Doppeltes Batterie-Sterben

Mo., 30.Apr.2018, Las Perlas/Contadora, Tag 1430, 12.486 sm von HH

Schon seit einigen Tagen schleicht Achim um die Batterie-Spannungs-Anzeige herum. „Warum laden wir so schlecht?“, brummt er in seinen Bart.
Kurz nach Sonnenuntergang zeigt die Spannung nur 12,5 Volt: „Ja, das kann ja jetzt nicht sein!“
Achim hängt die beiden, parallel geschalteten, Batterien unserer Hauptverbraucherbank ab. Jetzt kann er direkt die Spannung an den Batterien messen. Eine zeigt 11,5 Volt. Klinischer Tod einer Batterie. Batterie zwei lebt, zeigt schnell über 12,5 Volt Spannung an und wird wieder ans Netz genommen. Puh! Glück gehabt.
Unsere Hauptverbraucherbank ist jetzt um die Hälfte ihrer Kapazität beraubt. Nicht so schlimm, wenn wir sparsam mit Strom sind, sollte es reichen. Zusätzlich haben wir noch eine separate Verbraucherbatterie mit 180 Ampere-Stunden, die gut arbeitet.

Beim zu Bett gehen, flackert das Licht im Bad, wenn die Wasserpumpe läuft. Kein gutes Zeichen.
Die Ursache ist schnell gefunden: Exitus! Der plötzliche Batterie-Tod hat jetzt auch Nummer Zwei befallen. Wir vermuten noch eine späte Folgeerscheinung vom Blitzeinschlag.

Kaputt nach 2,5 Jahren - unsere Hauptverbraucherbank mit 280 Ampere-Stunden

Kaputt nach 2,5 Jahren – unsere Hauptverbraucherbank mit 280 Ampere-Stunden

 

Jetzt haben wir ein kleines Problem. Nicht nur, weil wir jetzt noch sparsamer mit dem Stromverbrauch sein müssen, sondern in erster Linie, weil die Ankerwinsch nur über die leblose Verbraucherbank läuft. Eine Restspannung von höchstens 20% zieht den Anker keinen Meter.

Wir ankern auf 10 Meter Wassertiefe – bei Flut. Der Anker wiegt 33 Kilo plus Kette von 200 Kilo. Die elektrische Winsch kann auch manuell betrieben werden mit einem Hebel. Im Handbetrieb schafft die Winsch nur zehn Zentimeter pro Hub. Na, das wird ja ein schöner Spaß. Ich bin froh, dass ich bei den Ankermanövern immer (!) am Ruder stehe. Das bietet keinen Spielraum, das System ganz plötzlich doch noch zu ändern. :mrgreen:
Die letzten Meter werden die schwersten sein, wenn der Anker schon schwebt und noch zehn Meter Kette dran hängen. Kommando ‚Anker auf‘ also schon mal nur bei Ebbe, das spart die ersten vier Meter.

Die Regenzeit ist da

Fr., 27.Apr.2018, Las Perlas/Contadora, Tag 1426, 12.486 sm von HH

Plötzlich. Ohne Vorankündigung. Es gibt keine Vor-Regenzeit, die mit kleinen Schauern anzeigt, dass die schöne Zeit zu Ende geht. Nein, die Regenzeit kommt mit einem großem ‚Bang‘.
Es regnet mit unglaublicher Gewalt. Brutal und gnadenlos wird seit vier Tagen Hektoliter weise Wasser über uns ausgegossen.

Vom Festland rollen die Walzen bereits am frühen Nachmittag an.
Schon von weitem kann man das Elend erkennen, was auf einen zugedonnert kommt. Innerhalb von fünf Minuten geht die Sicht auf ‚Null‘. Boen peitschen den Regen über das Ankerfeld, ein einheimischer Kahn, kurz vor der Sinkgrenze, pflügt zwischen uns Seglern durch.
Ohne Kettenvorlauf hält der Anker den Dampfer nicht an der Stelle. Gespannt beobachten wir, wie der Anker zügig eingeholt wird. Selber können wir wenig unternehmen, außer die Hand am Zündschlüssel zu halten.

