Di., 29.Jan.19, Chile/Osterinsel/Hanga Roa, Tag 1703, 15.744 sm von HH
Wie beim Moai-Transport und beim ‚warum gibt es überhaupt Moai‘, so heißt es auch bei den Augen der Moai: „genaues weiß man nicht“. Ein fast komplettes Auge hat man in Anakena im Sand gefunden. Das ist heute im Museum ausgestellt. Daneben entdeckte man noch einige Dutzend Augen-Fragmente – eigentlich zu wenig, um die These zu stützen,dass alle Moai Augen hatten. Andererseits ist das Material empfindlich und leicht vergänglich.
Die Augen sind aus Koralle gefertigt mit einer Pupille aus dem gleichen roten Tuffstein, wie die Kopfbedeckungen. Sicher ist, dass die Augenhöhlen nicht im Geburts-Krater fertig gemeißelt wurden, sondern erst, wenn ein Moai bereits auf seinem Ahu, seiner Plattform, stand. Alle Moais, die den Transport nicht überlebten, fehlen die fertigen Augenhöhlen. Ob ihnen dann dauerhaft die weißen Augen eingesetzt wurden, ist ungewiss.
In Hanga Roa, dem einzigen Ort der Insel, steht ein restaurierter Moai mit nachgebildeten Augen. Den Blick leicht himmelwärts gerichtet, wie es bei Moai üblich ist.
Die Ahu-Dichte ist enorm. Schaut man sich auf der Karte die Standorte an, so findet sich alle paar Kilometer eine Plattform einmal um die gesamte Insel herum. Seit den 50er Jahren wurden ungefähr 40 Moai wieder aufgerichtet. Von 288, die jemals auf einem Ahu standen. Das muss einen phantastischen Anblick gegeben haben.
Es gibt übrigens auch einen Ahu ‚Atanga‘. Leider im straßenlosen Norden der Insel. Dieser Ahu hat die Form einer Rampe, wie sie Wasserski-Läufer benutzen. Ein gefundenes Fressen für Erich von Däniken. Sah er doch in dieser Rampe eine Ufo-Startbahn. Dazu die Alien-Finger der Moai und seine Außerirdischen-Theorie war perfekt.
Die Größenentwicklung der Moai ist erstaunlich. Vor 1200 Jahren als der Spaß begann, waren die Moai kaum größer als ein Mensch. Die letzten Moai, grade 300 Jahre alt, sind bereits zehn Meter hoch inklusive ‚Hut‘.
Do., 24.Jan.19, Chile/Osterinsel/Hanga Roa, Tag 1698, 15.744 sm von HH
Wir leihen uns erneut ein Auto, um uns die zweite Hälfte der Insel anzuschauen. Immer auf der Suche nach Moai. Wir können uns nicht satt sehen an diesen so exzellent verkniffenen Mündern. Am einzigen Sandstrand der Osterinsel (ein zweiter Strand wurde vor ein paar Jahren von einem Tsunami fortgespült) werden wir fündig. Anakena ist ein attraktiver Ort, endlich mal einer mit Schatten. Die Palmen sind in den 60er Jahren aus Tahiti eingeführt worden.
Vier Moai Prachtexemplare und drei Stummel stehen am Strand von Anakena. Von hier aus soll vor 1300 Jahren die Besiedelung der Osterinsel begonnen haben. Ein Kanu mit Menschen aus Polynesien, vielleicht den Marquesas, landete mit Tieren und Pflanzen im Kanu an dieser Stelle.
Die Statuen sind so gut erhalten, dass sogar ihre Bauchnabeln und ihre Hände zu erkennen sind. Diese erinnern an Hände von Außerirdischen. Ein gefundenes Fressen für Spinner. Die Moai wurden nach ihrem Umsturz vom Sand begraben und hervorragend konserviert.
