Wo das Leben begann – Ikara-Flinders Ranges

18.Jan.24,  Australien/SA/Trezona, Tag 44-48 Roadtrip,  4.045 km total, 203 und 52 und Tages-km

Bevor wir den Ort finden, wo das Leben auf Erden begann, haben wir einen Tod zu beklagen: den Tod meiner Haare.
Wir befinden uns im Ikara-Flinders Ranges Nationalpark im ersten Camp am südlichen Eingang. Das Wasser aus den Leitungen sei kein Trinkwasser warnen Schilder.  Pro Tag Übernachtung darf man sich deswegen zehn Liter Trinkwasser im Camp-Shop abholen. Eine sehr großzügige Regel.
Ich gehe abends unter die Dusche und merke schon beim Ausspülen vom Shampoo, halt – hier stimmt was nicht. Die Haare fühlen sich stumpf an. Ich trockne sie vorsichtig ab und versuche zu bürsten. Keine Chance. Am Pony komme ich noch durch, am Hinterkopf ist alles spontan verfilzt. Es fühlt sich an wie Pferdehaare.
Achim sieht meine Verzweiflung und spendiert eine Spülung mit Trinkwasser. Alles bleibt wie es ist. Die Haare sind unkämmbar. Seinen Vorschlag einer Speiseöl-Kur lehne ich ab. Dann fällt mir meine Bodylotion ein. Ja, damit geht es. Zumindest komme ich halbwegs mit der Bürste durch die Haare. Ich sehe aus wie John Travolta. Jetzt fühlt es sich an wie fettige Pferdehaare.

Am nächsten Tag im Shop dann die Überraschung. Der winzige Laden hat nur ein paar Lebensmittel und – jawohl – drei Sorten Haarspülung und eine Familienpackung mit breitzinkigen Kämmen. Ja, woher das wohl kommt? Ich bin wohl nicht der erste Gast mit Haar-Problemen, oder wie? Ich kaufe eine Packung. Die Fetthaare kommen unter den Hut.
Abends ein Versuch  mit Spülung plus Leitungswasser. Mehr Trinkwasser möchte ich nicht opfern. Wir wollen noch tiefer in den Flinders-Park und Trinkwasser  ist heilig. Ich bürste noch unter der Dusche die Spülung raus und trockne die Haare gar nicht ab. Das Ergebnis ist zum Kotzen. Die Haare stehen ab, als hätte ich in eine Steckdose gegriffen.

Einmal mit den Fingern durchs Haar – es steht einfach nur noch ab

Abgesehen vom ätzenden Wasser (wahrscheinlich mineralisch angereichert und extrem alkalisch) ist das Camp toll. Es ist Nebensaison. Nur ein paar Leute sind mit uns auf dem riesigen Gelände. Den meisten Besuchern ist es im Hochsommer zu heiß in dieser Region. Die Temperaturen können schon mal über 40 Grad ansteigen. Die Ikara-Flinders Ranges liegen am Rande zum unwirtlichen Outbacks mit seinen Halbwüsten.

Wilpena Pound Camp – unten in der Mitte unser Auto

Das ertse Mal campen ohne Rasen – entweder staubig oder es spritzt bei Regen alle Stuhlbeine voll  ;-)

Erste Attraktion ist ein riesiger Kessel in den Bergen, der sogenannte Wilpena Pound. Nur ein Durchbruch existiert zwischen den schroffen Hängen in die Ebene.

Einen Blick in den Kessel erarbeiten wir uns auf einer acht Kilometer langen Wanderung. Die ersten Siedler haben versucht hier Rinder zu halten. Das Projekt scheiterte an einer Dürre-Periode. Dann kam Familie Hill auf die Idee in dem Kessel Weizen anzubauen. Ihre knapp 150  Jahre alte Hütte steht noch immer. Tafeln berichten über das entbehrungsreiche Leben aus Sicht der jüngsten Tochter, deren Tagebuch überliefert ist. Dagegen werden Zitate einer Aborginalen Frau gestellt. Ein Abkömmling der ungewollten und vertriebenen Erstbewohner Australiens, die wie Vieh von den neuen Siedlern behandelt wurden.
Ein bitterer Lehrpfad in phantastischer Kulisse.

