Archiv der Kategorie: Reparaturen/Refit

Wunder geschehen immer wieder…oder Service Wüste Deutschland

Di., 16. Aug.16, St. Georges/Grenada, Tag 808, 6.590 sm von HH

Unsere UKW Funke spinnt. Aktiviert man den Squelch (das ist das Teil, was das Rauschen unterdrückt, wenn gerade niemand sendet), dann empfängt unser IC-M505 nichts.

Mist!

Eine kurze Internet Recherche ergab, dass es mit großer Wahrscheinlichkeit die Keramikfilter sind, die den Geist aufgegeben haben. Besonders hilfreich war hier das Segeln Forum (www.segeln-forum.de), weil hier dieses Problem schon einmal angesprochen wurde.

Mit diesem Wissen habe ich mich vor 3 Tagen an ICOM gewandt und das Problem kurz per Email geschildert. Und dann geschah das Unerwartete.

Ich wurde auf unglaublich freundliche Weise versorgt. Schaltpläne für den Austausch wurden geschickt und die Filter eingetütet und an unsere Deutsche Adresse geschickt, damit Bine sie von ihrem Heimaturlaub mitbringen kann.

Ja, richtig gelesen….die Filter sind schon da!

Unabhängig davon, ob die Filter wirklich die Ursache sind und ob ich die Dinger auch heil eingelötet bekomme. Was ich bei ICOM erleben durfte, straft jeden Lügen, der Deutschland als Service Wüste bezeichnet.

ICOM…das war wirklich Spitze.

 

So eine Scheisse…

So., 14. Aug.16, St. Georges/Grenada, Tag 806, 6.590 sm von HH

Das Prinzip der kommunizierenden Röhren sollte mich an diesem Sonntag begleiten. Es bezeichnet nach oben offene aber unten miteinander verbundene Gefäße, in denen aufgrund gleichen Luftdrucks und Schwerkraft, Flüssigkeitspiegel gleich hoch sind.

An dieser Stelle empfehle ich denen, die noch nicht gegessen haben, die Lektüre auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen. Für diejenigen, die gerade eine Diät machen kann es weitergehen.

Der Abflussschlauch unserer Bordtoilette stellt so ein System dar, und zwar in dem Augenblick, wenn beide Seiten von den jeweiligen Anschlussstellen getrennt sind. Die Entstehung lässt sich nicht vermeiden. Ein komplettes Abpumpen ist unmöglich. Bestenfalls könnte man versuchen, das System mit einem Strohhalm zu leeren.

In unserem Fall ist der eine Ansatz unten am Klo und der andere am 1m entfernten Bordventil, über das die Stoffwechselendprodukte dem natürlichen Kreislauf zurück gegeben werden. Der Schlauch liegt leider nicht frei, sondern ist durch einen der Badzimmerschränke verlegt. Trennt man also beide Enden des Schlauches von den Anschlussstellen, dann versucht die Natur das Gleichgewicht einzustellen. Theoretisches Innenvolumen des Schlauchs und somit maximal zu erwartende „Wassermenge“: ~ 1l.

Um den Schlauch aus dem Schrank zu ziehen, muss eine Seite deutlich angesenkt werden. Es geht nicht anders. Das belastete „Wasser“ fließt aus dem Schlauch.

Natürlich stelle ich einen Eimer an die erwartete Austrittsstelle…. Die Intensität des Schwalls übersteigt allerdings meine Erwartung.

Glücklicherweise verläuft die Installation des neuen Schlauches ohne Schwierigkeiten. Am meisten Zeit benötige ich für die abschließenden Reinigungsarbeiten und das Wischen des gesamten Salon, den ich mit kontaminierten Füssen betreten musste. Ich kann ja nicht fliegen.