Beeindruckend ist die Regenfront erkennbar

Beeindruckend ist die Regenfront erkennbar

Eine Minute später

Eine Minute später

Zwei Minuten später - das soll für zwei Stunden so anhalten

Zwei Minuten später – das soll für zwei Stunden so anhalten

 

Nach zwei Stunden ist der Spuk vorbei. Wir haben mit ‚German Engineering‘ 200 Liter Wasser gefangen. Das freut das Seglerherz. Wir sind sicher, so einen Regen haben wir noch nicht erlebt.
Und wir haben eine neue Baustelle: Die Deckenluke im Salon ist undicht. Ist denn niemals Ruhe auf einem Schiff? Ich hoffe noch auf Selbstheilung. Vielleicht hat sich die Dichtung durch drei Monate Dauer-Trockenheit nur zusammengezogen? Achim ist nicht so optimistisch: „Da muss ich ran, wenn wir in Ecuador sind. Bei Regen kann ich nicht viel machen.“
Sehe ich ein, wir behelfen uns mit einer Regenabdeckung.

War was?

War was?

Wir hoffen, dass sich das Wetter noch einmal beruhigt. Wir wollen hier noch nicht weg. Contadora gefällt uns. Seit ein paar Tagen kennen wir auch das Passwort vom Hotel-Internet.
Das schont die teure lokale SIM-Karte.
Das Passwort zu bekommen,war nicht so einfach, denn die sind trickreich auf Contadora. Wenn man einen Kaffee im Hotel-Restaurant trinkt, gibt es keinen Passwort-Zettel, wie üblich, sondern die Bedienung tippt das Passwort selber in das eigene Handy.
Fies, hoffentlich spricht sich das nicht rum. ;-)

Außerdem gilt noch einsame, unbewohnte Inseln zu entdecken. Vier Wochen dürfen wir noch in Panama bleiben. Ja, müssen wir bleiben, sonst geht sich unser geplanter Aufenthalt in Ecuador nicht auf.
Also, lieber Regengott, halte dich bitte etwas zurück. Die Tanks sind voll.

Erste Bekanntschaft mit dem Pazifik

Mo., 23.Apr.2018, Las Perlas/Contadora, Tag 1422, 12.486 sm von HH

„Ich geh‘ baden“, höre ich Achim von der Badeplattform rufen.
„Warte, ich komm‘ mit.“ Schnell bin ich im Cockpit, die paar Klamotten sind flink vom Leib gerissen. Meine Brille lege ich ordentlich auf den Cockpittisch. Achim steht noch immer auf der Badeplattform und versperrt den Hauptausgang. Was trödelt er denn da rum?
„Wer zuerst im Wasser ist“, denke ich und entscheide mich für einen Sprung vom Seitenschiff.
Ohne Brille sieht das Wasser verlockend wie immer aus.

Noch im Flug, mich der Wasseroberfläche nähernd, sehe ich sie dann auch. Zum Stoppen ist es zu spät, zum Durchstarten fehlen mir die Flügel. Ich lande in einer Armee von Quallen. Die Erkenntnis und der Schmerz kommen gleichzeitig. Schnell rette ich mich zur Badeleiter. Bloß raus aus dem Wasser. Achim ist mein Held: „Du, da sind viele Quallen im Wasser. Ich wollte dich grade warnen, da platscht es auch schon hinter mir :mrgreen: . Ich bin mir nicht sicher, ob sie brennen“, kichert er.

„Es brennt wie Feuer, du Stinkfisch“, mache ich ihn schlau.
Mich hat es an beiden Armen und einem Bein erwischt. Dreißig Zentimeter lange Tentakeln kleben mir quer über die Brust. Schnell ziehe ich die Tentakeln ab und weg damit. Es brennt mehr.
Achim ist nun doch noch nett, rennt und holt Rasierschaum. Ich hatte mal gelesen, dass in Australien erste Hilfe Kästen am Strand mit Rasierschaum bestückt sein sollen. Fällt mir grad rechtzeitig ein, während ich in Flammen stehe. Bloß kein Süßwasser, erinnern wir uns beide. Essig soll auch gehen.
Mir hilft der Rasierschaum. Das Brennen lässt schnell nach.
Fassungslos starre ich ins Wasser, alle Quallen sind verschwunden. Ich bin wahrscheinlich in das einzige Nest im Umkreis von 100 Meilen gesprungen. Danke dafür, Gevatter Pazifik, wäre nicht nötig gewesen.