Trotz Hitze ist alles üppig grün – das verführte die Siedler zur Annahme, dass es hier immer regnet – leider ein Irrtum

Ein steiniger Weg führt uns zum Rand

Wilpena Pound – ein Kessel – aber nicht vulkanischen Ursprungs

Emus – Ein Weibchen alleine unterwegs

Ein Küken ist gar nicht scheu

Nach drei Nächten fahren wir nur 50 Kilometer weiter. Eine 4WD-Strecke bietet entweder sagenhafte Aussichten oder führt durch zwei Schluchten. In der letzten Nacht hat es heftig geregnet. Der Boden ist noch etwas weich, in den Flussbetten steht noch etwas Wasser. Eine coole Strecke durch altes Gestein.

Tolle Aussichten zwischendrin

Die Flinders Kette

Gewundene Schotterpisten führen zum nächsten Camp

Spannende Strecke

ab und an müssen wir durch Bachläufe fahren

Unsere ersten roten Riesen-Kängurus – noch auf der Flucht

An einem Steilhang soll eine Kolonie der seltenen Gelbfuß-Kängurus leben. Und tatsächlich – die Gruppe weiß, dass sie hier wohnt und ist tatsächlich zu Hause. Im Schatten warten sie auf Ende der heißen Mittagssonne.

Stopp bei den Gelbfuss-Kängurus – die wissen – wo man chic leben kann

Relativ kleine Kängurus – aber die buntesten – besonders hübsch ist der Ringelschwanz

Wie niedlich

 

Das neue Camp ist rustikal. Typisch Nationalpark geführt, hat es nur eine Toilette und kein Internetempfang. Aber die Lage! Direkt an einem zurzeit ausgetrocknetem Flussbett. Zur anderen Seite hat man über eine wellige Ebene den freien Blick auf die Gebirgswände des Wilpena-Kessels.

Camp direkt aus ausgetrockneten Creek

Der Blick von der anderen Seite

Wir sind allein. Da niemand außer uns Wasser benötigt, nehme ich mir aus dem Regenfass, was vom Dach des Toilettenhäuschens gefüllt wird einige Liter Regenwasser zum Haare waschen. Achim assistiert. Es ist wie aus Jenseits von Afrika wo Robert Redfort die Haare von Mariel Streep im afrikanischen Busch shampooniert. Nur, dass Achim keine edlen Verse zitiert, sondern alle erdenklichen Witze über meine Haare reißt. Das Ergebnis mit Regenwasser ist das Beste seit Tagen. Aber die Haare sind kaputt. Tot. Total entfettet und rau. Ein irgendwann zu findender Friseur wird wohl die Hälfte abschneiden müssen.

Am nächsten Tag führt uns ein Wanderweg zum Golden Spike. Dem einzigen auf der Südhalbkugel. Goldene Spikes sind über den gesamten Erdball verteilt und markieren eine zeitliche Referenz innerhalb der verschiedenen geo-geschichtlichen Epochen. In den Felsen der Flinders Berge fand man die ersten tierischen Mehrzeller der Welt. Ein neues Zeitalter musste her. Das Ediacarium wurde benannt. Wir stehen auf Steinen, die über 620 Millionen Jahre alt sind. Damit nicht genug: gleich nebenan befinden sich versteinerte Stromatolite. Diese Urform an Einzellern war die erste Lebensform auf der Erde, die Sauerstoff produziert hat. Diese Ablagerungen haben den Startschuss für das Leben gesetzt, wie wir es heute kennen.

Der Golde Spike in Australien – tatsächlich ist überall auf der Welt eine Platte in Stein eingelassen worden

Stromatolite – womit alles begann

Viele Tafeln mit schwierig zu durchschauenden Erklärungen über die Entstehung dieser Steine. Viel Theorie – noch interessanter für Geologen. Wird man allerdings vom Jauch eingeladen, kann man ohne, dass die vier Antworten eingeblendet sind auf die Frage „wo befindet sich der Golden Strike das Ediacariums?“, Flinders Ranges heraus posaunen.  Bitte, geht doch.

Total schön hier. Die Landschaft ist einmalig – Alter hin oder her.

