Im Heizkessel

So., 31. Mai 15, La Palma, Tag 365, 2.587 sm von HH

Im Zentrum von La Palma gibt es eine der größten Calderen der Welt.
Caldera ist Spanisch und bedeutet Kessel oder Heizkessel.
Diesen Ausdruck für den gigantischen Krater auf La Palma prägte im 19. Jahrhundert der Deutsche Geologe Leopold von Buch. Dieser wurde weltweit für alle eingebrochenen Vulkankrater übernommen.

Die Caldera de Taburiente hat einen Durchmesser von 9 km und einen Umfang von 28 km. Dieser riesige Kessel ist 1.500 Meter tief und im Grunde nur an einer Stelle unterbrochen. Durch diese Schlucht, dem Barranco de las Angustias, fließt das Wasser aus dem Krater ins Meer.

Wir erreichen den Schlund über eine kleine Zugangsstraße im Süden.
Die Besucheranzahl im Nationalpark ist limitiert und in einem Besucherzentrum wird man namentlich registriert.
Wir sind ganz überrascht, dass der Besuch keinen Eintritt kostet. Sollte doch gestern im Süden ein Blick in einen winzigen Krater schon 5,00 EUR kosten.

Es führt ein guter Wanderweg auf 1.300 Meter ein paar Kilometer an der Südflanke des Kessels entlang.
Das Loch, was sich vor uns auftut ist schon riesig, aber so richtig sind die Dimensionen des einstigen Vulkans von unserem Standort aus nicht zu erkennen.
Die Wanderung ist trotzdem schön und bietet tolle Ausblicke. Durch die Limitierung der Besucher, begegnen uns nur wenige Mitstreiter. Auffällig dabei, dass es sich durch die Bank um deutsche Urlauber handelt.
Die Engländer, die Lanzarote und Gran Canaria dominierten, trifft man hier nicht.
Acht Prozent der Einwohner von La Palma sollen auch Deutsche sein.

Nach einem knapp dreistündigen Marsch fahren wir weiter zur Schlucht de las Angustias.
Auch hier soll man prima Wanderungen unternehmen können. Wir wollen schauen, ob das nicht eine Idee für Morgen sein könnte. Aber die Schlucht gefällt uns überhaupt nicht. Bananenplantagen, geschützt mit Flies oder Mauern gegen den Wind. Wasserleitungen, Wasserauffangbecken, Bagger, karge Felswände, Staub und ein versiegter Fluss geben ein unschönes Bild ab.
Hier möchten wir nicht wandern. Nein, das ist schnell klar.

Und dann bei unserer Weiterfahrt, entdecken wir sie. Dass heißt Achim entdeckt sie zuerst. Kaum zu glauben, dass er sich von Teneriffa her erinnert, dass ich die Natternköpfe erwähnt habe.
Bei den Natternköpfen (Echium Wildpretii) handelt es sich um eine gigantische, mehrjährige Pflanze, die bis zu drei Meter hoch werden kann.
Diese kommen nur auf Teneriffa und hier auf La Palma vor, wächst subalpin auf ca. 2.000 Höhenmetern und steht im Augenblick in voller Blüte.

Ich versteh zwar nix von Pflanzen, aber über diese, fast einmalige, Gelegenheit freut sich mein Gärtnerherz. Die Pflanze beeindruckt nicht ganz so sehr ob ihrer Schönheit, sondern eher wegen der kolossalen Ausmaße.
Bis 40.000 Einzelblüten soll ein großes Exemplar haben. Allen gemein ist aber die Hunderschaft an Hummeln und Schmetterlingen, die sich einfinden.

Nur ein paar Meter weiter stoßen wir dann auch noch auf das endimische La Palma Veilchen. Dies gilt als selten bis gefährdet, aber wir sehen einen großen Pulk davon.
Das kleine Veilchen hat Glück, dass ich zur Zeit keinen Garten habe, denn da wäre ich wohl versucht gewesen, ein klein wenig auszubuddeln.

 

La Palma – Süd-Westtour

Sa., 30. Mai 15, La Palma, Tag 364, 2.587 sm von HH

Eine Querung der Insel in Ost-West-Achse bringt uns heute zuerst in die zweite Marina der Insel, nach Tazacorte.
Die Marina von Tazacorte ist eigentlich ganz nett, aber das Auge nimmt neben dem Bollwerk, was für 54 Millionen EUR hier errichtet wurde, nichts anderes mehr war.
Bereits 1936 stand an dieser Stelle ein Schutzwall für den Hafen. Dieser wurde zum Schutz der Bananendampfer errichtet, denn ein brauchbarer Landweg nach Santa Cruz existierte noch nicht.

