Ist das ACC?

07.Dez., 22, Neuseeland/Whangarei, Tag 3112, 24.696 sm von HH

Wider besserer Ahnung, das wir erfolgreich sein werden, fahren Achim und ich zu einer orthopädische Klinik im Ort. Mein Fuß will nicht besser werden. Im Internet habe ich die Beschreibung meiner Schmerzen gefunden – die Diagnose von Doktor Google lautet: Sehnenüberlastung oder -entzündung! Die Empfehlung dazu, Schonung und 1200 mg Ibuprofen, um einer Entzündung entgegenzuwirken. Ich habe mir diese hohe Dosierung für eine gute Woche verordnet. Es wurde besser, dann kamen die Schmerzen zurück. Seitdem rolle ich den Fuß gar nicht mehr ab, sondern humpel mich vorwärts. Das führt sicher schnell zu Haltungsstörungen an der Hüfte. Das kann so nicht weiter gehen.

Nun soll also ein Fachmann einen Blick darauf werfen. Die Dame an der Rezeption in der Orthopäden-Klinik schaut freundlich, weist uns aber ab. Wir müssen eine Überweisung vom ‚White Cross‘ haben und erste Termine seien sowieso erst im März verfügbar.
Wir düsen also zum ‚White Cross‘. Das ist eine Art Notfall-Klinik. Wer nicht gerade den Kopf unterm Arm trägt, aber Beschwerden beliebiger Art oder einen Unfall hatte, wird hier vorstellig. Entsprechend voll ist der Warteraum.

Die Dame an der Rezeption ist ebenfalls sehr freundlich. Kurz beschreibe ich meine Symptome. „Ist das ACC?“, fragt sie. „Was ist ACC?“ „Wenn du einen Unfall hattest, dann fällt das unter ACC (accident compensation cooperation) und alle Behandlungen sind für dich kostenlos. Das gilt für alle Neuseeländer und jeden Gast im Land.“
Ich berichte, dass es nicht diesen einen Moment gab, keinen unmittelbaren Unfall, sondern die Schmerzen schleichend stärker geworden sind. „Ich schreib trotzdem ACC. Mit Fragezeichen. Eine Krankenschwester wird dich aufrufen und die entscheidet.“
Sie bittet uns Platz zu nehmen – Wartezeit ungefähr vier Stunden.

Merkblatt im White Cross, was alles unter ACC fällt. Unfälle, Verbrennungen und Bisse zum Beispiel. Interessant, dass extra die Bisse von Menschen erwähnt werden. ;-)

Achim war so nett mich zu begleiten. Den schicke ich weg. Es reicht, wenn mein Hintern platt gesessen wird. Schlecht vorbereitet ohne Lesestoff und mit einem Handy mit Rest-Akku von 13 Prozent sitze ich und langweile mich. Viel Zeit die anderen Patienten zu beobachten.
Dann kommt die Schwester. Meine persönlichen Daten werden aufgenommen. Ich schildere, was mir weh tut, dass es beim Wandern angefangen hat. Wieder die Frage nach einem Unfallereignis. Damit kann ich nicht dienen. Ich soll trotzdem ein Datum nennen, wann die Schmerzen begonnen haben. Ich nenne eins. Die junge Frau trägt das Datum in ihr Formular ein und lächelt. „Dann haben wir ACC. Wir wollen doch nicht dein Geld verschwenden.“ Sie fragt kurz einen Arzt, ob ein Röntgen erforderlich ist. Der nickt. Ich bekomme einen Laufzettel für die Röntgenabteilung und setzte mich danach ins Wartezimmer zurück, um auf einen Arzt zu warten.

Nach drei Stunden Wartezeit kommt Achim wieder zu mir. „Hast du was zu essen mitgebracht? Mir knurrt der Magen.“  Er schüttelt den Kopf: „Du kannst doch hier nichts essen. Niemand isst hier etwas.“  Nein natürlich isst hier niemand. Denn alle Menschen, die vor mir da waren, sind verschwunden und alle, die nach mir kommen, werden vor mir aufgerufen. Warum sollten die also etwas essen wollen?

Mit zunehmender Ungeduld warten wir bis die vier vorangekündigten Stunden vorüber sind. Ich gehe zum Tresen und frage vorsichtig (ein Schild gemahnt, dass man ja freundlich sein soll, sonst fliegt man raus), ob man mich vielleicht vergessen haben könnte. Eine neue Dame hinter der Rezeption schaut ins System. „Du bist aufgerufen worden, hast aber nicht geantwortet.“ Ausrede! Das stimmt nicht. Wir haben beide nichts gehört und außerdem ist ja auch bei jedem Aufruf jemand aufgestanden, wie wir mit Argusaugen beobachtet haben.

Es ist nicht zu ändern. Zehn Minuten später bin ich dran. Die Ärztin hat keinen Bock auf Fuß. Ich brauch nicht mal den Schuh ausziehen. Keine Beweglichkeitskontrolle, nichts. Es sei aber nichts gebrochen, versichert sie nach einem Blick auf das Röntgenbild. Auf eine weitere Diagnose will sie sich nicht einlassen. Wie auch? Ohne Untersuchung. „Versuch es mal mit 1200 mg Ibuprofen.“  :mrgreen:
Dann drückt sie mir noch eine Überweisung für eine Physiotherapie in die Hand: „Ist ja ACC – ist kostenlos für dich.“

Ich suche mir eine Praxis in der Nähe vom Boat Yard heraus und bin überrascht. Schon vier Tage später habe ich einen Termin. Dann die nächste Überraschung. Äußerst professionell werde ich von einer jungen Frau in Augenschein genommen mit verschiedenen Mobilität-Tests und einer gründlichen Prüfung, wo und wann es weh tut. Ihre Diagnose: Sehnenüberlastung.
Sie zeigt mir ein paar Übungen zur Stärkung der Muskeln um die Sehne herum. Und sie erklärt mir, wie und wie oft ich den Fuß belasten soll. Leider gibt sie mir auch eine schlechte Nachricht – die Heilung kann zwischen sechs Wochen und einem Jahr dauern. Nächsten Montag soll ich aber wieder kommen: „Dann bekommst du Stoßwellen. Die helfen einigen Patienten, leider nicht allen. Die sind aber umsonst – ist ja ACC.“
Dankeschön Neuseeland. Das ist sehr großzügig von dir.

73

Abbruch!

16.-18. Nov. 22, Neuseeland/Oakura, Tag 3091-93, 24.696 sm von HH

Ende, aus, vorbei! Wir brechen unseren Urlaub vorzeitig ab.
Die Fahrt von Wellington zum nächsten Stopp ist ein Küstentraum. Immer wieder eröffnen sich bei Sonnenschein tolle Blicke auf Strände und Felsformationen. So viele Orte in Neuseeland reizen, um tagelang zu verweilen.

An der Küste hinter Wellington – lohnenswerte Nebenstrecke

Immer wieder schöne Ausblicke auf die Küste

Unser Ziel heißt Oakura und liegt am Fuße des Taranaki. Ein majestätischer, alleinstehender Vulkan von 2600 Meter Höhe. Schon von weitem kann man seinen Schnee bedeckten Gipfel sehen. An guten Tagen. Wir sehen nur Wolken.
Der Campingplatz ist gut gewählt. Wildromantisch können wir unser Zelt direkt am schwarzen Sandstrand aufbauen. Niemand macht uns den Gemeinschafts-Grill streitig. Ein schöner Abend. Nur der Wetterbericht … brrr.

Das Zelt steht direkt am Strand – besser geht es nicht

Leerer Campingplatz für uns ganz alleine

Grillplatz mit Aussicht

Am nächsten Morgen nieselt es. Die Wolken hängen tief. Alles ist grau in grau. Ein Strandspaziergang endet im strömenden Regen. Dazu mein Hinkebein. Der Fuß will jetzt gar nicht mehr. Wir hocken in der Gemeinschaftsküche und starren in den Regen. Die Prognosen sehen schlechtes Wetter für die nächsten sieben Tage – für die komplette Nordinsel sogar. Um die Laune etwas zu heben, ziehen wir um in eine Cabin auf dem Campingplatz. Die können wir leider nur für eine Nacht bekommen, da sich fürs Wochenende ein Trupp Motorradfahrer angemeldet hat. Hüttenverlängerung also ausgeschlossen. Das gibt dann den Ausschlag: wir entscheiden uns zurück zum Schiff zu fahren. Wandern kann ich im Augenblick nicht mehr. Und das Wetter ist so schlecht, dass wir auch vom Auto aus nichts sehen außer Wolken. Das ist sehr schade. Hatte ich doch die Highlights ans Ende unserer Nordtour gelegt: den Taranaki und im Anschluss den Tongariro. Ebenfalls ein Vulkangebiet.