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Strecke machen bis zur Outback-Kante

13.Jan.24,  Australien/NSW/Peterborough, Tag 41-43 Roadtrip,  3.790 km total, 348 und 264 und Tages-km

Wir verlassen mit zwei größeren Tages-Etappen die fruchtbare Riverina-Ebene. Damit hört die Landwirtschaft aber noch lange nicht auf. Aus plattem Land werden leichte Wellen. Wir arbeiten uns aus der Ebene kontinuierlich auf 550 Meter hoch. Auf dieser Hochebene ziehen endlos Weinfelder und andere beackerte Flächen an uns vorbei. Unweigerlich stellt man sich die Frage: wer erntet das alles?
Die Frage wird beim ersten Zwischenstopp in Cobdogla beantwortet. Ein Glücksgriff Campingplatz (28 Dollar). Die Stellplätze ohne Strom liegen direkt am Fluss. Malerisch stehen ein paar alte Baumgerippe im Fluss. Ein Keilschwanzweih (whistling kite) Paar hat sein Nest direkt vor unserer Nase. Die Jungen sind knapp flügge.

Zwei – die auf ihr Futter warten

Der Futterlieferant ist da

und holt auch schon wieder Nachschub

Neben uns zelten vier, fünf Work and Holiday Pärchen. Die campieren nicht in Cobdogla, weil es so schön ist. Tatsächlich ist hier der Hund begraben. Für zweihundert Einwohner gibt es nicht mal einen Laden.  Die jungen Leute sind hier, um zu arbeiten. Die Regel für ein Work and Holiday Visum besagt, dass man 88 Tage arbeiten muss. Nicht alle Jobs werden anerkannt, aber Erntehelfer zählt. Da die Temperaturen tagsüber gerne Mitte dreißig Grad erreichen, gehen die Worker nachts arbeiten. Zurzeit sind die Wassermelonen reif. Eine ziemliche Schufterei, wie sie uns erzählen. Tagsüber schlafen sie neben dem Auto im Schatten. Hei, da können 88 Tage aber lang werden.
Wir genießen jedenfalls zwei Tage den tollen Standort, spazieren am Fluss entlang und beobachten den Nachwuchs der Weihe. ;-)

Ein super Platz mit Blick auf das Nest – bei den großen Überflutungen in Australien 2022/23 standen hier 4 Meter Wasser. Kaum vorstellbar.

Perfekte Fluss-Idylle

Der Rest vom Campingplatz ist nicht so schön – wo es Strom gibt – haben sich die abenteuerlichsten Bauten um Wohnwagen etabliert

Weiter geht es nach Peterborough. Jetzt ziehen endlose Weideflächen an uns vorbei. Zum Teil gemäht und längst zu Heu gepresst. Zum Teil versuchen Rindviecher und Schafe auf braunen Wiesen nicht zu verhungern. Baume für Schatten sind Mangelware. Schön erscheint uns so ein Rinder-Leben nicht.

Endlose Weiden

Peterborough ist eine Eisenbahn-Stadt. Lebt noch heute von den goldeneren Zeiten, als sich hier drei Gleise trafen. Alle mit unterschiedlicher Gleisbreite. Ein Kuriosum in Australien. Jeder State hat in der Gründerzeit sein eigenes Gleisbreiten-Süppchen gekocht. Fahrgäste mussten tatsächlich die Züge wechseln, um weiter fahren zu können.
Heute rattert nur noch zweimal in der Woche der Indian Pacific Train durch Peterborough, der in 65 Stunden auf 4.352 Kilometer von Sydney nach Perth (und zurück) fährt. Angehalten wird nur an einer Handvoll Haltestellen. Aber trotzdem zählt diese Zugstrecke unter Bahnfans zu einer der attraktivsten Zugfahrten, die man unternehmen kann. Im Luxus-Waggon ist man im Schnitt mit 5.000 Dollar dabei.

Peterborough hungert aus. Die Einwohnerzahl ist von fünftausend auf nicht mal zweitausend geschrumpft. Viele Häuser stehen leer. Immobilen sind preiswert zu haben. Die Bevölkerung ist überaltert. Arbeit geniert sich aus sich selber heraus. Die Leute schaffen entweder bei der Gemeinde oder im Krankenhaus.
Aber der Ort überrascht uns. Alles ist tip-top in Schuss gehalten, auch der Campingplatz ist super (25 Dollar).
In einem alten Waggon finden wir eine schön gemachte und kostenlose Ausstellung über den Ort. Und der Supermarkt hat eine größere Auswahl als so manches Geschäft in den großen Städten.
Ein perfekter Ort, um sich für das Outback vorzubereiten. Australien, wie man es sich vorstellt – wir stehen an der Schwelle. Morgen geht es los.

