Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott

 Di., 13.Sep.17, Kolumbien/Santa Marta, Tag 1201, 11.850 sm von HH

Direkt nach unserer Ankunft in Santa Marta vor 2 Monaten habe ich mit den Leuten vom Boatyard bezüglich eines neuen Unterwants gesprochen. Alles hörte sich super an und es schien, als ob es in Cartagena einen Rigger gäbe, der ein neues Want anfertigen könnte. Unser defektes Unterwant, das seit unserer Überfahrt von Belize nach Providencia notdürftig mit einer Kette repariert seinen Dienst tat, habe ich der Werft als Muster übergeben.


Es dauerte knapp zwei Wochen, bis der Rigger mitteilen ließ, dass er das notwendige Stemball Terminal (das ist der „Haken“, der auf den Draht aufgepresst wird, um es am Mast zu befestigen) nicht in Kolumbien auftreiben könnte. Kein Problem dachte ich, da unsere Reise nach Hamburg bevorstand und ich die Terminals aus Deutschland mitbringen könnte.

Wieder in Santa Marta, übergab ich die neuen Terminals der Werft, um dann 2 Wochen später erfahren zu müssen, dass ein 10mm Draht in Kolumbien nicht erhältlich sei. Hier gäbe es nur 3/8 Zoll Drähte…. Hätten sie das gleich gesagt, dann hätte ich solche Terminals mitbringen können. Es drängt sich leider der Verdacht auf, dass die Werft hier nicht besonders bewandert ist, wenn es um Segelboote geht.

Um für zukünftige Notfälle gerüstet zu sein, hatte ich in Hamburg aber auch noch eine Reihe von Schraubterminals gekauft. So einen Notfall hatten wir nun und ich beschloss das alte Want mit einem Schraubterminal zu reparieren.

Schritt 1: Absägen des alten Terminals oberhalb der Bruchstelle. Den Draht habe ich in einen Schraubstock geklemmt wobei dessen Backen mit Bleiplatten bedeckt waren, um Beschädigungen des Wants zu vermeiden.

Schritt 2: Einfädeln des Konus. Dazu werden die 12 Drähte, die den Kern umspannen gelöst und leicht geöffnet, sodass sich der Terminal-Konus über den aus 7 Drähten bestehenden Innenkern des Wants geschoben werden kann. Bei einem 10er Want schreibt sich das leichter als es ist… Die Kardeele dürfen bei dieser Aktion auf keinen Fall geknickt werden.

Schritt 3: Nun werden die losen Drähte des Wants ordentlich um den Kern gelegt und die äußere Schraubhülse darüber gezogen.

Schritt 4: Wenn alles gut aussieht, wird das Gegenstück aufgesetzt und mit moderater Kraft verschraubt.

Schritt 5: Die Verbindung wird noch einmal aufgeschraubt und die Drahtenden sollten sich nun schön um den Konus gelegt haben.

Schritt 6: …mit Kraft verschrauben….

Logischerweise wird das Want insgesamt etwas kürzer. In unserem Fall reichte jedoch ein Toggle (das ist so eine Art Verlängerungsstück), um das Want wieder anzubringen.

Jetzt muss es nur noch halten …..

Fazit: ich habe es leider versäumt mir eine Reihe von Schraubterminals für jede Wantenstärke zu besorgen bevor wir losgefahren sind. Das war ein Fehler, den ich jetzt allerdings korrigieren konnte.

 

Kunst in Cartagena

Do., 07.Sep.17, Kolumbien/Cartagena, Tag 1195, 11.850 sm von HH

Die erste Kunst auf die wir stoßen, ist eine dicke Frau. Die dicke Gertrudis.
Die stammt von Fernando Botero, dem wohl bekanntesten Maler und Bildhauer Südamerikas. „Großzügigkeit und Üppigkeit stehen für mich in enger Verbindung mit der Sinnlichkeit“.

Na, dann ist anfassen ja wohl ausdrücklich erlaubt.
Ein Aberglaube in Cartagena behauptet, wer den Hintern der dicken Frau berührt, kehrt eines Tages nach Cartagena zurück. Das Anfassen der Brüste sorge für eine lange Beziehung.
Kaum jemand, der sich diese Chance entgehen lässt.

