Archiv der Kategorie: Kanaren

Unerwarteter Besuch

Do., 05.Nov.15, La Gomera, Tag 523, 2.829 sm

Am Montagabend, wir wollen gerade Abendessen, klopft es am Schiff und jemand ruft: „Hallo Joachim“.
Der geht nachschauen wer das sein könnte und ich kann die Fragezeichen förmlich an seinem Kopf wachsen sehen.
Er hat keinen Plan, wer vor ihm stehen könnte, wird aber umgehend aufgeklärt: Es ist sein Cousin Frank und die beiden haben sich fast 40 Jahre nicht gesehen.

Frank macht mit Birgit Urlaub auf La Gomera. Durch Familientratsch und den Blog wissen sie, dass wir hier sind und haben beschlossen spontan bei uns vorbei zu schauen.

Seine Freunde kann man sich aussuchen, die Verwandtschaft nicht. :mrgreen:
In diesem Fall ist das allerdings nicht so schlimm, denn wir verbringen einen unterhaltsamen, netten Abend miteinander. .
Obwohl sie nach Valle Gran Rey eine Stunde Fahrzeit haben, brechen die beiden erst spät bei uns auf.

Eine zweite Verabredung zu einem gemeinsamen Abendessen wird von Frank und Birgit um eine Insel-Rundtour mit ihrem Leihwagen erweitert.

Die zwei holen uns also heute um 11:00 Uhr in der Marina ab. Das regnerische, schlechte Wetter der letzten Tage ist verzogen. Die Westseite der Insel zeigt sich komplett wolkenfrei und Achim und ich kommen doch noch in den Genuss den Nationalpark nebelfrei zu genießen.

La Gomera ist wirklich eine Schönheit und unbedingt eine Reise wert. Hinter jeder Ecke wartet eine neue, atemberaubende Schlucht.

Nach einem tollen Tag riskieren wir noch einmal einen Restaurantbesuch in San Sebastian und werden diesmal nicht enttäuscht.
Für 10 EUR gibt es Thunfisch oder Bonito, auf den Punkt gegrillt, echte Papas arrgugadas und Mojos dazu.
Hör gut zu, Pincho Pincho, es geht also doch. ;-)

Und, Birgit und Frank, nächstes Mal sehen wir uns in der Karibik und nicht erst in 40 Jahren…
bringt Euren schwarzen, leicht dreckigen Humor und Eurer ansteckendes Lachen mit.
Das macht wirklich Spaß!

Hafentage, Hafenabende, Hafennächte

Di., 03.Nov.15, La Gomera, Tag 521, 2.829 sm

Für Aktivitäten in einen Umkreis größer 500 Meter sind uns weiterhin die Hände, nein, das Knie gebunden. ;-)

Wir nutzen die Tage, um weiter unsere Vorbereitungen für den Atlantik voran zu treiben.
Achim knüpft mir unter den Solarpanelen ein Netz für großes Gemüse und Obst.
Wir haben bei vielen Yachten diese Variante der Aufbewahrung gesehen und hoffen, dass sich das gut bewähren wird. Das Netz sollte fast den ganzen Tag beschattet sein. Gut belüftet ist es in jedem Fall.
Vielleicht hat ja schon jemand Erfahrung und kann uns berichten?

Ich koche heute über drei Kilo Fleisch als Gulasch, Hack-Sauce und Hähnchen-Curry ein.
Die Versuchsreihe, die ich mit Gabi gestartet habe, war sehr hilfreich dabei.
Deswegen habe ich Schwein auch weg gelassen, weil Achim und ich das eingekocht nicht so toll fanden. Und mein Lieblingsfleisch ist es sowieso nicht. Da könnte ich komplett drauf verzichten. Und nur ein Glas zieht kein Vakuum. :-)

Atlantik-Segler


Die Abende sind bunt und abwechslungsreich. Lernen wir doch jeden Tag neue, nette Leute kennen. Der Hafen füllt sich zunehmend mit Seglern, die von hier aus den Atlantik überqueren wollen.

Yvonne und Armin klopfen bei uns an. Die beiden haben ein halbes Jahr Zeit mit ihrem Kat vom Mittelmehr in die Karibik zu kommen. Sie outen sich als Langzeit-Blog-Leser und haben ein paar Fragen bezüglich Amateur-Funk.

Da kann ihnen vom Chef-Funker von Atanga geholten werden und wir werden spontan zu Pizza und Apfel-Muffins eingeladen. Leider werden wir die beiden wohl nicht wieder sehen, denn ihnen läuft die Zeit davon. Aber eine Einladung nach Tennessee, in ihr zukünftiges Zuhause, haben wir in der Tasche ;-) und wer weiß…

Dann gibt es noch Christiane und Ulrich, die mit ihrem Luxus-Alu-Dampfer unterwegs sind. Ihr Weg soll sie in die hohen Breiten nach Kap Horn führen. Wir verbringen ein paar Abende mizteinander, denn sie haben viele schöne Geschichten zu berichten.

Und vom Charter-Schiff vis á vis werden wir zum Gin Tonic (grusel) eingeladen. Der kann dann zum Glück vor Ort in einen Rotwein umgewandelt werden.