Cowboystädtchen Peterborough – auch in der Provinz gibt es immer was zu entdecken

 

 

Bundy Tracking

Ich habe hier einen schönen Link über unsere Route. Die App Polarstep zeigt prima, wo wir uns gerade befinden.  Klick  .Roadtrip Australien

Technik Talk

„Alles nur noch China-Schrott“, der Satz fällt einmal wöchentlich.

Nach nicht mal vierzehn Tagen sind die Bolzen der Verschlüsse vom Dachzelt-Deckel durchgebrochen. Achim mein Held hatte aber mitten im Wald in Barrington Tops alles dabei, was der ambitionierte Camper braucht. Woher er wusste, dass er 5 mm Edelstahlschrauben brauchen würde … ich weiß es nicht.

Bolzen gebrochen und weg – zum Glück haben wir nicht auch noch den Schließer verloren. Die sind jetzt mit Karabinern gesichert.

Unser Ofen (eigentlich ein tolles Teil. Die zwei Brenner schaffen richtig Hitze. Ich kann kochen, was ich will) ist schon der zweite. Zum Glück haben wir den bei BCF – einer großen australischen Laden-Kette gekauft. Reklamationen in jeder Filiale möglich. Man stellt sich nicht an, Beschwerden werden ernst genommen. Der erste Ofen hat grade mal drei Wochen gehalten, da war ein Brenner kaputt.
Vom Ersatzofen ist nach zehn Tagen der Gastschlauch geplatzt. Nicht das innere Gewebe, aber doch die Umhüllung, obwohl wir immer drauf achten, dass er im Schatten steht. Anstandslos gab es einen Ersatz.

Lammhaxen – alles kein Problem mit dem Kocher – hoffentlich hält er durch – er gefällt mir

Unsere Campingstühle haben fünf Wochen gehalten. Immerhin. :mrgreen: Aber nur, weil Achim gebrochene Nieten (bereits nach zwei Wochen) durch Schrauben ersetzt hat. Die Konstruktion der Stühle ist aber so blöd, dass auch das nicht gehalten hat. Gekauft ebenfalls bei BCF. Rückgabe der Stühle und Geld zurück kein Thema. Unsere neuen Stühle sind von Anaconda – dem zweiten großen Ausrüster in Australien.

Mal sehen, wie das weiter geht.

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Angeschmiert, mit Butter lackiert

09.Jan.24,  Australien/NSW/Balranald, Tag 39-40 Roadtrip,  3.179 km total, 134 Tages-km

Dieser alte Kinderreim beschreibt sehr gut unsere letzten drei Tage in der Riverina. :mrgreen:
Der große Regen verschont uns in Hay, sorgt allerdings örtlich für heftige Überschwemmungen.  Aber der Campingplatz im Mungo Nationalplatz ist zur Buchung wieder freigegeben, wie uns eine Prüfung im Buchungsformular wissen lässt. Allerdings erst in zwei Tagen. Okay, das macht nichts, wir überbrücken halt (nach den ersten drei) die zwei Tage auch noch. Wir buchen zwei Nächte: vom 10. bis 12. Januar. Die Abbuchung erfolgt sofort – 50 Dollar! Dass uns das Camp-Formular anschmiert, wissen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.
Da wir in Hay alle Sehenswürdigkeiten abgeklappert haben, beschließen wir einen Ort näher zum Mungo NP aufzurücken und dort die Wartezeit zu verbringen.

Durch die Plains – wenig Veränderung über endlose Kilometer – und dann noch regnerisches Wetter

In Balranald schmiert uns als nächstes der Campingplatz an. An der unkooperativen Dame an der Rezeption beißen wir uns die Zähne aus. Die auf der Homepage ausgewiesenen ‚unpowered sites‘ für 25 Dollar kann (will) sie uns nicht geben. Es hätte zu sehr geregnet letzte Nacht. Dass uns etwas Wasser auf der Wiese nicht stört, da wir ein Dachzelt haben, interessiert sie nicht. Dass die Plätze mit Strom genauso nass sind, ebenfalls nicht.
Ein Stellplatz mit Stromanschluss kostet 40 Dollar. „Wir stöpseln nicht ein“, versichert Achim. „Das mag sein, aber es könnten ja andere Gäste kommen, die Strom wollen, also muss ich den vollen Preis euch haben“. Lächerlich. Ein Blick genügt – der Platz ist leer (und soll sich bis zum Abend auch nur zu einem Viertel füllen).
Balranald hat zwar auch einen Showground, allerdings nur für 24 Stunden Standzeit. Uns gehen die Alternativen aus. Wir schlucken die Kröte und zahlen der doofen Ziege zwei Nächte für je 40 Dollar – und stöpseln ein ;-) .

