Archiv der Kategorie: Kanaren

Warum Frauen nicht um die Welt segeln sollten

So., 14. Jun. 15, La Palma, Tag 379, 2.587 sm von HH

Ich glaube, dass für die meisten Frauen ihr Haar von großer Bedeutung ist.
Ich bilde da keine Ausnahme.
Wenn man Evolutions-Psychologen glaubt, so liegt dessen wichtigste Bedeutung im sexuellen und sozialen Bereich. Volles Haar symbolisiert Jugend, Kraft und Vitalität.
Einem Mann gefällt eher eine Frau mit vollem, langen Haar als Partnerin. Sagt die Psychologie.

Ich bin brünett.
Allerdings färbe ich mir seit über 20 Jahre die Haare. Am Anfang habe ich alle Rottöne, die es zu finden gab, ausprobiert. Nenn mir eine fragwürdige Bezeichnung für ein Rot – ich hatte es bereits auf dem Kopf.
Mal mit Henna alleine zu Hause oder professionell beim Friseur, mal Pumuckl-rot und mal rote Grundierung mit schwarzen Strähnen.
Als mir das zu langweilig wurde, habe ich vor einigen Jahren zu braunen Tönen gewechselt.
Jetzt, um die ersten grauen Strähnen – erfolgreich – zu überdecken.

Seit wir unterwegs sind, hat sich mein friedliches Haar-Färbe-Leben dramatisch geändert. Geahnt habe ich das bereits, bevor wir gestartet sind. Auf Fragen, was ich für Probleme auf mich zukommen sehe, habe ich häufig geantwortet, dass ich nur zwei unlösbare Dinge erwarte: Die Wahl des richtigen Handytarifs und meine Frisur.
Ist es schon in Deutschland, in der Muttersprache, schwierig, glücklich vom Friseur heimzukommen, so erschien es mir im Ausland unmöglich.

Und ich sollte leider Recht behalten.
Meine bisherigen Friseur-Besuche, von Lissabon abgesehen (da hatte ich die Harre schön) sind ein Desaster. Wenn der Schnitt noch halbwegs akzeptabel ist, so sind die Färbungen eine Katastrophe.
Ich habe auf dem Kopf seit Monaten ein total fieses Blond. Mit Gelbstich. Und Tendenz zu Orange.
Der ursprüngliche Zweck, die grauen Haare zu überdecken, kehrt sich ins Gegenteil um. Die Sonne bleicht diese Strähnen weißblond aus. Unnötig zu erwähnen, dass diese dadurch ganz besonders betont werden.
Es sieht leider auch nicht nach sexy Beach-Surf-Baywatch aus, sondern nach Streifenhörnchen.

Daher habe ich beschlossen, mit dem Färben aufzuhören.
Das letzte Mal war Anfang März. Es sind seitdem drei Monate vergangen und ein drei Zentimeter breiter Ansatz lugt unter der Unfarbe hervor. Dieser Streifen ist brünett mit grau. :mrgreen:
Schlimm ist, dass eine Färbung aus Dezember ebenfalls klar als ein sieben Zentimeter breiter Streifen zu erkennen ist.

Mein Deckhaar ist ungefähr 20 cm lang, so dass es noch weitere 17 Monate vergehen werden, bis die letzte alte Farbe komplett raus gewachsen sein wird. Ob ich das durchhalte, erscheint mir im Augenblick mehr als fraglich.

Alternativ könnte ich mir einen Mekki schneiden lassen. Das würde zumindest das Farbproblem auf einen Streich lösen. Nur, wie war das noch? Was sagt die Psychologie…?

Hat nicht jemand eine gute Lösung für mich?

Der Haus-Krater von Santa Cruz

Fr., 12. Jun. 15, La Palma, Tag 377, 2.587 sm von HH

Ein Vulkankrater dominiert den südlichen Stadtteil von Santa Cruz.
Nur ein kleiner Teil ist ins Meer abgerutscht, so dass ein perfekter Dreiviertel-Kreis erhalten geblieben ist.

Der Fußweg ins Innere des Kraters ist schwer zu finden. Ein Gewirr an Zubringerstraßen, Tunneln und Abzweigungen führt uns ans Ziel. Diese verwegene Bauweise mag dem Umstand geschuldet sein, dass auf La Palma keine ebenen Flächen für Straßenbau existieren.

In der abgesackten Caldera des Kraters ist eine kleine Wohnsiedlung entstanden.
Diese macht einen bewohnten und gepflegten Eindruck. Nur die Badeanstalt ist kaputt und verwahrlost. Der Rest der überdimensionierten Sportanlage ist gut in Schuss.

