Archiv der Kategorie: La Gomera

Weihnachten auf See

Mo., 21.Dez.15, Tag 569, La Gomera, 2.961 sm von HH

Gleich geht’s los.
Vor uns liegen knapp 800 sm (1.560 km) für die wir sechs bis sieben Tage benötigen.
Dies ist die längste Etappe, die wir je in einem Stück gesegelt sind.

Unseren ursprünglichen Plan bereits gestern zu starten, haben wir aufgegeben.
Auf den Azoren hat es einen mächtigen Sturm gegeben mit ungewöhnlich hohen Wellen von 11 Metern. Diese Wellen haben sich die letzten Tage abschwächend Richtung Kanaren ausgedehnt. Gestern betrug die Höhe noch vier bis fünf Meter, heute sollen es nur noch zwei bis drei sein. Grund genug für uns noch einen Tag zu warten.

Über Funk versuchen wir weiter zu bloggen damit Ihr wisst, wie es uns geht.
Sollte keine Meldung kommen, liegt wahrscheinlich :mrgreen: ein technischer Fehler vor.
Viel wahrscheinlicher in jedem Fall, als dass wir gesunken sind.

Wir wünschen Euch allen bezaubernde Feiertage, habt eine schöne Zeit.
Gute Laune, nette Menschen um Euch, passende Geschenke, einen geraden Baum und gelungenen Braten.

Bis bald, Joachim & Sabine

P.S. Ein vorweihnachtliches Geschenk habe ich schon bekommen:
Wir sind seit drei Wochen unter den Top 10.
Das Ziel zu erreichen hätte ich nicht erwartet…danke an die besten Leser der Welt  ;-)

 

Merry Christmas

Merry Christmas

Die Irren sind los

So., 20.Dez.15, Tag 568, La Gomera, 2.961 sm von HH

Mit ein paar Tagen Verspätung sind heute die verrückten Altantik-Ruderer gestartet.
Ein Sturmtief hatte die geplante Abfahrt um fünf Tage verschoben.

Talisker Whisky Atlantic Challenge 2015

Als erstes, unter großem Beifall der Zuschauer, starten die beiden Frauen-Crews.
Dynamisch, schnell und nett gestylt. Als wollten sie sagen, so geht rudern.
Eins der Frauenteam startet unter dem Motto: „rudern wie ein Mädchen“. ;-)

An dritter Stelle folgen die Veteranen.
Cayle und Nigel rudern ohne Prothesen. Dass dies geht, hat Cayle schon einmal bewiesen. Er ist einer der wenigen Wiederholungs-Täter dieses Rennens. Er hat 2013 bereits an diesem Horror-Trip teilgenommen hat. In einer sensationellen Zeit von 43 Tagen, wie er uns neulich erzählte.

Die anderen tragen ihre Hightech-Beine britisch, patriotisch geschmückt.
Als dann noch ein Englischer Segler die richtige Hymne über den Hafen schallen lässt, gibt es beim Team Raw2Recovery kein Halten mehr. Jubel, Begeisterung und Elan steht ihnen ins Gesicht geschrieben.

Im 10-Minuten-Takt starten die restlichen Teams. Erst die 4er, dann die 2er und zum Schluss, fast unbeachtet, die Solisten.

Die Menge und Trommelkapelle hat sich längst zerstreut.
Kaum noch Beifall und Gejohle für die Letzten. Das macht die Einsamkeit, die diese Jungs für die nächsten 40, 60 oder gar 100 Tage umfangen wird, noch mal so richtig deutlich.

Alles selbst gewähltes Schicksal, aber mir tun die Einzelkämpfer ein wenig leid.

Unsere Befürchtungen, dass wir Morgen, wenn wir uns selber auf den Weg machen, auf einen der Ruderer stoßen könnten, erweist sich schon nach drei Stunden als unbegründet.
Mit drei bis vier Knoten paddeln die Teams in die unendliche Weite des Ozeans.

 

Weltumsegelung light

Fr., 18.Dez.15, Tag 566, La Gomera, 2.961 sm von HH

Nun ist es soweit, wir verlassen Europa.

Knapp drei Wochen nach unserem geplanten Abreisetermin, werfen wir Montag die Leinen los. Die Weltumsegelung light hat nach 18 Monaten eine Ende.

Schön war’s bis hierhin. In erster Linie schön.
Aber ein großes Stück weit davon entfernt, abenteuerlich oder gar exotisch zu sein. Klar gab es aufregende Momente: „hui jui jui“ und was hatte ich vor der Biskaya für einen Bammel , aber die meiste Zeit haben wir uns an Orten bewegt, die von Millionen Urlaubern erprobt, für gut befunden und als sicher bereisbar bewertet werden.