Der Campingplatz ist ganz nett – aber 15 Dollar für Strom (den wir nicht brauchen) – lächerlich

Das Dorf mit tausend Einwohnern ist schnell abgelaufen. Es gibt auch hier ein altes Gefängnis. Der letzte Mann, der 1967 in Australien gehängt wurde, saß hier ein, weil er ausgerechnet hier mit einem Banküberfall seine Verbrecherkarriere begonnen hat. Mehr Sensationen hat der Ort nicht zu bieten.

Die Foto-Sensation in Balranald – klar braucht ein tausend Seelenort eine Hundewasch-Anlage

Wer viel Platz hat – kann großzügige Straßen bauen – hier kann ein Space Shuttle landen

Allerdings eine Touristen-Information, die Touren eben auch in den Mungo Nationalpark anbietet. Wir schwätzen mit der netten Dame hinter dem Tresen. Und wieder werden wir angeschmiert: „Die Straße in den Park ist gesperrt! Ich glaube nicht, dass die Übermorgen wieder aufmachen. Nein, ganz sicher nicht.“
Wir sind verwirrt. Wie kann die Parkverwaltung Buchungen für einen Zeltplatz frei geben, wenn man gar nicht hin kommen kann? „Der Park entscheidet nicht über die Zufahrten“, lernen wir. „Das macht die Gemeinde. Mit uns als Info-Zentrum spricht der Park aber nicht, wir müssen jeden Morgen im Internet raus suchen, ob der Park geöffnet hat. Wenn ihr in Zukunft plant, dann schaut ihr besser auf die Veröffentlichungen der Gemeinen, die über Straßensperrungen informieren.“

Wir sind jetzt schlauer – die Straßen sperren die Gemeinden

Na, das läuft ja. Unter den Umständen würden wir Morgen abreisen. Balrandal ist nicht so spannend und wer weiß, wie lange es dauert, bis die Straßen wieder frei gegeben werden.  Aber die Ziege an der Camp-Rezeption brauchen wir gar nicht fragen, ob wir für die zweite Nacht unser Geld wieder bekommen. Sie hatte gleich gewarnt als Achim gleich für zwei Nächte bezahlt hat (wahrscheinlaich das erste Mal in der Geschichte des Platzes, dass sowas vorgekommen ist), eine Rückzahlung wird es nicht geben.

Wir recherchieren, wie wir unser Geld vom Nationalpark wieder bekommen können. Im Kleingedruckten steht, dass man auf Rückzahlung nur Anspruch hat, wenn das Camp geschlossen hat. Status im Internet: ‘Alles geschlossen, alle Wanderwege, alle Tracks, nur das Camp ist geöffnet.“

Wir vertagen einen Anruf auf den nächsten Tag. Der bringt endlich wieder Sonnenschein. Zu spät. Wege sind noch feucht und matschig. Die Straße nach Mungo bleibt geschlossen.  Wie lange, kann uns keiner sagen. Wir drehen eine große Runde um das gesamt Dorf. Viel gibt es in der Tat nicht mehr zu entdecken.
Am Nachmittag dann der Anruf bei der Parkverwaltung. Es braucht fünf Anläufe und zwei verschiedene Kontakte im Callcenter. Dann ist es geschafft. Wir werden die Gebühren erstattet bekommen.

Insgesamt haben wir in der Riverina Region sieben Nächte verbracht. :lol: Bestimmt hat es auch das noch nie gegeben. Die Hauptattraktion auf der Strecke ist eindeutig der Mungo Nationalpark. Schade.

Angeschmiert, mit Butter lackiert.
Abgeleckt, hat gut geschmeckt.

P.S. Update heute am 11. Januar: Park geschlossen bis 15. Januar. Also war es richtig, nicht zu warten.