Die Stadtplaner von Santa Cruz hatten sich offensichtlich mehr Bebauung im Krater erhofft.
Die Straßen dafür wurden vorsorglich schon mal angelegt. Erschlossen mit Fußweg, Straßenlaternen und Kanalisation. Allerdings erobern sich seit mehreren Jahren Lampenputzer-Gras, niedriges Gestrüpp und Unkraut die Flächen zurück.

Die Straßen sind zum Teil ins Vulkangestein gefräst. Zwei Straßen verlaufen, leicht höhenversetzt, parallel zueinander. Eine Bebauung erscheint uns rechts und links unmöglich. Und das Merkwürdigste ist, dass beide Straßen in einem Wendehammer enden.
Viel Geld und Zeit für nichts ist verschwendet worden.

Auch die Siedlung wartet mit einer Straßenstruktur auf, wie sie einer Kleinstadt würdig wäre. Alle Straßen sind zweispurige Einbahnstraßen. Zum Teil münden diese Einbahnstraßen in einen Kreisel! Wer den zum Umdrehen benutzt, hat verloren. :roll:

Solche Straßenführungen sind symptomatisch für die Kanaren. Vielerorts sind wir schon auf solche Missplanung gestoßen.
In der Krater-Siedlung erhöht sich sicher nicht die Wohnqualität, wenn es mehr Kreuzungen als Einwohner gibt.

viva – atanga

Do., 11. Jun. 15, La Palma, Tag 376, 2.587 sm von HH

Gestern ist das neue stern-Heft „viva“ im Handel erschienen.
In diesem Heft wird in einer foto-home-love-live-aboard-story über uns berichtet.
Im März waren ja der Journalist Peter Sandmeyer und Fotograf Harald Schmitt bei uns für zwei Tage Gast an Bord  gewesen -atanga berichtete-.

Peter war so nett uns die Geschichte vorab als pdf. zuzusenden.
Solange das Heft im Handel ist, dürfen wir sie allerdings nicht auf unserem Blog veröffentlichen. Dies holen wir nach, sobald wir die Erlaubnis haben.
Wir fühlen uns in der Reportage sehr gut wieder gegeben, so wie es Peter schon vor einem Jahr in dem Yacht Artikel gelungen ist.
Salopp gesagt, Peter Sandmeyer hat‘s echt drauf. Danke an dieser Stelle und viele Grüße – wir machen Dich zu unserem Stamm-Berichterstatter.  ;-)

Ein Foto in dem Artikel hat für viel Heiterkeit gesorgt. Vor allem bei Joachim! Womit auch klar sein dürfte, wer abgebildet ist.
Allen, denen das Heft in die Hände fällt, sei erzählt: es sind bereits alle Witze an Bord über das Leitfoto gemacht worden. :cool:
Da steh ich drüber!

Um die Welt nähen

Di., 09. Jun. 15, La Palma, Tag 374, 2.587 sm von HH

Ich bekomme langsam den Eindruck, dass man mehr Zeit mit nähen als mit segeln auf so einer Weltumseglung verbringen kann.
Heute ist es erneut eine Flagge, die das Zeitliche gesegnet hat. Unsere Spanische Gastlandflagge hat somit nur sieben Monate gehalten und ist verbraucht.
Das Loch brauche ich nicht zu flicken, der Stoff daneben ist so dünn, dass ich gleich eine neue Flagge nähen kann.
Das übt den Umgang mit der Maschine für feinmotorische Dinge, macht Spaß und wo wir hier eine neue Gastlandflagge bekämen, haben wir noch nicht entdeckt.

Die letzte Nähaktion mit T-Shirt-Stoff war nicht so toll. Das Material dehnt sich zu sehr und ist nicht formstabil. In der Stadt entdecke ich einen Stoffladen und dort erstehe ich eine Palette der gängigsten Farben von Länderflaggen.
Einen gelben und dunkelroten Rest bekomme ich geschenkt. Das ist ja mal richtig nett.  :-)

Die Spanische Flagge ist denkbar einfach. Zumindest, wenn man auf das Wappen in der gelben Mitte verzichtet. Das dürfen wir, da die vereinfachte Form bereits vor über 100 Jahren für bürgerliche und Handelszwecke eingeführt wurde.

Trotzdem haben drei simple Streifen ihre Tücken, wenn eine Flagge von beiden Seiten gleich aussehen soll.
Das ahne ich zunächst nicht und nähe munter drauf los. Dafür wähle ich eine Kappnaht – so werden Hosenbeine von Jeans zusammengenäht.
Um mit einem Irrtum aufzuräumen: Ich habe keine Ahnung vom Nähen. Alle meine Weisheiten ziehe ich aus einem fünfstündigen Nähkurs im Sommer vor unserer Abreise (kann ich wärmstens empfehlen) und aus dem Internet. Davor habe ich noch nie hinter einer Nähmaschine gesessen.

