini-Pflanze. Aber da hängen erst Tischtennisball große Früchte dran. Das braucht noch eine Zeit bis zur Ernte. Unsere holländischen Nachbarn haben einen Kürbis mit uns geteilt, der aus irgendwelchen dunklen Kanälen stammt.
Ich versuche mich an der Brotfrucht. Die erste bekamen wir geschenkt. Einfach so beim Spaziergang durch den Ort. Die anderen haben wir uns selber gesucht. Die Bäume wachsen überall wie Unkraut. Die Brotfrucht schmeckt wie Kartoffeln, wenn sie den richtigen Reifegrad haben. Den zu finden, war schwierig. Vier Versuche liegen hinter mir. Ist die Frucht zu reif, wird sie süß. Aber noch unreif gekocht, kann man sie als Kartoffelpüree oder Bratkartoffeln oder als Suppeneinlage verwenden. Unglaublich nahrhaft, ein paar Stücke und man ist pappsatt. Das ist übrigens die Frucht weswegen Käpt’n Bligh mit der Bounty in die Südsee kam. Man brauchte billige Nahrung für die Sklaven in der Karibik.

Der Brotfruchtbaum

Der Brotfruchtbaum

 

Noch unreife Brotfrüchte - genau richtig für die Kartoffel-Herstellung. Das Weiße ist Fruchtsaft der austritt

Noch unreife Brotfrüchte – genau richtig für die Kartoffel-Herstellung. Das Weiße ist Fruchtsaft der austritt

Das braune sind die Kerne, die entfernt werden vor dem Kochen

Das Braune sind die Kerne, die entfernt werden vor dem Kochen


Vor dem Supermarkt mit dem Internet (was übrigens viel besser ist als uns im Vorwege erzählt wurde. Problemlos kann ich Bilder hier im Blog hochladen. :-) und seit ein paar Tagen können wir sogar whats app auf Atanga empfangen und ein winziges Internet – Achim hat da mal was gebastelt) ) kann man direkt im dem Dinghy am Strand parken. Ich gehe lieber einmal durchs Dorf zu Fuß. Irgendwas fällt immer ab. Neulich habe ich einen Mann mein Suppenhuhn unter die Nase gehalten. Er hat sofort verstanden und mir von seinen noch jungen Zwiebel im Pflanzkasten etwas vom frischen Grün gegeben. Frühlingszwiebel auf polynesisch.

Und was ist mit Fisch? Schließlich leben wir ja im größten Aquarium der Welt. Der Fisch hat leider im gesamten Atoll Ciguatera. Ein Nervengift, was sich im Fisch durch seine Nahrung anreichert. Der kleine Rifffisch frisst giftige Algen und wird vom größeren Jäger gefressen. Die Kette hat begonnen, die Giftmenge addiert auf. Für den Fisch ist das total ungefährlich, für den Menschen sehr unangenehm. Die Symptome fallen unterschiedlich aus: nadelstichartiges Kribbeln an Mund und Nase oder den Händen und Füßen. Es kann Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen bis hin zur Umkehr von Empfindungen entstehen: heiß fühlt sich kalt an – kalt fühlt sich heiß an. Es kann zu Durchfall und Erbrechen, Schmerzen in den Gelenken sowie ein Gefühl von elektrischen Impulsen kommen. Die Symptome halten unterschiedlich lange an: Stunden, Tage, Wochen!
Bleibt noch der Fisch am Außenriff. Der frisst keine Rifffische, ist also genießbar. Es gibt genau einen Fischer auf Mangareva. Wir wissen auch, wo der sein Häuschen hat. Können vom Cockpit mit dem Fernglas beobachten, ob er zum Fischen fährt. Tut er nicht. Zumindest nicht, seit wie wir ihn stalken. Wenn er fährt, soll er Thunfisch, Schwertfisch oder MahiMahi mitbringen. Für 6 USD das Kilo. Es besteht noch Hoffnung. ;-)

Mont Mokoto

Mo., 25.Mrz.19, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva/Rikitea, Tag 1758, 17.385 sm von HH

