IKEA auf Spanisch

Do., 19.Feb.15, Gran Canaria, Tag 264, 2.421 sm von HH

Schon im normalen Leben gibt es ein paar Dinge, die frau lieber alleine unternehmen sollte, wenn sie eine handfeste Ehekrise vermeiden möchte. Dies gilt umso mehr, wenn man auf knapp 25 qm zusammenlebt.
Zu diesen Dingen gehört, zumindest bei uns, ein Besuch bei IKEA.

Aus Fehlern der Vergangenheit gelernt, mache ich mich somit alleine auf den Weg.
Mit dem Bus eine Viertelstunde Fahrt, kein Problem. Es ist nur etwas gewöhnungsbedürftig, dass der Bus auf (!) der Autobahn hält und ich eine Autobahnzufahrt queren muss, um zu IKEA zu gelangen. Ich bin in solchen Dingen nicht zimperlich, aber das kommt mir schon sau gefährlich vor.

 

Bei IKEA ist dann alles so, wie es sein muss. :-)
Ein Paket Glimma (für nicht Insider: die berühmten 100 Teelichte) für 3,25 EUR und auch sonst der ganze, übliche, schöne Schnick-Schnack. Dank der fehlenden männlichen Begleitung kann ich ausgiebig stöbern. Was fehlt sind die XXL Marabou-Tafeln und Hot Dogs.

Die beste Neuerwerbung ist ein kleiner Plastikbecher, der mit seinem Halter überall auf Atanga angehängt werden kann. Ich erhoffe mir auf hoher See gute Dienste von dem Teil. Mal eben eine Zwiebel, die wegrollen will oder Besteck, welches sich selbständig macht, dort hinein zu legen.

 

Der Bus, der mich auf dem Rückweg mitnehmen soll, stoppt nicht an der Haltebucht, sondern 100 Meter weiter, direkt vor der nächsten Auffahrt.
Dann lässt der Fahrer mich noch ein Ticket lösen, fährt aber nicht weiter, sondern schwätzt aufgeregt in ein Handy. Nach kurzer Zeit, macht er den Motor aus, steckt sich fünf EUR aus der Kasse in die linke Brusttasche, 10 EUR in die rechte, schließt dann seine Kasse ab und packt sie in einen Rucksack.

Durch sein Seitenfenster winkt er und versucht einen anderen Bus zum Halten zu bewegen. Nur noch mal zur Erinnerung: wir befinden uns auf dem Seitenstreifen auf der Autobahn. Bereits der zweite Bus fährt direkt vor uns rechts ran und hält. Da er mit seiner Front schon etwas in die Autobahnauffahrt hinein ragt, fährt er einfach ein Stück rückwärts!

Es werden alle Gäste von unserem Fahrer aufgefordert den Bus zu verlassen und umzusteigen. Er selber folgt uns mit seiner Geldkassette unter dem Arm nach.
Seinen Bus lässt er, ungesichert, auf dem Pannenstreifen zurück. :shock:

Coole Aktion, die alle mit großer Gelassenheit über sich ergehen lassen.

Drag Queen Gala

Mo., 16.Feb.15, Gran Canaria, Tag 261, 2.421 sm von HH

In den letzten Jahren ist zum Bedauern der Anhänger der traditionellen Wahl der Königin, die Gala der Drag Queens zum Publikumsliebling des Karnevals geworden.
Das bedeutet für uns, dass wir wieder nur Zaungäste sein dürfen, denn Karten für diese Veranstaltung zu bekommen, ist für Touristen unmöglich.

Zum überwiegenden Teil sind die Drag-Queens schöner als Frauen es je sein könnten. Aber ein paar der Damen haben durchaus Figuren wie angehende Sumo-Ringer.

Das Prinzip der Auftritte der einzelnen Drag-Queens ist relativ ähnlich:
Die Königin hat einen Hofstaat von tanzenden Prinzessinnen um sich, die gelegentlich auch beim Auskleiden behilflich sind.
Die Drag erscheint auf überhohen Plateau-Schuhen und turmhoher Perücke, was sie doppelt so groß erscheinen lässt wie die Tänzerinnen. In ein aufwändiges, aber wenig sexy Gewand gekleidet, wird ein wenig Show gemacht, um sich dann die erste Schicht Klamotten vom Leib zu reißen. Darunter erscheint meistens ein schöner Schwan im gewagten Glitzer-Outfit und nackten Popo. :mrgreen:
Zwei, drei Verbeugungen und die nächste Drag-Queen mit Gefolge ist an der Reihe.

Dem ganzen fehlt irgendwie der Witz und die Aneinanderreihung der kurzen Auftritte plätschert so dahin. Das zahlende Puplikum klascht wohl und vereinzelt wird gelacht, aber eine überschäumende Begeisterung können wir auch unter den Spanischen Gästen nicht feststellen. Dabei gibt es so viele Kandidatinnen für die Drag-Queen-Gala, dass die Show auf zwei Tage aufgeteilt werden muss.