Dass ich keine Ahnung von der Materie habe, wird dann auch gleich nach der ersten Kappnaht klar. Das war wohl zu naiv gedacht: Auf einer Seite stimmt die Breite der Streifen und alles sieht super aus. Auf der anderen Seite ist das Rot um die Breite der Nahtzugabe zu schmal und die Proportionen der Streifen stimmen nicht mehr. Und es sieht „na ja, geht so“ aus.

Grrrr, doof, nicht zu Ende gedacht. So heißt es improvisieren (böse Zungen nennen es pfuschen).
Ich nähe auf die nicht so schöne Seite einfach noch einen schmalen Streifen in rot drüber, damit die Breite von Gelb wieder stimmt. :cool:
Das hält einer Bewertung – zumindest von unten – Stand und somit hissen wir heute die erste selbstgenähte Gastlandflagge.

Unser Adenauer, der deutlich mehr Flatterzeit hinter sich hat als die Spanische Gastlandflagge hält tapfer durch. Hier ist nur die hintere Naht auf gerippelt, die schnell repariert ist.

Schwell in Santa Cruz

So., 07. Jun. 15, La Palma, Tag 372, 2.587 sm von HH

Dieser Schwell zerrt an den Tampen.
Dieser Schwell zerrt an den Nerven.
Dieser Schwell erfordert besondere Maßnahmen.

Die letzten Tage war es besonders windig, somit schwellt und schwojet es heftig in der Marina. Tagsüber pfeifen die Böen mit 30 Knoten über uns paar verbliebene Yachten.

Das ist gar nicht mal so schlimm: Der Wind drückt uns von unserem Steg weg, wir liegen ein wenig schief, schaukeln aber nicht viel hin und her.
Der Wind heult in den Wanten und eine Marina typische Geräuschkulisse entsteht. Wir sind daran gewöhnt und es stört uns nicht so sehr.
So schlafen wir nachts friedlich ein. Allerdings schläft noch vor dem Morgengrauen auch der Wind ein.

Die Wellen bleiben wach und rollen unvermindert in den Hafen hinein.
Da dieser am Ende geschlossen ist, reflektieren sie an den großen Spundwänden, kommen zurück und treffen auf die nachkommenden Wogen.
Ohne den Winddruck, der uns auf einer Seite hält, fängt Atanga munter an zu schwingen.

Wir haben im Augenblick sieben Leinen draußen. Die vier üblichen an unserer Steg-Seite, drei an der anderen Seite, quer über die Box gespannt. In rascher Folge rucken wir abwechselnd in eine dieser Leinen ein.
Die Leinen dehnen sich soweit ihr Reck das zulässt. Dieser Reck macht unglaubliche Geräusche.
Es knarrt, ächzt, klagt und stöhnt.
Der Rumpf, als guter Resonanzboden, überträgt dieses Getöse zehnfach verstärkt in unsere Achterkoje.

Um 5:00 Uhr wache ich auf.
Im Halbschlaf und im Dunkeln kommt mir das Knarren ungewohnt kräftig vor. Ich erwarte jeden Augenblick einen Schwall Hafenwasser abzubekommen, weil auf meiner Seite ein Stück vom Rumpf heraus gerissen wird.
Zur Sicherheit lege ich mich in den Salon.  ;-) Hier ist es außerdem ruhiger.
Es wundert mich, dass Achim schlafen kann. Später erfahre ich den Grund: Ohrstöpsel!

Gut geschlafen hat er auch nicht und daher treffen wir Maßnahmen.
Da wir noch nie mit so einem Schwell zu tun hatten, besitzen wir keine Ruckdämpfer. Ruckdämpfer sind Federn aus Stahl, Edelstahl oder aus Kautschuk.
Diese werden als elastische Stelle zwischen Schiff und Landverbindung angebracht. Sie verlangsamen die Einruck-Geschwindigkeit und mildern die unangenehmen Schiffsbewegungen und Geräusche.

Von der Namastee erfuhren wir, dass sie Autoreifen als Ruckdämpfer-Ersatz verwenden. Diese sind in unser Fischerboot-freien Marina nicht aufzutreiben.
Daher nehmen wir zwei Pützen (Kautschuk-Eimer) und Wasserkanister und beschweren unsere Festmacher, so dass diese sich nur noch verlangsamt straffen können.

Als erste Maßnahme gut, aber es scheint, dass wir noch mehr Gewicht ausbringen müssen.
Da wir keine Frischwasser gefüllten Kanister nehmen möchten, heißt jetzt die Devise: trinkt mehr Wasser.

Die Marina Santa Cruz de La Palma muss man aushalten können.  :cool: