Tag 6 =>Osterinsel – Schönes Segeln

Fr., 14.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1657, 13.983 sm von HH
Noch vor Mitternacht ist er da, der Süd-Ost-Passat. Wir können Kurs Osterinsel anlegen. Mit 14 bis 18 Knoten Wind (Windstärke 4, Anfang 5) plus einem Knoten Strom kommen wir gut voran. Zeitweise sind wir 7,5 Knoten schnell. Aus ‚hoch am Wind‘ ist ‚am Wind‘ geworden. Die Bedingungen sind optimal. Kaum Welle, viel Sonnenschein. Der Plotter rechnet mit: in 14 Tagen seid ihr da! Dort wo der Passat laut Literatur anfangen soll, ist er zur Stelle. Wir sind inzwischen auf der Länge von den Galapagosinseln, allerdings 250 sm südlicher. Und wir stecken noch immer im Humboldtstrom. Die Wassertemperatur ist nochmals zurück gegangen – auf 22 Grad. Entsprechend kalt ist die Luft. Wir sind Warmduscher und mischen uns heißes Wasser in unsere Duschflaschen. Der Wind hinter der Deckung der Sprayhood ist „eisig“. Wir befinden uns 4 Grad südlich vom Äquator und frieren in der Nacht. Kaum zu glauben.
Die Freude über die tollen Bedingungen währt 16 Stunden, dann erfolgt die Vollbremsung. Im Augenblick haben wir grade noch 8 Knoten Wind und dümpeln noch mit 3 Knoten (dank Strömung) vorwärts. Immerhin halbwegs in die richtige Richtung. In zwei Stunden wird es dunkel, daher verzichten wir auf den Blister. Noch 33 Tage klugscheißt der Plotter.
Essen: Abendessen: Alle Bananen sind gleichzeitig reif, daher gibt es ein Curry mit Banane und Kokosmilch an Reis. Da immer noch kein frischer Fisch an Bord ist, mache ich ein Glas eingekochte Hühnchenbrust dazu auf. Frühstück: Wir machen die letzte Packung Dauer-Schwarzbrot (made in Germany) auf, die es in Panama überall zu kaufen gab. Das Brot ist natürlich etwas trocken, aber durchaus gut essbar. Mittag: Den Rest vom Curry wird warm gemacht. Zum Nachtisch Grapefruit-Passions-Frucht-Salat.
Meilen: Tagesmeilen 115 (das Windloch verdirbt den Schnitt :-( ) , Rest 1.727 sm auf direktem Weg

Tag 5 =>Osterinsel – Tölpel-Alarm

Do., 13.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1656, 13.868 sm von HH
„Ach du Schreck, wir haben einen Tölpel im Cockpit und der hat uns drei Fische ins Cockpit gekotzt“, ruft Achim mir hinterher. Es ist 2:00 Uhr morgens, wir haben Wachwechsel und ich bin grade dabei ins Bett zu krabbeln. Tatsächlich, direkt am Niedergang liegen die halbverdauten Fische. Ist das jetzt eine tote Maus auf der Fußmatte, wie Katzen sie liebevoll vor die Tür legen? Und wo kommt dieser Vogel her?
Ich kümmere mich um die noch magenwarmen Fische. Buh, das stinkt. Wie Fisch von letzter Woche. Achim nimmt sich den Tölpel vor. Alleine kommt er aus dem Cockpit nicht wieder raus. Panisch breitet er die Flügel aus, versucht zu entkommen. Aber mit zwei Meter Spannweite eckt er immer wieder irgendwo an. Er sitzt in der Falle. Als Achim ihn mit großen Lederhandschuhen greifen will, wird er grantig. Laut fauchend und krächztend reißt er den Schnabel auf und hackt nach seinem Retter. Ein echter Killer! Da will sich jemand nicht helfen lassen, eindeutig. „Wie fängt man so einen Tölpel?“ „Du musst nur beherzt zugreifen“, weiß ich aus sicherer Entfernung. Ob er einen Widerhaken im Schnabel hat, überlege ich noch so, behalte das aber lieber für mich. Da kriegt Achim ihn zu fassen. Etwas unglücklich am Flügel. Der Bursche entwischt ihm an der Bordkante, verheddert sich noch kurz in der Reffleine, dann ist er frei und fällt ins Wasser. Gerettet. Höchstwahrscheinlich. Diese Tölpel können ja schwimmen und verletzt hat er sich nicht. Schnell ist er in der Dunkelheit verschwunden. Zurück bleibt eine Feder und eine riesige Sauerei. Vor lauter Angst hat er nicht nur seine Fische verloren. Das ganze Cockpit ist vollgekackt. Putzen um halb drei Uhr morgens, super.
Im Hellen sehen wir dann, dass einer der Tölpel, die es sich auch in der zweiten Nacht am Bugkorb bequem gemacht haben, fehlt. Wir vermuten, dass er nachts abgerutscht ist und bei einem Wieder-Anflug, abgelenkt durch den Lichtschein aus dem Salon, versehentlich im Cockpit gelandet ist. Seinen Kumpel juckt das nicht weiter. Den ganzen Tag bleibt er noch bei uns. Geht zwischendurch Fische fangen und kommt wieder. Ob sie sich vermissen?
Die Segelbedingungen sind gleichbleibend angenehm. Dazu scheint heute endlich die Sonne. Ein perfekter Segeltag. Die Richtung passt noch immer nicht ganz (wir fahren 240 bis 250 Grad, statt gewünschte 220 Grad, aber das wird schon noch).
Und am Nachmittag dann unsere erste Walsichtung. :-) Ein Trupp Pilot-Wale zieht keine zehn Meter an uns vorbei. Toll. Die Tiere interessieren sich allerdings kein Stück für uns, schade.
Essen: Abendessen: Paprika-Hack-Pfanne mediterran mit Zwiebeln, Knoblauch, dazu Reis. Frühstück: Noch immer das Brot. Mit Schinken und Salami. Jetzt schon recht kauintensiv. Soll ja bekömmlicher sein. :mrgreen: Mittag: Den Rest der Paprikapfanne für mich. Achim bekommt zwei Tortillas mit einer Frijoles-Füllung (das mexikanische Bohnenmus, allerdings aus hellen Bohnen und nicht aus den Schwarzen) plus Zwiebeln und Tomatenwürfel.
Meilen: Tagesmeilen 123 (wir sind etwas schneller geworden, was aber am Schiebe-Strom liegen muss. Segelstellung und Wind haben sich nicht geändert), Rest 1.834 sm auf direktem Weg

