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Freiheit am Anker

21.Apr.23, Neuseeland/Whangarei, Tag 3245, 24.696 sm von HH


Das Wetter ist zum Abgewöhnen. Entweder es ergießen sich heftige Schauer über uns, begleitet von stürmischen Böen. Oder ein fieser Nieselregen kriecht in die letzte Ritze. So hatten wir uns unsere ersten Tage am Anker nicht vorgestellt. Achim fährt hin und wieder zur Werft rüber – der Dinghy-Motor soll laufen. Ich verlasse in sechs Tagen nur einmal das Schiff. Zum Abgewöhnen.
Und doch! Es ist schön am Anker. So fühlt sich Freiheit an. Es duftet nach Abenteuer. Die große weite Welt steht uns plötzlich wieder offen.
Und endlich wieder eine eigene Toilette. Vorbei ist die Zeit des öffentlichen Klos. Sich einfach auf die eigene Schüssel setzen. Unbezahlbar.
Eine Neuheit auf Atanga versetzt mich in Begeisterung. Wir haben jetzt eine Fußpumpe für Seewasser. Die Pumpe existierte bereits, allerdings nur für das Wasser aus den Tanks. Die haben wir so gut wie nie genutzt, da ja das Süßwasser mittels Druckwasserpumpe aus dem Hahn kommt. Ein neuer Borddurchlass und etwas Umbau hat uns jetzt die Seewasserpumpe beschert.  Keine Ausreden mehr, warum die Spüle nach dem Abwasch nicht sauber hinterlassen wird. Ein paar Hübe mit dem Fuß und die Spüle ist blitzeblank.
Ich finde das Leben am Anker wunderbar. Bei Sonnenschein wäre es ja gar nicht zu ertragen. ;-)

 

Freiheit am Anker

Nach sechs Tagen ist allerdings das Essen alle (die eingekochten Gläser sind heilig und tabu). Wir fahren mit dem Dinghy nach Whangarei. Knapp drei Kilometer Flussfahrt. Auch das fühlt sich nach Abenteuer an. Mit dem Auto kann ja jeder zum Einkaufen fahren. Es gibt ein Dinghy Dock in der Marina, festbinden, einmal über die Straße hoppeln und schon stehen wir im Supermarkt.
Da wir schon mal da sind, stellen wir uns gleich noch im Marina Büro vor. Kara freut sich uns zu sehen: „Ich hätte schon ab Morgen einen freien Platz für eure Atanga.“ Prima, das ist doch ein Angebot, ursprünglich wäre ein Liegeplatz erst in neun Tagen frei geworden. Wir schlagen ein.

 

Einfahrt in den Stadthafen von Whangarei

Der Hatea, in dem wir ankern, ist ein Fluss mit 2,5 Meter Tidenhub. Eine Fahrrinne ist betont und wird regelmäßig ausgebaggert. Trotzdem kommt man mit zwei Meter Tiefgang nur bei Hochwasser über ein paar seichte Stellen.
Unser Hochwasser ist um viertel vor acht Uhr morgens. Halb acht gehen wir Anker auf und fahren bis zur Hubbrücke, die uns von der Marina trennt. Die Brücke öffnet auf Anforderung. Ein Funkspruch reicht. Leider öffnet die Brücke nicht vor neun, um den Hauptberufsverkehr von Whangarei nicht zum Erliegen zu bringen. Das ist aber kein Problem. An einem Steg können wir festmachen und frühstücken. Glockenschlag neun Uhr wird die Brücke für uns geöffnet.

 

Die Hubbrücke von Whangarei wurde einem Angelhaken der Maori nachempfunden

Selber haben wir oft mit dem Auto gewartet – wenn die Brücke geöffnet wurde

Die Brücke schließt gleich wieder nach unserer Durchfahrt – der Angelhaken ist jetzt gut zu erkennen

Der Stadthafen von Whangarei ist nicht besonders groß, aber besonders hübsch. Cafés und Restaurants, Beete mit Sommerblumen, bunte Schirme und ein frisch eingeweihtes Museum sorgen für Flair. Das Museum wurde im Hundertwasser-Stil erbaut.  Der Stil soll schlecht nachgeahmt worden sein, aber Friedrich Hundertwasser hat 60 Kilometer von Whangarei entfernt gewohnt – da will jede Gemeinde etwas von diesem Kuchen abhaben. Für unseren Geschmack passt sich das Gebäude gut in das Hafengelände ein. Wen interessieren da falsche Details. Besonders launig amüsieren sich die Einheimischen über den blauen Nippel auf goldener Kuppel, der schon von weitem über allen Dächern hervor sticht.

Atanga vor blauem Nippel auf goldener Kuppe

Marina von Whangarei

Museum im Hundertwasser-Stil

nette Restaurants und kleine Geschäfte

Auch der kleine Innenstadtkern von Whangarei ist ganz ansehnlich

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Zurück ins Segler-Leben

13.Apr.23, Neuseeland/Whangarei, Tag 3238, 24.696 sm von HH

Ein Jahr, vier Monate und dreizehn Tage hat Atanga an Land gestanden. Heute soll sie wieder schwimmen. Achim ist nervös. Am meisten Kummer bereiten ihm die Bord-Durchlässe. Höchstselbst hat er sie ausgetauscht und jetzt die bange Frage: sind sie dicht oder muss Atanga gleich wieder an Land gezogen werden? Dann die Erleichterung – alle Durchlässe und Ventile sind dicht! Ebenso die neue Wellendichtung. Auch die Maschine springt ohne murren an. Die Gänge lassen sich einkuppeln, das Bugstrahlruder läuft. Achim grinst breit.

