Planungs-Pannen auf allen Fronten

Mo.,22.Jun.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2213, 20.254 sm von HH

Die Kreditkarten sind angekommen. So weit, so gut. Diese fortschrittlichen Karten verlangen einen Pin bei der Bezahlung. Nun stellt uns solche Sicherheits-Maßnahme ein Bein: „Vor der ersten Nutzung Ihrer Kreditkarte, aktivieren Sie bitte Ihren Pin an einem Geldautomaten“. :mrgreen: Ja, wissen die von Visa und MasterCard nicht, dass der nächste Automat ungefähr 1300 Kilometer entfernt von hier steht? Und ob der so fortschrittlich ist, dass er Pins auslesen kann, ist nicht verbürgt.
Unsere neuen Karten sind somit nur halb brauchbar. Beim Bezahlen in den Läden vor Ort gibt es unterschiedliche Aufforderungen des elektronischen Systems. Mal geht der Vorgang ohne Pin-Eingabe durch, mal wird einer verlangt, der dann natürlich nicht funktioniert, weil er nicht aktiviert wurde. Also nutzen wir gleich die alten Karten so lange sie noch gültig sind. :roll:

Über die Zahnärztin auf Hao haben wir mit Hilfe von Philip, dem Internet-Mann vor Ort und Elsässer, der Deutsch und Französisch spricht, ebenfalls Neuigkeiten erfahren. Sie sei bis Ende Juni auf Hao, macht dann einen Monat Urlaub und kehrt im August nach Hao zurück.
Mit den Infos beladen, sitzen wir auf dem Schiff und planen unsere Abfahrt. Wir müssen Richtung Nord-Westen und der Wind, der hier eigentlich immer aus Osten weht, kommt aus Nord-Westen. Das wird knapp rechtzeitig anzukommen. Und Spaß bedeutet es schon gar nicht.
Und was bedeutet eigentlich bis Ende des Monats? Ein Blick in den Kalender zeigt, dass ‚Ende Juni‘ auf einen Montag und Dienstag fällt. Bedeutet Ende Juni nun die letzte volle Woche oder inklusive der beiden Tage? Wir kontaktieren erneut Philip. „Könnt ihr vergessen, Montag ist ein Feiertag und Dienstag wird auch nicht gearbeitet. Ende Juni ist somit der 26.igste!“ Da ist sie hin, die Lücke, um die Zahnärztin noch rechtzeitig auf Hao zu erreichen.

Yves, der zweite Elsässer auf der Insel, der häufig bei Philip sitzt, belehrt uns: „Du musst die Polynesier präzise fragen, sonst bekommst du nur eine schwammige Antwort. Jede Information muss man einzeln abfragen. Frag hier mal am Schalter von ‚Air Tahiti‘, wann der nächste Flieger geht – keine Chance auf eine korrekte Antwort. Da buche ich gleich in Tahiti und sage hier am Schalter nur noch Bescheid“ Er ist so nett und ruft für uns in der Medizin-Station an, wann in Gambier wohl der nächste Zahnarzt-Besuch erwartet wird. Keine Ahnung, lautet die Antwort, trotz präziser Frage. :roll:
Achim trifft die Entscheidung, wir warten jetzt im Juli auf ein gutes Wetterfenster, um nach Hao zu kommen, warten dort auf August und auf die Ärztin. Die Alternative hieße zehn Tage nach Tahiti segeln. Oder hin fliegen. Leider gibt es nur einen Flug in der Woche, bedeutet somit zusätzlich eine Woche in Tahiti im Hotel zu wohnen. Achim entscheidet, er stopft sich jetzt gut durchgekautes Kaugummi in das Loch – ein Tipp von einem Zahnarzt (danke, Richard). Zum Glück tut es noch immer nicht weh.

Und noch eine Planung ist geplatzt. Der beste Ehemann von allen hatte sich zum Hochzeitstag richtig ins Zeug gelegt. Einmal im Leben sollte ich wie eine Südsee-Schönheit aussehen, einmal im Leben sollte ich einen Blumenkranz tragen. Die Idee hat er mit Maya, der polynesischen Freundin von Philip, ausgeheckt. Selbst ihr Verweis darauf, dass auch Männer zu diesem Anlass einen Kranz tragen müssen, hat ihn nicht abgeschreckt. Er hat die zwei Kränze in Auftrag gegeben.
Am Morgen des Jubel-Tages stand Achim pünktlich im Garten von Philip. Nur keine Maya zu sehen – am Abend zuvor hatte sich das Paar getrennt und Philip hat Maya in ihr eigenes Haus zurück gebracht. Ein paar hastig gepflückte Blumen gaben den Kranz-Ersatz.

Einen Tag später treffen wir Maya zufällig im Ort. „Pardon, pardon“, Maya ist untröstlich. Nicht so schlimm versichern wir ihr. Alles ist in Ordnung. „Ich habe einen Ersatz für euch“, kramt sie in ihrer Tasche. Ein Beutel mit Perlen kommt zum Vorschein. Diesen drückt sie uns in die Hand. Die Perle mit dem Delphin als Gravur ist der männliche Part und für Achim, meine Perle ist die mit der gravierten Rose. Wir sind gerührt. Die Polynesier mögen ja nicht präzise sein, aber sie machen dies mit Herzlichkeit dreimal wett.

Perlen von Maya zum Hochzeitstag – Gravuren sind sowohl auf den Perlmutt-Schalen der Austern als auch auf Perlen üblich

Der 20.te Hochzeitstag

Di.,16.Jun.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2207, 20.254 sm von HH

Hochzeitstag in der Südsee. Na, wenn das nicht ein romantischer Traum-Ort ist für so ein rundes Jubiläum, dann weiß ich auch nicht. Ohne Corona würden wir jetzt zwischen den Gesellschaftsinseln kreuzen. In meiner Phantasie sah ich uns beim Abendessen auf Bora Bora in einem der Luxus-Hotels: Fackeln am Strand, ein weißes Tischtuch flattert leicht im Abendwind. Kerzen funkeln in den Champagner-Kelchen, es gibt gegrillte Languste und auserlesene Weine. Früher in Hamburg haben wir zum Hochzeitstag die besten Restaurants der Stadt abgeklappert. Kulinarische Feste gefeiert – zumindest meistens.
Nun, man kann nicht alles haben. Es ist die Südsee, der Punkt stimmt. Mangels Restaurant auf Mangareva muss ich selber kochen. Die örtliche Pizzeria hat nur am Wochenende geöffnet. Die Languste fällt etwas kleiner aus, es gibt tief gefrorene Shrimps – immerhin Pacific-Prawns. Dazu der gehütete Metternich Rosé, der über die Jahre nicht gewonnen hat und billigen Wein aus der Plastik-Flasche. Unbezahlbar – unvergessen. Ein schöner Abend.

Heute auf den Tag genau vor 21 Jahren haben Achim und ich das erste Mal telefoniert. Zwei Tage später gab es das erste Treffen. Kennen gelernt haben wir uns durch eine Kontaktanzeige im Stadtmagazin von Hamburg (Internet gab es schon, aber es steckte noch in den Kinderschuhen). Ich war vom Dorf nach Hamburg gezogen und kannte niemanden mit dem ich hätte ausgehen wollen.
Bei unserem ersten Treffen haben wir von abends um acht bis morgens um vier gequatscht, ohne einen Schluck Alkohol zu trinken. Das erste Lokal hat uns rausgeschmissen also mussten wir uns noch ein neues suchen. Ich konnte Achim gleich gut leiden und habe ihm gebannt gelauscht, obwohl er viel Zeug gequatscht hat, was mich nicht wirklich interessiert. Von Schrödingers Katze zum Beispiel. :roll:
Am nächsten Mittag stand Achim direkt wieder vor meiner Tür. Unangemeldet. Ich war gerade dabei in Radlerhosen (jaaa, das war damals so) mit Margeriten-Muster, schlapprigem T-Shirt und ungekämmt den Küchenboden zu wischen. Peinlich bis zum Umfallen. Auch unvergessen. Angeblich war er gerade auf einer Spritztour mit seinem Motorrad und ist zufällig bei mir vorbei gekommen. Klar, Hamburg Wandsbek/Eilbek ist bekannt als gute Motorrad-Stecke. Die Ausrede war so platt, dass ich wusste: „Hey, der kann dich auch gut leiden.“

Der Rest ging schnell: am 16. Oktober kam der Heiratsantrag, am 16. Dezember haben wir unseren ersten Mietvertrag unterschrieben und am 16. Juni 2000 geheiratet. Dann muss es wohl Liebe sein.
Gerne hätte ich ein Foto vom Brautpaar gezeigt. Aber das einzige Foto, was an Bord existiert, darauf ist der Bräutigam leider abgeschnitten. Ich habe das Foto seit ewigen Jahren im Portemonnaie, um beim Friseur besser zeigen zu können, wie ich mir meinen Haarschnitt in etwa vorstelle. Der Gatte wurde kurzerhand entfernt. Dieser Frevel hat unserer Ehe nicht geschadet, die ihre Tücken, ihre Tiefen und Höhen hat, wie jede Beziehung. Achim quatscht noch immer gerne von dieser Katze und ähnlichen Phänomenen und ich höre ihm noch immer gerne zu.

Die glückliche Braut

 

Falls einer unser Hochzeitsgäste zufällig noch ein Bild liegen hat, ein Handy-Foto davon wäre sehr willkommen.

Aufbruch, aber wohin?

Sa.,13.Jun.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2204, 20.254 sm von HH

Unsere Kreditkarten sind da. Kaum verschickt man etwas mit ‚DHL-Dokumenten-Express‘ und blättert 83 Euro für ein 43 Gramm Paket auf den Tisch, klappt es auch mit der Lieferung. :mrgreen: Genau fünf Wochen hat der Versandt gedauert – in Corona-Zeiten keine schlechte Bilanz. Namentlich wurde Achim am Versorgungs-Schiff aufgerufen und bekam den Umschlag (ohne sich auszuweisen) problemlos ausgehändigt. Geht doch.

Ein Problem gelöst, schon kommt das nächste. Achim hat eine Plombe verloren. Genau aus dem Zahn, der letztes Jahr schon Ärger machte. Zum Glück tut es nicht weh, reagiert nicht auf heiß und kalt, ist aber kein Dauerzustand. Im Medizin-Zentrum hier auf der Insel kann der Arzt nicht helfen. Er hat weder ein Plomben-Notfall-Kitt (wir auch nicht), noch kann er eins in Tahiti besorgen. Nicht lieferbar in Französisch Polynesien. Achim tröstet, dass die Bewertungen über solchen Not-Kitt nicht besonders positiv ausfallen: ‚hält nicht, bröckelt nach kurzer Zeit wieder raus‘. Übrigens, bei echten Zahnschmerzen kann der Arzt auch nichts machen, er verabreicht dann einfach Antibiotika.

Ein „Wander“-Zahnarzt, der die Inseln in den Tuamotu abklappert, soll zur Zeit auf Hao sein. Ein Anruf im Krankenhaus auf Hao bestätigt diese Info. Aber ob der Arzt noch da sein wird, bevor wir Hao erreichen können, ist noch unbekannt. Unter vier Tagen ist die Anreise kaum zu schaffen. Am Montag sollen wir uns noch einmal melden, dann will man uns mehr erzählen.

