Grüße von der Baustelle

Mo.,31.Jan.22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2802, 24.688 sm von HH

Das Vorschiff ist frei von Holz – an den gut zugänglichen Stellen. Reste gibt es nur noch dort, wo irgendetwas auf Deck montiert ist. Der Mast zum Beispiel. Oder tragende Teile, wie die Wanten. Der Mast soll zwar demnächst runter, aber so recht findet sich auf der Werft kein vernünftiger Platz dafür. Eine Schwachstelle von Norsand, dass sie kein gutes Masten-Lager haben.

Das Deck ist Holz frei – nur hinterm Cockpit gibt es noch ein wenig Fläche

Die Relings-Füße stehen auch noch auf dem Teak. Da bin ich ganz froh drüber. Mit Reling ringsherum arbeitet und wohnt es sich in über drei Meter Höhe noch mal so sicher.
Klampen und Genua-Schienen haben wir zunächst auch ausgespart. Das macht uns zwar mehr Arbeit darum herum zu arbeiten, aber die Demontage dieser Teile hinterlässt dicke Löcher im Deck. Diese dürfen wir nicht schließen, weil wir sie später wieder verwenden wollen. Außerdem müssen dafür im Schiffsinneren die Deckenverkleidung abgeschraubt werden. Dafür müssen Schränke und Kojen leer geräumt werden. Und deshalb bin ich dafür, dieses Chaos noch etwas hinaus zu zögern. :mrgreen:

Jetzt wo das Vorschiff Holz frei ist, hat Achim die A-Karte gezogen. Er klopft das Holz an den Seiten weg. Unmöglich sich dort anständig zu bewegen. Im Stehen gegen den Strich hämmern – nein, die Kraft habe ich nicht. Wir machen das zur Chef-Sache. Ich bekomme  im Gegenzug „ehrenvolle“ Aufgaben: die Umrandungen weg zu klopfen. Möglichst so, ohne Schäden am Gel-Coat und den Fensterrahmen zu hinterlassen.

An den Seiten ist es Quälkram

in jeder Position – es ist einfach zu wenig Platz vorhanden

Das Stecheisen ist inzwischen eine Art Freund geworden. Ein tolles Werkzeug. Aber auch brandgefährlich. Der Winkel in dem man es hält, entscheidet zwischen Sieg und Niederlage. Richtig angesetzt, rutsch es unter den Kleber und malt glückliche Gesichter. Stimmt der Winkel nicht, gibt es hässliche Löcher im Deck. Die sind nicht so tragisch, weil sowieso noch geschliffen und gespachtelt wird.  Aber ein (unnötiger) Arbeitsgang mehr. Es gibt Löcher von uns beiden – nur mal so. Fürs Protokoll.

Das Stecheisen – Freund und Feind in einem Werkzeug – hier Freund

Schwerer wiegen da Verletzungen am Gelcoat. Gelcoat ist ein Polyester-Harz, was zur Versiegelung eines GFK-Rumpfes oberhalb der Wasserlinie dient. Auch unser Cockpit hat einen Gelcoat-Überzug. Solche Schäden auszubessern, dazu braucht man viel Erfahrung und Geschick. Einfach mit Lack überpinseln geht leider nicht. Bei der Atanga-Crew ist diese Erfahrung nicht ausgebildet. Für die zwei peinlichen Abplatzer am Cockpit (beide von mir – jaaaa – auch fürs Protokoll) müssen wir nun Jemanden finden, der das beseitigen kann. Aber das ist Schönheit. Das kommt ganz zum Schluss.

Ärgerlicher Gelcoat-Abplatzer – Shit happens – das Stecheisen – dein Feind

Die zweite „ehrenvolle“ Aufgabe ist das Abschleifen der schwarzen Kleber-Reste. Ein ganz guter Job. Man sieht, was man schafft. Ich komme ganz gut voran. Da dürfte ich bald Achim hinten am Holz eingeholt haben.

So sieht es geschliffen aus – der schwarze Kleber ist runter

73

6 Gedanken zu „Grüße von der Baustelle

  1. Sven

    Moin Ihr Lieben, Riesen Respekt für Eure Arbeit. Tipp bzgl. Stecheisen (auch wenn der job schon erledigt ist); andersrum ansetzen (also mit der kurzen Schräge nach unten), dann geht das Beitel nicht ins Deck. Schon echt Blöd, das die Bauwerft die ganzen Decksbeschläge auf das Teakdeck gesetzt hat. Die Demontage der Decksbeschläge ist nicht ohne. Drücke fest die Daumen, ihr rockt das.

    Ganz liebe Grüße

    Sven

    Antworten
    1. Sabine

      Hallo lieber Sven,

      Danke für Deinen Zuspruch. Sehr aufbauend. Wir sind auch tatsächlich noch immer guter Dinge. Den Spartel kann ich mittlerweile „im Schlaf“ oben und unten benutzen. Er ist mein Freund … ;-) tolles Gerät!!!

      LG Grüße von der Spartel-Crew

      Antworten
  2. Martin

    Moin Ihr Handwerker,
    >Solche Schäden auszubessern, dazu braucht man viel Erfahrung und Geschick< Ach naja, das ist nun auch kein Hexenwerk. Für solche Fälle gibt es zum Einen kaufbare Gelcoat-Reparatursets, und falls die nicht zu kriegen sind, wird auf der Werft wohl sicher jemand wissen, wie man Gelcoat anmixt. Der wesentliche Unterschied zu Lack ist eigentlich, daß es unter Luftausschluß aushärten muß. Also Klarsichtfolie drüber, und abwarten…

    LG Martin

    Antworten
    1. Sabine

      Moin Martin,
      jaaaa, theoretisch klingt es easy. Mal sehen, wer es am Ende ausbügeln darf. Meistens ja der, der es verbockt hat. ;-)
      LG
      Sabine (die sich schon entsprechende Videos rein zieht … )

      Antworten
  3. Klaus A.

    Ihr könntet natürluch auch mich und meinen Yachtdoktor einfliegen lassen – der kann das und ich trag ihm nur den Koffer – aber das würde sicher leider das Budget sprengen.
    Ihr könnt ja aber danach Euer know how im Netz weltweit anbieten: Biete fachmännische Deckerneuerung weltweit !!!
    Noch VIEL GLÜCK und genießt trotzdem bisserl die Zeit in diesem Wahnsinns-Land
    Gruß vom Bodensee

    Antworten
    1. Sabine

      Hallo lieber Klaus,
      Es ist wirklich toll hier. Zum Glück haben wir ja schon zwei Wochen Rundtour durch Northland gemacht. Ein großartiges Land, das stimmt.

      LG
      Sabine

      Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.