Ein einzelner bulliger Moai steht etwas abseits. Dieser war der erste, der in der Neuzeit wieder aufgerichtet wurde. Thor Heyerdal zeigte, dass ein tonnenschwerer Moai mit Hilfe von Holzstangen und einer Steinrampe hingestellt werden konnte. Sein Team benötigte allerdings achtzehn Tage für das Experiment. Etwas abseits liegt noch ein zerbrochener Moai, der die unfertigen Augen aus der Steinbruch-Auslieferung aufweist. Ein klares Indiz, dass er nie auf der Plattform gestanden hat. Er ist vielleicht beim Aufrichten zerborsten. Ich möchte nicht der arme Kerl gewesen sein, der im Steinbruch beichten musste: „Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, aber ich habe deine Arbeit von mindestens einem Jahr umkippen lassen. Ohps …“
Vier Moai tragen wieder ihre Kopfbedeckungen von denen keiner weiß, ob es sich um einen Hut oder die Darstellung von Haar mit dem verbreiteten polynesischem Knoten handeln soll. Die meisten „Hüte“ sind beim Sturz zerbrochen und konnten den Moai nicht wieder aufgesetzt werden. Die Hut-Fabrik befindet sich in einem anderen Krater als die Moai-Werkstatt.
Kilometerweit liegen die beiden Krater auseinander. Im Krater ‚Puna Pau‘ gibt es roten, leichten Tuffstein, der einfach zu bearbeiten war. Auch in ‚Puna Pau‘ wurde die Arbeit einfach stehen und liegen gelassen. Ein Dutzend ‚Hüte‘ liegt fertig bearbeitet bereit. Aber niemand ist mehr zur Abholung erschienen.
Am Ahu Akivi stehen sieben Moai. Sie sind die einzigen auf der Insel, die Richtung Meer blicken. Aber die Blickrichtung täuscht, denn ein Moai hatte immer auf das Dorf und seine Nachfahren zu schauen, um ‚Mana‘ abgeben zu können. Und tatsächlich wurden Überreste eines Dorfes zwischen den Moai und dem Meer gefunden. Somit schauen diese Moai nur scheinbar Richtung Ozean. Die Moai-Welt ist also auch im Inselinneren geordnet. Die Moai im Licht der noch tiefstehenden Morgensonne ist ein bewegender Anblick. Viel ruhiger und gelassener wirken die Inland-Statuen als ihre Kameraden, die am Ufer mit der tosenden Brandung wohnen.
Wir sind so angefixt von den Moai, dass wir sogar versuchen mit unserer 10-Tages-Karte noch einmal in den Geburtskrater eingelassen zu werden. Aber der Typ am Häuschen passt auf: „Nur gültig für einen Besuch!“ Schade, so bleiben die Moai ein im wahrsten Wortsinn ein einmaliger Anblick im Leben.
Mo., 21.Jan.19, Chile/Osterinsel/Hanga Roa, Tag 1695, 15.744 sm von HH
Endlich Moai. Den ganzen Tag Moai. Moai satt. Die berühmten Stein-Statuen der Osterinsel. Moai in Reihe, Moai am Hang, Moai mit dem Gesicht im Dreck. Kleine Moai, große Moai. Um zu den Moai zu gelangen, mieten wir uns ein Auto für 60 EUR. Nicht ganz preiswert, aber mit einer organisierten Tour, die einen über die Insel hetzt, wollen wir nicht fahren. Es gibt praktisch nur eine Straße auf der relativ kleinen Osterinsel (27 Kilometer in der längsten Ausdehnung). Wer abends mehr als 80 Kilometer auf der Uhr hat, macht etwas falsch.
Rano Raraku
Wir steuern direkt den Höhepunkt der Insel an: den Krater Rano Raraku. Dieser Krater ist die Geburtsstätte der Moai. Schon bei der Anfahrt sieht man die Statuen im Hang stehen. Die Faszination dieses Ortes springt sofort auf uns über. Die Anzahl der fertigen und halbfertigen Moai ist überwältigend. 397 Moai sind hier registriert. Und zweifellos sind noch weitere verschüttet.
Der Ort gleicht einer Geisterstadt in der Arbeiter eines Tages alles stehen und liegen gelassen haben und nie zurück kehrten. Sogar ihre Arbeitswerkzeuge, einfache Keile aus härterem Gestein, fand man neben den halbfertigen Moai einfach fallen gelassen, so als sollte Morgen die Arbeit weiter gehen. Aber am nächsten Tag kehrte niemand in den Steinbruch zurück. Von ungefähr 250 Jahren hörte von einem Tag auf den anderen die exzessive Produktion der Moai einfach auf …
Die Moai wurden auf dem Rücken liegend aus dem weichen Tuffgestein gemeißelt. Liegend erhielt er seine Gesichtszüge, die Details des Torsos und seine Arme. Lediglich die Einzelheiten der Augen fehlten. Die bekam ein Moai erst an seinem Bestimmungsort eingemeißelt.
