Archiv der Kategorie: Kanaren

Wohnen in einer Reihenhaus-Siedlung

Di., 16.Sep.15, Gran Canaria, Tag 473, 2.728 sm

Wir leben mittlerweile seit über 9 Monaten auf den Kanaren.
Ankern ist auf allen Inseln nur schlecht möglich. Es gibt kaum seichte Buchten, steile und tiefe Felsenküste dominiert die schroffen Inseln.

Dazu kommt viel Wind und ein unglaublicher Schwell. Auf der Wind zugewandten Seite hat man mit Windschwell zu kämpfen. Auf den Westseiten, die eigentlich windstill sind mit der ungebremsten Atlantikdünung.

Somit spielt sich auf den Kanaren das Leben in den Marinas ab. Bislang waren die Häfen nur maximal halb gefüllt oder in unserer Nähe lagen viele unbewohnte Schiffe.

Jetzt ist das anders.
Es sind nahezu alle Plätze belegt und fast alle Schiffe sind bewohnt. So bekommt ein Steg den Charakter einer Reihenhaus-Siedlung.

Mit einem Unterschied: Im Reihenhaus wohnt man nicht so eng aufeinander.
Da trennt einen vom Nachbarn noch eine steinsche Wand – im Idealfall schallgedämpft.
Uns trennen von unseren Nachbarn nur, mit Luft gefüllte, Fender .

Zwischen den Terrassen gibt es keine gemauerten Trennwände, keinen Sichtschutz, sondern man lebt quasi das Leben des Nachbarn mit.
Wird dort gelacht, gestritten, falsch musiziert, gehämmert und gefurzt, als Nachbar nimmt man aktiv daran teil.

Das ist nicht nur schön.
Unsere bisherigen Steuerbord-Nachbarn waren ein super nettes Pärchen um die 40. Allerdings hat Carola mir schon zum Frühstück schlechte Laune bereitet, wenn sie mit ihrer perfekten, cellulite-freien Bikini-Figur an Deck auf und ab gelaufen ist.
Wenigstens saß Achim ihr mit dem Rücken zu. :mrgreen:

Die beiden sind weg und jetzt wohnen deutlich alte Engländer neben uns.
Er steht einmal täglich auf seinem Vorschiff mit dem Gartenschlauch in der Hand und wäscht sich.
Dabei wühlt er eifrig vorne und hinten in seiner Übergröße-Shorts herum. :roll:
Es gibt Dinge, die will ich nicht sehen.

Immerhin behält er die Büx an.
Ganz anders als der ebenfalls ältere, deutsche Dauerlieger schräg gegenüber. Der hängt seine Wäsche schon mal im Adams-Kostüm zum Trocknen auf.

Und am Nachbarsteg gibt es noch König Dickbauch, wie er von uns wegen seiner auffälligen Figur getauft wurde. Ebenfalls Deutscher.
Puh, Herr im Himmel. Mit seinem Organ unterhält er den ganzen Hafen, gerne mit solchen Schmankerln wie: „In Alemania we have no Kraftfahrzeugscheins for Moppeds.“
Der Mann ist perfekt dreisprachig. Und er ist das personifizierte Grauen.

Ein spanischer Nachbar nennt ihn „King of the habour“ und „creature“. Wobei das mit dem ‚König‘ unabhängig voneinander entstanden ist. :-)

Riffe bauen

So., 14.Sep.15, Gran Canaria, Tag 471, 2.728 sm

Seit Ende Juli sind wir wieder in Las Palmas. Wie ich schon mal berichtete, liegen wir an Steg ‚R‘, an der Nordflanke der Marina.

Die Wege zu den sanitären Einrichtungen und zum Mini-Market sind weit: 500 Meter bzw. 800 Meter jeweils eine Tour. Auch zur La Joya ist es einen knappen Kilometer zu Fuß.
Als Achim dort dann das erste Mal vor verschlossener Tür stand, hat er unser Dinghi aufgeblasen, damit wir per Schlauchboot bequem Besuche abstatten können.
Eine gute Idee, ist man doch so zack zack da und netter als zu Fuß die unattraktive Strecke zu laufen, ist es auf diese Art allemal.

Die La Joya wurde nun von ihren Luxus-Liegeplatz an Steg ‚L‘ vertrieben, da ihr Platz für einen ARC Teilnehmer reserviert ist. Jetzt liegen sie am Nachbarsteg und die Wege sind kurz geworden.

Somit kann aus dem Schlauchboot die Luft raus und wir können es wieder an Deck verstauen.

Dass sich nach 5 bis 6 Wochen ein wenig Bewuchs am Schlauchi befinden würde, war zu erwarten. Aber das was wir vorfinden, geht über leichten Bewuchs deutlich hinaus.
Unser Schlauchboot ist ein lebendes Riff!

