Unsere Atlantik-Überquerung

Mo., 08.Feb.16, Französisch Guyana/Kourou, Tag 618, 5.573 sm von HH

So, das war sie nun, unsere Atlantiküberquerung.
In dem Wort stecken Mythen, darum ranken Geschichten, Seemannsgarn und Abenteuer.
Diese große Sache. Diese mutige, verrückte Entscheidung sich in einer Nussschale hinaus auf das große Wasser zu wagen.
Angst hatte ich im Vorwege nicht, aber trotzdem Schiss in der Büx.

Wenn man es dann hinter sich, muss ich sagen, mutig ist die Idee, etwas langweilig die Tat.
Wir hatten aber auch sehr viel Glück mit unserer Fahrt. Die größte Aufregung war noch der Gegenstrom. Der Rest total easy.
Wir hatten die Genua ausgebaumt und haben je nach Situation die Fock auf der anderen Seite dazu genommen und die Genua ein- oder ausgerefft. Alles ohne Risiko vom Cockpit aus zu erledigen. Fein. :-)

Das einzige, was wir uns wünschen würden, wäre ein zweiter Baum zum Ausbaumen der Fock.
Mal sehen, ob uns so ein Teil (ggf. als Teleskop-Lösung) irgendwo in der Karibik in den Warenkorb fällt. Mit zwei Vorsegeln ist die Schaukelei einfach etwas milder.

Neben den guten Segelbedingungen ist auch technisch alles glatt gelaufen. Eine halbe Dose WD40 für die Wind-Herta an Tag vier, weil sie erbarmungswürdig und schlaftötend gequietscht hat.
Und zweimal hat unser Kühlschrank bei viel Schaukelei gesponnen. Durch Ein- und Ausschalten erfolgte eine Selbstreparatur. Auch fein.
Und ein Fangnetz für den Tupperschrank hat Achim noch angebaut, nachdem er sich das dritte Mal entleert hatte. Das war’s.

Wind war perfekt, nur das Wetter hätte besser sein können. Wir hatten viel diesige Sicht, viele Wolken, keine brennenden Sonnenuntergänge und keine spektakulären Sternenhimmel.
Leuchtplankton, Delfine, Wale, alles Fehlanzeige.
Und mit dem Angeln klappt ja auch noch immer nicht richtig. Das ist schade, aber besser so, als glutroten Himmel und dafür gebrochene Bäume oder Schoten.

Die Fahrt war nicht langweilig, aber, nun, ähm, doch etwas zäh, so will ich es mal nennen.
Es passiert eben doch recht wenig. Was auch gut ist, denn würde etwas passieren, wäre wahrscheinlich was kaputt und Aktion angesagt.
Das will keiner und somit habe ich mich in meinem eReader versenkt und so viel gelesen wie lange nicht. Und das ist ja so langweilig auch wieder nicht.

Der Schlafentzug nervt und zerrt manchmal an den Nerven.
Kochen, abwaschen, sich anziehen, sich waschen und zur Toilette gehen, ist so zeitweise anstrengend, dass es so lang unterbleibt bis es nicht mehr geht.

Die gepriesene Atlantikdünung.
Gefunden haben wir sie noch immer nicht, aber wir hatten Sternstunden. Wenn wir zeitweise wie im Auto auf etwas holpriger Strecke voran gekommen sind.
Und das Gefühl der unendlichen Weite mit ihren unbekannten Gefahren, geborgen in unserer kleinen Welt, ganz mutig diesen Schritt zu wagen, den Atlantik segelnd zu überqueren.
Das sind die großen Momente, die wir für uns mitnehmen.

 

Hier noch die nackten Fakten:

Strecke: 1.808 sm (3.348 km) davon 16 sm unter Motor (aber hallo!, watt ’ne Quote)
Dauer: 14 Tage, 1 Stunde
Durchschnitt: 5,36 Knoten
Spitze: 12,5 kn speed over ground :-)
Wind: zwischen 4 und 6 Beaufort (einmal Boen mit 35 kn) – keine Flaute
Wetter: die ersten Tage diesig, viele Wolken, 1 Squall, ein paar Mal Nieselregen, Schauer
Temperatur: am Anfang 24/25, am Ende 28-30
Trinkwasser: 100% Wassermacher, Wassermacher 100% Solar und Windenergie
Motorstunden zur Energiegewinnung: Zero
Verluste: Ein Türhaken **, diverse Köder, 1 Shorts (am Hosenboden aufgescheuert vom ewigen Rumjackeln auf der Cockpitbank), 1 Süßkartoffel
gelesene Seiten: 1.652 (Achim), 2.087 (ich)
Haussegen: zweimal schief (Achim kann aber auch doof sein)
schlimmste Leichen-Nacht: 29 fliegende Fische
überraschendste Leiche: ein Seevogel unbekannter Art, Herkunft und Todesursache
gefangene Fische: genau 1 (unendlich verlorene Köder und Verluste nach Biss)
Hätte, hätte: Hätten wir nicht den Strom gegen uns gehabt, hätten wir 13 Stunden früher ankommen können. Das hätte, hätte einen Schnitt von 5,6 kn bedeutet.
Fazit: Segeln ist die unbequemste und langsamste Art zu reisen

**Damit bei Seegang die „Zimmertüren“ offen stehen bleiben, werden sie mit einem Haken in einer kleinen Metall-Ösen festgesetzt.
Bei einer heftigen Welle, ist Achim schlafend quer über das Bett geschossen, von der Tür sanft :mrgreen: abgebremst worden und zack, hat es die Öse durch den Schwung in der Mitte durchgebrochen.
Damit die Tür nun trotzdem offen stehen bleibt wurde an anderer Stelle eine grade nicht benötigte Öse abgeschraubt. Mal sehen, wann wir auf solche Messing-Ösen stoßen. Ersatz ist keiner an Bord.

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