Tag 20 =>Osterinsel…es zieht sich

Fr., 28.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1671, 15.320 sm von HH
Wind- und Wellensituation sind unverändert. Süd-Ost-Passat mit 3 bis 4 Windstärken. Dazwischen mal ein Zeitraum von drei Stunden mit etwas mehr Wind, dann wieder eine Zeitlang weniger Wind. Die Dünung kommt achterlicher, wir fangen etwas das Rollen an. Auf dem Plotter steht das erste Mal ‚Ankunft in drei Tagen‘. Wir freuen uns noch verhalten und lassen den Freudentränen noch keinen Lauf. Südlich der Osterinsel steht ein Flautengebiet. Nicht, dass wir da noch hinein geraten. Sorge bereitet uns, dass wir noch keinen Fisch gefangen haben. Zwei Köder hängen achtern raus. Nicht mal einer der Gummifische wurde abgebissen. Auch ein Versuch mit einem fliegenden Fisch, den wir morgens auf dem Deck gefunden haben, war erfolglos. Gibt es keinen Fisch mehr im Pazifik? Haben die berüchtigten Fischerflotten der Japaner und Chinesen alles leer gefischt? In den Geschichten der Weltumsegler der 80er Jahre liest sich das anders: „Schwärme von Goldmakrelen begleiteten stundenlang das Schiff …“ Wir wünschen uns, dass es nur an unserem Anglerpech liegt.
Ein Blick mit der GoPro auf das Unterwasserschiff hat gezeigt, der Pazifik lebt. Zumindest was die Krustentiere betrifft. Unser Rumpf ist gesprenkelt mit Pocken ähnlichem Ausschlag. Daumennagelgroß hocken Entenmuscheln dicht an dicht auf dem wirkungslosen Antifouling. Die berüchtigten Tiere des Pazifik können bis zwölf Zentimeter lang werden während einer vierwöchigen Passage. Der Teppich wird so dicht, dass die Geschwindigkeit eines Segelbootes erheblich abnimmt. Wir vermuten, dass unsere Tiere wegen des kalten Wassers noch vergleichsweise klein sind. Allerdings wird das Wasser täglich wärmer, 23 Grad haben wir zur Zeit. Sollen uns Badefreuden auf der Osterinsel vergönnt sein, muss da noch eine Schippe drauf gelegt werden.
Essen: Abendessen: Spaghetti Bolognese Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Bratnudeln mit Ei. Obstsalat aus Grapefruit (der letzten) und Apfel Welle und Wind gleich, Essen gleich. :lol:
Meilen: Tagesmeilen 98 , Rest 417 sm auf direktem Weg

