Von NZ nach Fiji – Tag 6

Do.,15.Jun.23, Pazifik, Tag 3303, 25.392 sm von HH
Vorgestern Abend: Wettervorschau berichtet von 2,5 Tagen Todesflaute bis Minerva. Gestern Nacht: Todesflaute ist da. Wir verbringen die „reeechts-liiinks-Schaukelnacht“ und treiben. Gestern früh morgens: Wir haben 3 Windstärken, baumen die Genua aus und fühlen uns auf den Arm genommen vom Wetterbericht. Hätten wir das gewusst, hätten wir uns diese furchtbare Nacht nicht angetan, sondern wären unter Maschine gefahren. Heute Nacht: Wir haben weiterhin konstant 3 Windstärken und fühlen uns noch mehr verschaukelt – von Flaute keine Spur. Diese Nacht ist fabelhaft und entschädigt. Die alte Dünung ist zwar noch immer nicht komplett verschwunden, geht aber mit unserem Schiff eine wunderbare Freundschaft ein. Atanga segelt aufrecht ohne Schiffsbewegungen. Wir scheinen zu schweben. Unter Deck sind alle Geräusche verschwunden, selbst das Gürgeln vom Wasser am Bug. Wir müssen nachschauen, ob wir überhaupt noch vorwärts kommen. Ja, kommen wir! Mit knapp drei Knoten Kurs Ost. Einen anderen Kurs lässt der Wind nicht zu. Macht nichts, wir haben ohnehin noch 50 Meilen nach Ost gut zu machen. Und es soll Ostwind kommen (glaubt man den Flauten-Malern), dann passt das. Heute tagsüber: Wir haben 4 Windstärken (über die vertrödelte Nacht lassen wir Gras wachsen). Leider kommt der Wind aus Nord-Westen (Augenroll). Hoch am Wind schaffen wir einen 30er bis 40er Kurs (zielkurs Minerva inzwischen 9°). Wir geben unter Vollzeug Gummi (ruppiger Ritt), denn in 12 Stunden soll Flaute kommen. ;-)

Tagesmeilen: 73 Meilen (davon 12 unter Maschine – wir brauchten Strom in die Batterien. Die Tage sind sehr kurz, nur gut zehn Stunden ist es hell. Die Sonne steht tief, der Windgenerator dreht müde und schafft auch nichts rein. Der Albtraum von Habeck in seinem ganzen Schrecken: Dunkelflaute! :mrgreen:
Bereits gesegelt: 635 Meilen Noch 706 Meilen bis Fiji, noch 295 Meilen bis Minerva Position: 28°35,3 S – 179°40,6E

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Von NZ nach Fiji – Tag 5

Mi.,14.Jun.23, Pazifik, Tag 3302, 25.319 sm von HH
Ausgebremst. Von eben auf jetzt hat um 20:00 Uhr unsere Rauschefahrt ein Ende. Der Wind geht runter – auf neun Knoten, auf sechs, auf drei. Wir rollen die Genua ein. Sie schlägt nur noch sinnlos hin und her. Die Flaute ist früher da als befürchtet. Eine großflächige Flaute bis zum Ziel soll vor uns liegen, wenn man der Vorhersage vertraut. Bis Minerva sind es noch 360 Meilen. Bis dahin würde unser Diesel reichen, aber viel wäre nicht mehr übrig. Das ist uns zu riskant. Schließlich wollen wir noch im Inselgewirr von Fiji über hundert Meilen segeln. Da brauchen wir Diesel unter Umständen dringender als hier, wo kein Land im Wege liegt. Die Entscheidung ist schnell getroffen, wir haben keine Wahl, wir lassen uns treiben. Immerhin geht die Strömung Richtung Osten und nicht zurück.
Die Nacht ist nicht schön. Die alte Dünung (geschätzt 1,5 Meter) schüttelt uns kräftig durch. Atanga liegt eben noch ganz ruhig und aufrecht da. Dann hebt uns der Schwell sanft an. Atanga rollt zur Seite. Erst rechts, dann links. Die nächste Welle über nimmt den Kahn. Es geht reeechts, liiinks. Die nächste Welle: reeeeeechts, liiiiiinks. Als nächstes der Todesstoß, wir schaukeln uns auf: reeeeeeechts, liiiiinks. Dann ist der Spuk vorbei und für einen wunderbaren Moment liegt Atanga wieder ruhig und aufrecht da. Ein schönes Spiel für Masochisten.
Das Gute an dem Drama, die Dünung wird kontinuierlich niedriger. Nach der Nacht aus der Hölle beträgt sie noch einen Meter. Geschätzt. Wir dümpeln und rollen uns weiter ostwärts. Dann spüren wir plötzlich einen Lufthauch im Haar: fünf Knoten Wind aus Westen. Wir baumen die Genua aus und nehmen Fahrt auf. Mit einem Knoten Fahrt geht es wieder dem Ziel (Kurs 14 Grad) entgegen. Noch 18 Tage ätzt die Anzeige im Plotter. :mrgreen: Der Wind nimmt bis mittags noch auf sechs Knoten zu – immerhin! Besser als totale Flaute. Wir beschleunigen auf über 1,5 Knoten Fahrt. Noch 10 Tage korrigiert der Plotter.
Tagesmeilen: 53 Meilen Bereits gesegelt: 562 Meilen Noch 746 Meilen bis Fiji, noch 345 Meilen bis Minerva Position: 29°18,6 S – 179°33,23 E
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Von NZ nach Fiji – Tag 4

