Angrillen am 10. September 2015

Do.,10. Sep.15, Gran Canaria, Tag 468, 2.728

Wir sind spät dran.
Dass wir so spät dran sind, ist allein die Schuld von Michael.
Michael ist stolzer Besitzer eines Cobb’s.
Michael grillt auch gerne. Aber Michael hat nicht so viel Lust, das Ding sauber zu machen. Da er pingelig mit seinen Sachen ist, lässt er auch niemanden anderen den Grill putzen.
Somit hat er es geschafft seit Februar, seinen Cobb vor uns zu verstecken. :evil:

Aber heute ist es endlich soweit: Angrillen 2015!

Inventur-Differenzen

Mi.,09. Sep.15, Gran Canaria, Tag 467, 2.728 sm

Gemeinsam mit der La Joya leihen wir uns ein Auto, um zum Gasflaschen füllen, Baumarkt Besuch und Supermarkt plündern durch die Lande zu düsen. Die große Sorge, dass wir alle auf den Kap Verden oder während der  Atlantiküberquerung  verhungern werden, greif massiv um sich.

Alle Besorgungen klappen wie am Schnürchen und bald sieht unser Salon aus wie ein Gemischtwaren-Lager. Zusätzlich zu den Neueinkäufen, hole ich alle vorhandenen Vorräte aus den Schränken, um Inventur zu machen.

Im Würstchen-Dosen-Lager verschlägt es mir die Sprache. Es fehlen drei Dosen!
Auch durch wiederholtes Nachzählen verbessert sich die Situation nicht.
Es fehlen definitiv drei Dosen!
Meiner eigenen, fehlerfreien Buchhaltung vertrauend (was auch sonst ;-) ), kann es dafür nur eine Erklärung geben: Hier an Bord gibt es einen Würstchen-Dosen-Dieb. Unglaaaublich. Die Auswahl der in Frage kommenden Personen ist klein und somit ist der potentielle Dieb schnell ermittelt. Noch leugnet er…

Dafür mache ich eine andere überraschende Entdeckung: offensichtlich habe ich bei jedem zweiten Einkauf Gewürzgurken gekauft. In Summe finde ich elf Gläser Gurken, der verschiedensten Hersteller und Sorten in den Schapps. Sachen gibt’s.

Es dauert Stunden für den ganzen Kram sinnvolle Sortierungen und Plätze zu finden.
Außerdem muss ich versuchen so viel Gewicht wie möglich auf die Steuerbordseite zu bringen, da wir Backbord schon etwas Schlagseite haben.
Nebenbei schreibe ich neue Staulisten, damit sich irgendwann die Suche nach Senf nicht einen ganzen Tag hinzieht.

Wir sind jetzt fast randvoll und viel darf nicht mehr dazu kommen. Dabei steht auf meiner Liste noch eine ganze Menge…wie gesagt, die Angst zu verhungern ist stark ausgeprägt.

Mückenschutz – die Zweite

Di.,08. Sep.15, Gran Canaria, Tag 466, 2.728 sm

Mückenschutz für die Luken ist jetzt zwar da, aber was ist mit unserer Haustür, dem Niedergang?

Direkt vor die Treppe ein Netz zu hängen, erscheint mir unpraktisch.
Schließlich muss man gefühlte 10.000 Mal am Tag den Niedergang hoch und runter.
Dass jemand dabei im Netz hängen bleibt, stürzt, bevorzugt mit fettigen Essensresten, erscheint mir vorprogrammiert. Außerdem spielt sich ein Großteil unseres Lebens im Cockpit ab und dort würden wir ungeschützt sitzen.

Also habe ich mir überlegt das Cockpit komplett mit einem Netz abzudecken.
Als Stütze sollen die Sprayhood und das Gestänge für den Sonnenschutz, das Bimini, dienen.

Im Fundus findet sich ein altes Moskitonetz in der Größe für ein Doppelbett.
Dies ist ein wenig zu klein, um das gesamte Cockpit abzudecken. Also kaufe ich ein zweites dazu.

Von dem neuen Netz schneide ich am unteren Saum einen Streifen von 60 cm ab und nähe diesen an das vorhandene Netz an. Von dem riesigen Tüllberg einen acht Meter langen Streifen abzuschneiden, ist auf unserem kleinen Salontisch nicht einfach.
Aber mehr oder weniger gleichmäßig kriege ich das zu Stande. Das Nähen selber erinnert ein wenig an Lady-Di-Hochzeitskleid-Gedächtnis-Arbeit.


