27.08.-29.08.24, Australien/QLD/Middleton+Boulia, Tag 272-274 Roadtrip, 21.434 km total, Tages-km 189+192
Hinter Winton gibt es landschaftliche Veränderungen. Zögerlich zuerst. Wir bleiben im Weideland, allerdings ist dies jetzt nicht mehr eingezäunt. Hinter jeder Kurve – ein seltenes Ereignis – kann eine Herde Kühe stehen. Die Straße ist asphaltiert, aber so schmal, dass wir runter vom Belag fahren müssen, wenn uns ein Viehlaster entgegenkommt. Im Grunde existiert diese Straße überhaupt nur für den Viehtransport und ein paar bekloppte Touristen.
Wir teilen die vierhundert Kilometer bis nach Boulia durch eine Übernachtung nach der Hälfte der Strecke. Am Hotel Middleton. Hotel nannten sich die Stationen, als hier noch Kutschen statt Automobile fuhren. An den Hotels, die ungefähr 30 Kilometer auseinander lagen, wurden die Pferde gewechselt. Hier in der Region fuhren die Kutschen der Firma ‚Cobb & Co.‘ . Sie war die Lebensader im Outback bis 1915.
In Spitzenzeiten hatte Cobb & Co. neuntausend Pferde, verteilt auf 7.750 Kilometer. Die Tagesstrecke – ungefähr 80 Kilometer – kostete einen durchschnittlichen Wochenlohn. Viele Reisende konnten sich das nicht leisten, aber Post und Waren aller Art wurden ebenfalls durch Cobb & Co. transportiert.
Middleton ist eins der letzten originalen Hotels aus der Kutschenzeit und gleichzeitig einer der abgelegendesten Pubs in Australien. Betrieben von drei Leuten. Einem älteren Ehepaar und ihrem Sohn. Die „Hotel“-Unterkünfte sind bessere Verschläge neben dem Hauptgebäude.
In der Mitte von Nichts taucht auf einmal eine kleine Ansammlung von Häusern und Schuppen auf. Jeder Besitzer von Middleton scheint etwas an- oder umgebaut zu haben. Camper wie wir dürfen auf der anderen Straßenseite kostenlos übernachten. Eine baufällige Überdachung und ein paar windschiefe Tische stehen zur Verfügung. Wer Dusche und Toilette des Hotels benutzen möchte, wird um eine Spende für die australischen ‚Flying Doctors‘ (die es noch immer gibt) gebeten.
Cooler Ort, der ein wenig das Gefühl vermitteln kann, wie es zu Kutschenzeiten gewesen sein kann.
Nach Middleton verändert sich die Landschaft nun aber wirklich.
Die Weiden sind immer spärlicher mit Gras bewachsen. Aber es bleibt Rindvieh-Land. Einsam stehen Briefkasten-Tonnen an der Piste. Irgendwo hinter einer staubigen Straße liegt das Wohnhaus der Farmer. Wer hier wohnt, der sucht die Abgeschiedenheit.
Boulia ist wegen der Rindviecher komplett eingezäunt. Über die Straße führt ein Gitter – Auto und Menschen kommen rüber, Tiere nicht.
Der Campingplatz in Boulia liegt an einem dauerhaft wasserführenden Fluss. Männer der glücklosen und etliche Leben kostende Expedition um Burke & Wills, die Australien 1862 von Süd nach Nord queren wollten, haben bereits hier campiert.
Boulia hat 314 Einwohner und einmal im Jahr ist hier die Hölle los, wenn im Juli ein Kamelrennen statt findet. Uns zeigt sich Boulia verträumt. Ein Dutzend Mit-Camper stehen auf dem hübschen Platz mit großer Rasenfläche. Dank Fluss und der riesigen Wasserblase unterhalb Australiens, wird Tag und Nacht der Rasen gesprengt.
Im Spätwinter – jetzt – folgt kühlen Temperaturen eigentlich eine Übergangszeit mit moderatem Klima. Nix da. Wir haben nachmittags bereits 37 Grad. Die Frau im Souvenir-Geschäft weiß Bescheid: „Wenn es mal auf über 35 Grad gestiegen ist, bleibt es auch so. Der Frühling fällt aus dieses Jahr.“
Na, das sind ja erwärmende Aussichten für die nächste Zeit. Die nächste Etappe wird Schotterpiste und Internet frei.