Archiv der Kategorie: Kanaren

Das Begräbnis der Sardine

Sa, 21.Feb.15, Gran Canaria, Tag 266, 2.421 sm von HH

Das Ende des Karnevals in (ganz) Spanien ist das Begräbnis der Sardine.
Üblicherweise erfolgt diese Beerdigung am Aschermittwoch, aber hier in Las Palmas erst am Samstag. Für das symbolische Ende der närrischen Zeit wird eine übergroße Sardine aus Pappmaschee durch die Straßen geführt und anschließend verbrannt.


Es folgen Hunderte schwarz gekleideter Witwen und Witwer dem Trauerzug und die Zuschauer am Straßenrand können sich am Wehklagen und Jammern der Trauernden erfreuen.
Diese alte Tradition lockt besonders viele, ältere Damen verkleidet auf die Straße. Und Männer, alt und jung, sich in Damenkleider zu versuchen.

 

Ursprünglich soll eine Schweinehälfte am Aschermittwoch, dem Beginn der Fastenzeit beerdigt worden sein. Aber eine Umkehrung der Symbolik hat dazu geführt, dass bereits seit über 200 Jahren ein Fisch, die eigentlichen Fastenspeise, zu Grabe getragen wird.

 

 

In dieser Parade findet die gestern gewählte Drag Queen dann auch noch ihre Bühne, um sich schön und schaurig zur Schau zu stellen.

 

Leider nieselt es fast die gesamt Zeit, so dass wir darauf verzichten dem Tross bis zum Strand zu folgen, wo die Sardine brennend aufs Meer hinaus getragen wird.
Das große Feuerwerk, welches der letzte Höhepunkt des Karnevals 2015 ist, können wir aber noch leidlich gut vom Schiff aus beobachten.

Drei Wochen lang haben wir uns viele der Veranstaltungen des Kanarischen Karnevals angeschaut. Es ist nicht alles unser Geschmack gewesen, aber vieles hat uns gut gefallen und interessant war es allemal. Die Paraden waren für uns das Highlight, weil man einfach mitten drin im bunten Treiben steckt. Alles lief friedlich und ohne Aggressionspotential ab, so dass wir uns auch als Touris sehr wohl unter den Las Palmeros gefühlt haben.

IKEA auf Spanisch

Do., 19.Feb.15, Gran Canaria, Tag 264, 2.421 sm von HH

Schon im normalen Leben gibt es ein paar Dinge, die frau lieber alleine unternehmen sollte, wenn sie eine handfeste Ehekrise vermeiden möchte. Dies gilt umso mehr, wenn man auf knapp 25 qm zusammenlebt.
Zu diesen Dingen gehört, zumindest bei uns, ein Besuch bei IKEA.

Aus Fehlern der Vergangenheit gelernt, mache ich mich somit alleine auf den Weg.
Mit dem Bus eine Viertelstunde Fahrt, kein Problem. Es ist nur etwas gewöhnungsbedürftig, dass der Bus auf (!) der Autobahn hält und ich eine Autobahnzufahrt queren muss, um zu IKEA zu gelangen. Ich bin in solchen Dingen nicht zimperlich, aber das kommt mir schon sau gefährlich vor.

 

Bei IKEA ist dann alles so, wie es sein muss. :-)
Ein Paket Glimma (für nicht Insider: die berühmten 100 Teelichte) für 3,25 EUR und auch sonst der ganze, übliche, schöne Schnick-Schnack. Dank der fehlenden männlichen Begleitung kann ich ausgiebig stöbern. Was fehlt sind die XXL Marabou-Tafeln und Hot Dogs.

Die beste Neuerwerbung ist ein kleiner Plastikbecher, der mit seinem Halter überall auf Atanga angehängt werden kann. Ich erhoffe mir auf hoher See gute Dienste von dem Teil. Mal eben eine Zwiebel, die wegrollen will oder Besteck, welches sich selbständig macht, dort hinein zu legen.

 

Der Bus, der mich auf dem Rückweg mitnehmen soll, stoppt nicht an der Haltebucht, sondern 100 Meter weiter, direkt vor der nächsten Auffahrt.
Dann lässt der Fahrer mich noch ein Ticket lösen, fährt aber nicht weiter, sondern schwätzt aufgeregt in ein Handy. Nach kurzer Zeit, macht er den Motor aus, steckt sich fünf EUR aus der Kasse in die linke Brusttasche, 10 EUR in die rechte, schließt dann seine Kasse ab und packt sie in einen Rucksack.