Somit sind die Nächte kurz… :cool:

 

Killer Nummer 1: UV-Strahlen

Mi., 28. Okt.15, La Gomera, Tag 515, 2.829 sm

Diese Strahlen zerstören alles. Wirklich alles.
Man liest Berichte und hört allenthalben Geschichten darüber. Was als harmloser Verdacht anfängt, dass diese Geschichten stimmen können, bestätigt sich nach 16 Monaten Dauer-Besonnung.

UV-Strahlen machen alles kaputt.

Als erstes greifen sie nach Gegenständen, die nicht für Meer, Schiff und Wasser hergestellt wurden:

Wäscheleine: klebrig nach drei Monaten. Die dazugehörigen Klammern zerbröseln wie Kekse. Zwei Einstiegs-Tritt-Hocker, zerstört nach jeweils einem Vierteljahr.
Versehentlich an Deck stehen gebliebene Flip Flops haben nach 48 Stunden einen Farbschaden. Blöd dabei, wenn ein Flip Flop im Schatten gestanden hat.

Das Lieblings-T-Shirt fünf Mal auf dem Fahrrad angezogen, sieht auf dem Rücken wie ein Lappen aus. Vorne rum geht’s noch, aber wem nützt das?
Lack, selbst im Schatten unter der Sprayhood platzt ab wie Nagellack. Zum Glück haben wir nur wenig lackiertes Holz an Bord.

Beim Chinesen gekaufte, beschichtete Gummi-Strapse verlieren ihre Hülle in vier Wochen, das Gummi braucht sieben Tage länger…

Viele Dinge, die extra für den Boots-Bedarf hergestellt und angeboten werden, halten meistens länger. Wir haben einige Gummistrapse schon seit Jahren in Gebrauch und die funktionieren noch immer. Gut, sie kosten das x-fache vom Billig-Import, aber die Ausgabe lohnt sich.
Und dass Fender ‚ewig‘ halten, trotz UV und extremer Quetschbelastung ist ein Wunder der High-Tec-Chemie-Gift-Fabriken.

Wir sind trotzdem misstrauisch geworden und beäugen seit geraumer Zeit unsere Winschen.
Die sind zwar aus Metall und das schafft UV-Licht nicht zu zerstören (dafür wurde dann extra das Salzwasser erfunden ;-) ).
Die Kronen sind bei fünf unserer sieben Winschen aus Kunststoff. Der macht einen extrem guten Eindruck und hält bereits seit 26 Jahren. Uns gefällt aber der zunehmende Farbverlust an den Mast-WInschen nicht.

Somit durfte ich mal wieder nähen: Überzieher für alle Winschen. Auch für die komplett aus Metall. Wenn schon, denn schon.

Das erste Mal, dass ich eine Zylinderform nähe. Nachdem ich beim Prototyp zweimal (!) den Deckel verkehrt herum drauf genäht und mich endlich Achim’s räumlichen Vorstellungsvermögens bedient habe, ist es gar nicht mehr so schwer. :roll:

Und da die Maschine schon mal her gekramt ist, kann ich gleich noch zwei zerstörte (vom UV-Licht?) Nähte vom Segelkleid reparieren.

Im nächsten Leben lerne ich was anständiges, lass diesen Buchhaltungs-Käse und mache eine Schneider-Lehre. Das wichtigste Gerät an Bord und jedem Langfahrtsegler unbedingt ans Herz gelegt: eine stabile Nähmaschine.

Auf dem Weg der Besserung

Di., 27. Okt.15, La Gomera, Tag 514, 2.829 sm

Nachdem die letzten zwei Wochen Achims Knie kontinuierlich schlechter statt besser geworden ist, scheint jetzt am Horizont ein arztkittel-weißer Streifen.

Es gibt in der Metropole San Sebastiàn ein ‚Ärztehaus‘ in dem ein Rezeptionist für Achim einen Termin beim Traumatologen am nächsten Tag reserviert.

Genau genommen mindestens 10 Tage zu spät humpelt Achim mühsam hin, um eine Stunde später mit Strahlen im Gesicht zurück zu kehren.

Der Arzt hat das Knie punktiert, vier Spritzen mit Gewebeflüssigkeit heraus gezogen. Diese ist klar und nichts deutet auf eine Entzündung hin. Und bereits jetzt sind die Schmerzen deutlich zurück gegangen.

Am nächsten Morgen strahlt er noch mehr. Das erste Mal seit vier Wochen, dass er eine schmerzfreie Nacht hinter sich hat.

Das sind gute Neuigkeiten. Hatte Achim doch schon Plan B – Rückkehr nach Gran Canaria erwogen. Unter Berücksichtigung von Plan C, das ganze ohne Atanga, sondern mit Fred Olsen.

So wie es aussieht, können wir also am 08. November nach La Palma zurück segeln, um in Tazacorte aus dem Wasser zu gehen.
Die Werften auf Teneriffa und La Gomera haben wir verworfen, da man nicht auf dem Schiff wohnen bleiben kann. Tazacorte macht das möglich und sie heißen uns per Mail im November herzlich willkommen.