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PitStop in der Provinz

03.-07.Jan.24,  Australien/NSW/Hay, Tag 34-38 Roadtrip, 2.3042 km total, 186+269 Tages-km

Ein Reifen verliert Luft. Und zwar schon seit kurz nach Weihnachten. Wegen der Feiertage konnten wir bisher keine geöffnete Werkstatt finden. Achim hat jeden Tag mit einem kleinen Kompressor (extra gekauft) Luft  nachgepumpt, so konnten wir uns ganz gut behelfen. Aber der Luftverlust wird größer, wir brauchen dringend einen Reifen-Höker. Wir verlassen endgültig die Berge und den dicht besiedelten Osten. Orte, die diese Bezeichnung verdienen, liegen plötzlich fünfzig Kilometer und mehr auseinander. Nach 200 Kilometern erreichen wir Wagga Wagga. Mit 50.000 Einwohnern eine Stadt, die alles haben sollte. Da wir nicht wissen, ob und wie schnell uns geholfen wird, und im Zentrum bleiben wollen, reservieren wir auf dem örtlichen Showground einen Zeltplatz. Fast jedes Dorf in Australien hat einen Showground für seine lokalen Veranstaltungen und ist oft zum Übernachten geeignet.
Nach dem Bezahlen (30 Dollar mit heißer Dusche) bekommt wir einen Code zugeschickt mit wir die Schranke zum Gelände öffnen können. Wir staunen, wo wir gelandet sind. Auf dem Grundstück gibt es eine Hunderennbahn – gut ausgestattet mit Flutlichtlampen. Für den Wochenmarkt steht eine extra Halle zur Verfügung und der jährliche Viehmarkt findet im September statt, wie eine Werbung verspricht. Am äußersten Ende stehen Pferdeställe und dahinter dürfen wir unser Zelt aufschlagen. Die Duschgebäude wirken alt und ramponiert. Man möchte umdrehen. Aber nein, das wäre ein Fehler. Ein Rentner-Paar mit Blumentöpfen vor dem Wohnwagen sorgt für Ordnung. Und Mutti macht das richtig gut. Mit dem C-Schlauch rauscht sie morgens durch die Bude. Die saubersten Toiletten und Duschen unserer Tour. Keine Spinnweben oder Kokons in den Ecken, obwohl die ganze Nacht die Türen offenstehen und das Licht unfassbar viele Insekten herbei lockt.

Der Blick auf die Ställe vom Zelt aus

Hinterm Zelt ein Zaun – dahinter Schienen – angeblich nur sieben Züge am Tag – aber alle fahren nachts :mrgreen:

Showground in Wagga Wagga

 

 

Beim Reifen-Höker läuft es ebenso gut. Nach zehn Minuten Wartezeit ist der Reifen runter. Eine Viertelstunde später repariert. „Ihr habt euch einen Nagel reingefahren. Ich hab’s geflickt und das hält bis zum Lebensende des Reifens“, versichert der Monteur.  Wir staunen und freuen uns – 35 Dollar (22 Euro) statt zwei neue Reifen. Sehr schön.

Da alles so gut klappt, haben wir noch viel Zeit, um uns Wagga Wagga anzusehen. Ein netter Ort mit moderner Innenstadt und hübschen Geschäften und Cafés. Das nagelneue Heimatmuseum ist kostenlos (eine Spendenbox steht bereit) und informiert ganz nett über die Region Riverina.

Wertvolle Ausstellungsstücke im Museum – typisch für Neuseeland und Australien. Aber wir lernen auch, dass die Bee Gees als Teenager in Wagga Wagga ihre ersten Songs komponiert haben. Bitte – Reisen bildet.

Trotzdem alles nett gemacht im Wagga Wagga Museum

Der fruchtbare Boden und drei Flüsse haben aus der weiten Ebene einer der wichtigsten landwirtschaftlichen Gebiete Australien gemacht. Unfassbare Quadratmeter (fast zwei Milliarden) werden bewässert und dienen dem Weinanbau, Reis, Weizen und Zitrusfrüchten. An den trockenen Rändern  grasen Kühe und Schafe. Die Region gilt schon seit zweihundert Jahren als wohlhabend. Als andere Neuankömmlinge in Australien sich weiter im Süden dem Goldrausch hingegeben haben, haben die Farmer der Riverina erkannt, dass so viele neue Siedler viel essen müssen.

Wir fahren knapp dreihundert Kilometer weiter. Die Landschaft ändert sich kaum. Entweder Ackerbau – zweimal sehen wir, dass per Flugzeug Pestizide oder Dünger gespritzt werden. Oder Schafe. Aus leichten Hügeln ist längst ein Teller geworden. Platter als Ostfriesland.