Durch sein Seitenfenster winkt er und versucht einen anderen Bus zum Halten zu bewegen. Nur noch mal zur Erinnerung: wir befinden uns auf dem Seitenstreifen auf der Autobahn. Bereits der zweite Bus fährt direkt vor uns rechts ran und hält. Da er mit seiner Front schon etwas in die Autobahnauffahrt hinein ragt, fährt er einfach ein Stück rückwärts!

Es werden alle Gäste von unserem Fahrer aufgefordert den Bus zu verlassen und umzusteigen. Er selber folgt uns mit seiner Geldkassette unter dem Arm nach.
Seinen Bus lässt er, ungesichert, auf dem Pannenstreifen zurück. :shock:

Coole Aktion, die alle mit großer Gelassenheit über sich ergehen lassen.

Drag Queen Gala

Mo., 16.Feb.15, Gran Canaria, Tag 261, 2.421 sm von HH

In den letzten Jahren ist zum Bedauern der Anhänger der traditionellen Wahl der Königin, die Gala der Drag Queens zum Publikumsliebling des Karnevals geworden.
Das bedeutet für uns, dass wir wieder nur Zaungäste sein dürfen, denn Karten für diese Veranstaltung zu bekommen, ist für Touristen unmöglich.

Zum überwiegenden Teil sind die Drag-Queens schöner als Frauen es je sein könnten. Aber ein paar der Damen haben durchaus Figuren wie angehende Sumo-Ringer.

Das Prinzip der Auftritte der einzelnen Drag-Queens ist relativ ähnlich:
Die Königin hat einen Hofstaat von tanzenden Prinzessinnen um sich, die gelegentlich auch beim Auskleiden behilflich sind.
Die Drag erscheint auf überhohen Plateau-Schuhen und turmhoher Perücke, was sie doppelt so groß erscheinen lässt wie die Tänzerinnen. In ein aufwändiges, aber wenig sexy Gewand gekleidet, wird ein wenig Show gemacht, um sich dann die erste Schicht Klamotten vom Leib zu reißen. Darunter erscheint meistens ein schöner Schwan im gewagten Glitzer-Outfit und nackten Popo. :mrgreen:
Zwei, drei Verbeugungen und die nächste Drag-Queen mit Gefolge ist an der Reihe.

Dem ganzen fehlt irgendwie der Witz und die Aneinanderreihung der kurzen Auftritte plätschert so dahin. Das zahlende Puplikum klascht wohl und vereinzelt wird gelacht, aber eine überschäumende Begeisterung können wir auch unter den Spanischen Gästen nicht feststellen. Dabei gibt es so viele Kandidatinnen für die Drag-Queen-Gala, dass die Show auf zwei Tage aufgeteilt werden muss.

Dem Nebeneingang kommen wir näher als der Bühne und können ein paar Blicke auf die Damen nach ihrem Auftritt werfen.
Es wird mit dem Gefolge palavert oder aufgeregt hinter jemandem her telefoniert.

Noche de carnaval

Sa., 14.Feb.15, Gran Canaria, Tag 259, 2.421 sm von HH

Da nun alle Wahlen abgeschlossen sind, findet einer der Höhepunkt des diesjährigen Karnevals statt: Die Parade.

Der Zug startet um 17:00 und kommt fast direkt an der Marina vorbei. Die Straße ist die komplette Strecke von ca. 6 km dicht mit Schaulustigen gesäumt.
Angeführt wird die Parade von den Siegern der diversen Wettkämpfe, den Comparsars, Murgas und natürlich der neuen Königin und ihren Prinzessinnen. Begleitet von der ein oder anderen Sambaschule, die mit ihren Trommeln und Trillerpfeifen ein bisschen Südamerika herbeizaubern.

 

Dazwischen die Selbstdarsteller und Individualisten. Ein Tummelplatz der Eitelkeiten. Es gibt wohl kaum eine bessere Plattform als so einen Karnevalsumzug für die Selbstverliebten und Exzentriker.
Mit aufwändigen oder witzigen Kostümen flanieren sie am begeisterten Publikum vorbei. Bereitwillig posieren sie den Fotografen und genießen ihren Auftritt.
Ich bin das erste Mal in meinem Leben auf so einem Umzug und kann mich schnell erwärmen für das Spektakel.