Contadora – der Osten

So., 22.Apr.2018, Las Perlas/Contadora, Tag 1421, 12.486 sm von HH

Der Osten der kleinen Contadora – grad 3 Kilometer lang – fällt durch eine Anreihung von Fehlinvestitionen auf. An menschenleeren Stränden steht ein verlassener Hotelkomplex neben dem anderen. Große Anlagen sind dem Verfall preisgegeben.
In amerikanischen Urlaubskatalogen war Contadora als Traumurlaubsziel gelistet. Scheinbar war das nicht attraktiv genug. Eine gestrandete Fähre am Strand davor rundet das Bild der ‚Verlorenen Insel‘ ab.

Schöne Strände für uns allein

Schöne Strände für uns allein

 

Am Strand liegt ein Wrack - komplett aus Aluminium

Am Strand liegt ein Wrack – komplett aus Aluminium

Man kann rauf klettern und hat Wracktauchen ohne Gerödel

Man kann rauf klettern und hat Wracktauchen ohne Gerödel

Die Strände sind aus Puderzucker, die Felsen sind durch gefaltetes Vulkangestein in den verrücktesten Farben ungemein attraktiv. Lange Sandstrände werden durch kleine Buchten abgelöst. Viel besser kann man sich eine Insel nicht ausdenken.

Steinküste in türkis

Steinküste in türkis

Ein gemütlicher Ankerplatz. Die Grillen zirpen so laut, dass wir sie noch auf dem Schiff hören können. Andere Segler kommen und gehen, mehr als fünf Schiffe gleichzeitig sind kaum anwesend.
Nur ein Segler scheint schon mit der Insel verwachsen. An Land hat er sich seinen Thron gebaut.
Tag für Tag bastelt der Eigenbrötler an seinem Werk.

König von Takatuka Land

König von Takatuka Land

Uns Seglern wird das Leben schwer gemacht auf Contadora. Die Ebbe legt einen steilen Sandstrand frei. Ein Dinghy Dock existiert nicht, wer an Land will, muss sein Dinghy schleppen. Viele Meter schleppen. Eine schweißtreibende Angelegenheit. In Zukunft geht es nur noch bei Flut an Land.
Unser neues Dinghy wiegt mit Außenborder und vollem Benzintank über 60 Kilo. Die Räder für den bequemen Landgang fehlen noch. Die Reifen vom alten Dinghy passen bauart bedingt nicht an unser Caribe. Mist. Darüber hat vorher keiner nachgedacht.
Wenn wir wieder in der Zivilisation sind, muss eine Lösung her.

Keine Schildkrötenspur, sondern die Schleifspur unseres Dinghys

Keine Schildkrötenspur, sondern die Schleifspur unseres Dinghys

Blauwasser.de

Do., 19.Apr.2018, Las Perlas/Contadora, Tag 1418, 12.486 sm von HH

Soenke Roever, Weltumsegler und dreifacher Buchautor, hält regelmäßig Seminare auf Messen und präsentiert erfolgreich seine Bilder-Show ‚1200 Tage Samstag‘ der eigenen Langfahrt.
Vor ein paar Jahren hat Sönke die Internet-Plattform Blauwasser.de ins Leben gerufen.
Verschiedene Autoren und er selber berichten über alles, was den Blauwassersegler interessiert: Technik, Alltag an Bord, Kommunikation und Ausrüstung.

Für mich bot sich jetzt die Möglichkeit einen Gastartikel auf Blauwasser.de zu schreiben.
Tipps für das Arbeiten auf Langfahrt.

Viel Spaß beim Lesen.