Di.,13.Jun.23, Pazifik, Tag 3301, 25.266 sm von HH
Es wird tatsächlich wärmer. Im Windschatten und in der Sonne können wir stundenweise im Cockpit sitzen. Sogar frühstücken. Nur zum Duschen ist es noch zu kalt. Die erfolgt im Bad – zuletzt vorgekommen auf der Passage von Portugal auf die Kanaren. Seitdem konnten wir es erfolgreich vermeiden, die Feuchtigkeit in die Bude zu tragen. Die erste Hälfte von Tag 4 ist gut gelaufen. Aber es geht kontinuierlich bergab. Der Wind hat auf Stärke 4 abgenommen (geschätzt – die Anzeige sagt keinen Mucks). Außerdem hat der Wind auf Süd-Süd-West zurück gedreht. Das ist ungünstig, wollen wir doch in genau die entgegengesetzte Richtung (22 Grad Zielkurs). Platsch von hinten wollen wir den Wind nicht haben. Zuviel Rollerei. Also kreuzen wir vor dem Wind. Leider gestaltet sich das inzwischen schwierig. Die Windsee hat bereits deutlich abgenommen, aber die alte Dünung steht noch. Bestimmt zwei Meter. Es ist schwer zu schätzen, aber schaut man sich am Horizont die Berge an, die dort entlang rollen, kann das stimmen. Nehmen wir den Wind von schräg hinten, reicht der Winddruck nicht aus, um das Groß stabil in den Wellenbergen zu halten. Regelmäßig wackelt der Baum hin und her und das Groß bläst sich mit einem lauten Knall wieder auf. Material und Nerven zerfetzend. Zwei Mastrutscher (nicht neu, obwohl das Segel beim Segelmacher war) sind bereits gebrochen.
Das geht so nicht. Das Groß runter zu nehmen ist ebenfalls eine schlechte Idee, wir würden im Schwell von einer Seite zur anderen rollen. Für den Blister ist der Wind noch zu kräftig. Wir haben alle Optionen durch. Uns bleibt also nichts anderes übrig, als höher an den Wind zu gehen, um den Druck im Groß zu erhöhen. Das schlägt uns weit ab vom Kurs – zurzeit 50 Grad daneben. Richtung Osten daneben. Das ist nicht schön, aber auch nicht ganz falsch – immerhin bleiben noch 120 Meilen nach Ost gut zu machen. Und es soll dort mehr Wind geben, von Westen droht eine Flaute auf uns zuzukommen.
Ansonsten sind die Seebeine jetzt wieder komplett gewachsen. Die lähmende Mühsal der ersten Tage ist wie weg gewischt. Und wir hatten Besuch. Bei so viel Platz um uns herum, ist kaum zu glauben, dass ich für einen Katamaran, der uns von rechts überholt hat, den Kurs ändern musste. Wir wären sonst mit nur 20 Meter Abstand knapp aneinander vorbei geschrappt.
Tagesmeilen: 131 Meilen Bereits gesegelt: 509 Meilen Noch 767 Meilen bis Fiji, noch 375 Meilen bis Minerva Position: 29°36,2 S – 178°41,4 E
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Von NZ nach Fiji – Tag 3