Der Mokoto ist der zweithöchste Berg von Mangareva und zwingt uns in die Knie. 423 tückische Höhenmeter. Steil und unbezwingbar. ;-) Die letzten Monate waren wir einfach zu faul. Unsere antrainierte Fitness von Ecuadors Viertausendern ist während der 40 Tage Segelei seit Dezember komplett verloren gegangen.
Also, bei mir verloren gegangen, muss ich zugeben. Achim sprintet wie immer die Hänge hoch. Ich meine, es ist noch schlimmer geworden mit ihm. Rauchfrei seit sechs Monaten, das scheint was zu bringen.
Die letzen Meter verzichte ich und warte hinter der Waldgrenze auf Achim. Der gibt aber ebenfalls kurz vorm Gipfel auf. Ihm ist es zu steil ohne Bäume, die eine Rutschpartie abwärts stoppen würden.

Steiler Anstieg

Steiler Anstieg

 

 

Ungewöhnliche Bergziegen auf dem Gipfel

Ungewöhnliche Bergziegen auf dem Gipfel

Der Abstieg ist nicht minder anstrengend. Im oberen Drittel wachsen überraschender Weise kiefernartige Nadelbäume mit extrem langen Nadeln. Die verwandeln den Weg in eine Eisbahn.
So eine kleine Insel mit so einer garstigen Bergwanderung. Wer hätte das erwartet.

Mangareva - rechts das Ankerfeld - links die Perlenzüchter in der Bucht

Mangareva – rechts das Ankerfeld – links die Perlenzüchter in der Bucht

Im Hintergrund erkennt man gut das Saumriff, was Gambier umgibt

Im Hintergrund erkennt man gut das Saumriff, was Gambier umgibt

Das Versorgungs-Schiff ist da

Sa., 23.Mrz.19, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva/Rikitea, Tag 1756, 17.385 sm von HH

Wie die Heuschrecken kommen die anderen Yachten aus allen Ecken des Atolls und fallen in Rikitea ein. Es wird voll in der kleinen Bucht. Ungefähr 30 Segelboote dürften zur Zeit im Atoll verteilt unterwegs sein. Erst verstehen wir gar nicht, was das soll. Aber dann taucht der Dampfer mitten in der Nacht an der Pier auf und alles wird klar.
Großkampftag für Yachties und für die Einheimischen. Die Container schweben noch in der Luft, da stehen schon alle Schlange. Dem Verteiler am Container werden die Pakete aus der Hand gerissen: endlich ist das lang erwartete Bügelbrett mit dabei. Und Klopapier wird bereits seit letzter Woche benötigt. Großbestellungen für die Läden kommen auf den Pickup. Auch Grünzeug ist dabei. Wir entdecken säckeweise Möhren, Kohl, Zwiebeln und Kartoffeln.

Abholung direkt vom Container

Abholung direkt vom Container

Endlich ist das Bügelbrett mit dabei

Endlich ist das Bügelbrett mit dabei

 

Säckeweise Muschelschalen gehen nach Tahiti

Säckeweise Muschelschalen gehen nach Tahiti


Unsere Frische-Vorräte von der Osterinsel sind längst aufgebraucht. Wir folgen unauffällig einem der Pickups. Beobachten, wie die Säcke mit den Möhren hinten im Lager verschwinden. Soviel ist klar, heute kommt das nicht mehr in den Verkauf. Morgen ist Sonntag, da ist geschlossen. Wir versuchen es also am Montag. Hahahahaha. :-) Außer ein paar verhungerten Kohlköpfen ist von dem Zeug nichts wieder zu finden. Das hat alles längst seinen Weg in heimische Küchen gefunden.
Der Kohl ist mit Goldstaub belegt. Ein Kilo kostet 12 EUR. Da bleibt einem der Krautsalat doch glatt im Hals stecken. :mrgreen:

Garantiert Grünzeug frei Zone - die Läden in Rikitea

Garantiert Grünzeug frei Zone – die Läden in Rikitea

Diesel ist ebenfalls vom Versorgungs-Schiff zu bekommen. Der wird direkt aus dem Schiffstank in das praktische 200 Liter Fass gepumpt. Kleinere Mengen sind nicht erhältlich. Ein Segler fragt somit herum, wer Bedarf hat und kauft eines der Fässer. Mit der Handpumpe wird dann aus dem Fass in die einzelnen Kanister umgefüllt und verteilt. Mit Benzin für den Außenborder ist es das gleiche Prinzip.