Hunderte Kilometer verändert sich die Landschaft kaum – Orte gibt es nicht mehr – nur noch verstreute Höfe

Wir landen in Hay. Hay liegt in der Mitte-Mitte der Riverina. Ist Drehkreuz für alle, die die über tausend Kilometer durch die Ebene fahren müssen. Dreitausend Einwohner. Provinz. Tiefste Provinz. Ein wenig scheint hier die Zeit stehen geblieben zu sein. Alles ist adrett. Die Grünflächen vor den Häusern sind gemäht und die Häuser in einem guten Zustand. Das öffentliche Schwimmbad inklusive Spaß-Springbrunnen kostet keinen Eintritt. Es muss der Gemeinde sehr gut gehen.

Hübsche Gärten

und hübsche Häuser in Hay

So etwas gibt es gar nicht im richtigen Leben – ein Rondell mit Stickgarn in allen RAL Farben. So was gibt es nur im 3000 Menschen-Ort Hay im Handarbeitsgeschäft.

Charmant altmodisches Schild vom Motel – so schlimm ist die Situation nicht – es gibt nicht nur Direktwahltelefon – sondern sogar Internet im ganzen Dorf

Hay hat ein Touristen-Information-Zentrum (jawohl!), die kostenlos Fahrräder verleihen und eine Dusche für zwei Dollar anbieten. Zwei gut sortierte Supermärkte, fünf Motels und zwei Museen. Ein Museum liegt im herausgeputzten alten Bahnhof. Das andere im ehemaligen Gefängnis. 1878 hatte man entschieden, dass ein Knast hermuss, da die Schwarzbrennerei von Schnaps überhand genommen hat.

Das ehemalige Gefängnis – war auch schon Hospital und Besserungsanstalt für unerzogene Mädchen bis in die 60er Jahre. „Hölle auf Erden“, lautet ein Zitat in der Ausstellung. Hier Eintritt 5 Dollar – die Ausstellungsstücke sind ähnlich wie in Wagga Wagga ;-)

Hier hängen wir nun. Haben uns extra einen Campingplatz mit einem Aufenthaltsraum für schlechtes Wetter ausgesucht, denn seit Tagen wird vor Niederschlägen bis zu 60 mm gewarnt – im Umkreis von fünfhundert Kilometern übrigens. Ein Entkommen scheint zwecklos. Der Nationalpark in den wir als nächstes wollen, ist gesperrt bis Dienstag. Und tatsächlich, heute regnet es schon ganz ordentlich.
Also warten wir in der Weltstadt Hay auf gutes Wetter. Wir hätten es schlechter treffen können.

Noch scheint die Sonne – der Campingplatz ist ganz nett – knapp zur Hälfte gefüllt – 35 Dollar die Nacht

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Frühstück mit Kängurus ***

02.Jan.24,  Australien/NSW/Burrinjuck, Tag 31-33 Roadtrip, 2.587 km total, 285 Tages-km

Das nächste Camp am Burrinjuck Lake wählen wir nur, weil es auf dem weiteren Weg liegt und dort über Silvester ein Stellplatz zu bekommen war. Der Zeltplatz ist riesig – bestimmt einen Kilometer breit – und trotzdem rappelvoll. Es gibt keine abgesteckten Parzellen, sondern jeder hat freie Wahl auf dem wilden Gelände. Familien haben ganze Zeltstädte errichtet mit Kocheinheit und Wohnbereich. Dazwischen stehen Boote oder Jet-Skis auf Trailern. Wir finden kaum eine halbwegs gerade Ecke auf die wir unseren Bundy quetschen können. Es gibt viel zu wenig sanitäre Einrichtungen und die sind endlos entfernt. Besser man geht schon los, bevor man muss. Das finden alle so, deshalb wird ab Einsetzen der Dämmerung rechts und links in die Büsche gepinkelt. Außerdem ist das Internet total überlastet – kein Empfang.

Über den Spaß-Verfall nach dem letzten traumhaften Camp hilft eine Flasche Silvester-Champagner (vom Aldi! In jedem größeren Ort gibt es mindestens eine Aldi-Filiale mit gutem Angebot und den niedrigsten Preisen Australiens) und ein brauchbares Huhn mediterrane Art hinweg. Wir tütteln uns einen an und gehen einfach um 22:00 Uhr ins Bett. Unsere Nachbarn scheinen es genau so zu machen, denn unser Schlaf wird um Mitternacht durch nichts gestört.