So wie es aussieht, sind unsere Tage in Gambier gezählt. Aber wollen wir das überhaupt? Nein, wir sind uns einig, wir wollen nicht! Wohin sollen segeln, wenn wir den Zahnarzt auf Hao getroffen haben? Okay, Inseln in den Tuamotu gibt es viele, es liegt nicht an mangelnder Auswahl. Aber nach unserem Rampler mit dem Korallen-Bobbel haben wir ganz schön die Lust an den flachen Sandhaufen verloren. Die Atolle sind gefährliche Mausefallen. Grade letzte Woche sind bei Starkwind in Fakarava wohl zwei Schiffe auf ein Riff gelaufen und gelten als verloren. Die Risiko-Nutzen-Abwägung geht sich aus unserer Sicht nicht aus. Wir würden lieber Richtung Westen segeln, würden Französisch Polynesien gerne verlassen, aber Richtung Westen, da sind noch immer alle Grenzen geschlossen.

Wir sind nicht die einzigen, die es nicht weg zieht hier. Das Atoll leert sich nur zögerlich, vier Schiffe fahren ab, ein neues kommt vom Kontinent wieder dazu.
Abgesehen von der erhöhten Regen-Gefahr und den Starkwind-Phasen gefällt es uns im Winter sehr gut hier. Die Sonne steht tief und verbreitet die ganze Zeit ein traumhaftes Licht – vorbei ist die gleißende Mittagshitze bei der man nicht die Berge hochkraxeln mag. Die Gärten füllen sich mit Gurken und Tomaten. Ich muss meine Ansicht, dass die Einheimischen kein Interesse am Gemüseanbau haben, korrigieren. Sie warten auf den kühlen Herbst und Winter und dann wird angebaut, was die Scholle hergibt. Unsere Wanderungen sind sehr ertragreich. ;-) Ich entdecke fast reife Granatäpfel, Avocados reifen voran und die Mangobäume setzten bereits kleine Früchte an. Das wird in Kürze der Garten Eden hier sein.
Und das sollen wir verlassen? Wir werden sehen, Montag erhalten wir eine Antwort wohin der Zahnarzt weiter ziehen wird.

Unser Ankerplatz – unsere Insel – unsere Wanderstrecken

Gipfelstürmer

Die riesigen Pampelmusen werden wir vermissen

 

 

Faustgroße Schnecken unterwegs

Vier Gurgen und Salat geschenkt bekommen – den Rest haben wir gefunden. Allerdings muss man dafür auch 10 Kilometer laufen

 

Der Winter ist da

So.,07.Jun.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2198, 20.254 sm von HH

Grad liegen wir im Bett, da geht es los: es heult in den Wanten, Wellen klatschen an den Rumpf, irgendwas flappt an Deck. Es heult lauter. Also wieder raus aus der Kiste. Wir hocken im Cockpit und beobachten den Windmesser. Dreißig Knoten Wind, fünfunddreißig, dann achtunddreißig Knoten. Normalerweise ist im Drehbuch bei solchem Wind noch peitschender Regen und stockfinstere Nacht vorgesehen. Diese Requisiten wurden heute zum Glück vergessen. Der (fast) Vollmond beleuchtet durch die Wolkendecke das Ankerfeld. Auch auf anderen Schiffen gehen Lampen an, wir sehen Gestalten an Deck laufen. Vierzig Knoten Wind jetzt … einundvierzig. Atanga legt sich auf die Seite, wir haben Schräglage am Anker. Stehen gebliebene Gläser vom Abend rutschen durch die Pantry. Schauerlich!
Der Ankergrund ist super hier, Achim hat vor ein paar Tagen mal nach dem Anker im Schlamm gesucht. Der war so tief weg, dass er nicht mal den Schaft gefunden hat. Aber man weiß ja nie, es könnte ja auch was brechen und dann whrumm. Viel Zeit zum Reagieren haben wir nicht. Vielleicht eine Minute, vielleicht weniger, direkt hinter uns lauert das Riff. Viele unserer Mitsegler sind draußen im Atoll, Gott sei Dank, das Ankerfeld ist also recht leer. Wir haben kein anderes Boot vor uns, was beim Rutschen Atanga treffen oder ihren Anker mit rausreißen könnte. Aber heute Nacht rutscht keiner, alle Schiffe bleiben an ihrem Platz. Eine Stunde hält der Wind zwischen 35 und 41 Knoten an – Windstärke 8 bis 9. Dann geht er runter auf 30 Knoten. Das fühlt sich an wie Flaute. Wir halten noch drei weitere Stunden Wache, dann können wir um halb vier Uhr morgens endlich wieder ins Bett.