Am Ende schlug man den Rücken keilförmig aus der Felswand heraus und ließ den Moai mit einem System von Seilen und Rollen den Abhang hinunter gleiten. Dort wurde er in vorher ausgehobene Gruben gestellt, damit der Rücken fertig bearbeitet werden konnte. Die Moai im Hang sind weder restauriert, noch wurden sie hier von Archäologen aufgestellt. Sie stehen so, wie die Steinmetze sie zurück gelassen haben. Nachdem der Steinbruch verlassen wurde, rutschen Erdreich und das Geröll der Meißel-Arbeit ab und begruben die weiter unten stehenden Moai. Die Köpfe, die heute zu sehen sind, haben alle einen Körper. Thor Heyerdal grub einen der Moai aus, um diese Theorie zu beweisen.
Die offensichtliche Besessenheit immer mehr und immer größere Moais zu bauen, führte zu einem Moai-Stau am Kraterhang. An Steinen und Baumeistern mangelte es nicht. Die Verknappung von Holz auf der Insel machte es zunehmend schwieriger, die Moai aus dem Steinbruch abzutransportieren.
Vom Fuß des Kraters traten die Moai ihren Weg über die Insel auf sogenannten ‚Moai-Straßen‘ an. Sie wurden zu ihrem Ahu gebracht. Einem Steinpodest auf dem die Moai aufgerichtet wurden. Ob sie auf einer Art Schlitten liegend oder auf Rollen stehend transportiert wurden, darüber herrscht unter Wissenschaftlern Uneinigkeit. Alles ist möglich. Sämtliche Theorien konnten mit den Mitteln, die den Insulanern damals zur Verfügung standen, erfolgreich nachgestellt werden. Der Transport war für den frisch geborenen Moai lebensgefährlich. Stein-Leichen pflastern die Straßen. Über die weite Ebene verstreut, liegen alle hundert Meter zerbrochene Moai. Ein zerbrochener Moai war wertlos, da er sein Mana (Kraft, Energie, Spiritualität) ausgehaucht hatte. Er wurde achtlos liegen gelassen und man wandte sich dem nächten Koloss zum Transport zu. Die Arbeit von ein, zwei Jahren war dahin.
Angesichts dieser unglaublichen Ressourcen-Verschwendung scheint es nicht verwunderlich, dass diese Kultur unter gegangen ist. Als 1722 die Osterinseln von Europäern entdeckt wurde, schien die Moai-Welt noch in Ordnung. Aber bereits 50 Jahre später, als Thomas James Cook die Osterinsel besuchte, berichtete er von umgestoßenen Statuen. Weitere 60 Jahre später stand kein einziger Moai mehr auf seinem Ahu und es ist ein körperlich schlechter Zustand der Insulaner überliefert.
Tongariki
Nur ein paar Kilometer weiter befindet sich Tongariki. Wenn man mit dem Auto um die Ecke biegt, macht einen der Anblick sprachlos. Mit heruntergeklappter Kinnlade betreten wir das Gelände.
Fünfzehn Moai stehen auf ihrem Ahu. Wie auf allen Ahu waren auch hier die Moai umgekippt worden. Dabei hat man sorgfältig darauf geachtet, dass die Moai mit dem Gesicht im Dreck landen. Warum? Es ist nicht überliefert. Uns erscheint die Theorie am wahrscheinlichsten, dass die Rapa Nui merkten, dass sich trotz des besessenen Baus von Moais ihre Lage kontinuierlich verschlechterte. Dabei sollten die Moai doch ‚Mana‘ auf ihre Erbauer abgeben. Als man merkte, dass dies nicht funktionierte, gab man die Moai auf und wandte sich dem Vogelmann-Kult zu. Vielleicht war es aber auch ganz anders. Vielleicht gab es Stammes-Fehden, die zum Umsturz der Moai führten. In den 90er Jahren konnten in Tongariki – mit Hilfe eines gesponserten Krans einer japanischen Baufirma – alle 15 Moai wieder aufgerichtet werden. Und bieten heute diesen spektakulären Anblick.
Die fünfzehn Moai in Tongariki stammen aus unterschiedlichen Perioden, wahrscheinlich mehrere Jahrhunderte. Die Gestalt ist ähnlich. Nur in Größe und bei den Details finden sich Variationen.