Tag 4 =>Osterinsel – Alles gemütlich

Mi., 12.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1655, 13.745 sm von HH
Grad hatte ich gestern mein Gemecker über schräge Schiffe geschrieben, da geht der Wind zurück. Zeitweise unter zehn Knoten, dann hoch auf angenehme 15 Knoten. So pendelt es jetzt seit 24 Stunden hin und her. Die Wellen sind flacher, der Kahn schön grade und die Pipi-Fontaine im Bad ist verschwunden. So muss segeln. Da bleibt mir nur noch über das Wetter zu meckern. Freunde der Sonne kommen zu kurz. Klärchen glänzt weiterhin durch Abwesenheit. Um die Mittagszeit wird die Wolkendecke etwas dünner, das war’s aber auch schon. Wir stecken noch mitten im Humboldtstrom, der 23 Grad kaltes Wasser mit sich bringt. Die Nächte sind regelrecht kalt. Im Morgengrauen muss ich unter die Decke kriechen bei meiner Wache. Ob der Humboldtstrom an den Wolken Schuld hat und wir noch immer unter dem Wolkenband vom Kontinent segeln? Oder handelt es sich um örtlich schlechtes Wetter? Fürs Ergebnis ist es egal, vom vielgepriesenen ‚Blau‘ des Pazifik haben wir noch nichts mitbekommen.
Und wo stecken wir? Auf halber Strecke zwischen Festland und Galapagos, jedoch 150sm südlicher. Der Wind kommt weiterhin aus Süd, so dass wir unseren Kurs Osterinsel noch nicht anlegen können. Das macht aber nichts, da wir ja sowieso noch weiter westlich müssen. In zwei Tagen sollten wir aber den Süd-Ost-Passat finden und mit Halbwind auf Kurs gehen können.
Und seit gestern Abend sitzen wieder mal zwei Tölpel auf unserem Bugkorb und lassen sich kutschieren. Leider nicht die Blaufußtölpel der Galapagos Inseln, aber die zwei sind auch eine nette Begleitung. Stundenlang sitzen sie auf die Rohre gekrallt und putzen sich. Jedes auf und ab wird tapfer ausgeritten. Ein perfekter Gleichgewichts-Sinn. Essen: Abendessen: Kartoffelstampf mit Tomatensalat, in Ermangelung von frischem Fisch mit Rührei statt Fischfilet Frühstück: Brot von Vorvorvorgestern. Um das Brot auch noch für Morgen zu strecken, gibt es für jeden einen Tortilla (Wraps aus der Packung, die man in der Pfanne aufbacken kann) mit kaltem Rührei vom Vorabend Mittag: Gebratener Kartoffelmus vom Vorabend mit Röstzwiebeln und Spiegelei plus Nachmittag-Snack: Obstsalat (Mango, Passionsfrucht, Banane und Limette – noch ist alles da. Die Ananas musste über Bord, die war leider faul von innen)
Meilen: Tagesmeilen 107, Rest 1.945 auf direktem Weg