Tschüss Leben auf der Leiter – war nicht so schlimm wie erwartet

Tschüss alter Standplatz für so viele Monate

 

Das nagelneue Coppercoat kurz vor dem eintauchen – das wurde vor ein paar Tagen noch angeschliffen – um es zu aktivieren

Atanga kurz vor dem Aufschwimmen – alles dicht – besser konnte es nicht laufen

 

Weit fahren wir nicht. Der Anker fällt gleich im Fluss. Die Werft kann man noch riechen von hier. Damit Achims Grinsen nicht zu breit wird, hält der Gott der Zweitakter eine kleine Schikane bereit – der Außenborder will nicht anspringen. Eine Reinigung des Vergasers bringt den gewünschten Erfolg. Der Außenborder läuft.

Die letzten zwei Wochen haben wir auf diesen Tag hin gearbeitet. Mit dem Auto tonnenweise Lebensmittel ran gekarrt. Wäsche, Kissen und Decken gewaschen. Eingekocht. Für den nächsten großen Schlag alles vorbereitet.

Über 20 eingekochte Mahlzeiten für den nächsten Schlag – Hühnersuppe-Gulasch-Hackbällchen-Gemüse und vieles mehr

Ostern haben wir eine Verkaufsanzeige für das Auto geschaltet. Viel zu schnell melden sich Käufer. Halt, so geht das nicht, ich wollte doch noch einen Großeinkauf machen! Bereits der zweite Interessent, der unseren geschätzten Fiedl begutachtet, schlägt zu. Bargeld wird gegen die Schlüssel getauscht. Papiere für ein Auto gibt es in Neuseeland nicht. Der neue Besitzer gibt seine persönlichen Daten in ein Melde-Register per Internet ein. Glückwunsch, das war es an Formalitäten.
Wir hatten sehr viel Glück mit unserem Auto-Kauf. Der zwanzig Jahre alte Corolla hat nicht einmal gezuckt. Dass er zweihunderttausend Kilometer runter hat, merkt man ihm nicht an. Unser Verlust beträgt 750 Euro, somit hat der Wagen keine 50 Euro im Monat gekostet. Wir haben zusätzlich zwei neue Reifen spendiert und einen Ölwechsel. Insgesamt sind wir 10.000 Kilometer gefahren ohne Probleme. Danke Fiedl, du warst eine gute Karre.

Tschüss Luxusleben mit Auto – rechts warten schon die Räder – zurück zum Segler-Leben

Wir bleiben jetzt ein paar Tage vor Anker in Werft-Nähe. Dort dürfen wir unsere Räder unterstellen und die Dusche benutzen, wenn wir mögen. Es gibt noch ein paar Dinge zu testen. Das Horn gibt nur ein jämmerliches Tuten von sich. Wahrscheinlich eine verklebte Membran. Das Radar will sich nicht mit der Navigation verbinden. Problem noch unbekannt.
Und wir selber müssen auch einige Handgriffe wieder lernen. Wie kam man noch mal am besten von Bord ins Dinghy? :mrgreen: Wir sind, genau wie das Horn, etwas eingerostet.

Leider ist uns das Wetter nicht gnädig. Der erste Abend war traumhaft. Mit einer Flasche Sekt feiern wir unseren ersten Abend am Anker. Leicht werden wir in den Schlaf geschaukelt.
Die zweite Nacht beschert uns Böen von 25 Knoten. Wir finden keinen Schlaf. Atanga dreht sich auf die Seite. Was soll das? Wird der Anker halten? Und was klappert da so nervig? Ein nie da gewesenes Geräusch. Achim findet in der Nacht den Übeltäter – die neu konstruierte Halterung vom seitlichen Solarpanel ist Schuld.
Es gibt noch einiges, an das wir uns gewöhnen müssen.

Erste Nacht am Anker – fast so aufregend wie beim ersten Mal

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Blubbernde Löcher und Schafe, die ihre Locken verlieren

24./26.Mrz.23, Neuseeland/Taupo, Tag 3219-21, 24.696 sm von HH

Da uns die vulkanischen Aktivitäten so gut gefallen, besuchen wir noch ein weiteres Areal mit dampfenden Geysiren:  Das Orakei Korako Valley. In dieses etwas abseits gelegene Tal kommt man nur per Boot. Das schlägt sich sofort im Eintrittspreis mit 45 NZ$ nieder (ungefähr 28 Euro pro Person – schüchtern sind die Kiwis nicht mit ihren Eintrittspreisen). Dafür soll der Park nicht so überlaufen sein.