Nach knapp zwei Stunden folgen den ‚Profis‘ die Trucks und bilden das Schlusslicht der Parade. Diese Trucks sind aber nicht politisch kritisch oder lustig, sondern sind lediglich mit Feierwilligen beladen. Pro Truck werden der eigene DJ, meterhohe Boxen, ein Dixi und reichlich Getränke mitgeführt. Getrunken wird aber ausschließlich aus glasähnlichen Plastikbechern. Dazu später mehr.
Wir Passanten werden leider nicht mit Karamelle, sondern mit Konfetti beworfen von dem wir bestimmt noch in drei Monaten etwas auf dem Schiff wieder finden werden. :-)

Bei Truck 22 und einem beginnenden Tinitus gehen wir zum Schiff, essen dort zu Abend und brezeln und für ‚la noche de carnaval‘ so richtig auf. Wir wollen nicht schon von weitem als doofe Touristen erkannt werden, tarnen uns also als Sultan und Scheherazade.
So präpariert gehen wir in die Stadt und stoßen bei Truck 63 wieder auf die Massen. Wir lassen uns zum Plaza Catalina treiben und können dort von der Tribüne aus das Geschehen gut beobachten. Der Platz ist zudem sehr Gehörgangs-freundlich.
Nach 120 Trucks ist der Zug am Ende und wir ebenso. Wir bummeln noch ein wenig durch die Massen und machen uns dann auf den Heimweg.

Anders als in Deutschland, gibt es nur wenige Bier- oder andere Getränkebuden. Das Trinken von Alkohol ist in der Öffentlichkeit in Spanien vielerorts verboten. Daher sieht man überall Leute mit Papiertüten um Flaschen oder Plastikbechern in Longdrinkform stehen. Befüllt werden diese Gläser von Kumpels, die in Plastiktüten oder Omas Hackenporsche den Alkohol und Eiswürfel mit sich führen. Dort wird sich dann das Hochprozentige abgeholt.

Bei großen Veranstaltungen können bestimmte Bereiche von diesem Verbot befreit werden und daher gibt es eine Hand voll Bierbuden am Plaza Catalina.
Eine amerikanische Doppelmoral-Politik: was ich nicht sehe, existiert nicht.

Leider gibt es viel, viel zu wenige Dixis, so dass die Nebenstraßen zu kleinen Kloaken verkommen. Das ist der unangenehme Teil an der Veranstaltung, der Rest macht total viel Spaß und gefällt uns sehr.

Königin des Karnevals

Fr., 13.Feb.15, Gran Canaria, Tag 258, 2.421 sm von HH

Da in Spanien Dienstag der 13. Als Unglückstag zählt, macht es nichts aus, dass heute einer der Höhepunkte des Karnevals stattfindet: Die Wahl der Königin.

Leider kommen wir nicht nahe an die Bühne heran, denn diese Veranstaltung ist sehr populär, kostet Eintritt und ist ausverkauft. Somit sind wir nur Zaungäste und müssen unsere Fotos von der einer Leinwand machen.
Das Schauspiel ist in unseren Augen schon ganz schön schräg. Die Kandidatinnen sind durchweg gertenschlanke, hübsche junge Frauen, die inder Mitte ihres Kostüms stehen und es auf Rollen hinter sich her ziehen. Diese Kostüme können bis weit über 50 kg wiegen und die Regel besagt, dass die Mädchen das Kleid aus eigener Kraft und möglichst natürlich bewegen sollen.

Das gelingt aber nicht immer, denn die zarten Persönchen müssen sich auf ihren Stöckelschuhen ganz schön in die Riemen legen, um den Karren in Bewegung zu versetzten. Das sieht zum Teil dann wenig graziös aus und erinnert ein wenig an ein Eselskarren-Gespann. Außer Lächeln und den Mund halbwegs synchron zur Musik zu bewegen, ist nicht mehr möglich.

Die moderneren Versionen dieser Kleider sind mit LED-Lichtern illuminiert und erinnern ein wenig an Autoscooter-Wagen. :-)
Neben der Bühne gibt es einen Parkplatz auf dem die Kleider abgestellt werden, während die Jury tagt und alle gespannt auf das Ergebnis warten.
Für uns überraschend ist, dass die Kostüme nicht das Motto ‚1001 Nacht‘ widerspiegeln und dass die Auftritte zu alten Tina Turner Hits stattfinden. Wir hätten etwas Spanischeres erwartet.