Das war die erste Nacht einer Kette an schauerlichen Tagen und Nächten. Mal regnet es sintflutartig, mal haben wir fünfundzwanzig Knoten Wind ohne Regen. Gefolgt von Flaute mit Regen und dann drückt jemand den Knopf der Windmaschine – wieder dreißig Knoten. Luken auf, Luken zu. Es wird stickig und muffig unter Deck. Nasse Geschirrhandtücher und Schuhe dampfen vor sich hin. Die Luftfeuchtigkeit steht bei 85 Prozent bei 24 Grad Raumtemperatur. Zu kalt für uns. Socken werden her gesucht und Achim schläft mittlerweile unter zwei Wolldecken.

Eben noch Flaute, dann faucht es von einer Minute zur nächsten stundenlang mit über 30 Knoten

Es ist Winter in Gambier. Das Meer hat nur noch 23 Grad. Im Prinzip ist das eine badefähig Temperatur – nach wie vor ist das Meer unsere Dusche. Rein springen, zurück auf die Badeplattform klettern und einen Schups Süßwasser auf die Haare, damit das Shampoo schäumt. Waschen, wieder rein springen und zum Schluss mit Süßwasser abduschen. Die beste Methode, um Wasser zu sparen. Wäre da nicht der Wind-Chill. Brrr. Fünfundzwanzig Knoten Wind auf dem Körper fühlen sich wie Eiswasser an. Wir Weicheier haben jetzt schon angewärmtes Wasser im Bottich. Unter Deck zu Duschen kommt nicht in Frage. Ich will auf keinen Fall diese Feuchtigkeit im Schiff, der Schimmel lauert doch schon in den Ecken, um in Kürze wieder aufzutauchen. Noch zwei Tage soll das furchtbare Wetter anhalten und in zwei Wochen ist Winteranfang. Aber wir wollen nicht meckern. Wir hatten vier Monate am Stück (bis auf eine Woche) traumhaftes Wetter.

Gewartet wird bis zur Flaute mit der Dusche – zur Not auch mal zwei Tage :-)

6 Jahre – 2 Fazits

Mo.,01.Jun.20, Franz.Polyn./Gambier/Insel Mangareva, Tag 2192, 20.254 sm von HH

Wie jedes Jahr getrennt von einander geschrieben.

Joachim
Es war ein gemischtes Jahr. Es begann mit einem leichten Rempler, der unsere Zeit in den Tuamotu verkürzte und einem anschließend viel zu langen Aufenthalt auf Tahiti, der im wesentlichen mit Reparaturen und sonstigen Anschaffungen gefüllt war. Fairerweise muss ich noch unsere Zeit in Moorea erwähnen, die durch die Begegnung mit den Buckelwalen unvergesslich wurde.

Als wir wieder unterwegs waren und die Zeit auf den Gambier Inseln genossen, kam Corona, um uns einen Strich durch die 2020er Planung zu machen. Das Ganze erinnert ein wenig an Panama, als der Blitz unsere Pläne änderte. Belohnt wurden wir damals mit einer sehr schönen Zeit in Ecuador, die wir ohne den Blitzeinschlag nicht gehabt hätten. Welche positiven Dinge sich für uns noch aus dem Corona-Überfall ergeben, wird sich zeigen. Wir sind gespannt.

