Getrennt voneinander geschrieben.
Aber zuerst die nackten Fakten:
2.587 sm – davon 1.803 unter Segel
365 Tage – davon 22 auf See
entspricht einer Durchschnittsgeschwindigkeit von: 5,3 kn = 9,8 km/h
810 km Fahrrad – (davon gefühlt 750 km bergauf)
Durchschnittsgeschwindigkeit 10,3 km/h
Zu Fuß, geschätzt
343 Tage x 4 km = 1.372 km
Joachim:
Ein Jahr ist es jetzt her, dass wir Hamburg verlassen haben.
Eigentlich ist ein Jahr keine wirklich lange Zeit, aber so richtig präsent ist mir der Juni 2014 nicht mehr. Die Anzahl der neuen Eindrücke in den letzten 365 Tagen war einfach sehr groß.
Zu groß? Ich denke nein, oder ja, oder ich weiß nicht….
Während der ersten Monate waren wir recht fix unterwegs. Für mich zu schnell. Erst seit unserem Stopp in Lagos haben wir begonnen es für uns richtig zu machen.
Seit dem waren wir in keinem Hafen weniger als 2 Wochen. Meist waren wir sogar deutlich länger in den Orten und konnten uns richtig einleben.
Wenn ich morgens aufwachte, dann wusste ich auch, wo ich war. Das klingt vielleicht komisch, aber es ist schön zu wissen, wo man gerade ist.
In jedem Ort entwickelten sich eigene Rituale, so wie sie eigentlich jeder im normalen Leben hat. Bei mir sah das meist so aus, dass ich nach der Lektüre der Nachrichten erst einmal losgelaufen bin, um Brot zu kaufen.
Die Verkäuferinnen in meinen Stamm Bäckereien wussten nach einer Weile auch, was ich kaufen würde. Das war schön und machte jede der Städte, in denen wir lebten, zu meinem Zuhause.
Las Palmas oder auch Santa Cruz de Tenerife sind sicherlich 2 der Orte, die ich mir als finalen Liegeplatz nach Beendigung der Reise vorstellen könnte.
Es ist einfach schön dort, es gibt alles, das Wetter ist meist gut und die Menschen sind freundlich.
Alles im Leben hat seinen Preis.
Für die meisten ist es sicher nicht normal, die Duschzeit nach dem Sonnenstand auszurichten. Liegt man aber in Santa de Cruz de Tenerife, dann tut man gut daran, frühestens nach 13.00 zu duschen, da ansonsten die Solaranlage das Wasser auf maximal kurz über den Gefrierpunkt aufgewärmt hat.
Wer trinken will, muss schleppen. Die meisten Dinge kauft zwar Bine ein, aber wenn es um die Getränke geht, dann ist das meist mein Job. Das sieht dann so aus, dass ich mit dem Rucksack in die Stadt ziehe und mit zig Litern Wasser, Wein, Bier und was man sonst noch so trinkt zurück komme.
Der unangenehmste Teil dieser Reise ist im Fehlen einer Geschirrspülmaschine begründet. Jeden Tag wird 3-4 mal mit der Hand abgewaschen und abgetrocknet. Das ist nicht schön.
Auch das soziale Leben verändert sich.
Immer wenn man nette Leute kennen lernt, dann ist das eine Beziehung auf Zeit.
Jede Crew hat eigene Pläne und wird irgendwann zurück bleiben oder vorweg fahren. Ein Wiedersehen in der Zukunft ist zwar möglich, aber nicht sicher.
Ist es das alles wert?
Freunde, Familie und Kollegen zurückzulassen, um sich in der Welt herum zu treiben?
Zu akzeptieren, dass Dinge, die einst normal waren nun Luxus sind (Waschmaschine, Geschirrspülmaschine, Auto, jederzeit mit warmem Wasser ausgiebig duschen zu können, schnelles Internet..)?
Ich bleibe bei der gleichen Aussage, die ich auch nach 100 Tagen gemacht hatte.
Dieser unbeschreibliche Luxus, Lebenszeit nach meinen/unseren Vorstellungen zu verbrauchen ist unbezahlbar. Es ist ein Geschenk, neue Orte zu bereisen und dort nicht nur als Urlauber zu verweilen, sondern dort jeweils für eine unbestimmte Zeit leben zu können.
Ich genieße unsere kleine Welt an Bord (3 Raumwohnung, Küche &Bad auf insgesamt ca. 30m²). Ich liebe unseren „Garten“, d.h. die jeweilige Marina, in der wir gerade liegen…..und, nur um es nicht zu vergessen, das Wetter und die Wärme im Süden.
Sabine:
Die exotischen Ziele haben wir noch nicht erreicht. Auch das türkis schimmernde, warme Wasser lässt noch auf sich warten. Die Wahrheit ist, dass wir bislang noch nicht einmal gebadet haben.
Mir macht das nichts aus. Im Gegenteil. Die ausgetretenen Urlaubziele von Millionen Touristen sind wunderschön. Und die werden durch die ausgiebige und genaue Betrachtung sogar noch schöner.
Daher bin ich froh, dass wir so langsam reisen und uns viel Zeit für schöne Orte nehmen.
Das Leben an Bord ist in einigen Belangen umständlich, manchmal etwas langwierig und anstrengend. Aber niemals langweilig. Häufig habe ich am Ende des Tages nicht mal das „geschafft“, was ich mir eigentlich vorgenommen habe.
Und zum Lesen, ganz im Ernst, komme ich fast gar nicht.
Auch das Zusammenleben mit Achim auf so engem Raum, 24 Stunden am Tag, klappt hervorragend.
Zumindest meistens. 
Es gibt da eine Sache, da macht er mich affig.
Immer gerade dann, wenn ich mich in der Pantry eingefunden, alles her gekramt habe und anfangen möchte zu kochen. Ausgerechnet dann will er noch einmal an den Kühlschrank.
Mein Signal: „So, ich werde mich dann mal ans Kochen machen“ ist doch eindeutig.
Welchen Teil daran mag er nicht verstehen? In dem Augenblick könnte er doch sein Getränk holen – macht er aber nicht. Nein, er wartet genau so lange, bis ich die Klappe vom Kühlschrank mit Brett, Gemüse, Fleisch oder anderem Zubehör vollgestellt habe.
Im schlimmsten Fall fängt er an, die Sachen selber zur Seite zu räumen.
Offene Sahne droht umzukippen.
Ich komm nicht mehr an die Pfanne zum Rühren der schon in der Pfanne brutzelnden Zwiebeln. Ein Geschirrhandtuch rutscht an die Gasflamme und fängt Feuer…
Da kann ich affig werden.
Im Laufe der Zeit hat sich ergeben, dass ich praktisch nur noch alleine einkaufen gehe und somit sind wir auch mal ein paar Stunden getrennt.
Und das ist dann auch sehr schön.
Ich glaube, dies war das beste Jahr meines Lebens und ich bereue nicht eine Sekunde, dass wir diese Entscheidung getroffen haben.
Und ich vermisse nichts. Außer die lieben Menschen daheim und meine Dunstabzugshaube.
Und dann noch ein dickes Dankeschön an die treuen Leser unseres Blogs, die Ihr tapfer meine (meistens) Berichte lest. Ihr seid klasse.