Rano Kau und Orongo Fr., 18.Jan.19, Chile/Osterinsel/Hanga Roa, Tag 1692, 15.744 sm von HH
Wie läuft das hier auf der Osterinsel? Die Kult-Stätten mit den Moais, Petroglyphen, Höhlen und Kratern sind über die gesamte Insel verteilt. Daher hat man praktischer Weise die gesamte (fast die gesamte) Osterinsel zum Nationalpark erklärt. Man kauft einmalig eine Eintrittskarte für üppige 72 EUR pro Person und diese Karte wird an den einzelnen Sehenswürdigkeiten abgestempelt. Die drei Mega-Highlights darf man nur einmal besuchen mit einem bezahlten Eintritt. Außerdem hat die Karte nur eine Gültigkeit von 10 Tagen. Für Touristen, die mit dem Flugzeug kommen, kein Problem. Für Touristen auf ihren Segelbooten mit gesperrtem Hafen tickt die Uhr.
Öffentliche Verkehrsmittel gibt es nicht. Wer zu den Stätten möchte, muss eine organisierte Tour buchen oder sich ein Auto mieten. Außer Rano Kau. Den nahe an Hanga Roa liegenden Krater erreicht man über eine Wanderung von sechs Stunden (hin- und zurück) auch zu Fuß.
Wir wählen den Marsch statt Touristenbus. Unser Weg führt uns an der Nordwest-Flanke des Krater hoch auf 300 Meter. Wir stoßen auf einen zaghaften Versuch der Wiederaufforstung der komplett entwaldeten Osterinsel. Eukalyptus, Zypressen und ein paar Palmen bilden einen lichten Wald. Der Rest der Strecke ist baumlos. Der wiesenartige Bewuchs erinnert an Europa: Klee, Binsen, Diesteln, Lupinen und etwas Bärenklau. Die angeblich dreitausend halbverwilderten Pferde auf der Osterinsel sorgen für einen flachen Bewuchs.
Der perfekt kreisrunde Kessel des Kraters Rano Kau ist zweihundert Meter tief und hat einen Durchmesser von einem Kilometer. Wie ein Flickenmuster wirken die Schilf-Inseln im Kratersee. Interessanter Weise ist es das gleiche Schilf, was am Titicacasee in Bolivien wächst. Dies führte Thor Heyerdal irrtümlich zu der Annahme, dass die Ureinwohner der Osterinsel aus Südamerika stammen und dass sie mit Schilfbooten, wie seine Kontiki, auf die Insel gelangt sein mussten. Diese Theorie ist heute durch Gentests widerlegt. Dier ersten Bewohner kamen aus Westen. Sie kamen aus Polynesien in ihren Kanus auf der Insel an. Das Schilf muss seinen Weg auf natürliche Weise gefunden haben.
An der Krater-Flanke zum Meer klebt das Dorf Orongo auf schmalem Grat. Vierhundert Meter fallen die Felswände ins Meer hinab. Orongo umfasst 48 ovale Gebäude, die ohne Mörtel aus schmalen Steinplatten aufgeschichtet sind. Die Eingänge bilden schmale Tunnel, durch die sich grade eine Person quetschen kann. In die Steine an der Klippe sind ‚Vogelmänner‘ gemeißelt. Menschliche Körper mit Vogelköpfen, von denen einige ein Ei in der Hand halten.
Diese Häuser wurden nur während der Vogel-Mann Zeremonie im Frühjahr genutzt. Bis 1862 war Orongo Mittelpunkt für diesen Kult. Die Zeremonie ehrt den höchsten Inselgott Makemake, der jahrhundertelang den einzigen Boten der Außenwelt auf die Insel brachte: die schwarze Seeschwalbe. Möglicherweise diente das Vogelmann-Ritual auch dem friedlichen Versuch die Stammes-Fehden auf der Insel zu beenden, denn das Ritual kam erst zu Beginn der Streitigkeiten auf der Insel so richtig in Mode.
Überliefert ist jedoch, dass im August jeder Stamm einen auserwählten Diener, einen Hopu, zur größten Insel vor der Küste schickte. Bis zu einem Monat mussten die Hopu auf der Insel ausharren bis einer von ihnen das erste Ei einer Seeschwalbe fand. Der Hopu band sich das Ei vor den Kopf und brachte es schwimmend seinem Häuptling. Der entsprechende Häuptling wurde zum Vogelmann des Jahres gekrönt. Ihm wurden Haare, Wimpern und Augenbrauen abrasiert. Als „Belohnung“ für den Erfolg seines Hopu wurde der Vogelmann das ganze Jahr in Einsamkeit eines der Häuser auf den Klippen von Orongo gesperrt.
