Tag  8 nach Osten – Windgeschenke

23.Mai.25, Pazifik, Tag 4.010, 28.993 sm von HH

18 Stunden bleiben wir auf unserem Kreuzschlag in nördliche Richtungen. Und die Wettergötter sind gnädig mit uns. Sie schicken Wind aus Süd-Ost. Zeitweise schaffen wir 40 Grad anzulegen. Der Wind ist schwach. Unsere Geschwindigkeit auch. Wir bleiben dauerhaft unter drei Knoten.

Friedlich geht es in die Nacht. Atanga treibt aufrecht in nord-östliche Richtungen, Dass wir überhaupt segeln können …

Um 2:00 Uhr morgens dreht der Wind auf 80 Grad zurück. Wir wechseln auf den anderen Bug. Innerhalb einer Stunde schifftet der Wind auf Nord.150 Grad, 140 Grad, 100 Grad.  Für herrliche vier Stunden können wir direkt aufs Ziel zu segeln. Bekommen Strömung geschenkt und schaffen 4 Knoten Speed. Danke Neptun oder wer dafür verantwortlich ist.

Für vier Stunden können wir aufs Ziel zu segeln.

Gegen Mittag stirbt der Wind. Wir starten den Motor. Es sind noch 142 Meilen. Die können wir jetzt schaffen, mit dem Diesel, den wir noch haben. Es soll flautig bleiben. Aber was sollten wir nicht schon alles an Wind haben und es kam ganz anders.

Tag 7: etmal 74 Meilen, davon 57 gut gemacht zum Ziel; 138 Meilen Rest; bereits gesegelt 721 Meilen.

Die Pantry serviert Wraps mit frischem Krautsalat, Zaziki und Paprika.

Während ich dies schreibe, kommt gerade dieser junge Squall hinter uns her. Gleich gibt es eine Bootswäsche.

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Tag  7 nach Osten – Auf der Kreuz

22.Mai.25, Pazifik, Tag 4.009, 28.859 sm von HH

Wir lassen die Maschine noch einmal sechs Stunden arbeiten. Dann kehren neun Knoten Wind zurück. Wir wollen Diesel sparen und packen die Segel aus. Es geht so gerade eben: mit 2,5 Knoten 25 Grad nach Norden. Friedlich schwebt Atanga mit Vollzeug über den Ozean.

Ich mache es mir während meiner Nachtwache gemütlich im Salon, Süßigkeiten und Getränk in Reichweite. Plötzlich höre ich mehr Wind. Prima! 13, 14, 15 Knoten. Wir können höher an den Wind. Die Freude währt eine Viertelstunde. Der Wind nimmt weiter zu. Es ist stockdunkel. Ein Squall? Ich kann es nicht wirklich erkennen.
Dann zwanzig Knoten Wind. Ich übernehme das Ruder, gehe so hoch an den Wind wie möglich, um Druck aus den Segeln zu nehmen. Das kann ich besser als die Windsteueranlage.

Die lebende Windsteueranlage

Atanga liegt auf der Backe. Ich mag es lieber, wenn Schräglage sich langsam steigert. Hab ich schon mal erzählt, dass ich ein Krängungs-Schisser bin? Zehn Jahre, elf Monate, und zwanzig Tag unterwegs mit dem Kahn und ein kleiner, dummer Teil in meinem Gehirn glaubt noch immer, dass das Schiff umkippen könnte. :mrgreen:

Ich steuere Atanga zwanzig Minuten durch die Nacht. Ein Squall ist es wohl nicht. Es regnet auch nicht. Der Wind nimmt weiter zu. 24 Knoten. Pfui. Grade als ich Achim rufen will zum Reffen, erscheint sein verschlafenes Gesicht im Cockpit.“Ich roll aus dem Bett, was ist los?“

Nach dem Reffen kehrt wieder Ruhe ein. Zu Lasten von Höhe und Geschwindigkeit. Wir sind nicht viel schneller als mit wenig Wind. Dieser starke Wind existiert in der Vorhersage nicht. Eigentlich sollte wieder Totenflaute kommen.
Zum Morgengrauen geht der Wind spontan zurück auf neun Knoten. Wir reffen aus. Versuchen einen Schlag nach Süden zu machen. Ein hoher Schwell, der von sonst wo kommt und die noch vorhandene Windwelle vereiteln diesen Plan. Mit 1,5 Knoten auf 170 Grad. Das ist grober Unfug. Wir wenden nach Norden. Das geht besser. 2 Knoten, 30 Grad. Gegen diese Welle von vorne anzumotoren hat keinen Sinn.