Warum macht man so einen Schei… überhaupt. Schläuche setzen sich durch Ablagerungen mit der Zeit zu. Ist ja bei den Menschen nicht anders, deren Venen in der Regel im Alter auch nicht durchgängiger werden. Irgendwann ist da zu und dann hat man den Salat. Gilt für die Bordtoilette genauso wie für das echte Leben.

Einblick in den Abgrund. Gut zu erkennen ist der ursprüngliche Innendurchmesser des Schlauches. Etwas tiefer sieht man ganz gut, dass es bis zum Infarkt nur noch eine Frage der Zeit war…

Schlauch Innen

Schlauch Innen

NB: Alle die den Beitrag aufmerksam gelesen haben, werden jetzt bemerken, dass die Menge an belastetem „Wasser“ aufgrund der Verringerung des Innendurchmessers deutlich kleiner war, als oben angegeben. Das stimmt, aber es ist trotzdem eine schlimme Arbeit.

Verschärfter Arbeitsdienst

Do., 11. Aug.16, St. Georges/Grenada, Tag 803, 6.590 sm von HH

Ich glaube, ich muss ertrinken. Langsam füllt sich die Maske mit Schweiß. Wasser drängt aus jeder Pore meines Körpers. Ich schwitze wie ein Schwein und man könnte meinen, dass ich gerade aus der Dusche gekommen wäre. Meine Hose sieht aus, als ob ich mich eingenässt hätte. Es ist relativ kühl heute. Gerade mal 30°C, aber trotzdem nicht unbedingt ideal, um Laminierarbeiten im Achterschiff zu machen.

Ich ertrinke

Ich ertrinke

Drei Tage bin ich jetzt allein an Bord und arbeite meine „To Do“ Liste ab. Fast so, wie früher im Job, jedoch mit dem feinen Unterschied, dass man hier an Bord Dinge nicht so recht aussitzen kann, bis sie sich von allein erledigt haben, oder sie niemanden mehr interessieren. Auch die Ansage…“das müsste mal einer machen“ bringt mich hier nicht voran.

 To Do

Nachdem unsere Kupferfolie (Erdung für die Funke) nun seit über einem Jahr in der Bilge ist, entschließe ich mich dazu, sie zu laminieren und zu streichen. Damit gewinnen wir wieder etwas Platz und es besteht keine Gefahr mehr, dass die Folie durch irgendwelche Gegenstände, oder durch eingedrungenes Wasser beschädigt wird. Die Kurzwellenfunke ist für uns so wichtig, da wir damit von praktisch jedem Ort der Welt Wetterinfos bekommen und Emails empfangen und verschicken können. Das ist total cool und kosten tut es auch nichts.

Diese Arbeiten verbieten sich, wenn die Frau an Bord ist. Das Schiff sieht aus wie nach einem Bombeneinschlag. Die Pantry ist zur Ablage mutiert. Überall liegt Werkzeug und das Polyesterharz und die Bilgefarbe stinken erbärmlich. Das Achterschiff ist als Schlafplatz gesperrt und auch die Raumluft im Salon ist….sagen wir mal… belastet. Aber wozu ist man Chemiker, wenn einen das stören würde.

Ich komme ganz gut voran. Die Not-Antenne an der Heckreling, die zum Einsatz kommen soll, wenn wir mal den Mast verlieren sollten, ist wieder angeschlossen. Hoffen wir mal, dass das total überflüssig war.

Der zweite Inverter (wandelt 12V Gleich- in 230V Wechselstrom) ist wieder angeschlossen und somit kann auch wieder am Ankerplatz Staub gesaugt werden. Das war mir immer sehr wichtig.

Die Kupferfolie in den beiden etwas kritischen Bereiche im Achterschiff sind laminiert und gestrichen. Sieht wieder richtig gut aus.

 

Nebenbei muss ich mich um mein leibliches Wohl kümmern. Es gelingt mir recht gut Bier in den Kühlschrank nachzulegen. Es passen immer nur drei Dosen in das Kühlfach. Da ist genaue Planung gefordert, sonst gibt es warmes Bier.