Der Besuch im Inquisitions-Palast enttäuscht.
Hinter der herrlichen Fassade fand die grausame Verfolgung Andersgläubiger statt. Indigene und afrikanische Einflüsse stellten einen guten Nährboden für schwarze Magie dar. Diese galt es auszurotten. Dem Beispiel aus Europa folgend, wurden die Beschuldigten solange gefoltert, bis ein Geständnis abgelegt wurde.
Am Tag der Unabhängigkeit 1811 wurde der Inquisitions-Palast vom Volk gestürmt.
Die Aufmachung am Eingang verspricht einen abwechslungsreichen Rundgang mit englischer Beschriftung. Leider hat man diese nach dem Erdgeschoß vergessen aufzuhängen.

Um 15:00 Uhr nehmen wir den Bus nach Santa Marta zurück.
Klimatisiert diesmal. So sehr, dass wir nach fünfeinhalb Stunden (wer hat eigentlich die Lüge, dass der Bus vier Stunden braucht, erfunden?) als Stock gefroren aus dem Bus fallen.

Ein lohnender Ausflug ist Cartagena allemal. Mit zwei Übernachtungen hat man ausreichend Zeit die Altstadt mit angrenzenden Sehenswürdigkeiten zu bewundern.
Wir freuen uns über unsere Entscheidung Cartagena per Bus besucht haben. Die Marinas und der Ankerplatz liegen zwar verlockend nah am alten Kern, aber Dinghy Dock oder ähnliches konnten wir nicht entdecken. Im halb so kleinen Santa Marta sind die Wege kürzer, die Preise kleiner, die Straßen leerer aber leider die Häuser hässlicher.

Altstadt und Kastell von Cartagena

Mi., 06.Sep.17, Kolumbien/Cartagena, Tag 1194, 11.850 sm von HH

Die Altstadt von Cartagena ist klein. Wenn man von der gewaltigen Stadtmauer und Festung liest, ist die Erwartung, sie muss riesig sein. Aber zwei Kilometer Durchmesser, mehr mag es gar nicht sein.

Es gibt einen perfekt restaurierten Teil. El Centro und San Diego.
Hier ist schon fast steril. Alles ist für die Touristen hergerichtet. Teure Boutiquen und edle Souvenir-Shops. Dazwischen eine Armee an Hutverkäufern, Touren-Anbietern und Schmuck-Händlern.
Man wünscht sich ein T-Shirt mit der Aufschrift. ’no quiero nada‘. Man wird sie nicht wieder los.

Im Hinterland von Cartagena gibt es einen Ort, San Basilio de Palenque.
Hier wohnen die Nachfahren entflohener Sklaven, die cimarrónes, wie die Spanier sie nannten.
Die
schwarzen Frauen kommen in die Stadt, um auch eine Scheibe vom Touristen-Kuchen zu ernten.
Verkleidet in „Sklaventracht“, wie ein Tourist sich eine Sklaventracht so vorstellt, geben sie vor, Obst zu verkaufen. Anmutig tragen sie Schalen auf dem Kopf. Hübsch dekorierte Obst Stillleben. Aber es geht nicht um Obstverkauf. Wer ein Foto von ihnen machen will, soll zahlen.

Glücksjäger, Wasserverkäufer, Bettler und Trickbetrüger. Sie alle lockt es in das Unesco Kulturerbe.

Von weit her kommen die fliegenden Händler. Ein Schmuckverkäufer erzählt uns, dass er 25 Stunden mit dem Bus nach Hause fahren muss.
Er hat eine Handvoll Ketten über dem Arm. Billigst-Ware ‚made in einem Land‘, in dem das Lohn-Niveau noch niedriger ist als in Kolumbien.
Er findet Deutschland gut. Vor allem wegen der Bundesliga. Er kennt alle Vereine, erzählt uns die Tabellenstände und grinst über den HSV. :shock:

Schön ist es in El Centro und San Diego. Aber zum Wohlfühlen ist das nicht.

