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El Cajas – ein Ausflug, der nicht ganz glatt läuft

Sa, 27.Okt.18, Ecuador/Cuenca, Tag 1610, 13.337 sm von HH

Cuenca hängt heute, nach zwei Tagen Sonnenschein, voll tiefer Wolken. Wir wollen in den Nationalpark ‚El Cajas‘ zum Wandern. „Das sieht nicht gut aus!“ Achim murrt. „Wenn die Wolken hier schon tief hängen, wie sieht es dann auf viertausend Meter aus?“
Ich habe eine Eingebung: „Bis wir da sind, scheint die Sonne. Schau mal, da hinten wird es schon heller.“ Unser Taxifahrer, der uns zum Bus-Terminal bringt, teilt meine Einschätzung: „Noch eine Stunde und die Wolken brechen auf!“ Wir sollen uns beide irren.

Ein normaler Überlandbus nach Guayaquil schmeißt uns am ‚Centro de Refugio‘ im Nationalpark raus. Es ist grau,  als wir am Startpunkt der Wanderungen ankommen. Die Jungs bei denen wir uns zum Wandern registrieren müssen, machen uns wenig Hoffnung: „Heute wird es neblig bleiben“.

Eingepackt in Windbrecher und Regen-Gummihose wählen wir den kürzesten Wanderweg. Die Wolken hängen so tief, dass es nieselt. Die feuchte Kälte kriecht unter die Jacken. Achim läuft vor mir weg und sein Rücken und Körperhaltung sind  eine einzige Anklage: „Was für eine Würg-Idee!“

Da stapft er durch die Páramo

Da stapft er durch die Páramo

Ich bin nicht so kälteempfindlich und bin vor allem verzaubert von der Landschaft. Grad bei diesem Wetter. ‚El Cajas‘ ist eine tundra-artige Landschaft oberhalb der Baumgrenze, die von Feuchtgebieten durchzogen ist. Schachtelartig sind über 200 Lagunen miteinander verbunden. Regenwasser wird kaskardenartig von einem Tümpel zum anderen weiter geleitet. Ein Traum aus Moosen, Flechten, Farnen und wunderschönen Exoten. Páramo nennt sich diese Vegetationsform. Gehölze kommen nur noch in Krüppelfom vor. Es dominieren Horstgräser und Schopfrosetten. Mein Gärtner-Herz kann sich nicht satt sehen an dieser Schönheit.

 

Zauberhafte Natur

Zauberhafte Natur

Wir stapfen durch diese einmalige Landschaft, mal nieselt es heftig, mal kommt sogar ein Sonnenstrahl durch die tonnenschweren Wolken. Achims Laune bessert sich. Er gibt es nicht zu, aber wahrscheinlich nimmt auch ihn die mystische Landschaft gefangen.
Zum Glück haben wir unsere Gummihosen, die feuchten, hüfthöhen Gräser würden uns bis auf die Knochen aufweichen.

Ein Moos-Paradies

Ein Moos-Paradies

Trotz Nebel einfach zauberhaft

Trotz Nebel einfach zauberhaft

Unsere Runde um eine der Lagunen ist nach zweieinhalb Stunden geschafft. Alles mehr oder weniger ebenerdig. Bei kleinen Steigungen müssen wir hecheln. Wir sind nicht so austrainiert wie bei unserer ersten Rundreise, viertausend Meter sind viertausend Meter. Inzwischen ist uns beiden warm, Achim kann auch wieder lächeln. ;-)

Mit Sonne wäre es auch nicht schlecht

Mit Sonne wäre es auch nicht schlecht

 

Wir melden uns bei der Parkaufsicht ab und treten den Rückweg an. Der Reiseführer sagt, man soll vom ‚Centro de Refugio‘ einfach zur Straße gehen und einen der Buse aus Guayaquil anhalten. Im Bushäuschen sitzt bereits eine vierköpfige Familie. Nach zwanzig Minuten kommt noch ein junges Pärchen dazu. Bei der Familie fällt immer häufiger das Wort ‚frio‘ – kalt. Nach weiteren zehn Minuten gesellt sich eine weitere 4er-Gruppe dazu. Du meine Güte, der eine Bengel hat nur ein T-Shirt an, der zweite kurze Hosen. Die Mädchen haben immerhin Handschuhe.

Nach vierzig Minuten Wartezeit sind Achim und ich durchgefroren. Achim strahlt wieder die ‚Würg-Idee‘ aus. Aber da kommt der Bus. Kollektives Aufatmen. Alle sprinten zum Straßenrand und winken dem Bus. Der Bus winkt zurück. Und fährt vorbei. Das ist das erste mal in Südamerika, dass wir stehen bleiben. Wahrscheinlich ist er voll und eine Gruppe von zwölf Personen aufzunehmen, ist ihm zuviel. Fassungsloses Entsetzen. Die Familie hat nun schon andertalb Stunden Wartezeit hinter sich. Eigentlich weniger als stündlich käme ein Bus vorbei, erzählen sie uns.