Tag 19 =>Osterinsel – Wasser Camping

Do., 27.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1670, 15.222 sm von HH
Im Grunde genommen ist so ein Langstreckentörn wie Campen in einem Zweimannzelt auf einer vom Regen durchgeweichten Wiese während eines Festivals: alles etwas primitiv und schmuddelig. Unseren Abwasch erledigen wir in einer Mikromenge Wasser (ein bis anderthalb Liter). Mehr können wir in unser flaches Abwaschbecken bei Schräglage nicht füllen. Eine echte Fehlkonstruktion auf dem Kahn. Mit so einer kleinen Menge Wasser kann man nicht vernünftig spülen. Stärkehaltige Speisereste, wie Kartoffeln, bleiben unweigerlich an den Tellern haften. Das trocknen wir mit dem Geschirrhandtuch einfach weg. Nach drei Tagen ist das Handtuch steif und nach fünf fängt es an zu müffeln. Ein Quell der Freude sind auch die Anti-Rutschmatten mit denen die Ablageflächen in der Pantry gepflastert sind. An den Farbflecken kann man die Speisefolge der letzten Tage erkennen. Einen Abklatsch-Test würde ich auf den Dingern nicht machen wollen. :lol:
Im Salon liegt dick der Staub. Auf den Laptop Deckel steht Sau geschrieben. Im Cockpit wehen Brotkrümel in die Löcher der Gräting. Dort liegen sie in guter Gesellschaft mit Paprikakernen, verlorenen Reiskörnern und verschütteter Milch. Aus dem Waschbecken Haare fischen, das Cockpit von der Salzschicht befreien und die Pantry halbwegs in Ordnung halten, das liegt grade noch drin. Vor ein paar Tagen habe ich im Salon den Fußboden mit einem Handfeger gefegt. Das ist anstrengender als ein Marathon-Lauf, obwohl es schon echt schaukelfrei war. Der Rest muss bis zur Ankunft so schmuddelig bleiben.
Auch bei dem Mahlzeiten verrohen die Sitten. Mit Messer und Gabel essen, ist die meiste Zeit unmöglich. Eine Hand hält den Teller (wir nehmen meistens Schüsseln, da flutschen die Eier nicht so leicht runter, wenn man mal eine halbe Sekunde nicht aufpasst), die andere Hand hält die Gabel. Brocken, die zu groß für den Mund sind, werden durchgebissen und der überschüssige Rest in die Schüssel zurück fallen lassen. Achim leckt schon mal einen Teller ab. „Du willst doch nicht so viel Sauce im Abwaschwasser haben“, guckt er mich unschuldig an.
Und dann ist da noch die Geschichte mit dem Klopapier. Das sammeln wir in einem kleinen Eimer im Bad. Das Papier aus der Plastiktüte entleere ich dann außen Bords. Natürlich zur windabgewandten Seite. Das hat trotzdem seine Tücken. Man kann den Beutel nicht einfach über die Reling hängen und glauben, dass der brisante Inhalt in die Fluten gleitet. Wie kleine, weiße Drachen fliegt das Papier in die Höhe, gerät in Windwirbel neben dem Schiff und wird geschickt aufs Deck zurück geleitet. Selbst wenn ich mich ganz tief über die Fußreling beuge, gibt es diese Wind-Strudel. Da gilt es, den Kopf flach zu halten. Eine Tätigkeit, die Achim komplett verweigert. Wer einmal gebrauchtes Klopapier von Deck gesammelt hat, der weiß wie Langstrecke schmecken kann. :mrgreen:
Wind und Wellen: In einem konstanten Süd-Ost-Passat von 12 bis 14 Knoten ziehen wir seit über 24 Stunden unsere Bahn. Squalls und Flautengebiete sind verschwunden. Perfektes Segelwetter, möchte ich sagen. Eine Dünung von zwei Meter hebt uns an, um uns im nächsten Wellental sanft wieder abzusetzen. Bei jeder zehnten Woge harmoniert das Zusammenspiel von Welle und Schiff nicht perfekt, dann werden wir garstig auf die Seite gedrückt. Wir haben trotzdem nichts auszustehen. Dazu das blaue Meer mit einem Blau so blau.
Essen: Abendessen: Spaghetti Bolognese Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Bratnudeln mit Ei. Unsere Orangen entpuppen sich als reine Saftorangen. Aus ihrem Saft plus dem einiger Limetten koche ich mit etwas Ingwer einen Sirup. Der kommt als Topping auf Apfelstücke mit Joghurt. Schleck!
Meilen: Tagesmeilen 101 , Rest 515 sm auf direktem Weg. Noch fünf Tage, sagt die realistische Prognose. Vielleicht sechs.

Tag 18 =>Osterinsel – Wechselhafte Winde

Mi., 26.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1669, 15.121 sm von HH
Wir hatten gehofft, dass zwei Tage mit wenig Wind uns einen flachen Ententeich bescheren würden. Aber der große Ozean beruht sich nicht so leicht. Die Windsee ist weg, aber sanft kommt die Dünung angerollt. Gutmütig werden wir auf die Seite gelegt. Das Groß haben wir zur Stabilisierung hoch gezogen. Der Baum ist zweifach auf den Klampen achtern belegt. Das Schlagen und Klappern hat dadurch ein Ende. Das ist zwar nicht seemännisch, aber notwendig.
Seit heute Morgen um 5:00 Uhr ist es zu Ende mit der Eierschaukel-Segelei. Noch vor Sonnenaufgang besucht uns ein heftiger Squall (das sind örtlich begrenzten Windfelder, die sich durch dunkle, tiefhängende Wolken ankündigen und selten länger als 30 Minuten andauern). Zum Glück regenfrei und, anders als auf dem Atlantik, ohne Winddreher. Von 11 auf 26 Knoten in zwei Minuten. Das passt ja prima zum dicht geholten Baum. Jetzt aber schnell weg mit der Sicherung, damit wir den Baum fieren können, um den Druck aus dem Segel zu nehmen. Dazu unsere ausgebaumte Genua. Mann, Mann, Mann. Das sind wir gar nicht mehr gewohnt. Wir sehen 8,5 Knoten Speed auf der Logge. Geschwindigkeitsrausch. Nicht, dass wir doch noch in diesem Jahr ankommen und uns die nervigste Frage des Jahres stellen müssen: „Was machen wir eigentlich Silvester?“ Geschwindigkeitsrausch. Nach 40 Minuten ist alles vorbei: „Achtung! Hol den Baum dicht, er kommt schon wieder über.“
Es ist enorm, was sich für eine hässliche See in der kurzen Zeit aufbaut. Atanga im Schleudergang. Die Wellen beruhigen sich, da kommt schon der nächste Squall. Die Wellen beruhigen sich, da kommt schon…
Essen: Abendessen: Bauernfrühstück mit Speck statt Schinken plus Gewürzgurke Frühstück: Frisches Brot mit Salami und Mortadella und ein kleiner Rest kaltes Bauernfrühstück Mittag: Cornflakes mit Milch und den restlichen Weihnachtskuchen
Meilen: Tagesmeilen 97 , Rest 615 sm auf direktem Weg