Ein früher Strandspaziergang ist noch drin – danach geht die Welt unter

aus wildromantisch ist düster geworden – es gießt wie aus Eimern

Eine einfache Hütte – aber mit Überdachung – sogar bei Regen können wir draußen sitzen

Wir entschließen uns, die 550 Kilometer zu Atanga in einem Rutsch zu fahren. Das ist in Neuseeland eine weite Strecke. Die sogenannten Highways sind (außer um Auckland herum) nur Landstraßen. Manchmal etwas besser, manchmal eng und kurvig. Ein Schnitt von mehr als 60 Kilometer in der Stunde ist nur selten raus zu fahren. Bei Dauerregen kein Vergnügen. Aber nach neun Stunden haben wir es geschafft.

Atanga steht unverändert wohlbehalten da. Ankunft am Freitagabend. Ein schlechtes Timing. Liegen doch unsere Sitzpolster beim Polsterer. Der hat vor ein paar Tagen angerufen, dass er mit der Arbeit fertig ist. Aber der hat jetzt bereits zu, so dass wir übers Wochenende ohne Sitzkissen auskommen müssen. Das ist machbar. Und wir sind froh, dass er seine Arbeit so zeitig vor der Abmachung schon fertig hatte. Guter Mann. Und gute Arbeit, wie wir am Montag glücklich feststellen dürfen. Jetzt fehlen noch passende Kissen. Ein erster Bezug ist in Arbeit. Eine passende Farbe nicht so leicht zu finden. Es wird wohl ein bunter MIx an Material und Muster werden. :-)
Die Arbeiten unter Deck, die wir geplant hatten, sind somit tatsächlich abgeschlossen. Ein gutes Gefühl und ein schönes neues Schiff unter Deck. Alles strahlt. Wir auch.

Am Montag dann der Einbau – die Farbe vom Stoff ist nicht einzufangen – er wirkt hier etwas trist

es ist weder so blass wie es scheint und auch nicht lila – verschiedene Rosttöne sind mit grau-beige verwoben

P.S. Wir sind jetzt bereits zwölf Tage wieder zurück. Mit leichter Befriedigung habe ich den Wetterbericht am Taranaki  und Tongariro verfolgt. Wir sind nicht zur falschen Zeit abgereist. Die Berge waren für komplette zehn Tage in den Wolken verschwunden. ;-)

75

Oh, du schönes Wellington

14./15. Nov. 22, Neuseeland/Wellington, Tag 3089/90, 24.696 sm von HH

Aufgrund der schlechten Regenstatistik in Wellington haben wir vier volle Tage eingeplant, um wenigstens einen guten Tag zu erwischen. Entgegen der Prognosen haben wir (fast) nur schönes Wetter. Umso besser. Das gibt uns viel Zeit für diese großartige Stadt.
Und Achim fällt auf, dass für ihn an dieser Stelle seine Erdumrundung bereits vorzeitig vollendet ist. Damals mit dem Flugzeug aus Westen hier gelandet und nun aus Osten kommend mit dem Schiff (und ein Stück Auto ;-) ) am selben Platz stehend. Okay, dann können wir ja die Aktion Weltumsegelung an dieser Stelle beenden. :mrgreen: Mission erfüllt.

Natürlich gehört zu einem Wellington-Besuch auch eine Fahrt mit der Cable Car dazu. Diese Straßenbahn ist gerade 120 Jahre alt geworden und erleichtert das Erreichen der Oberstadt, die steil über dem Zentrum an den Hängen klebt.
Die Cable Car endet im botanischen Garten und fast vor der Haustür unseres Air B&B. Hinter unserer Herberge beginnt gleich ein Naherholungsgebiet mit weitläufigen Wanderwegen – direkt auf einem Berg-Grat angelegt.  Mit einem weiten Blick über die ganze Bucht.