Das junge Pärchen verliert die Nerven, setzt sich ab und geht die Straße entlang. Sie halten den Daumen raus und, kaum zu fassen, keine zweihundert Meter weiter werden sie sofort mitgenommen.
„Komm, das machen wir auch“, annimiere ich Achim. Er will sich erst nicht recht vom Bushäuschen entfernen. Dem einzigen Schutz vor dem Nieselregen. Ich kann ihn überzeugen. Meine stille Hoffnung ist die Neugierde der Einheimischen auf uns Ausländer. Und wir haben Glück, nach nur zehn Minuten hält ein älterer Herr neben uns. Si, si, er will auch nach Cuenca, wir sollen einsteigen. Der Opa kommt vom Forellen-Fischen in den Bergen, erzählt er uns. Kann er nicht verleugnen, die Karre riecht deutlich nach Fisch. Aber besser schlecht gefahren als gut gelaufen. Es sind immerhin dreißg Kilometer bis Cuenca, nicht zu schaffen. Wie erwartet ist er neugierig, woher wir kommen, wie lange wir bleiben, wie es uns gefällt, das volle Programm, er quetscht uns aus.

Der Fisch-Opi wohnt im Centrum von Cuenca, kennt sogar die Straße von unserem Hostal (ein Taxifahrer am Busbhnhof kannte sie nicht) und setzt uns direkt vor der Tür ab. Angebotenes Geld lehnt er ab, wir wären ‚Amigos‘, es sei ihm ein Vergnügen gewesen.

Das ist Südamerika. Habe ich schon mal gesagt, dass ich es liebe?

Vilcabamba – wildromantisches Bergdorf

So., 21.Okt.18, Ecuador/Vilcabamba Tag 1604, 13.337 sm von HH

Die Strecke von Zaruma nach Vilcabamba zieht sich. Für knapp 200 Kilometer benötigen wir sechs Stunden plus Umsteige-Wartezeit. Eine zähe Anreise durch wild zerklüftete Berglandschaft, dünn besiedelt und wenig erschlossen. Die Anden erheben sich hier nur auf 2.500 Meter. Schließlich landen wir dann doch in Vilcabamba.

Vilcabamba, ein Dorf mit fünftausend Leutchen, liegt hübsch eingeschmiegt in einem Tal auf 1.600 Meter. Der Ort kommt spontan sympathisch rüber. Ein paar Hippies hängen ab, spielen Gitarre oder wollen ihren Schmuck verkaufen. Dazwischen sieht man ein paar Wanderer und hängen gebliebene Ausländer, die sich hier nieder gelassen haben.
Ein Paradies für Trekking und zum Reiten.

Vilcabamba

Vilcabamba

Vilcabamba gilt als das Tal der ‚Hundertjährigen‘. Eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung wird den Einwohnern nachgesagt. Das zieht auch Esoteriker an, die behaupten, hier sei das ‚Herz der Erde‘ zu finden.
Alles Schwindel, der auf der übertriebenen Altersangabe der älteren Vilcabamber beruht. Ein Abgleich von Dokumenten hat ergeben, dass Anwohner mit 60 behaupten 71 zu sein, fünf Jahre später sind sie bereits 80 und mit 87 Jahren auf wundersame Weise 121 Jahre alt.

Dramatische Berge umrunden Vilcabamba

Dramatische Berge umrunden Vilcabamba

Direkt von unserem Hostal aus können wir unsere erste Wanderung starten. Für Ecuador unüblich, gibt es ausgeschilderte Wanderwege. Keine Gefahr sich zu verlaufen.
Unseren ersten Trek wollen wir ruhig angehen lassen. Langsam soll die Cockpit-Fäule aus den Beinen vertrieben werden. Der zwickende Waden-Muskelkater vom kleinen Hausberg in Zaruma ist zum Glück bereits am Abklingen. Zunächst geht der Plan auf. Zu ebener Erde geht es an einem Plätscherbach entlang. Schon bald führt unser Weg einen ausgetrockneten Wasserfall den Berg hoch. Die Sonne sticht. Steht senkrecht über uns. Vilcabamba liegt im Trockenregenwald, da verlieren die meisten Bäume während der Trockenzeit ihr Laub. Die blattlosen Bäume spenden kaum Schatten. Es ist deutlich heißer als erwartet.
Wir schnaufen uns den Hang hoch, Trittsicherheit ist gefragt, der olle Weg hat es in sich.

In einem ausgetrockneten Wasserfall geht es steil hoch

In einem ausgetrockneten Wasserfall geht es steil hoch

Weggefährte

Weggefährte

Auf dem Rückweg treibt es uns dann auch noch in einer langen Kurve um das Dorf herum, so dass wir erst noch dreieinhalb Stunden zurück sind. Schön, dass wir es ruhig angehen lassen wollen. :lol:

Die Dorfmark von Vilcabamba

Die Dorfmark von Vilcabamba