Dem Nebeneingang kommen wir näher als der Bühne und können ein paar Blicke auf die Damen nach ihrem Auftritt werfen.
Es wird mit dem Gefolge palavert oder aufgeregt hinter jemandem her telefoniert.

Noche de carnaval

Sa., 14.Feb.15, Gran Canaria, Tag 259, 2.421 sm von HH

Da nun alle Wahlen abgeschlossen sind, findet einer der Höhepunkt des diesjährigen Karnevals statt: Die Parade.

Der Zug startet um 17:00 und kommt fast direkt an der Marina vorbei. Die Straße ist die komplette Strecke von ca. 6 km dicht mit Schaulustigen gesäumt.
Angeführt wird die Parade von den Siegern der diversen Wettkämpfe, den Comparsars, Murgas und natürlich der neuen Königin und ihren Prinzessinnen. Begleitet von der ein oder anderen Sambaschule, die mit ihren Trommeln und Trillerpfeifen ein bisschen Südamerika herbeizaubern.

 

Dazwischen die Selbstdarsteller und Individualisten. Ein Tummelplatz der Eitelkeiten. Es gibt wohl kaum eine bessere Plattform als so einen Karnevalsumzug für die Selbstverliebten und Exzentriker.
Mit aufwändigen oder witzigen Kostümen flanieren sie am begeisterten Publikum vorbei. Bereitwillig posieren sie den Fotografen und genießen ihren Auftritt.
Ich bin das erste Mal in meinem Leben auf so einem Umzug und kann mich schnell erwärmen für das Spektakel.

Nach knapp zwei Stunden folgen den ‚Profis‘ die Trucks und bilden das Schlusslicht der Parade. Diese Trucks sind aber nicht politisch kritisch oder lustig, sondern sind lediglich mit Feierwilligen beladen. Pro Truck werden der eigene DJ, meterhohe Boxen, ein Dixi und reichlich Getränke mitgeführt. Getrunken wird aber ausschließlich aus glasähnlichen Plastikbechern. Dazu später mehr.
Wir Passanten werden leider nicht mit Karamelle, sondern mit Konfetti beworfen von dem wir bestimmt noch in drei Monaten etwas auf dem Schiff wieder finden werden. :-)

Bei Truck 22 und einem beginnenden Tinitus gehen wir zum Schiff, essen dort zu Abend und brezeln und für ‚la noche de carnaval‘ so richtig auf. Wir wollen nicht schon von weitem als doofe Touristen erkannt werden, tarnen uns also als Sultan und Scheherazade.
So präpariert gehen wir in die Stadt und stoßen bei Truck 63 wieder auf die Massen. Wir lassen uns zum Plaza Catalina treiben und können dort von der Tribüne aus das Geschehen gut beobachten. Der Platz ist zudem sehr Gehörgangs-freundlich.
Nach 120 Trucks ist der Zug am Ende und wir ebenso. Wir bummeln noch ein wenig durch die Massen und machen uns dann auf den Heimweg.

Anders als in Deutschland, gibt es nur wenige Bier- oder andere Getränkebuden. Das Trinken von Alkohol ist in der Öffentlichkeit in Spanien vielerorts verboten. Daher sieht man überall Leute mit Papiertüten um Flaschen oder Plastikbechern in Longdrinkform stehen. Befüllt werden diese Gläser von Kumpels, die in Plastiktüten oder Omas Hackenporsche den Alkohol und Eiswürfel mit sich führen. Dort wird sich dann das Hochprozentige abgeholt.

Bei großen Veranstaltungen können bestimmte Bereiche von diesem Verbot befreit werden und daher gibt es eine Hand voll Bierbuden am Plaza Catalina.
Eine amerikanische Doppelmoral-Politik: was ich nicht sehe, existiert nicht.

Leider gibt es viel, viel zu wenige Dixis, so dass die Nebenstraßen zu kleinen Kloaken verkommen. Das ist der unangenehme Teil an der Veranstaltung, der Rest macht total viel Spaß und gefällt uns sehr.

Königin des Karnevals

Fr., 13.Feb.15, Gran Canaria, Tag 258, 2.421 sm von HH

Da in Spanien Dienstag der 13. Als Unglückstag zählt, macht es nichts aus, dass heute einer der Höhepunkte des Karnevals stattfindet: Die Wahl der Königin.

Leider kommen wir nicht nahe an die Bühne heran, denn diese Veranstaltung ist sehr populär, kostet Eintritt und ist ausverkauft. Somit sind wir nur Zaungäste und müssen unsere Fotos von der einer Leinwand machen.
Das Schauspiel ist in unseren Augen schon ganz schön schräg. Die Kandidatinnen sind durchweg gertenschlanke, hübsche junge Frauen, die inder Mitte ihres Kostüms stehen und es auf Rollen hinter sich her ziehen. Diese Kostüme können bis weit über 50 kg wiegen und die Regel besagt, dass die Mädchen das Kleid aus eigener Kraft und möglichst natürlich bewegen sollen.

