Mi., 03.Aug.16, St. Georges/Grenada, Tag 795, 6.590 sm von HH
Verschlossene Türen. Wir stehen tatsächlich vor verschlossenen Türen.
Der Produktion-Leiter der Muskatnuss-Fabrik, die wir besuchen wollen, wird heute beerdigt.
Er scheint beliebt gewesen zu sein. Man hat die komplette Fabrik geschlossen, damit alle ihm die letzte Ehre erweisen können.
Sein Ableben ist auch unser Pech. Wir kommen nicht rein.
Mit dem Mini-Bus zockeln wir ganz in den Nord-Westen von Grenada, nach Gouyave, um ein wenig über die Muskatnuss zu lernen, die allgegenwärtig auf Grenada ist.
Nutmeg überall. Im Cocktail, im Eis, am Hühnchen, am Fisch, sogar bis auf die National-Flagge hat die Nutmeg es geschafft.
- Nutmeg auf der Flagge, auf Schildern, T-Shirts, Nutmeg einfach überall
Grenada, flächenmäßig grad halb so groß wie Hamburg, ist der zweitgrößte Muskatnuss-Lieferant, mit 25 bis 30 Prozent der weltweiten Produktion.
Der Bedarf an Muskatnüssen wird auf 10.000 Tonnen jährlich geschätzt.
Somit werden von dieser kleinen Fabrik, mit einer Technik aus den 50er Jahren, jedes Jahr ungefähr 250 Millionen Nüsse in die Welt geschickt.
Nun stehen wir vor verschlossener Tür und schlendern unverrichteter Dinge durch Gouyave.
- Muskatnuss-Fabrik
An einer der vielen Kirchen werden wir von einem jungen Kerl, der barfuß den Kirchenboden mit einem Mopp bearbeitet, angehalten.
Er fragt was wir in Gouyave wollen: „Nutmeg-Fabric?“. „Yes.“ „Die hat heute zu.“
Ach nee, danke für die Info. ![]()
Dann entpuppt sich unser Schlaumeier aber als die Boden-feudelnde Enzyklopädie der Muskatnuss.
Er atmet, ja, er lebt förmlich die Nutmeg. Er begeistert sich und ist nicht aufzuhalten. Er habe mal in der Fabrik gearbeitet.
Was folgt ist ein 20 minütiger Vortrag über die Ernte der Muskatnuss, das Auslösen aus der Schale, über das Sortieren der Muskatnuss, die Qualifizierung der Muskatnuss, die Sortierung und den Versand.
Ein leidenschaftlicher Vortrag darüber, dass alle Teile der Nuss verwertet werden und wofür. Über die Muskatnuss-Blüte, die Macis, die rote Hülle. Diese schmeckt um einiges milder als die eigentliche Nuss.
Über die harte Schale um die Nuss. Diese wirft er in Holzkohle, damit das Nutmeg-Aroma beim Grillen auf das Fleisch übergeht.
Über die Erntezeit, die Erntedauer, die Ernte-Art. Und Hundert Informationen mehr.
Ein freundlicher Typ, der mit wenig Zähnen im Mund und vor Dreck starrenden Klamotten, den verstorbenen Produktions-Leiter ersetzten könnte.
Zumindest was seine Leidenschaft für die Muskatnuss betrifft.
Was der junge Mann verschweigt, ist eine Verwendung, die die Diskrepanz von 2.000 Tonnen zwischen Weltbedarf und der geschätzten Produktion erklärt: Muskatnuss hat eine halluzinogene Wirkung. Ähnlich dem Cannabis.
Mit dem kleinen Unterschied einer schlecht vorhersagbaren Wirkung und der Gefahr von starkem Brechreiz.
































