Tag 20 ==> NZ – Flaute

Sa.,6.Nov.2021, Pazifik, Tag 2714, 24.576 sm von HH

Am Nachmittag ist es dann endgültig vorbei mit dem Wind. Der Motor läuft – noch knapp 200 Meilen bis zum Ziel. Da reicht der Diesel locker ohne die Reserven zu berühren. Super, so soll das sein.
Kaum läuft der Motor bekommen wir Besuch. Zuerst denke ich, das ist aber eine große Möwe. Und so gewandt. Schlagartig erfolgt die Erkenntnis: da fliegt unser erster Albatros. Er dreht eine kurze Runde um Atanga. Elegant im Flugstil, leuchtend weiß von der Nachmittagsonne beschienen. Es heißt, dass die neuseeländischen Albatrosse ab dem 33sten Breitengrad erscheinen. Unser ist pünktlich wie ein Grenzposten zur Stelle. Jetzt ist auch wieder klar, warum wir diese Reise eigentlich unternehmen. Einen Albatros bekommt man fast ausschließlich auf See zu sehen. Sie kommen nur zum Brüten an Land. Auf der Südinsel Neuseelands gibt es eine Brut-Kolonie. Dort kann man mal Glück haben.

Die Nacht verläuft ereignislos. Unser 110 PS starker Yanmar hämmert uns in den Schlaf. Der im Grunde viel zu große Motor (für unsere Schiffsgröße) ist kein Flüsterwunder.
Der Morgen bringt Aktivität. Die Braut soll für die Ankunft hübsch gemacht werden. Unser Cockpit wirkt durch die leeren Bimini-Bügel wie ein Wäsche-Trockenplatz. Wie ich schon schrieb, ist die Konstruktion, nun, ich sag mal, abenteuerlich. Bevor man die Bügel kippen kann, muss die Großschot durch die Bügel gezogen und der Baum zur Seite geklappt werden. Ein paar Schrauben lösen und fertig. Unter Segel unmöglich – jetzt kein Problem.

Und dann leckt unser Kühlwasser vom Yanmar. Es tropft in recht kurzen Abständen. Wer kennt es nicht von früher, ein alter Renalut, der auch ewig Kühlwasser verloren hat? Es scheint ein Schlauch-Schellen-Problem zu sein. Kleiner Fehler, große Wirkung. Achim könnte den Schlauch wechseln, aber eine Operation am offenen (heißen) Herzen möchte er gerne vermeiden. Er versucht die Undichtigkeit mit ResQ-Tape abzudichten. Keine Chance. Auf dem feuchte Schlauch klebt es nicht. Also kippen wir Wasser in den Ausgleichsbehälter in der Hoffnung, dass der Motor dieses Wasser ansaugt. Macht er! Jetzt brauchen wir nur noch alle vier Stunden einen Liter nachkippen und kommen hoffentlich ohne platzende Maschine in Opua an.

Essen: Es gibt noch mal Chili con Carne. Ein Glas mit Hack muss noch weg. Und dann habe ich den Fragebogen der neuseeländischen Behörden ausgefüllt, was wir noch an „gefährlichen“ Lebensmitteln und Gegenständen an Bord haben. Von Muskatnüssen bis zum Strohhut kommt da allerlei Zeug zusammen. Gerne hätte ich gemogelt, aber Achim würde das sowieso bemängeln, also ist meine zweitbeste Strategie Nebelkerzen für den Kontrolleur zu werfen. :mrgreen: Kreuze brav Reis als vorhanden an und schreibe daneben: weißer Reis, Sushi Reis und Milchreis. Und Gries nicht vergessen. Alles in Schriftgrad drei und ohne Sonntagsschrift.
Ich bin gespannt, wie das ablaufen wird. Früher, also b.c. (before corona not before christ), kamen Hunde an Bord zum Lebensmittel schnüffeln. Das soll es im Augenblick nicht geben.
Diese Aktionen kommen leider sowieso rund 250 Jahre zu spät. Bereits die ersten Europäer, die Neuseeland betraten, haben es versaut. Und wer war es? Kein geringerer als der berühmte Käpt’n Cook und seine Leute. In den Aufzeichnungen von Georg Forster, dem botanischen Begleiter Cooks, habe ich folgendes gelesen: „Zwar hatten wir eine Menge europäischen Gartensamens von der besten Art ausgesät, allein das Unkraut wird jede nützliche Art bald ersticken“. und „Wir hatten noch fünf Gänse und vier Mutterschafe vom Kap der Guten Hoffnung da gelassen. Seiet fruchtbar und mehret euch. Hoffentlich werden sie sich über das ganze Land ausbreiten.“

Tagesmeilen – 121 – Restmeilen direkter Kurs: 97 – eta: Sonntagvormittag NZ time = +12 Stunden HH time. Year!
Position: 34° 20,9 S – 175° 34,2 E

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2 Gedanken zu „Tag 20 ==> NZ – Flaute

  1. Birgit Fereara

    Ihr seid einfach super! Gut gemacht! Und gut berichtet. Die Berichte waren meine Morgenlektüre und werden mir fehlen! Alles Gute in NZ, genießt es. Ihr habt es verdient.
    Liebe Grüße aus Berlin.

    Antworten

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