Mo.,12.Jun.23, Pazifik, Tag 3300, 25.135 sm von HH
Die Nacht ist gleichbleibend: Windstärke 4 bis 5. Wir kommen gut voran, genau auf Kurs (Minerva 22°). Mit der Morgendämmerung erreichen wir ein Band mit fetten Regenwolken. Grundwind jetzt Windstärke 6. Wir reffen das Vorsegel ein. Ein paar Böen von über 30 Knoten sehen wir noch auf der Anzeige, dann steigt der Windmesser wieder aus. Und kommt auch nicht wieder. Das Problem wird vertagt bis wir weniger wackeln. Nach vier Stunden sind die Regenwolken vorbei gezogen. Der kräftige Wind bleibt und hat gleich seine Freunde mitgebracht – Wellen von drei Metern und mehr. Die rollen harmlos von hinten unter uns durch, schütteln Atanga aber von einer Seite zur anderen.
Die Wassertemperatur ist in den letzen Tagen um fast drei Grad gestiegen. Aktuell 19 Grad. Der Wind ist noch immer eisig und erfordert im Cockpit Mütze und Doppelfleece oder Regenvollzeug. Im Salon zeigt das Thermometer angebliche 18 Grad. Es fühlt sich kälter an. Der Niedergang steht dauerhaft offen. Man kommt dann einfach schneller an Deck, falls der Windsteueranlage bei heftigen Böen geholfen werden muss, den Kurs zu halten. Und um Ausschau zu halten. Wir kuscheln uns im Salon in Wolldecken und dann ist es okay. Nur ums Duschen wird sich auch an Tag drei erfolgreich gedrückt. ;-) Pfui!
Tagesmeilen: 133 Meilen Bereits gesegelt: 378 Meilen Noch 860 Meilen bis Fiji, noch 475 Meilen bis Minerva Position: 31°04,0 S – 178°02,6 E
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Von NZ nach Fiji – Tag 1+2

Sa/So.,10./11.Jun.23, Pazifik, Tag 3298/9, 25.002 sm von HH
Tag 1: Bei strahlend blauem Himmel kommen wir mittags los. Mit uns brechen ein gutes Dutzend weitere Boote auf. Zum größten Teil große Katamarane, die schnell am Horizont verschwunden sind. Der Wind ist angenehm – drei bis vier Windstärken. Wir setzten Groß und Genua. Das Tief auf dessen Rückseite wir segeln, hat eine unangenehme Dünung hinterlassen. Drei Meter sollen es laut Vorhersage sein. Da der Wind so schwach ist, entscheiden wir uns für ein Hoch am Wind segeln Richtung Osten. In den 1200 Meilen nach Fiji müssen wir auch ein gutes Stück nach Ost gut machen (250 Meilen in etwa). Das ist der schwierigste Part, also lieber gleich am Anfang abarbeiten. Taktisch sicherlich die richtige Idee, aber was für ein Kotz-Kurs. Die Dünung von vorne hat es in sich. Widerlich. Ich kann durch den Einwurf von Übelkeits-Tabletten schlimmeres verhindern. Und sogar Achim sagt, dass ihm mulmig ist. An Bord von Atanga sieht es aus wie in Criminal Tango: langgestreckt liegen wir regungslos auf den Bänken. Zu tun gibt es nichts, der Wind bleibt für Stunden ruhig. Wir verfluchen die Segelei. Tagesmeilen: 100 (nicht schlecht für den schwachen Wind und dazu ein fast reiner Ostkurs – ironischer Weise wäre unser Ziel jetzt genau Tahiti, aber wir wissen ja, dass es nicht so bleibt)
Tag 2: Am zweiten Nachmittag frischt der Wind deutlich auf. Er kommt jetzt auch südlicher. Wir wechseln auf den anderen Bug. Genua plus das Groß im ersten Reff: Kurs Minerva Riff (30 Grad) liegt an. Dort wollen wir einen Zwischenstopp einlegen, wenn möglich. Ein Ankerplatz mitten im Ozean. Welle und Wind kommen jetzt von hinten. Gleich ist es viel angenehmer. Die Sonne scheint, ein Albatros kommt vorbei. Umkreist uns zweimal und wackelt mit den Flügeln zum Abschied. ;-) Schön. Aber Freud und Leid liegen auf See dicht beieinander. Von jetzt auf sofort fällt unser Windanzeiger aus. Gleich wird es dunkel (Sonnenuntergang schon um 17:10 Uhr), heute kann Achim nichts mehr machen. Ohne Windrichtungsanzeiger müssen wir segeln nach Gefühl. Total ungewohnt. Da fehlt schon ein feines Hilfsmittel. Besonders im Dunkeln. In der Nacht kommen wir sehr gut voran. Bis zu acht Knoten sind wir flink unterwegs, schaffen einen Schnitt von über sechs Knoten. Am Morgen als Achim die Kabel vom Windmesser am Mastfuß kontrolliert und die Anzeige wieder funktioniert, wissen wir auch warum, wir so schnell sind: Deutlich über 20 Knoten Wind treiben uns voran. Ohne Windstärke-Anzeige segelt es sich sorgloser. :mrgreen: Und wir sind nicht alleine unterwegs. Im Umkreis von fünf Meilen segeln zwei weitere Boote mit uns. Ein 15m Mono und ein 39 Fuß Katamaran. Wir halten die Geschwindigkeit gut mit, warum auch immer. Vielleicht sind wir leichter als früher?
Tagesmeilen: 145 Meilen (cool!) Noch 1009 Meilen bis Fiji, noch 619 Meilen bis Minerva Position: 33°27,3 S – 177°29,4 E
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