Mo., 29.Feb.16, Französisch Guyana/Kourou, Tag 639, 5.573 sm von HH
Hiermit ist nicht der Skipper gemeint. Ausnahmsweise nicht.
Sondern der Bauchschnabel-Tyrann.
Dieser ist hübsch, gelb, amselgroß und, sorry, hacke-blöd.
Der Bauchschnabel-Tyrann gehört zur Familie der Sperlingsvögel und verdankt seinen Namen seiner aggressiven Art, selbst große Greifvögel aus seinem Nest-Revier zu vertreiben.
Uns tyrannisiert er auf andere Weise.
Praktisch vom ersten Tag an, seit wir in Kourou vor Anker liegen, kommt uns ein Pärchen der Tyrannen morgens und abends besuchen.
Laut und nachdrücklich rufen sie einander und schon bald erkennen wir sie an ihren Ruf.
Zuerst hüpfen sie scheu auf unserem Geräteträger herum, um schon bald im Gemüsenetz zu tunen.
Wir vermuten, dass die zwei es auf den Kürbis abgesehen haben.
Den lassen sie allerdings in Ruhe und fliegen wieder ihres Weges.
- Bauchschnabel-Tyrann
- hübsch, aber doof
- Moos für Nestbau
Nach ungefähr einer Woche legt er morgens einen langen Faden Moos in unser Netz.
Uns schwant Übles. Er will doch nicht etwa ein Nest bauen? Als er nicht hinschaut, werfen wir sein Moos ins Wasser.
Nein, Fehlalarm, das war’s. Mehr schleppt er nicht an.
Zunächst. Einen Tag später das gleiche Spiel, er legt etwas Moos ab und beide sind den ganzen Tag verschwunden.
So geht das eine ganze Woche. Er bringt ein Teil, zwitschert Frauchen herbei. Beide beäugen sein Werk und verschwinden wieder.
Sie scheinen bei ihrer Abendrunde auch nicht verwundert, dass ihr Morgen-Gestrüpp wieder verschwunden ist.
Dann plötzlich gibt er Gas.
Jetzt kommt er nicht mehr nur morgens und abends, sondern fliegt den ganzen Tag zwischen Wald und Atanga hin- und her. Bei jedem dritten Landeanflug bringt er nun Stöckchen mit.
Dann setzt er sich auf die Saling, ruft Frauchen und beide blicken hoch zufrieden drein.
Als wir Freitag vom Space Center wieder nach Hause kommen, hat er in einem halben Tag fast ein komplettes Nest fertig gebaut.
Keiner von uns mag es entfernen.
Wir überlegen ernsthaft, ob wir die beiden nicht mitnehmen können.
Samt Eier, die ja wohl in absehbarer Zeit kommen werden. Den Quatsch verwerfen wir. Geht ja gar nicht. Wie blöd, wenn er grade Futter sucht und wir los fahren. Dann guckt sie aber traurig.
Darauf warten, bis Aufzucht und Hege abgeschlossen ist, wollen wir auch nicht. Wer weiß, wie lange sich das noch zieht…
Also fällt die Entscheidung per Ching-Chang-Chong, dass Achim der Arsch sein wird und das Nest ins Wasser wirft.
In einem unbeobachteten Moment schreitet er zur Tat.
Nicht einen Augenblick zu früh, denn schon ist unser Tyrann mit Moos im Anflug.
Eine Schreck-Sekunde verharrt er, um unverdrossen das neue Moos an die alte Stelle zu stopfen.
Zwei Tage zeigt er sich total lernresistent. Wir werfen weg, er schleppt nach. Wir scheuchen und klatschen die beiden bei jedem Anflug weg. Egal.
Kaum, dass wir unter Deck sind, kommt er wieder mit Gestrüpp angeflogen.
Wie blöd kann Vogel eigentlich sein?
Selbst als wir Bretter an die Stelle stopfen, wo der Palast gebaut werden soll, guckt er nur doof.
Sein Mitgebrachtes wird er nicht los, er lässt es fallen, fliegt weg, kommt mit neuem Moos, wird es nicht los, lässt es fallen.
An Tag vier nach Nestzerstörung wird es etwas ruhiger. Aber morgens und abends schauen beide Tyrannen noch immer vorbei. So ganz haben sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir ihren Bauplatz von den Brettern wieder befreien.
Hallo Ihr Beiden,
das ist mal eine erfrischend pragmatische Seite.
Ich möchte in 2-3 Jahren eine ähnliche Route segeln.
Mich interessiert warum Ihr Euch für Französisch Guyana entschieden habt. Wenn Ihr Richtung Norden weiter wollt, kommt ihr durch eine gefährliche Gegend, ist aber wahrscheinlich interessanter als standardmässig nach St. Lucia zu gehen?
Euch weiterhin viel Freude, bleibt gesund.
Matthias aus Hamburg