Wir werden House Sitter

Mi.,19.Jan.22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2790, 24.688 sm von HH

„Macht doch House Sitting“, rät uns unsere Nachbarin Carla als wir mit ihr über eine Unterkunft außerhalb vom Schiff sprechen. Spätestens wenn wir in der Halle sind, dürfen wir nicht mehr an Bord wohnen und brauchen eine Ausweichunterkunft. Da bringt Carla das House Sitting ins Spiel.
Vielleicht ist es auch ganz angenehm schon früher das Boot zu verlassen. Im Augenblick hält sich das Chaos an Bord zwar noch in Grenzen, weil wir nur an Deck arbeiten und das halbe Cockpit als Lagerraum für unser Werkzeug nutzen können, dank dauerhaft aufgebauter Kuchenbude. Vom Wetter her wäre das eigentlich nicht nötig, im Gegenteil – häufig ist es viel zu heiß in der Bude, aber das gibt Entspannung unter Deck.

House Sitting, hm, wir wissen nichts darüber. Ich mache mich schlau und werde Mitglied (52 Euro Jahresgebühr) auf der größten House Sitting Seite in Neuseeland. Was mir dort an Angeboten entgegen prasselt, beeindruckt mich. Whangarei ist mit 50.000 Einwohnern ja eher eine Kleinstadt, trotzdem finde ich sofort zehn verschiedene Angebote im Umkreis von dreißig Kilometern.  Zum Vergleich: eine entsprechende Seite für Deutschland bietet 32 Annoncen für die gesamte Republik. Ich hatte nicht gewusst, dass es solche Angebote zu Hause überhaupt gibt. Aber im Kiwi-Land scheint House-Sitting sehr beliebt zu sein.

Das Prinzip ist einfach. Menschen, die in den Urlaub fahren, brauchen jemanden der sich um Hund, Katze und die Hühner kümmert. Manchmal wird auch Rasen mähen und Unkraut puhlen erwartet. Dafür darf man kostenlos in deren Haus wohnen. Voila.
Ich melde mich bei einem Paar mit zwei Hunden und einem zu gießenden Kräuter-Beet. Prompt trudelt eine Antwort rein, wir sollen übermorgen vorbei kommen.

Wir haben keine Idee, was uns erwartet. Geschniegelt und mit sauberen Fingernägeln fahren wir vor. Ein großes Haus in steiler Hanglage. Sechs Lämmer grasen auf der dazu gehörigen Wiese. Ruhige Lage mit tollem Blick in die Berge.

Unser Heim für zwei Wochen mit Auto nur für den HUndetransport

Der Blick von einer (!) der Terrassen

Ich bin innerlich auf eine peinliche Befragung eingestellt, ähnlich wie bei einem Vorstellungs-Gespräch. Auf das unerträgliche „Warum wollen Sie ausgerechnet in unserem Unternehmen arbeiten?“, bereite ich mich vor mit „weil Hunde meine Lieblingstiere sind.“ Hoffentlich wächst mir keine Pinocchio-Nase – bin ich doch Team Katze.
Graham und Julie sind nett und unbefangen. Auf der Terrasse gibt es ein kaltes Getränk und wir lernen die Hunde kennen.  Der Liebling der Hausherrin ist Marley. Ein Cockerspaniel. Zwölf Jahre alt und auf einem Auge blind. Sally ist ein Mischling, 14 Jahre alt und von Geburt an taub. Und beide haben Arthrose. Was für ein Gespann. ;-)
Morgens  (früh, sehr früh – am liebsten schon um 6:00 Uhr) werden die beiden zum nahe gelegenen Park gefahren. Im eigens dafür zur Verfügung stehenden Hundeauto. Die Hunde sind nach zwanzig Minuten erschöpft und wollen dann wieder heim. Das war’s.  Mehr müssen wir nicht machen mit den Tieren. Allerdings sind sie ständig Graham um sich gewöhnt, so dass wir sie nur vier Stunden am Tag alleine lassen dürfen.
Okay, das klingt machbar.

Ich staune. Nach einer Stunde Plauderei ist alles klar. Keine Bedenkzeit seitens unserer Gastgeber. Kein Zögern. Keine Geheimabsprachen oder Zeichen. Ich hatte erwartet, dass wir auf Herz und Nieren geprüft würden. Schließlich überlässt man total Unbekannten das eigene Haus und die geliebten Hunde. Dass wir unsere Zuverlässigkeit irgendwie beweisen, mit Geschichten vergangener House Sittings aufwarten müssten. Nö, nichts dergleichen. Handschlag: „Wir sehen uns am 13. Februar. Dann bekommt Ihr eine Einweisung ins Haus, eins unserer Lämmer hat es bis in die Gefriertruhe geschafft, wir braten eine Keule und am nächsten Morgen zeigen wir euch die Parkrunde mit den Hunden und dann fahren wir in den Urlaub. Einverstanden?“
Ja, einverstanden. Das wird spannend.

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8 Gedanken zu „Wir werden House Sitter

    1. Sabine

      Hallo Tobi,

      das macht den Reiz der Reise für uns aus – immer mal was ganz Anderes ausprobieren. Wir hätten uns auch AirB&B suchen können, aber das ist nicht so spannend.

      LG
      Sabine

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  1. Peter Kuszmann

    „… mit sauberen Fingernägel…“ – das ist ja schon fast ein Tarnanzug! :D Wenn ihr die Lämmer nicht Scheeren müsst, wird alles easy! Es kommen die langen, romantische Abende, mit Rotwein, Kaminfeuer und unendlich Netflix schauen… :D
    XXLG: Peter (von einer einsamen Alm in Tirol (1360 ü.d.M), z.Z. in Corona Karantene aber ohne Lämmer)

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  2. AKKA

    Spannend. Ich glaube, wir sind ein bisschen deutsch (fällt einem ja doch immer mal wieder auf!): würden wir unsere Behausung einfach so weitergeben?
    Ich glaube, wir würden Euch das ersehnte Bewerbungsgespräch andrehen (erinnert mich an WG-Zeiten, das war immer ein Ast…)

    Und danach das nächste Haus?

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    1. Sabine

      Hallo Andrea,
      wir hätten unser Haus nicht zur Verfügung gestellt an total Unbekannt, da sind wir uns sicher. Wir haben sogar gehadert, ob uns das überhaupt behaglich ist. Aber dann überlegt, dass AirB&B ja ähnlich ist, nur dass es etwas kostet (teuer hier vor Ort übrigens). Dann ist die Entscheidung gefallen …
      Das nächste Haus ist in Arbeit – Bewerbung ist raus. ;-)

      LG
      Sabine

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  3. Annemarie

    Das klingt ja interessant. Hört sich gut an. Bin schon sehr gespannt was Ihr von Eurem House Sitting berichten werdet. Wir haben uns auch gerade eine Unterkunft für eine Woche gesucht weil escape aus dem Wasser geht, aber ich glaube in der Karibik ist House Sitting noch nicht so bekannt. Falls wir bis Neuseeland kommen werden wir es im Hinterkopf behalten Weiterhin frohes Schaffen und gutes Gelingen auf der Werft.
    Liebe Grüße Annemarie

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    1. Sabine

      Hallo Annemarie,
      Die Seite bei der ich mich angemeldet habe, heißt Kiwihousesitters (ohne Link, weil das in den Kommentaren immer extra frei geschaltet werden muss). Findest Du easy, wenn es so weit ist.
      AirB&B ist sehr teuer hier, daher dachten wir, dass dies eine gute Alternative sein könnte. Ich bin schon sehr gespannt, wie es uns gefallen wird.

      LG
      Sabine

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