Anfahrts-Krimi

Sa., 04.Feb.17, Mexiko/Isla Mujeres, Tag 980, 9.937 sm von HH
Ich hab dicke Augen, die Zunge liegt wie eine tote Maus im Mund, alle Knochen tun mir weh. Ich fuehle mich wie nach einer durchzechten Nacht. Einer Nacht der ganz schlimmen Sorte. Zwanzig Knoten Wind gegen Stroemung verhindern, dass die letzte Nacht erholsam ist. Atanga bockt ab Mitternacht wie ein Maulesel.
Wenigstens geht unsere Planung auf, wir erreichen Isla Mujeres erst nach Sonnenaufgang um 8:00 Uhr morgens. Die fruehen Sonnenstrahlen beissen in den Augen.
Die Anfahrt sieht auf der Karte gar nicht so tricky aus. Die Insel verjuengt sich nach Norden, es folgen ein paar Felsen und Untiefen, die mit einer Boje gekennzeichnet sind. Danach kommt eine Durchfahrt uebers Riff von ein paar Hundert Metern, dann eine neue Boje, die wieder Felsen kennzeichnet. Kennzeichnen soll, denn diese Boje fehlt.
Die Durchfahrt durch die wir muessen, hat eine Tiefe von 2,20 bis 7,60 Meter, je nachdem wo man rueber faehrt. Die Karte verraet nicht, man hatte es sich aber denken koennen (wo soll das Wasser auch sonst hin), dass sich die anrollenden Wellen an der Durchfahrt brechen. Nach 200 Seemeilen kommen sie hier ungebremst an. Wir halten drauf zu. Ich mag gar nicht hinsehen. Sollte ich aber, da ich am Ruder bin. Da rauscht schon die erste Welle schaumguergelnd unter uns durch. Die naechste hebt uns an und wir fliegen mit Endgeschwindigkeit auf der Welle ueber die Riffkante. Ey, muss ich schon nuechtern nicht haben. :shock: Gleich hinter dem Riff sieht die Karibik aus, wie es sein soll: glattgezogenes Tuerkis. Die rollenden Brecher grinsen fies hinter uns her.
Sah Isla Mujeres von See aus gar nicht mal so sympathisch aus, wendet sich auf der windabgewandten Seite das Blatt. Touristisch, viele Angelboote, dicht bebaut, aber trotzdem provinziell, gemuetlich. Ich mag es spontan.
Unser Weg fuehrt dicht an Faehranlegern und klapprigen Fischerstegen vorbei, bevor wir in eine Lagune, gesaeumt von Mangroven kommen. Ein schmaler Kanal fuehrt in die Lagune, Tiefe ueberall mit durchgaengig 3 Metern beschrieben. Schon droht die naechste Herzattacke: 2,20…2,10…1,90! Unser Tiefgang betraegt 1,90. Den haben wir grad auf Bonaire mit unseren Tiefenmessern beim Tauchen gegengecheckt…warum wir nicht stecken bleiben, wissen die Goetter. Wir kommen glatt durch.
Mir reicht es an Aufregung fuer heute. Um 10:00 Uhr sind wir fest und sicher in der Marina Isla Mujeres. 1.188 Seemeilen (2.200 km) nach genau 10 Tagen liegen hinter uns. Die Karibik zu queren ist etwas anderes als eine Atlantikueberquerung. Jamaika und Cayman Islands lagen unter 100 Seemeilen entfernt auf unserem Weg, jederzeit haetten wir abbiegen koennen. Das macht definitiv ein anderes Gefuehl als Atlantic Crossing mit seiner Endgueltigkeit. Wir freuen uns heil angekommen zu sein. Und jetzt wird erst mal Bier getrunken, damit ich Morgen frueh auch weiss, warum ich dicke Augen habe. :mrgreen: P.S. Der Patient Kuehlschrank hat die ganze Zeit problemlos gearbeitet. Kein einziger Aussetzer bei Schraeglage. Wenn allein der Kauf der Vakuumpumpe (immerhin 220 USD) diese Heilung bewirkt hat, war es eine gute Investition. ;-)

Ein Gedanke zu „Anfahrts-Krimi

  1. Helga und Günther Huke

    Wir verfolgen täglich euren Blog und freuen uns,das ihr euer nächstes Ziel gut erreicht habt. Wir waren ja nur auf dem ysselmeer,können uns aber trotzdem in manche Situation hinein versetzen.Wir wünschen euch eine schöne Zeit.Helga und Günther

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