Di., 07.Dez.21, Neuseeland/Whangarei, Tag 2747, 24.688 sm von HH
Wo sind wir denn eigentlich gelandet? Das Norsand Boatyard liegt in Whangarei mitten im Industriegebiet. Wir sind umzingelt von Handwerksbetrieben und Kleinindustrie, wie die Beton-Fabrik gleich hinter dem Zaun. Keine Restaurants, keine Wohnhäuser, keine Geschäfte. Bis zum nächsten Supermarkt sind es drei, bis in die City von Whangerei vier Kilometer. Dort ist die Auswahl an Geschäften mehr als ausreichend. Alles vorhanden, was wir benötigen.
Der Weg mit dem Fahrrad verläuft an einer viel befahrenen Ausfallstraße entlang und ist Radler unfreundlich. Gesamt Whangarei (50.000 Einwohner) ist komplett aufs Auto fahren eingestellt. Zebrastreifen und Fußgängerüberwege sind Mangelware – Fahrradwege existieren gar nicht, Fahrradständer ebenso wenig. Der Vorteil, dass man nicht auf Radler eingestellt ist, es gibt auch keine Verbote für uns. Quer durch die Fußgängerzone mit dem Rad – erlaubt. Na, zumindest nicht verboten.
Auf der Werft gibt es gute Duschen (heißes Wasser – 0,60 Cent für 6 Minuten) und saubere Toiletten. Außerdem Waschmaschinen und Trockner für einen anständigen Preis. Wenn die Werftarbeiter Feierabend haben, dürfen wir Auf-dem-Schiff-Wohner die Pausenecke der Arbeiter benutzen – inklusive kostenlosem Gasgrill.
Die Leute, einschließlich der Besitzer des Boatyards, sind freundlich und der Laden ist aufgeräumt. So ordentlich, dass ich über das komplette Gelände ziehen musste, um altes Holz für die Konstruktion eines kleinen Arbeitstisches unter Atanga zu finden.
Farbe, Antifouling oder Abwasser auf den Grund zu leiten, ist strikt untersagt. Da wird hier – untypisch für Werften – sehr darauf geachtet. Aber jedes Boot bekommt alte Kanister, in denen Grauwasser aus der Spüle und dem Waschbecken aufgefangen werden kann. Unsere Toilette ist natürlich nicht nutzbar. „Jedes Boot an Land mit einer Crew über 50 braucht einen Pipi-Eimer für die Nacht“, so ein Segelfreund. Wir haben jetzt auch einen.
Ich bin kein Held auf der Leiter. An einem Abgrund von 1500 Metern zu turnen, ist mir egal. Ich kann auch auf den lustigen Glasfenstern mit Blick in die Tiefe in Wolkenkratzern stehen, aber der Übergang von der Badeplattform auf die Leiter – da gruselt es mich. Dann noch im Dunkeln, nein danke, ich nehme den Eimer.
Achim und ich haben bereits mit unseren Arbeiten angefangen. Wellendichtung getauscht, Holzrahmen zum Lackieren demontiert, Segel abgeschlagen und vieles mehr. Bislang sind wir aber die einzigen, die an Atanga arbeiten.
Zwei große Projekte sollen von Norsand übernommen werden.
1. Der Rumpf – der wird komplett von Antifouling-Resten befreit und bis auf die GFK-Fasern abgeschält. Dann muss der Rumpf trocknen, damit die Osmose-Behandlung überhaupt erfolgreich durchgeführt werden kann. Nach dem Trocknen wird der Rumpf gespachtelt und er erhält eine wasserdichte Sperre (um erneute Osmose zu vermeiden). Diese Arbeiten erfolgen in einer Halle. Spätestens ab dem Zeitpunkt dürfen wir nicht länger an Bord wohnen.
Da der Rumpf nun einmalig neu aufgebaut wird, haben wir uns entschieden nicht wieder Antifouling zu streichen, sondern Copper Coat als Schutz gegen Bewuchs auftragen zu lassen. Das soll mindestens zehn Jahre halten.
Das Schälen des Rumpfes soll noch vor Weihnachten fertig werden.
2. Das Deck – der alte Teakbelag kommt runter. Damit das passieren kann, müssen alle Beschläge, Klampen und der Mast demontiert werden.
Anschließend werden die Löcher im Deck mit denen das Teak im Augenblick noch verschraubt ist, zugespachtelt. Anschließend werden eventuell vorhandene Wasserschäden beseitigt. Der neue Belag kann aufgebracht werden. Wir haben uns gegen Holz entschieden. Es soll ein Teak-Imitat aus Kunststoff (Flexi-Teak nennt sich das Produkt) aufgeklebt werden. Dies erfolgt ebenfalls in der Halle.
Mit den Arbeiten soll im nächsten Jahr begonnen werden.
Standzeit auf dem Trockenen – drei bis vier Monate, wenn alles gut klappt.
Wenn es in dem Tempo weiter geht wie bisher … unendlich.
Ich glaube fest daran, dass sich die Kiwis bereits im Weihnachtsmodus befinden. Die Weihnachtszeit fällt in den Hochsommer und die Haupturlaubszeit. Alle Neuseeländer haben frei, treffen die Familie und fahren in die Ferien. Also, wird schon. Geduuuuld.