Italienisches Theater

Do., 30. Jul.15, Gran Canaria, Tag 425, 2.728 sm

Durch die Anregung von Gabi und Michael, gehen wir gemeinsam zum Straßentheater.
Spanisch typisch beginnt die Vorstellung erst spät, um 22:00 Uhr.
Die Wartezeit verkürzen wir in einer der unzähligen Bars in der Nähe vom Parque Santa Catalina.
Diese Ecke ist total untouristisch und abends steppt hier der Bär.
Alle Welt möchte in den lauen Sommernächten draußen sitzen, sehen und gesehen werden. Tapas werden gereicht und Cocktails geschlürft.

Ondadurto Teatro

Die Theatervorstellung ist kostenlos. Eine kleine Tribüne und Plastikstühle sind bereit gestellt und fast alle Plätze besetzt.
Die italienische Truppe Ondadurto Teatro bringt eine Hommage auf Fellini, dem italienischen Star-Regisseur, auf die Bühne. Eine Zusammenfassung der schönsten Momente seiner Filme, kultige Szenen der Stars, Sternchen und Paparazzi.

Sprachkenntnisse sind nicht erforderlich. Es wird kaum gesprochen, sondern Revue- und Filmmusik der 50er Jahre und italienische Chansons begleiten die Darbietung.

Die Bühne ist ein mobiles Baugerüst, welchem durch geschicktes Drehen und den Einsatz von Tüchern immer ein anderes Gesicht gegeben wird.
Es dient auch als Podest, um einer Diva Hektoliter weise Wasser über den Kopf zu gießen oder als Kulisse für Tanzeinlagen. Auf die Tücher werden zwischendurch Filmausschnitte, wahrscheinlich Fellini, projiziert.

Um das Theaterstück in seiner Gänze zu verstehen, wäre es sicher hilfreich, die berühmten Filme von Fellini, La Dolce Vita und La Strada, zu kennen. Oder zumindest zu mögen und ein Fan der 50er Jahre zu sein.
Wir haben nur vage Vorstellungen dieser Filme und sind kein Fan, so bleibt uns ein tieferer Sinn verborgen.

Manchmal bedarf es ja nicht unbedingt eines Sinns, um schön zu sein. Uns ist die Vorstellung zu klamaukig und Revue-lastig.
Die männlichen Kultur-Banausen drehen mit den Augen, während Gabi und ich der Vorstellung noch etwas abgewinnen können.

Das Ondadurto Teatro tingelt mit dieser Show durch Europa und ist in Deutschland bereits in den Metropolen Heppenheim und Holzminden aufgetreten.

Unsere Pläne bis Jahresende

Mi., 29. Jul.15, Gran Canaria, Tag 424, 2.728 sm

In Las Palmas können wir nur bis zum 01. Oktober bleiben.
Danach werden wir raus geworfen, da die Teilnehmer für die ARC hier eintreffen. Es werden für diese „Jedermann-Ralley“ über 200 Schiffe erwartet. Alle Plätze sind reserviert, somit müssen wir weichen.
Bis dahin wollen wir alles abgearbeitet und besorgt haben, was auf unserer Liste steht. Diese Liste hat die Überschrift to-do-und-to-besorgen-vor

Atlantiküberquerung

Ich fliege am 13. August für zwei Wochen nach Deutschland.
Somit heißt es bis dahin heraus zu finden, was partout vor Ort nicht zu besorgen ist und was ich mitbringen muss.

Seit Tagen rennen und radeln wir kreuz und quer durch die Stadt. Auf unserer Einkaufsliste stehen normale Dinge wie Mosquito-Netz, Revierführer Karibik und Schleifpapier, aber auch exotisches Zeug wie Stoffmalfarbe oder ein massiver Würfel (Kantenlänge 3,5 cm x 4cm) aus Messing oder Edelstahl. Bei letzterem läuft man ja in Deutschland schon planlos durch die Gegend.

Stoffmalfarbe habe ich nach einem 1,5 Stündigen Marsch irgendwo in einem Wohngebiet bekommen. Fast alle Läden machen von 13:30 bis 17:00 Uhr Siesta. Der Sinn dieser Siesta erschließt sich einem erst, wenn man im Hochsommer durch Spanien stiefelt. Selbst noch am späten Nachmittag läuft der Schweiß in Strömen und die Stadt ist wie ausgestorben.