Wir haben viel dazu gelernt lagere nie Deinen Müll im Ankerkasten und radl nie ohne Karte durch fremde Städte.

In Europa zu reisen ist so einfach und unbürokratisch:
– dank Schengen können wir kommen und gehen ohne, dass es jemanden schert
– Euro sei Dank, kein Geldwechseln, keine Umrechnungstabellen, keine Gebühren
– gleicher Kulturkreis, gleiche Hautfarbe, gleiche Religion
– gleiche Gesten, gleiche Regeln, gleiche Gesetzte
– es gibt Lidl, MediaMarkt und die zwei großen Schweden

Umdenken, anpassen und aufpassen – nicht großartig nötig.

Dies wird sich mit der Ankunft auf den Kap Verden drastisch ändern.
Lauscht man den Geschichten.

Weltumsegelung un-light

Als erstes reißt es uns aus unserer Bequemlichkeit: Zukünftig machen wir nicht in einem Hafen oder Marina fest, sondern liegen überwiegend am Anker.
Je nach örtlicher Begebenheit wird das Anlanden mit dem Dinghi an einem Dinghi-Dock eine leichte Geschichte, wegen Brandung eine nasse oder gar eine unmögliche Angelegenheit werden.

Das Dinghi schwebt in beständiger Gefahr abhanden zu kommen. Entweder an Land oder nachts am Anker. Somit heißt es auf die Nabelschnur, die uns mit Atanga verbindet, gut acht zu geben.
Nur mit dem Dinghi erreichen wir die Orte und Menschen, die wir kennen lernen und erleben wollen. Nur per Dinghi kommen wir an Land, um dieses zu erkunden. Um Geschäfte für Lebensmittel zu suchen und zu finden.
Das Dinghi, bislang unbeachtet zusammen gerollt auf dem Vorschiff gelagert, wird zum wichtigsten Teil an Bord.

Der soziale Hintergrund der Menschen wird sich gegenüber unserem dramatisch ändern.
Ab Kap Verde werden wir von den meisten wohl als reich angesehen. Als stinkreich sogar. Dazu sind wir noch weiß. Reich und weiß. Da steckt viel Zündstoff in dieser Kombination.

Als Weißer zahlt man häufig andere Preise als die Einheimischen.
Von Willkür bei der Einreise wird erzählt. Korruption sei die Antwort darauf.
„Weißer Rassismus“ ist sicherlich etwas an das man sich heftig gewöhnen muss.

Das Angebot an Nahrung wird sich wandeln. Ebenso die Qualität. Die Säcke aus denen lose Mehl, Reis und Bohnen verkauft wird, wohnen Tiere unterschiedlicher Herkunft.    :mrgreen:
Dienstags gibt es frisches Gemüse, weil dienstags das Versorgungs-Schiff kommt.
Bleibt es aus, gibt es Bohnen mit Reis.

Die Kriminalitätsrate steigt. Von Einbrüche auf Schiffe, von Straßenbanden und Taschendieben kann man lesen. Solange es nur Geld ist, was einem genommen wird…

Zusammen gefasst liest sich eine Weltumsegelung un-light wenig erstrebenswert.
Wir haben einige Bedenken, sorgen uns hin- und wieder.
Aber die Vorfreude überwiegt. Die Spannung steigt.
Wir freuen uns auf die Herausforderungen, die Erfolgserlebnisse, auf positive Überraschungen, auf Hilfe, wenn man sie am wenigsten erwartet. Freuen uns auf die Fremden, auf großartige Landschaften, und Begegnungen. Auf das Abenteuer.

Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
Mit etwas Fingerspitzengefühl, einem Hauch Unbefangenheit, Vorsicht an den richtigen Stellen und einem großen Sack Freundlichkeit, hoffen wir, dass es zu dem wird, was wir uns erträumen.

Niemand hat gesagt, dass eine Weltumsegelung einfach sei.

Unser Wassermacher – Finale

Do., 17.Dez.15, Tag 565, La Gomera, 2.961 sm von HH

Leider hatte unser Wassermacher am Anker in Valle Gran Rey nicht wie geplant seinen Dienst aufgenommen. Nach einigen Telefonaten mit H2O-Factory war die Diagnose klar. Die lässt Hochdruckpumpe kein Wasser durch.

Herr Jahn von H2O-Factory, mit dem ich schon vor dem Kauf und beim Einbau viele nette Telefonate hatte, machte gleich deutlich, dass er uns vor unserer Abfahrt auf die Kapverden nicht hängen lassen würde und schickte ein neues und getestetes Teil auf die Reise nach La Gomera.

Der Versand von Deutschland auf die Kanaren muss jedoch nicht immer glatt verlaufen. Unbedingt empfehlenswert ist es, einen ortsansässigen Adressaten zu haben, da ansonsten die Zollabwicklung mit 99%er Wahrscheinlichkeit in die Hose geht und die Sendung retour geschickt wird. Wir hatten daher veranlasst, dass das Paket an die Marina hier in La Gomera adressiert wurde.