Der Hauptzweck des Baus dieses neuen Giganten diente dem Abbau der Arbeitslosenquote von 25 Prozent und der Etablierung neuer Fährverbindungen. Die Fertigstellung erfolgte Ende letzten Jahres, aber bis heute existiert weder eine neue Fährlinie, noch ist bisher ein einziger der erhofften Kreuzfahrer hier angelandet.
Die großen Brecher, die hier in den Wintermonaten anrollen, können kommen, der Rest wird wohl noch auf sich warten lassen.
So dient der riesige Parkplatz nur als Fotomotiv für Touristen und ist nichts für Menschen mit Agoraphobie.
Aber überall ist Philharmonie…

Wahrscheinlich ist das Objekt auch aus dem Weltraum zu sehen. :shock:

Wir verlassen die Landwirtschaftlich intensiv genutzte Hochebene und fahren weiter nach Süden. Bei der Suche nach einem Picknickplatz landen wir zufällig in einem idyllischen Kiefernwald. Neu entstanden auf alten Lavaströmen.
Kein Windhauch, kein Auto, kein Vogel, es ist so still, dass wir das Blut in unseren Ohren rauschen hören.

Als wir nach einer schönen Rast weiter fahren, ist es passiert.
Auf einmal machen die Bremsen beängstigende Geräusche. Kein schönes Gefühl bei einer Autofahrt über La Palma, die Steile.
Es wird dann zwar wieder etwas besser, aber die Angst fährt fortan mit.

Sie fährt mit uns ganz um die Südspitze herum, die von neuer Vulkanaktivität geprägt ist. Zuletzt gab es hier einen Ausbruch 1971.
Der schmale Küstensaum, den es hier gibt und ein paar kleine, schwarze Lavabuchten bringen dem etwas kargen Süden ein wenig Tourismus.
Landschaftlich ist es hier nicht so spektakulär, was sich erst wieder ändert, als wir die Mitte der Insel erreichen. Die Ausblicke auf den alles beherrschenden Krater des Taburiente sind verlockend. Aber dorthin soll uns erst Morgen die Reise bringen.


Wir sind froh, dass wir mit unseren, jetzt sehr unheilvoll schnarrenden, Bremsen heil Santa Cruz erreichen.
Wir rufen 24-Stunden-Mohamet an, der seine Nummer für alle Fälle hinterlassen hat.
Und kaum eine Stunde später, steht ein, nun cremefarbener Fiat vor der Tür.
Keine Fragen, kein Gemecker, die Autos werden einfach getauscht. Fertig.

La Palma – Nordtour

Fr., 29. Mai 15, La Palma, Tag 363, 2.587 sm von HH

Unser neuester Leihwagen ist ein cooler Fiat 500. Wir bekommen ihn für vier Tage für nur 66,00 EUR.  :-)

Mit diesem kleinen Gerät schrauben wir uns heute die Berge hoch. La Palma trägt zwei Beinamen: Die Schöne und die Grüne. Einer fehlt dabei, die Steile.
Schon bei der Fahrt aus Santa Cruz müssen wir uns die Serpentinen hochquälen.
Zweiter Gang, keine Chance, oft geht es nur im Ersten.

Eine schroffe Schlucht folgt der nächsten. Selten hat ein Hang weniger Gefälle als 45 Grad. Selbst die weitläufigen Bananen-Plantagen sind terrassenförmig in die abschüssigen Hänge angelegt.
Bananen, soweit das Auge reicht. Sicher eine unschöne Monokultur, aber für uns allemal ungewohnt und exotisch.
Zum Glück sind die Stauden nur selten in blaue Mülltüten gehüllt. Das sieht dann immer besonders unschön aus.

Nach einiger Zeitführt uns die Straße von der Küste weg und es wird wild und ursprünglich. Mischwald, Lorbeerwald, Nebelwald, Kiefernwald, Farne und ein Blütenmeer an Wildblumen. Gräser haben schon ausgeblüht, sich strohgelb verfärbt und täuschen Hochsommer vor.
Der Rest ist saftig, üppig grün.

Im Gegensatz zu Teneriffa, gibt es hier viele, alte, knorrige Kiefern. Mal als Einzelkämpfer taper an den Hang gekrallt. Mal als dichter Pinienwald seinen Duft verströmend. Mit ihren, bis zu 30 cm langen nadeln „kämmen“ sie die Feuchtigkeit aus den vorbeiziehenden Wolken.