Die Küche an Bord hat stark nachgelassen. An Tag 1 gab es Ravioli von Maggi. Die mochte ich mal total gern. Vor vierzig Jahren. Die haben aber wohl das Rezept geändert. Das was ich da auf dem Teller hatte, entsprach nicht meiner Erinnerung. Geschmackliches Empfinden wird wohl doch nicht nur von der Erwartung gesteuert. Hat mich an die Dinger vom „Super U“ erinnert. Ich könnte immer noch würgen. Bratnudeln (das kann ich) und Wraps mit Grünzeug und Hühnerbrust runden die kulinarischen Höhenflüge an Bord der letzten Tage ab.

Wraps ohne Fleisch

Ich werde es schon überleben. Das bisschen was ich esse, kann ich ja auch trinken (!!Achtung: Planung Kühlfach)

 

Pacific Plus Reparatur

Fr./Sa., 07./08..Jul.16, St. Georges/Grenada, Tag 768/9, 6.590 sm von HH

Dem Paket mit unserem neuen Ruder lag ein Schreiben mit den wichtigsten Arbeitsschritten bei. Alles las sich relativ einfach und straight forward…
Das neue Ruder und der dazu gehörige Ruderschaft sind deutlich anders, als es die bisherige Konstruktion war. Der Schaft ist nun massiv und hat einen kleineren Durchmesser. Somit musste die Aufnahme im Kupplungs-Kopfteil durch eine mitgelieferte Bronze-Buchse verkleinert werden.
Dieser Schritt war einfach und die Buchse passte perfekt.

In die Buchse wird der Ruderschaft eingeführt, ausgerichtet, mit den Klemmschrauben fixiert. Zusätzlich wird er mit einem Bolzen festgesetzt, der von außen durch die Aufnahme geschraubt wird, und in einer Vertiefung im Ruderschaft verschwindet.
Bereits im Anschreiben stand, dass die Vertiefung im Ruderschaft größer ist als der Bolzen, wodurch man ggf. das Ruder verdreht einbauen kann (Mittelstellung).

Kopf

HilsruderteilQuelle: windpilot.com

Das Zahnsegment, was das Ruder in Ruhestellung fixiert, sollte ebenfalls gewechselt werden. Auch das war ein Selbstgänger.
Nun wurde es spannender: Im Kopfteil befindet sich ein relativ festsitzendes POM Lager. Dieses musste von unten ausgeschlagen werden. Zu diesem Zwecke lag der Lieferung ein POM Dorn bei….der allerdings einen zu kleinen Durchmesser hatte und somit erst nach Umbau verwendet werden konnte.
Letztendlich hat das Lager aber aufgegeben und konnte entfernt werden. Das neue Lager (mit dem kleineren Durchmesser für den Ruderschaft) ließ sich mit sanfter Gewalt in das Kopfteil einsetzen.
Jetzt begann das Drama. Der am Kopfteil befestigte Ruderschaft wird vorsichtig von oben durch das Hilfsruder Bauteil geschoben. Eigentlich könnte man nun das Ruder unten anbringen und fertig.
Trotz sorgfältiger Ausrichtung des Ruderschaftes beim Einbau war das Ruder nicht in einer Linie mit der Anlage. Daher musste der Schaft im Kopfteil neu ausgerichtet und fixiert werden. Also Ruder wieder ab, Ruderschaft nach oben schieben, sodass man an die Klemmvorrichtung kommt, ausrichten, alles wieder festschrauben, Ruderschaft nach unten schieben, Ruder anbauen, Mittelstellung prüfen und….Scheisse.


Diese Ausrichtung haben Michael und ich viermal gemacht und schwer geflucht. Man kann es drehen und wenden wie man will, aber irgendwie passten die Vertiefung für die Bolzen-Aufnahme im Kopf und die untere Bohrung im Ruderschaft für die Ruderfixierung nicht optimal zueinander. Irgendwann war es aber geschafft und das Ruder stand in einer Linie mit dem Rest der Anlage.
Der Anbau war….wie bereits erwähnt ….extrem schweißtreibend, aber nun ziert unsere Herta wieder unser Heck und wartet auf ihren Einsatz.