Der Streifen reicht zwar nicht komplett um das alte Netz herum, das macht nichts.
Die neu entstandene Fläche ist so bereits groß genug. Der Tüll bekommt ein paar Bänder, damit wir ihn gut spannen können und im Cockpit genug Kopf-Freiheit haben.

Schön ist das Ganze nicht.
Erinnert ein wenig an eine Mischung aus Scheherezade-fährt-zur-See und einen Unfall in einer Gardinenabteilung. Aber vielleicht leistet es uns noch mal gute Dienste, wenn wir irgendwo auf eine Mücken-Invasion treffen.        Bis dahin verschwindet das Teil in der Backs-Kiste.

 

Mückenschutz auf dem Schiff

So.,06. Sep.15, Gran Canaria, Tag 464, 2.728 sm

Im Augenblick haben wir keine Probleme mit Mücken. Da es seit Monaten kaum regnet, bleiben diese Plagegeister erfreulicherweise aus.

In absehbarer Zukunft sind Mücken nicht mehr nur nervig, sondern jeder Mückenstich könnte ernsthafte Folgen haben.
Französisch Guyana ist sogar Gelbfieber-Gebiet, so dass wir spätestens ab dort jeden Mückenstich vermeiden sollten.

Im letzten Jahr hatte ich unsere Achter-Schlafkoje bereits zur Mücken-Tabu-Zone umgenäht. Alle restlichen Luken auf Atanga sind allerdings noch ungeschützt. Erste Nähversuche ohne rechten Plan

Dies gilt es zu ändern.
Und ich habe viel Glück, denn Gabi von der La Joya ist Schneiderin! Wie cool ist das denn! Sie zeigt mir, wie man für ein Mückennetz am besten Maß nimmt und rät dringend dazu, ein Schnittmuster anzufertigen.
Ich hatte schon von Schnittmustern gehört ;-) , aber bislang habe ich auf solchen Firlefanz verzichtet und mir meine Sachen Pi mal Auge zugeschnitten.
Dieser Tipp ist jedoch Juwelen wertvoll. Geht mit so einer Schablone alles viel leichter von der Hand.

Somit bin ich in Massenproduktion gegangen und fünf neue Abdeckungen warten nun auf ihren Einsatz. Im Augenblick hängen sie auf der Leine zum Ausmiefen. Unglaublich, wie Kunststoff stinken kann: Die weiße Gaze für die große Luke hatten wir noch im Fundus und diese ist sofort einsetzbar.

 

Für alle, die solche Luken-Netz nach nähen wollen, hier die Zubereitung:

 

Räume der Entspannung und Wellness-Oasen sind…

Do.,03. Sep.15, Gran Canaria, Tag 461, 2.728 sm

… die Duschen in den Marinas wahrlich nicht.

Der Durchschnitts-Deutsche hält sich 39 Minuten täglich in seinem Badezimmer auf. Männer überraschender Weise nur 6 Minuten kürzer als Frauen.
Bei Neubau und Renovierung wird zunehmend Wert auf Wohlfühl-Komponenten, wie Whirlpool und Multifunktions-Duschen gelegt.

Von solchen feuchten Träumen sind die sanitären Anlagen in Häfen weit entfernt.
Zu Hause stehen indirekte Beleuchtung, anregende oder entspannende Düfte und schöne Musik im Vordergrund. Grundlagen für den vollkommenen Genuss von Ganzkörper-Peeling und aufregenden Fußmassagen.
Auch ich habe so ein schönes Ambiente sehr genossen.

Aber Prioritäten verschieben sich, wenn man bereits über ein Jahr ‚fremd-duscht‘. Selbstverständlichkeiten, wie Wasser in genau der gewünschten Temperatur und in genau der gewünschten Menge, sind plötzlich das höchste Gut.
Wenn ich dann noch an das Wasser gelange ohne Zeitlimit, weil kein Münz-Einwurf gnadenlos rückwärts läuft oder ohne, dass ich alle 15 Sekunden einen Knopf drücken muss, dann, ja dann, erscheint mir auch das übelste Duschloch als Wellness-Tempel.