Einige Leute hier in der Marina machten uns auch wenig Mut, nachdem das Paket nach 14 Tagen noch immer nicht da war. Das war wenig aufbauend und schon gar nicht hilfreich. Selbst der ortsansässige TO-Stützpunkleiter reihte sich in die Gruppe der schlecht-Reder ein.

Nach 16 Tagen war das Paket dann da.

Der Austausch der Pumpe erwies sich als viel einfacher als erwartet. Der Wassermacher ist modular aufgebaut und wirklich kinderleicht in seine Module zu zerlegen. Dementsprechend einfach ist es aber auch, alles wieder zusammen zu bauen, ohne dass irgendwelche Teile übrig blieben.

Wie allgemein bekannt, vertragen die Membranen keine Kohlenwasserstoffe. Dem eigentlichen Test ging somit eine genau Untersuchung des Wasser in der Marina voraus, ob irgendwo ein Schimmer auf der Wasseroberfläche zu sehen sei. Dem war nicht so und somit konnte die Anlage gestartet werden.

Diesmal klang das Gerät anders als beim ersten Versuch und als nach einigem Vorlauf der Vorpumpe die HD Pumpe zugeschaltet wurde und der Druck in dem Gerät in Richtung von 60bar angehoben wurde, floss Wasser aus dem Trinkwasserhahn. Unter den hier herrschenden Bedingungen hatten wir einen Wasserfluss von ca. 19l/Std. Das entspricht dem, was das Gerät leisten soll und somit fiel insbesondere mir ein Stein vom Herzen.

Hoffentlich bleibt uns ab jetzt und für die Zukunft das lästige Schleppen der Wasserflaschen erspart.

Prost…Bernd, Helge und Axel

 

Noch eine Pumpe

So., 13.Dez.15, Tag 561, La Gomera, 2.961 sm von HH

Wir warten weiterhin auf unsere Wassermacher-Pumpe.
Mit uns warten Karen und Reinhard ebenfalls auf ein Ersatzteil. Uns wurden fünf bis sieben Tage versprochen. Reinhard hat fast 60 EUR in Express-Zuschlag investiert.
Nun sind bereits 14 Tage vorbei und keine Pakete in Sicht.

Wir haben Zeit, San Sebastian ist schön, aber ein wenig nervt es trotzdem.
Mit der La Joya sind wir zu Weihnachten auf den Kap Verden verabredet…ist noch zu schaffen. :-)

Diese Wartezeit bleibt nicht ungenutzt. Achim lässt unserer manuellen Lenz-Pumpe eine große Wartung zukommen.

In unserer Bilge (der Keller eines Schiffes) befindet sich an der tiefsten Stelle eine automatische Pumpe. Sollte Wasser ins Schiff eindringen, springt diese automatisch an und macht das, was sie soll: pumpen.

Aus Sicherheitsgründen gibt es noch eine manuelle Pumpe, die mit einem Pumpenschwengel im Cockpit bedient werden kann.

Achim hat immer mal wieder getestet, ob diese Pumpe funktioniert. Alle Tests ergaben eine akustische Erfolgsmeldung. Beim Bedienen des Schwengels hörte man Wasser gurgeln.

Auf die Idee, die Pumpe mal unter die Lupe zu nehmen, bringt ihn Reinhard, der berichtet, dass sich bei ihrer Pumpe ein „Teil“ unter die Gummidichtung gesetzt hat.

Ich mach es kurz: unsere manuelle Lenz-Pumpe hat wahrscheinlich so lange wie wir das Schiff haben noch nicht funktioniert. Das Gurgeln vom Schwengel-Test wurde anscheinend nur von der Automatik-Pumpe erzeugt.

Als Achim die Pumpe auseinander nimmt, rieselt ihm die Wüste Gobi entgegen: Sand, Tonnen an Kalk, Staub, Haare und sonstiges Ekelzeug. Eine Dichtung hatte sich bis auf ein paar rudimentäre Reste bereits komplett aufgelöst. Es stellt sich heraus, dass von der Pumpe selber ein kleines Stück abgebrochen ist.

Im Prinzip ist die hin.

An Bord befindet sich ein Wartungssatz für die Pumpe, so dass sie als funktionstüchtig wieder eingebaut werden kann. Sobald wir irgendwann in einem Ort mit großem Yachtausrüster festmachen, müssen wir allerdings eine neue Hand-Pumpe besorgen.

Abends gibt es dann ein Adventsessen auf der Findus mit Weihnachtsmützen, Kaminfeuer und Hausmusik. Warten kann auch viel Spaß bereiten.