Unser Hostel liegt in Getsemani, dem abgewohnteren Teil der Altstadt. Er ist nicht so perfekt renoviert, die Touristen-Dichte nimmt ab. Restaurants haben keine Klima-Anlage mehr, ein Bier kostet nur noch 3000 statt 5000 Pesos.

Abends kommen die Selbstdarsteller und Musiker auf die Straße. Die Plaza Trinidad ist der Treffpunkt für Künstler und solche, die es werden wollen: Breakdancer Battle, Folkloregruppen, Beatboxer, schlechte Gitarrenspieler und gute Sänger. Für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Vor ein paar Jahren galt das Viertel noch als gefährlich, heute ist es ein lebendiger Mix aus echtem Leben und Tourismus.
Ein hohes Polizei-Aufgebot sorgt für Ruhe. Bier bekommt man auf der Plaza nur im Plastikbecher, Glas ist verboten. Trotzdem, unter den Augen der Polizei werden uns ‚Happy Brownies‘ angeboten. Frech in der Tupperdose präsentiert.

Außerhalb der Altstadt liegt das mächtige ‚Castillo de San Felipe de Barajas‘.
Es ist die größte Festung, die Spanien in einer ihrer Kolonien errichtete. Uneinnehmbar, so lautete der Auftrag, sollte das Bollwerk sein. Und es hielt Stand.

Sogar den stärksten Angriff in der Geschichte der Stadt. Den Überfall durch Admiral Vernon 1740. Der englische Admiral war sich seines Sieges gewiss, lies er doch schon vor dem Angriff Gedenkmünzen prägen: „Der Stolz Spaniens gedemütigt durch Vernon“.
Sein Gegenspieler war ein alter Kriegsveteran, Don Blas de Lezo. Bereits einbeinig, einarmig und einäugig, verlor er in der Schlacht gegen Vernon noch sein zweites Bein, konnte aber den Sieg davon tragen. Vernon war nun der Gedemütigte.

Heute kann man das Kastell besichtigen.
Ein besonderes Vergnügen ist das ausgeklügelte Tunnel- und Wegesystem. Mehrere Hundert Meter Gänge mit Pulverkammern, Kasematten und Vorratslagern. Das Fort erstreckt sich über mehrere Etagen, die durch Treppen verbunden sind.

 

Eine Reise nach Cartagena de Indias

Di., 05.Sep.17, Kolumbien/Cartagena, Tag 1193, 11.850 sm von HH

„Cartagena kennt zwei Temperaturen: heiß oder sehr heiß“, lässt und Maria wissen.
Maria muss es wissen, sie stammt aus Cartagena und ist unser Tour-Guide der ‚Free-Walking-Tour‘ an der wir teilnehmen.

‚Free-Walking‘ wurde bereits 2004 in Berlin erfunden. Seitdem hat sich das Konzept in über 75 Länder verbreitet.
Bei dieser „kostenlosen“ Stadt-Führung zahlen die Teilnehmer am Ende der Tour, was ihnen der Rundgang wert war. Dadurch soll die Qualität und Motivation der Guides erhöht werden. Wir haben von großartigen Touren gelesen und gehört.

Leider ist das der einzige Gag, der Maria in den knapp 90 Minuten einfällt. Lustlos rappelt sie Stammdaten runter, die in jedem Reiseführer zu finden sind. Zudem schleppt sie uns in einen Keksladen, einen Schokoladen-Shop und in ein Schmuck-Geschäft. Es fehlen nur noch die Heizdecken. Schade.

Dabei haben wir uns fast ein Bein ausgerissen, um pünktlich um 16:30 Uhr zur Tour zu erscheinen. Zwischendurch haben wir nicht mehr daran geglaubt, dabei sollte es so einfach sein: Um 9:00 fährt der Bus, der erreicht Cartagena nach vier Stunden, noch 30 Minuten Fahrt mit dem Taxi dazu addiert, ergibt drei Stunden Reserve.