Als Langfahrer sollte man Geduld mitbringen und Zeit. Ereignisse, auf die man keinen Einfluss hat, ändern Pläne ohne Ansage. Es ist also alles normal und prima an Bord. Das Leben geht seinen Gang und wir sind dort Zuhause, wo wir gerade ist. Schön ist es fast überall. Oft gerade dort, wo wir es am wenigsten vermuten. Wir haben uns ja sogar schon ein paar Bauplätze auf Mangareva angesehen …

Sabine
Wir leben in einer verrückten Zeit. Nichts ist mehr so, wie vor ein paar Monaten. Noch immer hat die Corona-Krise die Gesellschaft im Griff. „Alle bekloppt geworden“, hört man ringsumher, „ausschließlich Covidioten und Verschwörungs-Schwurbler unterwegs“. Die Menschheit bestehe nur aus Egoisten, Konsum-Boomern, Faschisten und ätzenden weißen, alten Männern. Besonders die Online-Medien und ihre kommentierenden Anhänger streuen diese Botschaft.

Dabei stimmt das gar nicht. Die Welt ist nach wie vor wunderbar. Nicht ganz so heile und weichgespült wie in ‚unserer kleinen Farm‘. Eher eine Mischung aus ‚desperate housewives‘ und ‚Lindenstraße‘ – schräge Typen gehören zum Leben halt auch dazu. Auf unserer Reise sind uns so viele sympathische Menschen begegnet, dass die paar echten Trottel darunter nicht ins Gewicht fallen. Da ist es an der Zeit mal ‚Danke‘ zu sagen.

Danke an all die Bus- und Taxifahrer, die uns trotz (oder wegen) ihrer Bekreuzigung vor Fahrtantritt sicher ans Ziel gebracht haben. Mit einem unerschütterlichen Glauben an die eigene Fähigkeit. Busse sind für uns Umwege gefahren, beim Trampen hat man uns bis vor die Haustür gebracht. Mitreisende Passagiere haben uns die richtige Stelle zum Austeigen gezeigt. Unser Gepäck wurde uns stets abgenommen und über ganze Busbahnhöfe geschleppt.

Danke an die vielen Passanten, die ihre Arbeit unterbrochen, ihr Ladengeschäft verlassen haben, nur um uns den richtigen Weg aus ihrem Städtelabyrinth zu zeigen. Die Menschen, die uns etliche Häuserblocks begleitet haben, nur damit wir den richtigen Abzweiger nicht verpassen. Auch an diejenigen ein Dank, die uns in die Irre geführt haben. Ihr habt es zumindest versucht.

Die Gerüchte über Behördenwillkür, Amtsmissbrauch, Korruption und Schikane durch Offizielle, alles Gerüchte. Wir wurden stets mit Freundlichkeit und korrekt behandelt. Erst zweimal hatten wir überraschend Besuch auf Atanga für eine Überprüfung. Beide Erlebnisse sind uns in positiver Erinnerung. Ein Dankeschön an die Beamten dieser Welt. Nur an der Erreichbarkeit eurer Büros könnt ihr noch arbeiten. Unvergessen ist der stundenlange Staffellauf auf Curacao durch die halbe Stadt.

Wir sind von wildfremden Menschen bewirtet worden, haben Geschenke bekommen und wurden ins Haus gebeten. Neugierig sind die meisten Menschen auf uns. Ohne Berührungsängste wegen Hautfarbe, Herkunft oder Stand.  Woher, wie lange, das erste Mal im Land, Name, Anzahl der Kinder … der typische Fragenkatalog. Ein Dankeschön für euer Interesse an uns, dass wir so willkommen sind.

Danke an Atanga – du tapferes kleines Schiff. Dem Blitz haben wir dich ausgesetzt und an der Koralle entlang geschrappt. Sorry dafür. Du bist trotzdem unser zuverlässiges Zuhause.
Danke an den Skipper an Bord, den Wasser-Schlepper und den Eier-Koch. Danke, dass ich die Reise mit Dir unternehmen darf. Danke an das Leben. Danke für sechs herrliche Jahre.

Atanga am Tag der Abreise – geschmückt unter typisch grauem Hamburg-Himmel

Atanga sechs Jahre später auf der anderen Seite der Welt