Tag 3 =>Osterinsel – Hoch am Wind

Di., 11.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1654, 13.638 sm von HH
Hoch am Wind segeln ist echt Mist. In der Nacht nimmt der Wind weiter zu. Scheinbarer Wind 23 Knoten, echter Wind 18 bis 19. Ich merke in meine Koje gekuschelt nichts davon. Hinten liegen wir ruhig wie in einer Wiege. Achim weckt mich zum Reffen. Macht Sinn, wenn man mal wach ist, merkt man es auch. :mrgreen: Wir verkleinern Groß und Fock. Die Nacht ist dunkel, der Morgen grau. Irgendwie haben wir uns das anders vorgestellt. Am Vormittag wird der Wind etwas schwächer. Achim will Geschwindigkeit und refft aus. Wir liegen hart auf der Backe. Ich wünsche mir das Reff zurück. „Willst Du auch ankommen oder hier nur Kaffee-Segeln veranstalten?“ Wir einigen uns auf volles Großsegel und kleines Vorsegel. Oh, Wohltat, die Schräglage ist spontan weg, der Speed leider auch. Der Plotter scheint mit Achim im Bunde. Eben zeigt er noch Ankunft in 19 Tagen, jetzt blinken dort höhnisch 24 Tage.
Drauf gepfiffen. Mir ist das wurscht. Der dritte Tag neigt sich dem Ende, mir wachsen die Segelbeine, kann mich wieder unter Deck aufhalten. Das möchte ich dann doch bitte halbwegs bequem. Wir segeln auf dem für uns unglücklichen Steuerbord-Bug. Das Waschbecken im Bad ist bei viel Lage nicht zu benutzen, weil das Wasser nicht abläuft (der Abfluss liegt dann unterhalb der Wasseroberfläche). Die Toilette kann man benutzen. Allerdings ist das Abpumpen tückisch. Wenn man das Ventil zum Abpumpen öffnet, kann es sein, dass einem eine kleine Fontaine entgegen spritzt. Pfui. Pipi-Wasser-Gemisch. Bloß nicht den Kopf über die Brille halten. Die Pantry ist ebenfalls auf dieser Seite segelnd unglücklicher zu benutzen. Wenn wir auf der Steuerbordseite segeln, rollen Zwiebeln gegen den Schrank. Auf der Backborseite liegend, fliegen sie durch die Bude. Das alles kann mit einem kleinen Reff im Vorsegel verhindert (zumindest verbessert) werden. :-) Essen: Abendessen: Da ich Angst vor Achims Nudeln mit Ketchup habe, selber aber noch nicht kochen kann, gibt es Erbsensuppe aus der Dose und die vorletzte Dose meiner heilig bewachten Würstchen-Dosen (echte Frankfurter, yammi). Frühstück: Selbst gebackenes Brot von Vorvorgestern. Mittag: Den Rest vom Krautsalat, Rest vom Tzaziki und die restlichen Würstchen.
Meilen: Tagesmeilen 97, Rest 2.046 auf direktem Weg

Tag 2 =>Osterinsel – Grau und ruppig

Mo., 10.Dez.18, Süd-Pazifik, Tag 1653, 13.541 sm von HH
In der zweiten Nacht nimmt der Wind zu. Nicht viel, vielleicht drei, vier Knoten (6-7 km/h). Wir schruppen noch immer gegen an. Es ist erstaunlich wie viel Komfort drei Knoten Wind kosten. Von hinten ist es egal, aber von vorn, sieht die Sache anders aus. Atanga liegt jetzt 15 bis 20 Grad auf der Seite, nichts bleibt mehr stehen, sich an Bord bewegen ist beschwerlich. Und die Wellen sind höher. HACKHACKHACKHACK, tauchen wir mit dem Bug ein. Gestern war schöner. Dazu ein steingrauer Himmel und mausgraues Wasser. Die Nacht ist dunkler als dunkel. Da ich gestern bereits den berühmten Bärenarsch bemüht habe, gehen mir jetzt die Superlative aus. Diese absolute Schwärze ist uns eine Eintragung ins Logbuch wert. Tapfer halten wir unsere Nachtwachen ein. Total sinnlos. Unbeleuchtete Fischer würden wir sowieso nicht sehen. Einhandsegler schlafen ja schließlich auch. Die Verlockung ist groß, einfach liegen zu bleiben. Der Wind kommt weiterhin südlich, so dass wir 20 Grad neben unserem Kurs liegen. Das haben wir erwartet und wird sicherlich noch ein paar Tage so bleiben.
Essen: Abendessen: Krautsalat (ebenfalls noch vorbereitet) mit kalter, gebratener Hühnchenbrust. Den Tzaziki (mangels Quark verwende ich eine Mischung aus Joghurt und Frischkäse) mache ich frisch. Ih bin froh, dass der Rest schon fertig ist. Längere Aufenthalte liegen in der Pantry für mich noch nicht drin. Es ist zu ruppig. Da wird es mir mulmig. Frühstück: Selbst gebackenes Brot Mittag: Den letzten Rest vom Nudel-China-Salat (mit Hühnchenbrust übrigens, gestern vergessen zu erwähnen)
Meilen: Tagesmeilen 110, Rest 2.141 auf direktem Weg