Tag 17 =>Osterinsel – Ein Tag auf See

Mo., 25.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1668, 15.024 sm von HH
Was machen wir eigentlich den ganzen Tag? Wir bewegen uns im Bermuda-Dreieck ‚Cockpit-Salon-Koje‘. Mit recht wenig Auslauf. Drei Schritte in die Pantry, acht Schritte nach hinten und fünf Stufen nach oben. Ein Ausflug nach achtern zum Gemüsenetz oder zur Angelkontrolle ist schon eine kleine Sensation im trägen Tagesablauf.
Frühstück gibt es recht spät, so um 9.00 Uhr, sobald Achim aus der Koje gekrabbelt kommt. Das ist der geselligste Teil des Tages. Wir erzählen uns unsere Erlebnisse der Nacht. Ein Großereignis, wie ein Fischerboot auf dem AIS wird zum Tagesbrüller. Oder wir schmücken die Mast-Kletter-Aktion makaber aus: „Kennst du die Geschichte von der Frau, die mit ihrem toten Mann im Mast hunderte von Meilen segeln musste, weil er oben einen Herzanfall bekommen hat. Er hatte sich oben gesichert und sie ihn nicht wieder runter bekommen. :lol: “ Echte Schenkelklopfer-Geschichten.
Nach dem Frühstück schleppen wir uns in den Salon. „Endlich mal eine Pause“, läutet Achim jeden (das kann auch nerven…) Tag eine Lese-Runde auf dem Sofa ein. Ich hau mich auf die andere Couch und lese ebenfalls. Oder ich bereite schon mal etwas fürs Abendessen vor: Kohl schnippeln, Pellkartoffel kochen und solche Dinge. Je nachdem wie ruppig es gerade ist. Und dann ist ja auch zum Glück schon Mittagessen-Zeit, so um 13:00 Uhr. Reste aufwärmen vom Vortag geht flink von der Hand.
Der anschließende Abwasch ist lästig, hält er uns doch auf, sofort mit vollem Bauch erneut aufs Sofa zu sinken. Den Abwasch erledigen wir zu zweit. Logistisch ist das leichter zu handhaben. Wir haben nur ein Abwaschbecken, da können einem schon mal die Hände ausgehen. Und der Platz.
Den Nachmittag verbringen wir lesend oder schlafend. Geschlafen wird natürlich nacheinander. Sonst wären unsere Nachtwachen ja total absurd. Alle zwanzig Minuten einen Rundblick und schnell zum Buch zurück. Und beide hoffen wir, dass der andere nicht auf die Idee kommt, irgendwelche Segelmanöver zur Geschwindigkeits-Verbesserung vorschlägt. Viel zu viel Stress, da muss man ja aufstehen. ;-)
Abendessen gibt es um 18:00 Uhr, da ich zwei Stunden später bereits ins Bett gehe (endlich mal liegen). Somit sind die Tagesmahlzeiten recht eng beieinander und die Wartezeit bis zum Frühstück (da knurrt mir der Magen, wen der Skipper schon mal bis 9:30 Uhr durchpennt) recht lang. Aber besser geht es nicht. Es folgt der zweite Abwasch des Tages.
Nach dem Abendessen wird es noch mal gesellig. Wir sitzen ohne Sundowner zum Sundowner im Cockpit. Viel Neues weiß Achim nicht zu berichten. Macht nichts, dann gibt es eben alte Stories. Aber Moment mal, die Geschichte, dass Achim damals den Nachbarn mit „Guten Tag, Herr Grasselschwein“, begrüßt hat und nachdem der diese Beleidigung gepetzt hat, samt seines Dreirades in den Keller gesperrt wurde, die kenne ich doch schon. Hat der Mann nicht einen unbekannten Schwank aus seiner Jugend drauf? Nein, hat er nicht. Es folgen erwartungsgemäß die Geschichte mit dem erschossenem Spatzen, der ein Stieglitz war …. :mrgreen: Da gehe ich doch lieber schnell ins Bett, bevor noch mehr alte Kamellen auf den Tisch kommen: „Gute Nacht“, ein ereignisreicher Tag ist zu Ende.
Essen: Abendessen: Eine Art Hühner-Frikassee mit grünem Spargel, Erbsen und selbst eingekochtem Hähnchen. Dazu wird Reis gereicht. Wir sind jetzt beim Dosengemüse angekommen. Ich habe noch zwei Kohlköpfe (bitte nicht schon wieder), Kürbis und eine Salatgurke. Zwiebeln, Knoblauch und Kartoffeln. Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Leider ist der Spargel sehr zerfallen, daher gibt es den Rest vom Heiligabend mit Hilfe von Sahne und einem Stampfer als Spargel-Erbsen-Cremesuppe mit Reiseinlage. Als Nachtisch gibt es Grapefruit-Apfel-Obstsalat.
Meilen: Tagesmeilen 76 , Rest 711 sm auf direktem Weg