Das Kreuzen hat begonnen, Freunde der Sonne. Nicht mal die Hälfte unserer heute gesegelten Meilen haben wir zum Ziel gut gemacht.

 

Tag 7: etmal 63 Meilen, davon 27 gut gemacht zum Ziel; 195 Meilen Rest; bereits gesegelt 647 Meilen.

Die Pantry serviert Nudelsuppe mit Würstchen.

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Tag  6 nach Osten – In die Flauten-Falle gefahren

21.Mai.25, Pazifik, Tag 4.008, 28.796 sm von HH

Als wir im Flautenloch ankommen, haben wir noch fünf Knoten Wind. Segeln nicht mehr möglich, wir werfen die Maschine an. Aber wohin? Auf das Ziel zuhalten? Oder besser südlich fahren, um den Winkel für zukünftige Winde zu verbessern?
Die verschiedenen Vor- und Nachteile werden auf neutralem Crew-Niveau diskutiert.
Wir entscheiden uns fürs draufhalten (Fehler???) Wir motoren Richtung Osten. Dank Abwesenheit von Wind und Welle schaffen wir fünf Knoten in der Stunde. Immerhin.

Nach genau 24 Stunden nimmt der Wind wieder zu. Neun, vielleicht zehn Knoten. Der kommt nun genau von vorne – 80 Grad. Zielkurs – 76 Grad.
Das kostet Speed. Atanga nickt sich tapfer vorwärts, aber die Geschwindigkeit sinkt auf 3,5 Knoten. Um mit so schlechter Leistung zum Endziel zu gelangen, reicht unser Diesel nicht.

Wider besseres Wissen versuchen wir zu Segeln. Zu wenig Druck. Die Segel stehen zwar, aber unser Wendewinkel beträgt 170 Grad. :lol:
Wir haben die Wahl: 5 Grad nach Norden zu segeln oder 175 Grad nach Süden. Mit zwei Knoten Vortrieb. Wir versuchen alle Tricks. Trinkwasser aus dem vorderen Tank ablassen – immerhin 350 Kilo – ist der einzige, den wir auslassen.

Die Diskussion über unsere Optionen hat das Crew-Level verlassen. Es ist eine Ehegatten-Diskussion daraus geworden. :mrgreen:

1.) Doof nach Norden oder Süden segeln.
Dabei liegt das Schiff stabiler als beim Treiben. Allerdings ist es schwer zu ertragen, sich das auf dem Plotter zu betrachten ohne verrückt zu werden. „Noch 94 Tage bis zum Ziel“, ätzt die Anzeige.

2.) Auf der Stelle treiben und warten bis der Wind zurück kommt.
Das würden wir machen, wenn wir nach Westen segeln würden. Im Passatgürtel kommt er schon irgendwann, der Süd-Ostpassat.
Und genau der ist auch angesagt ab Samstag. Leider mit bis zu 26 Knoten.
In der Atanga-Welt macht segeln ‚hoch am Wind‘ bis genau 18 Knoten ‚true wind speed‘ Spaß. Alles darüber hält aufs Segel- und Menschenmaterial. 

Bevor dieser Wind kommt, wollen wir eigentlich in der Hafenkneipe sitzen. Da wird aber unser Diesel nicht reichen.

3.) Maschine wieder an und weiter motoren
– bis mehr Wind kommt
– bis Diesel alle

Die gemeinschaftliche (!) Entscheidung fällt auf die dritte Option.
Der Jokel läuft. Tschüss, bis Morgen.

Tag 6: etmal 110 Meilen (heute nur 11 Stunden, wir haben die Uhren zurück gedreht, damit es nicht schon um 17:00 Uhr dunkel wird), davon 108 gut gemacht zum Ziel; 222 Meilen Rest; bereits gesegelt 584 Meilen.

Die Pantry serviert die zweite Rutsche Hühnersuppe – auf asiatisch getrimmt mit Oyster Sauce und Mais.

Dieses Blau – immer wieder schön.
24 Stunden motoren wir durch dieses ruhige Flautenwasser. Jetzt ist es wieder deutlich kappeliger.

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Tag 5 nach Osten – Ein Unterwasserberg

20.Mai.25, Pazifik, Tag 4.007, 28.686 sm von HH

Unser Wind hat sich in den letzten 24 Stunden gravierend geändert: aus 12 Knoten sind 14 geworden und aus 170 Grad 150. :mrgreen: Atanga zieht unbeirrt ostwärts. Schnurgerade aufs Ziel zu. Wir sind weiter arbeitslos und vertrödeln die Zeit.