Der letzte Schritt bestand dann lediglich im Nachspannen der Kupplung. Dazu zieht man am Edelstahlring an der Kupplung nach oben. Es darf kein Spiel zwischen Ruderblatt Oberkannte und Unterkante des Lagers im Hilfsruderteil zu spüren sein. Das hatte ich früher nie gemacht, da ich dachte, dass die Anlage komplett wartungsfrei ist.
Das war eine teure Fehleinschätzung. Das Nachspannen erwies sich als schnell und einfach erledigt und somit wird die Überprüfung des Kupplungsspiels nun sehr häufig stattfinden….

Unsere Windsteueranlage bekommt ein neues Ruder

Fr./Sa., 07./08..Jul.16, St. Georges/Grenada, Tag 768/9, 6.590 sm von HH

Um unser neues Ruder nebst Ruderschaft aus dem Zoll zu bekommen, benötigen wir einen Agenten. Schon auf Carriacou hat Achim Kontakt mit Broker ‚Lesley‘ in St. George’s aufgenommen.
Mit einer British Airways Maschine landet das Dingens am Donnerstag auf Grenada und wird uns bereits am Freitag-Nachmittag geliefert.
Perfekte Arbeit von Lesley. Der rundum-sorglos-Spaß, kostet einschließlich kleiner Zollgebühren nur 70,00 EUR.
Wir werten diese Lieferung als gutes Omen.

erster Akt:
Die Badeplattform und der alte Ruderschaft müssen abgebaut werden.
Das ist Arbeit mit Kopf nach unten. In der prallen Sonne. So 35 bis 38 Grad dürfte es wohl haben. Schweiß fließt. Stellenweise habe ich Angst, Achims Kopf könne platzen. Er sieht aus wie eine überreife Wassermelone. Au weia.

Ein Auffang-Tuch zwischen Steg und Schiff, erweist sich als überflüssig. Keine Schraube, kein Werkzeug sucht seinen Weg ins tiefe Blau.

zweiter Akt:
Das neue Ruder muss zusammengebaut und ausgerichtet werden.
Michi von der La Joya geht Achim tatkräftig zur Seite. Mit vollem Körpereinsatz.
Kein leichtes Unterfangen für die beiden, viermal muss alles wieder auseinander genommen werden, bevor es passt.
Obszöne Sprache ist in der Marina nicht erlaubt…zum Glück.

In guter Erinnerung an gestern, dass ein Schrauben-Fang-Tuch überflüssig ist, wird auf so einen Firlefanz auf dem Steg verzichtet. Die 9er Nuss wittert ihre Chance und springt zwischen zwei Brettern ins Wasser. :mrgreen:
Zum Glück die 9er, die braucht kein Mensch. Eigentlich. Was hat sie dann auf dem Steg gemacht? Ich soll Ersatz aus Deutschland mitbringen.

dritter Akt:
Neues Ruder und Schaft müssen montiert werden.
Ein Brett zwischen Steg und Atanga ersetzt die Badeplattform. Sowohl zum an Bord kommen als auch als ‚Arbeitsplatz‘.
Das ungefähr 20 kg schwere Teil lassen wir am Kran am Heck herunter. Drei Bolzen müssen ihren Platz finden. Das ist nur mit der schon erprobten Überkopf-Arbeit zu erreichen. Schließlich, fünf Liter Schweiß später, ist alles fertig montiert. Gut gemacht!

Das neue Ruder ist rot.
Das gefällt uns gut, passt farblich gut zum Zierstreifen und Antifouling.
Und, sollten wir es jemals wieder verlieren, sieht man es etwas länger, wenn es langsam zum Grund absinkt. ;-)