Achim wird auf der Suche nach einem Entstör-Filter von einem Ende der Stadt zum anderen geschickt. Alle Antworten fangen gleich an: entweder bei Electro-Alfredo oder bei…
Und in einem Gardinenladen bekommt man zwar Stoff und Fliegengaze, aber kein Garn.

Sobald ich aus Deutschland zurück bin, kommt Atanga aus dem Wasser und erhält einen neuen Anstrich. Der Propeller wird gefettet und einige Dinge mehr. Wir hoffen, dass bei dieser Aktion keine Überraschungen auf uns lauern.

Wenn wir Gran Canaria dann endgültig verlassen, segeln wir noch nach La Gomera und im Anschluss auf die letzte der Kanarischen Inseln, nach El Hierro.

Von dort soll es Ende November aus dann weiter gehen auf die Kap Verdischen Inseln. Das verkürzt den großen Sprung auf die andere Seite des Atlantiks um ein ganzes Stück.

Unseren ursprünglichen Plan, nach Brasilien zu segeln, haben wir aufgegeben. Brasilien erteilt nur noch ein Visum mit einer Aufenthaltsdauer von maximal 90 Tagen ohne jegliche Verlängerungsoption. Drei Monate Aufenthalt sind uns für dieses riesige Land zu kurz. Daher erfolgt eine Planänderung und wir segeln einfach ein Land höher, nach Französisch Guyana.

Und dann gab es noch einen bedauerlichen Unfall:
Unsere an-Bord-komm-Einstiegshilfe ist unter der Last eines Crewmitglieds zusammen gebrochen. :mrgreen:

Anschiss

Mo., 27. Jul.15, Gran Canaria, Tag 422, 2.728 sm

Heute soll ja meine neue Krone mit der richtigen Schraube fertig sein.
Wie immer fahre ich mit dem Rad zum Zahnarzt. In Las Palmas kann man ganz gut Fahrrad fahren. In der Innenstadt fahre ich auf der Straße, aber in den Nebenstraßen sind die Bürgersteige häufig breit und wenig belaufen, so dass ich von der Straße auf die Fußwege wechsel.
So auch heute.

Auf einmal höre ich von der Straße ein lautes und strenges „Hola, Señora“ neben mir. Ein Motorradfahrer mit Policia Local Aufkleber. :mrgreen:

Ich stoppe artig und schon schwallt es auf mich nieder.
Meinen Einwurf, dass ich nur wenig Spanisch spreche, ignoriert er komplett und führt seine Schimpftirade fort.
Ich verstehe Wortfetzten: Schuld, Auto, Schuld, Fahrrad, Auto, Schuld und immer wieder Schuld. Brav nicke ich an den hoffentlich richtigen Stellen, mache ein betretenen Gesicht und versuche zu ergründen, worin mein Verbrehen besteht. Als er mit zwei Fingern einen Fußgänger imitiert, glaube ich zu verstehen.

Es ist okay, dass ich auf dem Fußweg gefahren bin, aber an einer Querstraße den Zebrastreifen (ich hatte grün) ohne abzusteigen zu überfahren ist wohl nicht erlaubt.

Er guckt streng und schimpft. Erst als er fertig ist und ich mich artig mit einem „Muchas gracias“ für sein Gemecker bedanke, muss er lachen.
Wahrscheinlich merkt er jetzt erst, dass ich nicht recht was verstanden habe.
Glück gehabt, wer weiß, ob sowas unter Strafe steht.

Beim Zahnarzt bin ich ebenfalls erfolgreich. Heute passen die Gewinde zusammen und mein neuer Zahn ist schnell festgeschraubt. Jetzt soll ich eine Woche testen und dann wird er final fertig gestellt.

 

Beim Zahnarzt – Teil 3

Do., 23. Jul.15, Gran Canaria, Tag 418, 2.728 sm

Im Februar habe ich in Las Palmas ja beim Zahnarzt ein Implantat bekommen. (Atanga berichtete)
Das soll nun fest gewachsen sein und somit radl ich zum Zahnarzt, um mir einen Termin zum Anpassen der finalen Krone zu besorgen.