Aktuelle Waggons der Cable Car – das Design wurde mehrfach verändert

Endstation – mitten im botanischen Garten

Etwas Besonderes ist auch der alte Friedhof mitten in der Stadt.

Alt und modern – der Friedhof liegt mitten im Zentrum

Die Stadt wurde um die 150 Jahren alten Gräber einfach drum herum konstruiert

Alle Kinder an Scharlach verloren

Alle Kinder ans Feuer verloren

 

Zurück laufen wir durch durchs Wohngebiet mit aberwitziger Bauweise. Die Häuser stehen mit dem Rücken zum Berg. An der Kante steht die Bodenplatte ein paar Meter auf der Flanke vom Berg. Der Rest des Hauses steht auf Pfeilern. Zehn, fünfzehn Meter lang. Manchmal vielleicht noch mehr. Das Haus schwebt quasi über dem Abgrund. Auch ohne Erdbebengefahr eine gewöhnungsbedürftige Wohnweise.

Gewagte Hang-Architektur

Nebenstraße mitten im Zentrum von Wellington

Fast dörfliche Stimmung – drei Straßen oberhalb vom Zentrum

Im Regierungsviertel fällt besonders der sogenannte Beehive – der Bienenkorb – ins Auge. In dem extravaganten Gebäude befinden sich die Büros der  Premierministerin und der Kabinettsmitglieder. Eine Führung ist kostenlos, da sagen wir nicht nein. Das eigentliche Parlamentsgebäude ist mit dem Beehive verbunden und hundert Jahre. Es wurde 1995 mit unterirdischen Sockelisolatoren versehen. Diese großen Lager aus Gummi und Stahl sind eine neuseeländische Erfindung und sollen Erdbeben bis 7,5 absorbieren. Weltweit findet diese Technik Einsatz.

Neuseeland war das erste Land in dem das Frauenwahlrecht eingeführt wurde. Einer Legende nach haben die Frauen nur darum gekämpft, um das Verbot von Alkohol voran zu treiben. ;-)

Der Beehive von Wellington

Beehave mit Parlament und Bibliothek ergeben eine bunte Stil-Einheit

Staatsbibliothek

So grün ist Wellington – die Bergkette hinter dem Beehave ist ein Naherholungsgebiet

Abwechslungsreiche Tage bietet uns Wellington. Die letzte Nacht verbringen wir in Upper Hutt – einem Vorort von Wellington. Dort sind wir von einem Ex-Kollegen von Achim eingeladen worden. Erstaunlicherweise bereits der vierte Kollege bzw. Chefin auf unserer Reise  (Lissabon, Lanzarote, Ecuador und jetzt hier) – verrückte, kleine Welt.
Danke Mike und Lynley für Eure Gastfreundschaft und den leckeren Grillabend. Wir kommen wieder.

Upper Hutt – tolles Tal vor Wellington

Der Eingang zum Rosengarten von Mike und Lylin – so lässt es sich wohnen

;-)

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Seebären

So., 13. Nov. 22, Neuseeland/Wellington, Tag 3088, 24.696 sm von HH

Wellington kann noch mehr als nur Stadt sein. Nur ein paar Kilometer außerhalb vom Zentrum gibt es eine Seebären-Kolonie. Die muss man sich allerdings erlaufen. Aber am Strand entlang ohne Steigungen bekomme ich das noch hin gehumpelt.
Zunächst hängen die Morgenwolken noch tief an der felsigen Küste. Sie gehen runter fast auf Meeresniveau. Die Cook Strait ist in grau gehüllt, nur ein paar Menschen sind hier am Sonntag unterwegs. Wunderschön öffnen sich die Blicke als der Nebel sich lichtet.

Der Hinweg noch in grau

Die Fähre zwischen den beiden Inseln kommt nach Wellington zurück

Moose – Algen – Flechten

Mystisch – neblig – schön

Frühsommer – alles blüht

Nach knapp vier Kilometern erreichen wir die ‚Red Rocks‘, hier sollen die Seebären zu sehen sein. Auf der Nordinsel gibt es nur zwei, drei Stellen an denen man Seebären sehen kann. Die meisten der 60.000 Tiere wohnen im Süden der Südinsel. Im 19.ten Jahrhundert hatte man die Neuseeländischen Seebären – die Fur Seals – fast ausgerottet. Heute sind sie geschützt und ihr Bestand gilt als gesichert. Nur noch Weiße Haie und Orkas sind ihre Feinde. Und Fischernetzte in denen sie sich verfangen können.