Hübsche Anfahrt mit kleinen Fähren zum Thermalgebiet

Wir werden belohnt. Bei vollem Sonnenschein kommt die Farbpalette der Ablagerungen besonders gut zur Geltung. Außer uns wandeln nur zwei Handvoll Besucher über die Holzstege, die zwischen den Dampfwolken durchführen. Besonderen Spaß machen die Schlamm-Löcher mit kochendem Modder. Blubb für Blubb bilden sich immer neue Blasen, die ihre kleinen Fontänen abschießen. Je nach Regenfall variiert die Konsistenz der Blubberlöcher.

Unwirtliche Welt

Mineralische Ablagerungen und Algen zaubern ein Farbenspiel

Immer neue Formationen warten hinter der nächsten Ecke

Das sogenannte goldene Vlies – 40 Meter lang

Eine Pool mit kochendem Wasser vorne rechts – verborgen von Wasserdampf

Dieses Gebiet gilt als unberechenbar – die Silicium-Schicht ist zum Teil nur wenige Zentimeter dick

Blubb

In großen und kleinen Fontänen spritzt der Matsch hinter Dampfwolken hoch

Neben Geothermaler Energie-Gewinnung gibt es in Taupo auch noch mehrere Stauseen. Mehrmals am Tag – unregelmäßig – muss das Tor vom gestauten Waikato River geöffnet werden. Je nachdem wie viel Wasser aus dem Taupo  nachfließt. Für Schaulustige wurden tagsüber drei feste Öffnungszeiten festgelegt. Ein schöner Wanderweg am Flusslauf ermöglicht von verschiedenen Aussichtspunkten das Spektakel zu betrachten. In wenigen Minuten füllt sich mit großem Getöse der trocken gelegte Wasserfall. Die Gegend ist hübsch, wir warten zwei Öffnungen ab aus verschiedenen Perspektiven: eine direkt am Tor, eine von den Aussichtsplattformen.

Wasser Marsch – Blick auf den Stausee und das Tor

Das Wasser ergießt sich in wenigen Minuten in sein natürliches Bett

Der Blick von der anderen Seite – noch ist das Tor geschlossen – Das Flussbett leer

Der Kormoran ahnt noch nicht, was gleich passiert

Nachdem er kurz überflutet wurde – kann er sich zum Ufer retten

Nach fünfzehn Minuten ist genug Wasser abgeflossen – die Tore werden wieder geschlossen

In Taupo geht unser Urlaub zu Ende. Was jetzt noch fehlt ist eine Schaf-Show. Auf dem Rückweg zu Atanga halten wir an der „Sheep World“ an. Ich bin vor allem scharf darauf, die Hunde bei der Arbeit mit den Scharfen zu sehen. Leider fällt dieser Teil dünn aus. Zwar stellt uns die Schäferin zwei Hunde vor. Weiß aber gleich anzumerken, dass der braune Huntaway deutlich dümmer als der Shepherd-Mischling ist. Die Demo-Herde befindet sich auf einer Weide gleich neben der Scheune, somit gibt es weder viel zusammenzutreiben, noch für uns viel zu sehen.

Die Hunde sollen eigentlich eine Show abliefern

Interessant ist dann der Teil mit der Schaf-Scherung. Schnelle Scherer schaffen ein Schaf in 20 Sekunden mit der Maschine von seiner Wolle zu befreien.
Wichtig ist, dass vorher die weiblichen von den männlichen Schafen getrennt werden. Die Trennung der Tiere erfolgt mittels einer Klapptür, die in rasender Geschwindigkeit bedient werden muss, während die Herde im schmalen Gang von hinten nachdrängt. Zwei Gäste dürfen das in der Show demonstrieren. Schnell merkt man, das ist ein schweißtreibender Job.

Im echten Schäfer-Leben bedient eine Person die Klapptür – das Geschlecht ist an der Ohrmarke zu erkennen

Die Trennung nach Geschlechtern ist besonders für die männlichen Schafe wichtig, da sie unter dem Bauch anders geschoren werden müssen, damit man ihnen nicht ihren Schniedel abschneidet. Bei der unglaublichen Scher-Geschwindigkeit dürfte das aber trotzdem häufiger passieren. :cry:
Die Schafe in Neuseeland werden zweimal im Jahr geschoren. Der Ertrag beträgt 3 bis 5 Kilo Wolle. Ein Kilo Wolle bringt ungefähr einen Euro.  Das meiste verdienen die Scherer.
Ein hartes Geschäft. Für Schaf und Schäfer.

 

Das Schaf wehrt sich kein bisschen – wegen des Fluchtinstinkts von Schafen soll die Schur recht stressig für die Tiere sein

Drei Minuten später ist die Wolle runter

 

Fütterung der Raubtiere – die Show war schwach besucht – keine Kinder – da hatte ich die Gelegenheit ein Lamm zu füttern – auch mal was Schönes

 

Wir sind jetzt bereits einige Tage zurück auf dem Schiff und bereiten uns für die Wasserung von Atanga am Donnerstag vor. Bis dahin wünschen wir Allen ein paar schöne Osterfeiertage mit Frühlingswetter und vollen Osternestern.

 

Schöne Ostern vom Länderübergreifenden Schmunzelhasen

 

 

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