Sauberkeit ist schön und wird gerne genommen.
Ich gehe trotzdem nicht einen Schritt ohne Schlappen an den Füßen und versuche auch sonst wenig zu berühren.
Zum Glück sind Duschvorhänge, die sich durch den berüchtigten Vorhang-Sog eng an den nackten Körper schmiegen könnten, eine Seltenheit.
Da ich sehr kurzsichtig bin, nehme ich unter der Dusche ohne Brille Schmuddeligkeit nur gnädig verschwommen wahr.

Dadurch blieben mir auch erste Kakerlaken-Sichtungen, von denen mir glaubhaft von Dusch-Mitstreiterinnen berichtet wurde, bislang verborgen.

Bei Hafen-Duschen, kommt Wohlfühl-Freude nicht bei heimeligen Kerzenschein auf, sondern wenn Haken und Ablagen vorhanden sind und der Abfluss nicht verstopft ist.
Wenn ich bis zu den Knöcheln in gestautem Wasser stehe, frage ich mich immer, was da noch alles mit hoch gespült wird. Gott sei Dank rettet mich auch hier meine Kurzsichtigkeit und hält Haarbüschel und sonstiges Ekelzeug vor mir verborgen.

Duschen in den Häfen wird zum Erlebnis

In Vigo (Galicien) ging die Tür auf dem Werfgelände zu den Mädchen-Duschen nicht zu.
Durch Feuchtigkeit verzogen, konnte sie nicht geschlossen werden und der halbe Hafenbetrieb strömte daran vorbei.
Als ich dort unter der Dusche mit Vorhang stand, hatte ich sofort Bilder der berühmten Dusch-Szene aus Psycho vor Augen. :shock: Entspannt duschen geht anders…

Aber das Übelste an dieser Dusche war, dass der Bewegungsmelder nur für zwei Minuten das Licht anschaltete. Erneute Helligkeit bekam ich nur durch ‚Arme wackeln‘ mitten im Raum.
Also raus aus der Dusche und vor der halb geöffneten Eingangstür nackig ein kleines Tänzchen aufgeführt, zurück hinter den Vorhang und Psycho meldete sich zurück…

Das mit dem Bewegungsmelder ist übrigens ein gern gemachter Fehler.
In Porto ist das Bad quasi ohne Fenster und komplett in anthrazit gestrichen. Da steht man dann in einer black Box, wenn das Licht ausgeht und man freut sich, wenn man nicht auf der Seife ausrutscht, während man sich triefnass seinen Weg zum Melder sucht.

Ganz schlimm ist es jetzt auch hier in Las Palmas.
Die Person, die sich das örtliche Wasserspar-System ausgedacht hat, müsste jeden Tag mit eiskalten Aufgüssen bestraft werden: Es gibt zwei Knöpfe zum Drücken. Beide liefern Wasser für ca. 10 Sekunden. Der eine Knopf liefert kochend heißes, der andere eiskaltes Wasser.
Wenn man sie gemeinsam drückt, ergibt der Mix für genau eine Sekunde Duschwasser, was die richtige Temperatur hat. Den Rest der Zeit ist man beschäftigt, um Verbrennungen zweiten Grades oder Erfrierungen zu entkommen.
Es gibt noch die Methode einmal heiß und zweimal kalt zu drücken. Dann verlängert sich die Zeit der nahezu optimalen Temperatur zwar auf fünf Sekunden. Allerdings ist hierfür hohe Konzentration und Mitzählen der abgelaufenen Sekunden erforderlich. Dadurch ist an Haare waschen nicht mehr zu denken.

Meinen bisherigen Platz 1 der Duschen, belegt die Wellness-Oase auf La Palma: Holz-Ambiente, angenehmes Licht, so dass einem im Spiegel nicht das fleischgewordene Grauen entgegenblickt, Ablagen, Haken, viel Platz und Sauberkeit.

In der Plazierung weit vorne ist allerdings auch die grauenhafte Dusche in Lissabon.
Die Ecken schwarz verpilkt, an den Wänden klebende Haare, dazu abgerissene Haken und die gruselige Atmosphäre eines Dusch-Containers.
Weniger Wellness geht nicht! Aber Wasser zu jeder Tageszeit in der Temperatur und Menge, die mein Herz begehrt.