Aber es läuft mal wieder anders: ich komme sofort dran.
Es ist nicht so, dass nicht andere Patienten zu sehen sind und die Praxis total verwaist wirkt. Auch habe ich nicht den Eindruck, dass man mich als Ausländerin und Barzahlerin bevorzugt.
Irgendwie scheint es hier anders zu funktionieren, denn in Deutschland wartet man auf einen Zahnarzttermin ja mindestens ein Vierteljahr.

Der Doctore kommt vorbei, befindet alles für gut und berichtet mir, dass meine Krone bereits Morgen fertig sein wird.
Bitte? Ich kann‘s nicht glauben! Doch, doch, bestätigt er, hält Rücksprache mit seinen Damen, ein Anruf und nein, er korrigiert sich, mein neuer Zahn ist bereits heute Nachmittag um 17:00 Uhr fertig.

Das Erstellen der Krone überträgt er zwei jungen Frauen.
Dafür werde ich gescannt. Erst mit Provisorium, dann die Lücke, die Nachbarzähne und die gegenüberliegenden Zähne vom Unterkiefer.
Nach fünf Minuten ist ein dreidimensional drehbares Bild von meinem zukünftigen Zahn fertig.

Um 17:00 Uhr erscheine ich erneut in der Praxis.
Das Mädel von Vormittag zieht das Provisorium und schraubt die neue Krone rein.
Es folgen viele Umdrehungen und sie dreht und dreht.
Alle Umdrehungen zurück, Krone wieder raus, kritische Begutachtung des Teils und wieder drauf los geschraubt.
Und sie schraubt sich den Wolf.
Ein lebhafte Unterhaltung zwischen der Schrauberin und der Saugerin entbrannt.
Die Stirn fragend in Falten geworfen wird weiter geschraubt.

Nun ist es von Haus aus beim Zahnarzt schwierig Fragen zu stellen mit bis zu vier Händen im Mund. Hier haben wir noch zusätzlich die Sprachbarriere. Ich erdulde somit geduldig die Schrauberei.

Es kommt ein drittes Mädel dazu, die auch mal drehen möchte.
Leider mit dem gleichen mäßigen Erfolg.
Drei besorgte Gesichter beugen sich nun über mich.

Die Schrauber-Gang gibt schließlich auf und holt jemanden zum Übersetzten:
„Es tut ihnen unglaublich leid. Die Schraube im Zahn passt nicht zum Gewinde. Die Abweichung sei minimal, nix zu machen, haben sie noch nie erlebt, noch mehr Bedauern, Fehler vom Techniker, es gibt einen neuen Zahn, am Montag.“

Das ist jetzt zwar doof gelaufen, aber okay für mich. Ändern kann ich es ja sowieso nicht. Das Provisorium kommt wieder rein und ich ziehe unverrichteter Dinge von dannen.

Zurück in Las Palmas

Mi., 22. Jul.15, Gran Canaria, Tag 417, 2.728 sm

Nach der gruseligen Überfahrt schlafen wir uns 12 Stunden gründlich aus.
Der Mann, der gestern durchs Schiff flog, sieht aus wie ein Opfer häuslicher Gewalt.
Wie man sich gut vorstellen kann, hat er Schmerzen. :cry:
Er jammert und klagt sich den Niedergang hoch und runter.

 

Atanga bekommt von uns die übliche Süßwasserdusche. Und alle Tampen, Schoten, Strippen und Schuhe, die ich zu fassen bekomme, erhalten ebenfalls eine Wäsche.
Überall steckt der feine Staub von La Palma in den Ritzen.

 

Es ist schön auch mal einen Hafen anzulaufen, den wir bereits kennen. Da findet das Schiff den Weg zum Wartesteg von alleine.
Im Gegensatz zu Februar ist der Hafen jetzt proppe voll. Wir sind froh, dass wir reserviert haben. Einen Platz am Wunschsteg ‚L‘ (kürzeste Wege zu den Duschen und zum Baguette) an dem wir letztes Mal gelegen haben, bekommen wir allerdings nicht.
Den hat uns die La Joya vor ein paar Tagen weg geschnappt.

Trotzdem ist die Wiedersehensfreude riesig.
Zunächst treffen wir nur auf Gabi und Michael, da Petra zur Zeit anderweitig unabkömmlich ist. ;-) Ich würde ja auch gerne mal ein Foto vom gemütlichen Abend zeigen, aber keiner von ihnen möchte ins Internet.