Die Seals liegen gut getarnt auf den Steinen. Erst nach einiger Zeit entdecken wir ein paar faule Würste zwischen den Felsen. Die Kolonie ist klein um diese Jahreszeit. Nach der Paarung im Februar wandern die Tiere umher und verteilen sich großräumiger. Aber ein paar verbliebene Jung-Männchen machen uns die Freude sich in der Sonne zu wärmen.
Die Seebären lassen sich von uns nicht stören, maximal wird eine Augenbraue gehoben. Man soll nur aufpassen, dass man nicht zwischen Wasserkante und Seal gerät. Dann kann es auch schon mal tierischen Ärger geben. Und die beinlosen Klopse sind an Land überraschend schnell unterwegs.

Suchbild zwischen den Flechten und Steinen – genau in der Mitte liegt der Seebär

Der Neuseeländische Seebär

Eingezogene Krallen

Ein Seal planscht etwas lustlos im Wasser

Ein letzter Gruß bevor der Seebär baden geht

Ausgewachsene Männchen können bis 2,5 Meter groß werden, die Weibchen sind mit anderthalb Metern deutlich kleiner. Nach rund einem Jahr Tragzeit wird immer nur ein Junges geboren. Das müsste um diese Jahreszeit passieren. Die Mutter bleibt dann zehn Tage beim Neugeborenen bevor sie wieder Fischen geht. Die Kleinen warten in einer Jungtier-Kolonie alleine an Land bis die Mütter zurück kehren. Dies bekommt man aber nur auf der Südinsel zu sehen.

Der Rückweg ist bei Sonnenschein anders schön

Die Farben leuchten am schwarzen Kieselstrand

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Wellington – schönste Hauptstadt der Welt?

12.Nov. 22, Neuseeland/Wellington, Tag 3087, 24.696 sm von HH

Zumindest wird Wellington regelmäßig von einschlägigen Reisemagazinen unter die Top 20 der schönsten Hauptstädte gewählt. Häufig bleibt dabei die Quote an Regentagen unerwähnt: über fünfzig Prozent! Folgerichtig regnet es, als wir am ersten Morgen unseres Aufenthalts einen Stadtbummel Richtung Hafen unternehmen. Okay, kein Problem, Wellington hat auch eines der schönsten Museen. Das Te Papa Tongarewa – Ort der Schätze, was es übersetzt bedeutet. Es beherbergt kulturelle Maori- und Pazifik-Schätze auf vier Etagen. Der Eintritt ist kostenlos, wow!

Am besten gefällt uns die Natur- und Geologie-Abteilung. Vieles ist zum Anfassen oder Interagieren. Es ist nicht nur für Kinder spannend, aus Bausteinen ein Erdbeben sicheres Gebäude zu bauen oder im Wellensimulator einen Tsunami zu erzeugen.
In einem Erdbeben-Raum bekommt man eine Vorstellung davon, wie es sein muss, wenn das eigene Haus anfängt zu wackeln. Achim war während seiner beruflichen Zeit häufiger in Wellington und hat mir immer von einem Grauwal-Gerippe an der Museums-Decke vorgeschwärmt. Das ist leider demontiert. Wie schade. Wahrscheinlich musste es Platz machen für eine riesige Ausstellung über den 1. Weltkrieg, die uns absolut nicht erreicht.

Geblieben sind zwei Skelette von Moas, den ausgestorbenen Riesenvögeln aus Neuseeland.  Die Strauß ähnlichen Laufvögel waren Giganten. Geschätzte 180 bis 270 Kilogramm schwer und sie haben Eier von bis 4,5 Kilogramm Gewicht gelegt. Wahrscheinlich wurden die Moas von den ersten polynesischen Siedlern ausgerottet. Die arglosen Tiere waren Menschen nicht gewöhnt, hatten keine Angst und waren leicht zu fangen. Es mussten nicht mal spezielle Jagdwaffen entwickelt werden. Dementsprechend ging die Ausrottung rasend von statten. Wissenschaftler vermuten, dass es in Coromandel nur fünf Jahre gedauert haben dürfte.

