Ankern, nichts für Ungeduldige

Mo./Di., 28./29.Dez. 15, Atlantik, Tag 576/7, 3.765 sm von HH

Als wir in der Ankerbucht von Mindelo ankommen, pfeift es mächtig über die Bucht.
Der normale Nord-Ost Passat pustet mit seinen 20 kn plus ordentliche Fallböen.

Wir müssen vorbei an ein paar altersschwachen Frachtern, die auf Reede liegen. Ein Frachter war bereits so klapprig, dass er vor 14 Tagen einfach umgekippt ist. Nun liegt er als unmarkiertes Wrack direkt vor dem Ankerfeld.

Die Bucht ist ganz schön voll. Wir suchen uns einen Platz am nördlichem Rand zum Ankern aus. Es ist allerdings wie verhext, selbst nach drei Versuchen, hält der Anker nicht.
Ein nahebeiliegender Holländer wird schon nervös, weil wir ihm, für seinen Geschmack, zu nahe kommen. Er fuchtelt wie wild auf seinem Vorschiff herum. Die Anweisungen, die er brüllt, gehen zum größten Teil und zum Glück im Windgetöse unter.

Wir geben den gewählten Platz auf und versuchen unser Glück am südlichen Ende.
Hier ist mehr Platz, aber der Weg an Land ist mächtig weit.
Erst mal egal. Nach sechs Tagen auf See wollen wir nun zur Ruhe kommen.
Also ein neuer Versuch. Diesmal hält der Anker sofort. Ich fahre ihn kräftig ein, denn die Böen, die über uns herfallen, haben es in sich.

Unsere Nachtruhe wird von keinem Ankeralarm gestört.
Als Achim am nächsten Morgen zur Emigration geht, um uns einzuklarieren, bleibe ich trotzdem als Ankerwache auf Atanga zurück.
Michael von der La Joya ist so nett und führt Achim durch die Stadt zum Geld wechseln und in einen Handy-Shop zum Internet kaufen.
Mir bleibt nur sehnsüchtig an Land zu starren.

Von der La Joya bekommen wir den Tipp, uns näher an die Stadt zu verholen. Dort sei der Ankergrund besser und die Wege sehr kurz.

Also gehen wir am Nachmittag wieder Anker auf. So richtig will das aber nicht klappen. Der Anker kommt war hoch, aber an der Wasseroberfläche ist Schluss. Mehr schafft die Ankerwinsch nicht. Was uns beim Angeln nicht gelingt, schaffen wir mit dem Anker problemlos: wir haben einen dicken Fisch an der Angel.

Es handelt sich um drei, vier Meter Ankerkette eines Frachters. Die Kettenglieder sind armdick. Diese Kette lässt sich nur mit Mühe überreden unseren Anker wieder zu verlassen.
Mit Pik-Haken, Tampen und viel Körpereinsatz bekommt Achim es hin, während ich aufpasse, dass wir nirgends gegen treiben.

Endlich befreit von den mindesten 100 zusätzlichen Kilos, fahren wir zum neuen Ankerplatz. Der Ankergrund ist hier etwas lehmig, das hält bombengut, aber der Anker benötigt drei Anläufe, bevor er sitzt.

Zusätzlich müssen wir hier einen Heckanker ausbringen, da zum unbefangenen Schwoien nicht genug Platz vorhanden ist. Es soll eine Gasse zwischen Fishing-Club und dem Ankerfeld freigehalten werden.

Der Heckanker wird ins Dinghi verfrachtet und Achim wirft ihn 20 Meter hinter Atanga ins Wasser.
Er kommt an Bord zurück, um den Anker ordentlich auf der Klampe zu belegen.
Bereits 10 Minuten später ist klar, der hält nicht. Beim erneuten Übersteigen ins Dinghi passe ich einen Augenblick nicht auf. Der Tampen vom Dinghi rutscht über die Klampe und unser Gummiboot nimmt im ablandigen Wind schnell Fahrt auf.
Ich biete noch an, dass ich springe (war ja meine Schuld), damit der wasserscheue Skipper nicht in die kalten Fluten springen muss. Aber kopfüber springt er dem abtrünnigen Dinghi hinterher. Es folgt dann triefnass noch Versuch zwei und drei bis der Heckanker ebenfalls greift.

Nun heißt es erneut, dass mindestens einer von uns an Bord bleiben sollte.
Wir wollen mindestens 24 Stunden sicher sein, dass der Anker hält.

In der Nacht bekommt er dann die Generalprobe. Boen bis 40 kn brausen über die Bucht. Wir sind morgens keinen Zentimeter von unseren Platz entfernt, so dass wir an Tag drei nach der Ankunft endlich beide zusammen an Land gehen können.

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