Di., 6.Sep.16, Atlantik, Tag 829, 6.773 sm von HH Es gibt einen neuen meistgesprochenen Satz an Bord: „Wer hatte eigentlich die Scheiss-Idee mit der Rally?“ Bis Mitternacht verfolgen wir unseren Plan, Strecke nach Nord-Osten gut zu machen. Als der Wind unter 10 Knoten faellt, geben wir auf. Wir fahren rueckwaerts. Nachts den Blister zu setzten, ist keine Option fuer uns: 120 qm wildgewordenes Tuch zu baendigen im Fall von Problemen, braucht keiner. Also bleibt nur, die Maschine anzuwerfen. Mit dem Abtauchen des Windes sind auch die Wellen verschwunden. Geht also ganz gut, trotz Wind genau auf die Nase. Wir kommen voran. Im Morgengrauen haben wir Tobago rechts neben uns. Wir setzten Gross und Vorsegel. Ein kleiner Wind von knapp vier Windstaerken stellt sich ein. Wie durch ein Wunder koennen wir unseren Wunsch-Kurs von 150 Grad segeln. Genau zwei Stunden lang. Dann kommt der erste Squall. Squalls sind lokale Wetterstoerungen, dauern meist nicht laenger als 20 Minuten, haben viel Wind im Gepaeck und noch mehr Regen. Da haeufig extreme Wind-Dreher in einem Squall stecken, steuern wir diese von Hand. Nicht, dass man es der Wind-Herta nicht zutrauen wuerde, gibt es zusaetzlich ein gutes Gefuehl nicht den Maechten ausgesetzt zu sein. Der erste Squall hat nur 30 Knoten Wind. Die naechsten schon 35 Knoten.
Mensch und Maschine halten das aus. Trotz Vollzeug, da wir sonst ja gar nicht voran kaemen. Ein uebler Nebeneffekt so einer Wind-Regen-Wolkeist, dass die auf der Rueckfront komplett wind-leer ist. Nach einer Stunde ist der normale Wind wieder da. Bis dahin fahren wir mal wieder rueckwaerts. Die Stroemung drueckt uns genau auf die Kurslinie aus der wir gekommen sind (Beweisfotos koennen geliefert werden). Es ist wie verhext. In diesem Augenblick haben wir 183 sm gesegelt (das ist an sich fuer 54 Stunden schon eine Frechheit – der geneigte Leser erinnert sich, dass wir an ziemlich dem gleichen Ort schon mal 180 sm in 24 Stunden hatten) und sind von unserem Startpunkt 125 sm entfernt. Dafuer geht es kulinarisch heiss her: der Gelbflossen-Thun von gestern ist koestlich und wird uns zwei Tage ernaehren.
Tag 2 – von der Langsamkeit des Seins
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