Kochen an Silvester

Essen und gute Getränke trösten die Enttäuschung weg

Die Ruhe hält bis fünf Uhr morgens an. Da hören wir neben dem Zelt einen alten Mann sich räuspern, der ein paar Tausend Zigaretten zu viel in seinem Leben geraucht hat. Dann wieder. Hust, hust, räusper. Wer zum Henker ist das und warum hustet er genau bei uns? Ich zippe das Fenster auf meiner Seite auf. Es beginnt gerade zu dämmern. Die hustenden Übeltäter stehen keine fünf Meter entfernt: Kängurus. Zwei junge Männchen messen ihre Kräfte. Sie boxen und treten aufeinander ein nach übelster Känguru Art. Erst wird mit den Vorderbeinen geboxt, es folgt ein Klammergriff und dann treten sie dem Gegner beide Hinterfüße mit voller Wucht in den Magen. Als Standbein dient jetzt der kräftige Schwanz. Wenn sie treten, ertönt dieser menschliche Hust-Räusperer. Total spannend. Was für ein nettes Geschenk für den ersten Tag des Jahres. Bitte, so darf es weiter gehen. :-

Liebenswerte Kängurus

 

Normale Touristen wie uns gibt es auf diesem Zeltplatz keine. Nur Aussies, die am See ihre Kinder bespaßen. Alles, was es für Geld zu kaufen gibt, schwimmt am Seeufer. Boote knattern über den See.

Silvestervergnügen in Oz

Der Wanderweg am Ufer vom Lake Burrinjuck ist fein

Zur Quelle vom See verjüngt er sich Fjordartig mit vielen Windungen

Wir treffen auf einen ausgewachsenen Waran. Dieser ist ungefähr ein Meter fünfzig. In Ausnahmefällen erreichen sie über zwei Meter.

Die Krallen sind sicher sechs Zentimeter lang

 

Überraschender Weise erfolgt bereits Neujahr eine große Abreise-Welle. Vierzig Prozent der Gäste packt zusammen. Der Familienvater von vier Kindern neben uns fängt um 7:30 Uhr an. Die beiden Jüngsten sind zu klein, um zu helfen und die Teenager-Töchter kämmen ihr Haar oder trödeln anderweitig herum (Internet gibt es ja nicht). Um 13:00 Uhr ist alles verpackt und er fix und fertig. Er freut sich über ein Lob von uns, dass er erstaunlicher Weise alles wieder verstaut bekommen hat.
Am nächsten Tag reist die zweite Hälfte ab. Plötzlich haben wir ein riesiges Areal für uns alleine. Das macht uns für einen vierköpfigen Känguru Mob interessant. Mangels anderer Opfer, fallen sie bei uns ein, gerade als wir uns zum Frühstück hingesetzt haben. Was es bei uns zu essen gibt, interessiert sie mächtig. Es sind drei zierliche Weibchen, behütet von einem kapitalen Männchen. Langsam hüpfen sie näher und näher. Eigentlich wollten wir noch einen Brie aus dem Kühlschrank geholt haben, aber nun mag keiner von uns mehr aufstehen, um keine unnötige Aufmerksamkeit bei dem Männchen (in den Waschräumen wird tatsächlich auf Känguru-Übergriffe hingewiesen) zu erregen. Es geht auch mal ohne Käse.
Die Weibchen kommen zögerlich bis an den Tisch – während es sich der junge Mann lässig hinter Achim gemütlich macht. Wenn er so liegt, sieht er harmlos aus, aber dann steht er wieder auf und zeigt seine muskulösen Oberarme.
Wir haben schon entspannter gefrühstückt :mrgreen: – finden Kängurus aber trotzdem einfach liebenswert. Ob wir sie jemals satt haben, ist anzuzweifeln.

Die Dame mit ihren zarten Ärmchen ist harmlos

Mein Platz – meine Regeln

Wenn er aufsteht, sind seine Arme echt auffällig gegen die der Weibchen. Achim mag sich kaum noch umdrehen :lol:

 

*** Titel eines empfehlenswerten Buchs von Bill Bryson über Australiens Geschichte und Bräuche.

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