Die verbringen wir im Bus. Statt der versprochenen vier Stunden, tuckern wir fast sieben Stunden durch die Lande. Unter den verschiedenen Buslinien, die es in Kolumbien gibt, erwischen wir ausgerechnet die Bummel-Linie. Nicht klimatisiert, dafür voll besetzt.
Die günstige Fahrkarte von 6,50 EUR hätte uns stutzig machen können.

Zuerst ist es ja noch ganz witzig, dass unterwegs ständig fliegende Händler dazu steigen.
Sie versuchen im Bus Getränke und Leckereien an den Mann zu bringen. Dass die Bude schon brechend voll ist, stört dabei keinen.
Kuchenpakete und fettige Maistaschen werden einfach nach hinten durchgereicht. Der Verkäufer muss dann so lange mitfahren bis der Bus wieder irgendwo anhält. Zum Teil sind das viele, viele Kilometer für einen Umsatz von 90 Cent. :shock:

Schlussendlich erreichen wir Cartagena zur Rush-Hour. Minibus um Minibus, Taxi um Taxi wälzen sich vom Busbahnhof die neun Kilometer in die Altstadt. Im Hotel verzögert sich das Einchecken, zum Glück habe ich die Reservierung auf dem Handy dabei, wir bekommen unser Zimmer. Schnell die Klamotten abgeladen und im halben Dauerlauf (es ist entweder heiß oder sehr heiß in Cartagena :lol: ) zum Treffpunkt unter dem Wahrzeichen der Stadt. Dem Torre del Reloj.

Und dann treffen wir auf die lahme Maria. Sehr schade.

Dafür besticht der erste Eindruck von Cartagena.
Zum Sonnenuntergang erstrahlt die Stadt in ihren schönsten Farben. Und sie ist ‚menschenleer‘. Ein Wunder. Ein Fußballwunder. Kolumbien versucht sich gegen Brasilien. Es geht um die Qualifikation zur WM. Die fußball-verrückten Kolumbianer sitzen in den Kneipen und zu Hause und fiebern für ihre Mannschaft (1:1 übrigens das Ergebnis) und halten die Straßen leer.

Torre del Reloj - Der Uhren-Turm

Torre del Reloj – Der Uhren-Turm

 

Kathedrale San Pedro Claver

Kathedrale San Pedro Claver

 

 

Cartagena

Di., 05.Sep.17, Kolumbien/Cartagena, Tag 1193, 11.850 sm von HH

Wir sitzen im Bus und sind auf dem Weg nach Cartagena. Vier bis viereinhalb Stunden soll die Fahrt dauern.
Cartagena de Indias, wie die schönste Stadt Kolumbiens, ja angeblich ganz Südamerikas, komplett genannt wird.
Das Sahnehäubchen, der Schokotrüffel unter den Kolonial-Städten.

Eine 11 Kilometer lange Festungsanlage umschließt den Ring der Altstadt seit über 400 Jahren. Der Ring und die Kolonialbauten sind bis heute nahezu komplett erhalten. D
ie Spanier hatten nach diversen Plünderungen durch Piraten die Nase voll und investierten in eine gigantische Festungsanlage.
Allein der Freibeuter Drake soll 107.000 Golddukaten in Cartagena erobert haben.

Astronomische Summen verschlang die Errichtung der Festungsanlagen. Das benötigte Geld führte zu einer noch rascheren Ausbeutung der Urbevölkerung. Die Festung errichteten Sklaven aus Afrika.
Ein Touristen-Magnet aus Blut gebaut.

Cartagena, als bedeutende Hafenstadt, hat sowohl Ankerplätze vor den Toren der Altstadt als auch eine Marina. Trotzdem haben wir uns für die Bus-Variante entschieden.
Cartagena gehört zum Bereich eines anderen Port-Käpt’n als Santa Marta. Um sich beim Cartagena Käpt’n anzumelden, benötigt man einen Agenten. Eine Anmeldung auf eigene Faust ist nicht möglich.

Umständlich, tüttelig und natürlich nicht kostenlos.
Somit haben wir entschieden, dass Geld statt in den Agenten lieber in Übernachtungen und Busfahrt zu investieren. Reserviert haben wir zunächst für zwei Nächte. Mal sehen, ob diese Zeit reicht für die ‚Perle der Karibik‘.