Segler teilen sich ein 200 Liter Fass

Segler teilen sich ein 200 Liter Fass

Da schon mal fast alle Segler da sind, wird ein Treffen am Strand organisiert. Getränke muss jeder selber mitbringen und Pizza gibt es zum Mitnehmen aus der nahe gelegenen Pizzeria. Eine Getränke-Ausschank-Lizenz hat die kleine Bude nicht. Aber heute Pizza mit allen Belägen zur Auswahl – das Versorgungs-Schiff war ja da. Knusprige Pizza für 9,00 EUR das Stück. Der Preis ist okay, wenn man sich den Kohl vorstellt.

 

 

Insel-Wanderung

Mi., 20.Mrz.19, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva/Rikitea, Tag 1753, 17.385 sm von HH

Um die gesamte Insel führt eine sandige Piste für Autos. Aber es gibt auch einige Fußwege, die quer über Mangareva verlaufen. Dafür muss man die ungefähr zweihundert Meter hohe Bergkette überwinden, die direkt und steil hinter der Ringstraße beginnt.
Über wunderbare, schattige Waldwege gelangen wir auf die andere Seite. Üppiger Bewuchs auf beiden Seiten der Berghänge: Farne, Moos und wilde Passionsfrüchte. Zu Achims Leidwesen probiere ich alle Früchte, die wir finden. Vorsichtig zunächst nur ein Stückchen, um zu sehen, ob mir schlecht wird. Es schmeckt auch nicht alles wirklich gut. Die Passionsfrüchte sind leider bitter, klein und hart und glatt wie Tischtennisbälle sind sie kaum zu knacken.

Ein echter Seemann hinterlässt auch Lianen schön aufgeschossen

Ein echter Seemann hinterlässt auch Lianen schön aufgeschossen

 

 


Auf der anderen Seite der Insel wohnen die Perlenzüchter. Im Gambier Archipel gibt es die besten ‚Schwarzen Perlen‘ der gesamten Südsee. Das Wasser ist kühler hier im Süden und die Bedingungen sollen optimal für gute Ernte sein.
An Bojen hängen die Perlenzüchter Drahtgitter auf, an denen die Austern bzw. ihre Perle wachsen sollen. Die Buchten auf der Nordseite sind bunt gesprenkelt mit Bojen. Vor lauter Gittern ist dort kein Durchkommen mehr. Über dreißig Perlenzüchter haben ihr Auskommen auf der Insel. Die Nachfrage nach der schwarzen Tahiti Perle ist vor allem in Asien ungebrochen. Da wundert es nicht, dass sich die größten Perlen-Farmen in chinesischer Hand befinden.

Perlenzucht

Perlenzucht

In der Bucht vor Rikitea liegen wir zur Zeit mit zehn Segelbooten. Es ist ein Kommen und Gehen. Zu den anderen Inseln des Atolls ist es nicht weit. Drei Kilometer, fünf oder auch mal acht Kilometer. Die Schlechtwetterfront ist durch, der Regen hat aufgehört. Das Wasser wird jeden Tag klarer und blauer. Allerdings hält der kräftige Wind noch an. Das ist nicht so schön zum Dinghy fahren, dafür haben wir Strom im Überfluss. Dreimal zwanzig Liter Wasser können wir täglich produzieren – plus Trinkwasser. Endlich mal mehr als wir verbrauchen. Die Tanks füllen sich. Brauchwasser kann man auch im Ort bekommen, aber wer hat schon Lust die Kanister zu schleppen?
So langsam weht ein Hauch Südsee über uns hinweg.

Bucht von Rikitea - Atanga liegt ganz rechts außen

Bucht von Rikitea – Atanga liegt ganz rechts außen