Skelette von ausgestorbenen Moas – die Besonderheit ist der Schatten. Es ist nämlich nur eine Projektion und kein echter Schatten. Plötzlich fangen die Schatten-Moas an zu grasen und weg zu laufen – schön gemacht!

Eine Besonderheit ist das ausgestopfte Exemplar eines Polynesischen Hundes. Die Reisegefährten der Polynesier, die sie in ihren Kanus mitbrachten, dienten zur Jagd und zur Gesellschaft, als Sonntagsbraten und Fell-Lieferant. Mit europäischen Hunden waren sie nicht kreuzbar, so dass sie ebenfalls ausgestorben sind. Im Te Papa steht wahrscheinlich das letzte Exemplar dieser Art.

Polynesischer Hund – er war nicht kreuzbar mit europäischen Rassen – ob es am Aussehen gelegen haben könnte?

Nach dem Museum hat sich der Regen verzogen und Wellington zeigt, warum die Stadt als Schönheit gilt. Wellington ist mit weniger als 200.000 Einwohnern sehr klein und traumhaft gelegen. Angeschmiegt an einen Naturhafen mit einem schmalen Zugang zur Cook Strait, der berüchtigten Meerenge zwischen Nord- und Südinsel. Die beiden Inseln liegen nur 22 Kilometer an der schmalsten Stelle auseinander. Ein Ansteigen des Meeresgrunds und ein Düseneffekt machen aus der Cook Strait eine der rauesten Meeresengen der Welt. Ungewöhnlich hohe Wellen sorgen häufig für den Ausfall der Fähren, die ab Wellington auf die Südinsel starten. Windy Welly trägt Wellington als Beinamen, Fallboen aus den umliegenden Bergen haben Schuld.

Wellington – the windy city – windy Welly

Davon merken wir nichts – bei vorsommerlichen Temperaturen schlendern wir weiter. Das heißt, Achim schlendert. Ich hinke hinter ihm her. Seit der Wanderung am Lake Waikaremoana kann ich den rechten Fuß nicht mehr schmerzfrei abrollen.  Schonen oder ignorieren? Liest vielleicht ein Orthopäde mit? ;-) Ich entscheide mich fürs Humpeln.

Wellington Hafen – Rechts im Bild erkennt man bereits die Cook Strait

Marina Flair im Stadtteil Mt. Victoria

Buntes Straßenbild in Wellington – Restaurants jeder Geschmacks- und Preisrichtung

Cuba Street – die quirlige Fußgängerzone

Typische Drohgebärde vom rituellen Haka (Haka bedeutet Tanz) statt bravem Ampelmännchen

Maori – Skulptur am Hafen

Untergekommen sind wir wieder in einem Air B&B. Diesmal mit glücklichem Händchen. In einer tollen Wohngegend (Thornton) wohnen wir bei Lucy in ihrem super sauberen Appartement. Das Haus steht auf einem Eckgrundstück, hat insgesamt sechs Wohnungen und liegt direkt am Fuß einer kleinen Bergkette, die mitten durch Wellington führt. Steil muss man sich die Nebenstraße zum Eingang hoch kämpfen.
Die Hauptstraße liegt direkt auf der „Fault-Line“ von Wellington, erzählt uns Lucy. Beim Kauf des Hauses sei sie ausdrücklich davor gewarnt worden. Diese Bruch- bzw. Verwerfungslinie zieht sich quer durch die Stadt. Die pazifische und australische Platte reiben sich in 25 Kilometer Tiefe genau an dieser Stelle aneinander. Genau unter unserer Unterkunft.
Alle 150 Jahre geht man von schweren Erdbeben aus – mit Land-Verschiebung von bis zu einem Meter. Gut, dass wir im Te Papa im Erdbebenhaus gelernt haben, was wir tun müssen, falls es zu wackeln beginnt. ;-)

Air B&B bei Lucy – alles in Laufnähe zum Centrum – tolles Lage, tolle Wohnung, tolle Gastgeberin

Deko bei Lucy – viel frische Blumen in allen Zimmern und alles etwas retro

Typisch für den Stadtteil Thornton – steile Wohngegend

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