Das gelingt aber nicht immer, denn die zarten Persönchen müssen sich auf ihren Stöckelschuhen ganz schön in die Riemen legen, um den Karren in Bewegung zu versetzten. Das sieht zum Teil dann wenig graziös aus und erinnert ein wenig an ein Eselskarren-Gespann. Außer Lächeln und den Mund halbwegs synchron zur Musik zu bewegen, ist nicht mehr möglich.

Die moderneren Versionen dieser Kleider sind mit LED-Lichtern illuminiert und erinnern ein wenig an Autoscooter-Wagen. :-)
Neben der Bühne gibt es einen Parkplatz auf dem die Kleider abgestellt werden, während die Jury tagt und alle gespannt auf das Ergebnis warten.
Für uns überraschend ist, dass die Kostüme nicht das Motto ‚1001 Nacht‘ widerspiegeln und dass die Auftritte zu alten Tina Turner Hits stattfinden. Wir hätten etwas Spanischeres erwartet.

 

Gran Canaria – Bergtour

Mi., 11.Feb.15, Gran Canaria, Tag 256, 2.421 sm von HH

Sich in Las Palmes in der Marina ein Auto zu mieten ist denkbar einfach. Denn es gibt hier einen nicht mehr segelnden Dauerlieger, der für kleines Geld Autos verleiht. Das Beste daran, die Wagen stehen direkt vor dem Steg. Wir erwischen einen Seat Kombi (!), 17 Jahre alt, 250.000 km runter und nicht mehr ganz frisch im Lack, eine echte Möhre, aber er fährt.  ;-)

 

Der strahlende Sonnenschein hält in den Bergen leider nicht an und somit haben wir einen wolkenverhangenen Blick als wir den Pozo de las Nieves erreichen. Nieve = Schnee verdankt seinen Namen den drei Schneespeichern, die im 17. Jahrhundert hier errichtet wurden. Schneespeicher sind Türme in denen früher Schnee gestampft und zu Eis gepresst wurde. Aus dem Eis wurden dann Blöcke geschnitten und die kalte Fracht mit Lasttieren in die Täler transportiert.

Die höchsten Erhebungen von Gran Canaria sind maßgeblich mit verantwortlich, dass diese Insel so grün ist. Denn an dem fast 2.000 m hohen Gebirge bleiben die Wolken hängen, im Unterschied zu den flachen Insel Lanzarote und Fuerteventura.

Im Wolkennebel gibt’s nicht viel zu sehen, aber es klingt als stünde man in einer nebelgefluteten Volliere. Daran ist der Kanariengirlitz Schuld, der überall herum hüpft und trällert. Hierbei handelt sich um die Wildform des Kanarienvogels. Im 16. Jahrhundert erfreute sich dieser gute Sänger im Adel hoher Beliebtheit und wurde, da die Nachfrage mit Wildfang nicht zu befriedigen war, von den Mönchen Gran Canarias gezüchtet. Dann war es nur noch ein kleiner Schritt bis der Vogel komplett gelb wurde.

 

Zurück auf ca. 1.500 m kommen wir in den Genuss des sich bereits ankündigenden Frühlings. Die Mandelbäume stehen in voller Blüte und verbreiten ihren betörenden Duft. Laubabwerfende Bäume sind zwar auch hier noch kahl, aber überall sprießen Frühlingsblüher und frisches Grün.

Tejeda ist gerade ganz aktuell zum schönsten Dorf Gran Canarias gekürt worden und das zu Recht, wie wir finden. Ein wunderbarer Ort, terrassenförmig in den Berg gebaut.

Unser Weg führt uns weiter bis nach Artenara. Dieser Ort ist bekannt für seine Felsen- oder Höhlenwohnungen. Bereits die Ureinwohner Gran Kanarias haben In das weiche Lavagestein ihre Häuser gehauen und diese Tradition hat sich bis heute erhalten. Lediglich ein kleiner Vorbau befindet sich vor der Wohnung, die Haustür ist dann bereits in den Stein eingelassen.

 

Auf der Rückseite der Schlucht, geraten wir noch einmal in die Wolken, aber dies muss an der Wetterseite die Regel sein. Die Vegetation ist komplett verändert und meterlang hängt das Moos tropfend und trauernd von den Bäumen. Überall sprießen Farne und Algen.

 

In Teror gibt es einige Straßenzüge mit gut erhaltenen Kolonialhäusern mit den typischen, kanarischen Holzbalkonen an der Front. Eine Basilika schmiegt sich hübsch in das Straßenbild. Allerdings wirkt der Ort etwas ausgestorben. Das mag aber nur am nasskalten, trüben Wetter liegen.

Abends haben wir zwar nur 120 km Strecke gemacht, aber sicherlich durch einen der lohnendsten Teile der Insel.