Unser Cinquecento bringt uns taper über die Baumgrenze.
Hier auf knapp 2.400 Meter sind die Felsen gerade gelb blühend von kriechendem Ginster überzogen. Das nimmt der großen Ansammlung der Observatorien ein wenig den Space-Charakter.
Diese Anlage gilt als eine der weltweit besten ausgerüsteten Sternwarten. 19 Länder betreiben hier an 15 Teleskopen Grundlagenforschung.

Nach 140 km sind wir wieder zu Hause, haben dafür aber den ganzen Tag benötigt. Serpentinestrecken sind wirklich dreimal so lang.

Unsere Jungfrau vom Schnee

Mi., 27. Mai 15, La Palma, Tag 361, 2.587 sm von HH

ist die reichste Frau der Insel.
Diese Beschreibung hat sie ausschließlich ihren, mit Edelstein verzierten, wertvollen Kleidern zu verdanken. Mit diesen Kleidern verhüllt sie dann auch geschickt ihr hohes Alter.
Die Señora ist nämlich bereits fast 600 Jahre alt.
Sie ist 82 cm groß, aus Terrakotta, stammt ursprünglich aus Antwerpen und ist die offizielle Schutzheilige von Santa Cruz. Und Sofia, die Ex-Königin von Spanien ist bereits seit 1977 ihre Hofdame.

Passend zu ihrem Alter wohnt sie in einer ebenso alten Kirche. Die liegt vier Kilometer oberhalb von Santa Cruz in Las Nieves. Und dort besuchen wir sie.
Der steile Weg führt uns aus der Stadt, parallel zu einem Barranco, heraus. Nach den Hochhäusern am Stadtrand, ändert die Bebauung sich und wir kommen wir an schönen Fincas vorbei.
Die abenteuerlich in die steilen Felswände gebaute Behausungen sehen sehr ärmlich aus.
Zum Teil stehen diese leer oder dienen als Stall. Aber vielfach sind sie bewohnt. Auch das ist Europa.

Die Kirche für Nuestra Señora de las Nieves – „unserer Frau vom Schnee” ist in einem winzigen Dorf hübsch gelegen zwischen Brunnen und gerade üppig blau blühenden Palisanderholzbäumen (Jacaranda).


Die Kirche ist nicht sehr groß, schummrig und die Jungfrau, indirekt beleuchtet, überstrahlt alles.
Winzig klein das Gesicht, überfrachtet von den wertvollen Klamotten.
Aber die kleinen Putten-Engel, die sie singend und Harfe spielend umrahmen, sind sehr hübsch.

Als wir um die Kirche streifen, duftet es verführerisch nach Gesottenem und Gebratenem.
Hier gibt es endlich gegrillte Ziege, die ich schon alle Kanaren-Inseln vergeblich gesucht habe. Aber für eine komplette Mahlzeit ist es noch zu früh.
Der Bärenhunger ist noch nicht wirklich da. Daher setzten wir uns gemütlich unter die schönen Jacarandas und knabbern an unseren mitgebrachten Brötchen.
Aber wir werden wieder kommen mit großem Hunger. Darauf freue ich mich jetzt schon.

Dafür essen wir abends in der Marina eine ganz gute Pizza.
Noch immer lassen die wirklich milden Abende auf sich warten, so dass wir leider nicht auf der Terrasse sitzen können. Dabei hätten wir so einen schönen Blick auf Atanga gehabt.

Wind, Salz, Dreck und Schwell

Mo., 25. Mai 15, La Palma, Tag 359, 2.587 sm von HH

Was haben diese vier Dinge gemeinsam? Alle weg!

Nach einer Woche hat nun endlich der Wind nachgelassen und wir entschmutzen das Schiff.

Seit zwei Monaten hat es nicht mehr geregnet und wenn man den Statistiken Glauben schenken darf, dann ist auch so schnell keiner in Sicht.
Daher klettert Achim mit dem Wasserschlauch sogar in den Mast, um unseren gerade für viel Geld reparierten Windanzeiger von der Schmier-Salzschicht zu befreien.
Nicht, dass der dort oben noch von der Sonne festgebacken wird und größeren Schaden anrichtet.

Ich nehme mir unsere Fender vor.
Obwohl diese nur zwischen unserer „weißen“ Atanga und den Stegen eingequetscht werden, sind sie ständig schwarz. Manchmal sind die Stege mit Gummi ummantelt, dann ist es besonders schlimm.
Gut geht das nicht ab.
Aber ein heißer Tipp (La Joya) WC-Reiniger zu nehmen, ist sehr effektiv. Nur den hartnäckigsten Stellen muss ich noch mit Scheuermittel zu Leibe rücken.

Jetzt fehlt uns nur noch jemand, der den ganzen Edelstahl poliert. ;-)