Tag 16 =>Osterinsel – Frohe Weihnachten

So., Heiligabend 2018, Süd-Pazifik, Tag 1667, 14.948 sm von HH
Der erhoffte Wind zum Abend ist ausgeblieben. Wir sind nur noch getrieben und dann auch noch in die falsche Richtung. Noch 119 Tage grinst uns der Plotter ins Gesicht. So geht das nicht. Das Großsegel haben wir entnervt runter geholt. Baum und Segel schlagen hemmungslos in der Dünung. Das Vorsegel fällt in sich zusammen. Solange das Fall im Mast verklemmt ist, können wir den Blister nicht benutzen. Achim müsste versuchen es aus seiner Klemme zu befreien, aber noch ist zu viel Dünung, so dass er auf keinen Fall in den Mast steigen wird. Um überhaupt vorwärts zu kommen, baumen wir die Genua aus. Das haut hin, obwohl der Wind mit etwas vorlicher als halb nicht optimal für ein ausgebaumtes Segel ist. Wir kommen voran, langsam zwar, aber wir kommen voran. Die letzten 24 Stunden schaffen wir einen Schnitt von 2,5 Knoten. Das ist Schrittgeschwindigkeit. :mrgreen:
Da ich früh ins Bett muss (die Sinnlosigkeit unserer Nachtwachen ist durchaus Diskussionsstoff an Bord. Warum machen wir das? Hier ist niemand…! ) gibt es Bescherung schon am Nachmittag. Bei einem Stück Kuchen und ‚Last Christmas‘ aus allen Rohren. Man stelle sich vor, die Seeschwalben, die uns begleiten, hören als erstes menschliches Geräusch ‚Last Christmas‘. Alle Hasser dieses Liedes mögen schon mal den Tierschutz benachrichtigen. Mir egal. Das ist Tradition und gehört genau so. Achim fügt sich augenrollend in sein Schicksal: „ich kann ja nicht weg…!“ Die Geschenke fallen praktisch aus: Ein T-Shirt für den Herrn und ich bekomme einen kleinen Mini-Lautsprecher-Würfel (damit ich beim Putzen an Deck auch Musik habe…pfffft).
Wir wünschen Euch da draußen ein wunderschönes Weihnachtsfest mit leckerem Essen, lieben Menschen und guten Getränken. Und ich überlege mir jetzt ein halbwegs anständiges Weihnachtsessen. Ahoi.
Essen: Abendessen: Noch einmal Chop Suey mit Rind – das hat für zwei Tage gereicht. Das Rindfleisch koche ich übrigens wie folgt ein: Fleisch in Gulaschwürfel schneiden, scharf anbraten und nur mit Salz und Pfeffer würzen. Den Bratensatz lösche ich ab und fülle ihn zum Fleisch in die Gläser. So kann ich das neutrale Rindfleisch für alle möglichen Gerichte verwenden. Frühstück: Brot mit Salami, Käse und Mortadella Mittag: Achim hat sich ein paar Tortillas rein und ich gönne mir eine Schüssel Müsli. Kaffee: Zur Feier des Tages gibt es selbstgebackenes Apfelbrot. Das ist ein Kuchen mit Äpfeln, Rosinen, Zimt und Lebkuchengewürz. Sehr weihnachtlich. (wer mich kennt, keine Angst, es handelt sich um eine Backmischung. Ich habe es nicht riskiert selber Kuchen zu backen. :lol: )
Meilen: Tagesmeilen 59 , Rest 785 sm auf direktem Weg