Die Stunden der Nachtwache ziehen sich wie Kaugummi. Solange, bis ich in meiner Nachtwache aus Langerweile am Plotter auf unsere Kursline zoome, um zu sehen, wie groß die Schlenker sind, die wir segeln. Mich trifft im ersten Moment der Schlag. Ich sehe nur dunkelblau. Und dunkelblau bedeutet flach. Sechs Meilen vor uns lauert eine Untiefe. Die wird erst beim extremen Zoomen sichtbar. Fünfzehn Meter an der flachsten Stelle.

 

Kelso Bank, grade sechs Meilen breit. Mitten im Ozean. Versteckt unter Wasser, versteckt auf der Seekarte – nur zu entdecken beim extremen Zoomen. Mir ist es unheimlich darüber zu fahren. Wer weiß, was da lauert?

 

Das reicht für uns natürlich zum drüber Segeln.
Ich möchte das nicht. Um uns herum ist es 2500 bis 3000 Meter tief. Was für Wellen mag dieser Berg erzeugen? Ich luve hart an, um südlich an der Untiefe vorbei zu kommen. Keine Meile zu früh. Atanga schrappt mit zwei Meilen Abstand vorbei. Das Wasser wird zunehmend kabbelig. Wir wackeln von einer Seite zur anderen. Verschiede Strömungen geben Schub nach vorne oder bremsen uns aus.
Nach einer guten Stunde ist alles wieder normal.

Auf der Sonarkarte erkennt man den plötzlichen Anstieg noch besser. Der lila Strich ist Atangas Kurslinie.

In der letzten Stunde von Tag fünf wird der Wind jetzt schwächer und schwächer. Wir können noch knapp segeln. Eine dicke Wolkendecke baut sich vor uns auf. Leichter Nieselregen hat begonnen. Wir haben das Konvergenzband erreicht, was das Ende unseres Südwindes markiert.

Tag 6 wird dann wohl eine Änderung unseres Törns nach Osten einläuten.
Wir können unser Glück nicht fassen, die erste Hälfte so einfach geschafft zu haben (Tag ein wird als grober Unfug verbucht, Schwamm drüber [obwohl! – hätte so nicht sein müssen nach 18 Monaten Segelpause ;-) ]) .
Der Routenplaner hatte vor unserer Abfahrt ausgerechnet, dass wir 122 Wenden fahren müssen. Bislang waren es zwei Kreuzschläge. Glücksschweine.

Ende mit Wind am Ende von Tag fünf.

Tag 5: etmal 97 Meilen, davon 97 gut gemacht zum Ziel; 332 Meilen Rest; bereits gesegelt 474 Meilen.

Die Pantry serviert Kartoffelsalat mit paniertem Hühnchenfilet (‚ready to eat‘ aus dem Kühlregal – gar nicht schlecht, nur in der Pfanne noch kurz anwärmen)

Viel Sonne hatten wir noch nicht auf diesem Törn. Einen halben Tag. Den Rest der Zeit ist es grau und sogar regnerisch.

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Tag 4 nach Osten – Was für ein Wind!

19.Mai.25, Pazifik, Tag 4.006, 28.589 sm von HH

Seit 36 Stunden kommt der Wind konstant aus 170 Grad. 36 Stunden konstant zwischen 12 und 14 Knoten. Der Windmesser steht wie eingefroren. Kaputt? Wir klopfen schon dagegen.
Wir können uns nicht an so einen konstanten Wind erinnern. Der macht uns arbeitslos. Kein zuppeln an den Schoten nötig. Die Segel stehen perfekt. Das Ruder ist festgesetzt, die Windsteueranlage ist die einzige an Bord, die arbeitet. Im Logbuch kann man von der Zeile zuvor abschreiben.
Phan-tas-tisch.

Der Wind ist nun seit einer Stunde um zwei, drei Knoten abgeflaut. Da es weder eine Windsee noch nennenswerten Schwell gibt, schlagen die Segel auch bei mickrigen neun Knoten Wind nicht. Weniger als drei Knoten Speed sind noch übrig. Zu Fuß wären wir schneller. Aber wir lassen es laufen. Die Vorhersage behauptet, dass neuer Wind im Süden in Arbeit ist, der soll uns einholen. Vor uns lauert angeblich eine Flaute.

Tag 4: etmal 94 Meilen, davon 94 gut gemacht zum Ziel; 439 Meilen Rest; bereits gesegelt 392 Meilen.

Die Pantry serviert eingekochtes Gulasch.

 

Absolut nichts zu tun – außer essen …

… viel essen!

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