Vielleicht symbolisiert der Vogelmann auch nur den geheimen Wunsch der Insulaner ihrer zum Alptraum gewordenen Enge und Abgeschiedenheit auf Vogelschwingen entfliehen zu können?
Mi., 16.Jan.19, Chile/Osterinsel/Hanga Roa, Tag 1690, 15.744 sm von HH
Wir sind jetzt etwas schlauer. Die Welle, die sich quer über die Hafeneinfahrt bricht, hat sogar einen Namen: El cruz. Und es ist nicht jede neunte Welle, die einen umhaut, sondern man muss neun Wellen runter zählen. Danach kann man durch. An unserem Flug-Tag betrug die Wellenhöhe ungefähr zwei Meter. Gestern sogar 2,8 Meter. Da sind wir lieber zu Hause geblieben und haben unsere Wunden geleckt. Wir befinden uns in guter Gesellschaft. Regelmäßig haut es hier Dinghies auf den Kopf. Unseren schwedischen Nachbarn hat es aus dem Schlauchboot gehauen. Mitten in der Nacht. Das beruhigt dann doch etwas, das es anderen nicht besser ergeht. Gemeinsam doof ist besser als alleine dämlich. Aber irgendwann müssen wir ja mal wieder an Land. Also sitzen in unserem Dinghy in Lauerstellung am Felsen vor der Hafeneinfahrt. Dort ist man sicher, die Wellen fangen erst dahinter an zu brechen. Wir machen es so, wie Martha*** es uns geraten hat. Wenn es am Kap hinter uns ruhig ist und gleichzeitig keine sichtbare seitliche Dünung rein kommt, heißt es Gas geben. Nervös blicken wir uns um, zählen, beobachten, warten ab und zählen erneut. … sechs, sieben, acht ‚El Cruz‘ laufen unter uns durch und brechen sich tosend vor uns. Wir warten. „Jetzt“, diesmal gebe ich das Startkommando. Achim gibt Gas. Mit Vollgas donnern wir los. Kommen gut voran. Da werden wir plötzlich von einer unsichtbaren Kraft abgebremst. Das zurücklaufende Wasser saugt uns förmlich rückwärts. Achim bleibt am Gas. Mann, diese Fahrt hat feuchte Hände Garantie. Dann endlich sind wir im Schutz des kleinen Hafenbeckens. Hinter uns kommen die ‚Cruzes‘ weiß angeschäumt. Gerettet. Erst mal durchatmen. Wir grinsen uns an und klopfen uns gegenseitig auf die Schultern. Wer drin ist, kommt auch wieder raus. Wir gehen auf die Suche nach einem Optiker. Meine verlorene Sonnenbrille dürfte sonst wo sein. Da mache ich mir keine Hoffnung, die wieder zu finden. Seit drei Tagen waschen die Wellen den Meeresgrund rund. In einer Apotheke fragen wir nach. Die Apothekerin lächelt charmant: „Ich habe nur Lesebrillen. Wer eine Brille braucht, fliegt nach Santiago.“ Okay. Wir sind am Arm der Heide. Ganz klar, wenn man 4.000 Kilometer fliegen muss, um eine Brille zu bekommen. Dann muss ich wohl mit Kappe laufen, damit ich mir nicht das Augenlicht verbrutzel. Wie ich das hasse, kann ich gar nicht beschreiben. Wir sind bereits seit über zwei Wochen auf der Insel und haben noch nicht wirklich viel gesehen. Segler, die nach uns gekommen sind, sind bereits wieder abgereist. Morgen aber. Morgen wollen wir uns dann wirklich mal was anschauen. Aber alles hat auch eine gute Seite. Achims Rucksack ist jetzt leer. Die kiloschwere Kamera hat ausgedient und er kann Wasserflaschen und Proviant übernehmen. Das blieb sonst gerne an mir hängen. *** Martha ist echt cool. Sie ist grade 26 Jahre alt geworden und Herrin über ein 52 Fuss Schiff. Dies gehört ihrem Vater und einem Kumpel. Martha managt Tagesausflüge mit Touristen, die sich an der Küste auf- und absegeln lassen wollen. Nebenbei „kümmert“ sie sich noch um uns Segler und versorgt uns mit Informationen. Warum hätten an dem Tag umdrehen sollen uns sie gleich fragen sollen, wie man ‚El Cruz‘ überlisten kann.
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