Über zwei Stunden muss Achim sich mit dem Bewuchs abquälen. :shock:
Es handelt sich überwiegend um kalkige Röhren, die nur mit einem Spachtel abgekratzt werden können. Zwar zerfallen die Röhren durch Abspritzen mit Süßwasser schnell, aber lassen dann trotzdem nicht los.

Wir mögen uns gar nicht vorstellen, wie ein Schlauchboot nach sechs Wochen in den Tropen aussehen könnte.

Mückenschutz – die Dritte

Sa.,12. Sep.15, Gran Canaria, Tag 470, 2.728

Nachdem nun alle großen Löcher im Schiff ein, mehr oder weniger schönes, Häubchen bekommen haben, fehlt nur noch unseren schmalen Luken im Cockpit ein Mückenschutz.
Eine Haube wie für die großen Luken kann man dort bauart-bedingt nicht drüber ziehen.
Also mache ich den Vorschlag, dass wir Klebeklett von außen ins Cockpit kleben und darauf die Gaze bappen.

Aber das gefällt Achim so wenig, dass er sich in feiner Laubsäge-Arbeit versucht.
Was ist nur aus meinem Nichthandwerker mit zwei linken Händen, alles Daumen, geworden? Ein Vollprofi!

Ich kann gar nicht so schnell blinzeln, wie er eine Schablone aus Pappe und zwei Rahmen aus Sperrholz fertig hat.

Zum Fein-Tuning gibt er sie dann allerdings in die „Schönmach-Abteilung“ zum Schleifen und Lackieren: Sperrholz kann nun nicht gerade gut geschliffen werden, aber ich versuche mein Bestes und raspel noch ein paar kleine Dellen aus dem Model.
Ein paar Lackierungen später sitzen die Dinger wie eine zweite Haut in unseren Luken. :-)

Gebo, unser Luken-Hersteller, bietet fertige Einsätze aus Kunststoff an, dann kostet so ein Teil zwischen 30,00 und 40,00 EUR. Das nenn ich mal einen echten Schnapper.
Abgesehen von diesem Wahnsinns-Preis hätten wir diese hier gar nicht bekommen.

Angrillen am 10. September 2015

Do.,10. Sep.15, Gran Canaria, Tag 468, 2.728

Wir sind spät dran.
Dass wir so spät dran sind, ist allein die Schuld von Michael.
Michael ist stolzer Besitzer eines Cobb’s.
Michael grillt auch gerne. Aber Michael hat nicht so viel Lust, das Ding sauber zu machen. Da er pingelig mit seinen Sachen ist, lässt er auch niemanden anderen den Grill putzen.
Somit hat er es geschafft seit Februar, seinen Cobb vor uns zu verstecken. :evil:

Aber heute ist es endlich soweit: Angrillen 2015!

Inventur-Differenzen

Mi.,09. Sep.15, Gran Canaria, Tag 467, 2.728 sm

Gemeinsam mit der La Joya leihen wir uns ein Auto, um zum Gasflaschen füllen, Baumarkt Besuch und Supermarkt plündern durch die Lande zu düsen. Die große Sorge, dass wir alle auf den Kap Verden oder während der  Atlantiküberquerung  verhungern werden, greif massiv um sich.

Alle Besorgungen klappen wie am Schnürchen und bald sieht unser Salon aus wie ein Gemischtwaren-Lager. Zusätzlich zu den Neueinkäufen, hole ich alle vorhandenen Vorräte aus den Schränken, um Inventur zu machen.

Im Würstchen-Dosen-Lager verschlägt es mir die Sprache. Es fehlen drei Dosen!
Auch durch wiederholtes Nachzählen verbessert sich die Situation nicht.
Es fehlen definitiv drei Dosen!
Meiner eigenen, fehlerfreien Buchhaltung vertrauend (was auch sonst ;-) ), kann es dafür nur eine Erklärung geben: Hier an Bord gibt es einen Würstchen-Dosen-Dieb. Unglaaaublich. Die Auswahl der in Frage kommenden Personen ist klein und somit ist der potentielle Dieb schnell ermittelt. Noch leugnet er…

Dafür mache ich eine andere überraschende Entdeckung: offensichtlich habe ich bei jedem zweiten Einkauf Gewürzgurken gekauft. In Summe finde ich elf Gläser Gurken, der verschiedensten Hersteller und Sorten in den Schapps. Sachen gibt’s.

Es dauert Stunden für den ganzen Kram sinnvolle Sortierungen und Plätze zu finden.
Außerdem muss ich versuchen so viel Gewicht wie möglich auf die Steuerbordseite zu bringen, da wir Backbord schon etwas Schlagseite haben.
Nebenbei schreibe ich neue Staulisten, damit sich irgendwann die Suche nach Senf nicht einen ganzen Tag hinzieht.

Wir sind jetzt fast randvoll und viel darf nicht mehr dazu kommen. Dabei steht auf meiner Liste noch eine ganze Menge…wie gesagt, die Angst zu verhungern ist stark ausgeprägt.