Tag 3 Nach Providencia

So., 21.Mai 17, Karibisches Meer, Tag 1086, 10.535 sm von HH
Ich liege im Bett und wache von zunehmenden Geräuschen auf. Das klingt nach viel Wind. Dabei ist die Achterkoje der beste Platz im gesamten Schiff. Ruhig und wenig Schiffsbewegung. Es ist fast 22:00 Uhr, gleich wird Achim mich zum Schichtwechsel wecken. Ich lausche auf das Heulen des Windes und das Schlagen der Wellen an den Rumpf. Gruselig.
Habe ich Angst? Nein, wir haben komplett gerefft und Atanga kann das. Und ich kenne die Notlösung: einfach in die andere Richtung fahren, den Wind von achtern nehmen, schon wäre Ruhe im Schiff. Aber wir denken gar nicht daran, auch nur eine gewonnene Meile wieder herzugeben.
Dann kommt Achim auch schon. „Ist es sehr schlimm?“, frage ich. „Nein, läuft. Das schlimmste scheint vorbei. Wenn wir an Höhe verlieren, holst Du das Groß etwas dichter.“ Der Mann hat Probleme. ;-) Wir tauschen die Plätze.
Ich werfe ein Blick ins Logbuch: „20 Uhr, Boen, Windstärke 8, scheiße.“ Na prima, das baut auf. Im Cockpit ist es laut wie im Güterbahnhof. Die Wellen haben eine beeindruckende Höhe erreicht. Die Biester fangen an sich zu brechen. Unmengen weißer Schaum ist sogar in der Dunkelheit gut zu erkennen. Es faucht, schlürft, schäumt und gürgelt. Das Rätsel um das nasse Cockpit ist auch gelöst. Das sind keine seitlichen Brecher, sondern das ist Gischt von vorne. Hundert, zweihundert Liter Wasser schießen übers Deck, über die Sprayhood, um dann im Cockpit ihr Ende zu finden. Wir werden jetzt häufiger von solchen Brechern beglückt. Alles ist nass und schmierig. Unter Deck, der Salon, ist auch kein Hort der Freude. Es ist lange nicht so laut wie oben, aber über 30 Grad abgestandene Luft sind schwer zu ertragen. Wie in einer alten Turnhalle. Verschwitze T-Shirts, feuchte, salzige Handtüchern und der eigene ungeduschte Duft. Lecker.
Ach ja, und dann haben wir noch Wassereinbruch im Salon. Durch einen Dorade-Lüfter und eine noch unbekannte Stelle, kommt Wasser durch die Decke. Keine Mengen, aber grade genug, um Laufspuren an der Decke und den Schränken zu zeigen. Oder kleine Pfützen auf dem Tisch oder im Schapp zu bilden. Üblicherweise segeln wir trocken, da sind diese Macken vor uns verborgen geblieben.
Aus dem Cockpit tragen wir zusätzlich Salz mit nach unten. Überall klebt es, der Fußboden ist glitschig. Es ist sowieso schon schwierig zu laufen, das macht es nicht einfacher. Der Salon ist eine Art Salz-Tropf-Höhle geworden. Ich kann hier nicht sitzen. Diesen Bericht zu schreiben, bedarf drei Unterbrechungen. :mrgreen:
Achim soll Recht behalten, den ärgsten Wind habe ich verschlafen. Dafür bin ich ehrlich dankbar. Ein Dauerwind von über 25Knoten und knapp 32er Boen langt mir. Ich bleibe im Cockpit hocken, trotz drohender Dusche. Ganz dicht hinter der Sprayhood ist man noch recht sicher. Dank Pille Nummer drei kann ich lesen und muss nicht immerzu auf den Windmesser starren. Morgens um fünf reffen wir aus. Wind zwischen 20 und 23 Knoten. Vollzeug. Wir wollen Höhe fahren und nicht auf der alten Kurslinie zurück.
Kulinarisch sind wir im Lummerland angekommen. Ich kann noch immer nicht lange unten sein und Achim noch immer nicht kochen. Aber Nudeln kann er. Eine Million Kinder können nicht irren: Nudeln mit Tomaten-Ketchup muss was Gutes sein. :lol: 93 gesegelte Meilen mit einem Ost-Gewinn von 27 Meilen. Ich sag nichts dazu, fällt der Zensur zum Opfer.
228 Meilen Rest nach Osten.

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