Giftig schöne Prony-Bucht

30.7. – 02.08.25, Neukaledonien/ Baie du Prony; Baie du Carenage , Tag 4.078-81, 29.230 sm von HH

Wir verlassen den äußersten Rand der Lagune und kehren zur Mutterinsel zurück. Erneut in die große Prony Bucht. Diesmal fahren wir tief in das verschlungene Gewirr dreier Flussmündungen ein.  Stärker könnte der Kontrast zur Trauminsel Pines nicht sein. Wir ankern jetzt inmitten der Mangroven in undurchsichtigem Wasser.

Flussmündungen in der Bucht von Prony – foto credit Rocket Guide New Caledonia.

Atanga im Flussgewirr.

Tief mäandern sich mehrere Flüsse und Bäche in die Bucht hinein.

Zwei weitere Boote liegen in der Bucht, eins ist unbewohnt auf dem anderen wohnt ein junges Kanak-Pärchen.
Das glattgezogene Wasser der Flüsse ist ideal für das Kajak. Tief können wir in Nebenarme und Buchten gelangen. Die Wälder sehen von der Wasserseite undurchdringlich aus, aber ein weit verzweigtes Netz an Mountainbike-Strecken zieht sich durch die Berge. Wir können an verschiedenen Stellen aussteigen und auf guten Wegen die verwinkelten Buchten durchstreifen.

Wunderbar geschützter Ankerplatz. Meisten herrscht Flaute.

Hier war es einfach an Land zu kommen.

 

Überraschend dann schon wieder ein Selfie mit Boot. ;-)

Eine heiße Quelle. Es gibt mehrere in der Bucht. Diese ist als Touristen-Super-Spot gekennzeichnet und über Schotterpisten mit dem Auto zu erreichen. Alles ist vermodert und wenig einladend.

Auffällig ist der Mangel von Vögeln und Insekten. Nicht eine Ameise trippelt auf dem Waldboden, selten huscht eine Eidechse ins Laub. Wir können im Schatten am Mangrovensaum sitzen und werden nicht gestochen. Was ist hier los? In Nouméa wurden wir von Mücken und Sandflies (Nonos oder ähnlichen Quälgeistern) noch gefressen.

Die Bucht von Prony ist giftig. Der Erdmantel, der normalerweise in 50 bis 100 Kilometer Tiefe beginnt, ist hier an die Oberfläche getragen worden. Das rote Gestein ist voll mit Schwermetallen, wie Nickel, Chrom und Kobalt. Dafür fehlt Kalium und Phosphor. Gewächse konnten sich an diese toxischen Bedingungen erfolgreich anpassen. Viele der hier wachsenden Pflanzen sind auf metallische Böden spezialisiert. Insekten waren da weniger erfolgreich. Sie glänzen durch Abwesenheit. Keine Insekten ==> keine Vögel, keine Echsen.

Ausgerechnet hier finden wir Kannenpflanzen, die Insekten fangen, um sich mit Nährstoffen zu versorgen, was ihnen mit dem schlechten Boden nicht gelingt.
Als ob es nicht sowieso schon zu wenig Insekten hier gibt.

Die Kanak haben hier nie gesiedelt. Sie haben die schlechte Struktur des Bodens erkannt. Yams wuchsen hier nicht. Die Bucht galt mit bösen Geistern bewohnt. Vielleicht gab es hier mehr Krankheiten oder die Frauen waren weniger fruchtbar.
Wir treffen auf Gilles. Er wohnt seit 1992 hier im Wald. Seit zwölf Jahren dauerhaft. Hat sich ein kleines Paradies aufgebaut, trinkt das Flusswasser und erfreut sich bester Gesundheit. Die Schwermetalle sind nicht wasserlöslich. Somit alles bestens.

Gilles hat unser Kajak von seinem Vorgarten aus gesehen und kommt in gewagtem Outfit, um sich uns als unser Touristen-Guide vorzustellen. Er hat viel zu erzählen über die Bucht. Auf der Insel geboren.

Bereits seit 1992 wohn Gilles hier mitten im Wald. Ein Wohnhaus, dazu ein extra Gebäude als Dusche und ein kleiner Solarpark. Alles tippitoppi in Schuss. Ein netter Kerl, der uns bereitwillig sein Grundstück zeigt.

Wenn man genau hinschaut, sieht man unser Kajak quer im Fluss verankert. Ganz im Hintergrund hat Gilles sein Haus- versteckt im Wald.

Süßwasser – trotz Schwermetalle trinkbar.

Vor 150 Jahren wurden die Berge entwaldet. Das nur 60 Kilometer entferne Nouméa war hungrig nach Holz. Der Wald hat sich wieder erholt, aber der Bucht wird durch Nickel-Abbau übel zugesetzt. 25 Prozent der weltweiten Nickelvorräte sollen hier noch unter der Erde liegen. Im Tagebau wird das Metall gefördert. Im Wesentlichen für die Edelstahl-Produktion und Lithium-Batterien.

Der humusarme Boden ist von Haus aus einer starken Erosion ausgesetzt. Der Nickelabbau sorgt für zusätzlichen Stress. Immer wieder kommt es zu Erdrutschen, die Laichgebiete verschütten. Beim Nickelabbau kommt Schwefelsäure zum Einsatz. Mehrere Säureleck-Unfälle hinterließen Umweltschäden. Kanak-Gruppen und Umweltverbände fordern strengere Kontrollen. Mit lauem Erfolg.

Überall wird etwas gegen die Erosion unternommen. Bäume gesetzt und für Bewässerung gesorgt.
Wir haben Gilles nicht gefragt, vermuten aber, dass er daran beteiligt ist. Er sprach von seinem riesigen Garten, den er betreut.

Übelste Schäden an der Straße über die man die Prony-Bucht erreichen kann.

Auf der Ostseite der Prony-Bucht liegt ein Teil der Nickel verarbeitenden Industrie. Es sieht giftig aus von Weitem. Aber wir wollen ja alle Edelstahl und Batterien haben.

Erosion. Menschengemacht und natürlichen Ursprungs. Der rote Boden hält keinen Humus.

Der Kontrast zwischen den grünen Hängen und der roten Erde ist schön anzusehen. Aber der Boden stammt direkt aus der Färber-Hölle. Beim Aussteigen aus dem Kajak versinke ich bis zur Wade im weichen, roten Schlamm. Nicht nur, dass er klebt wie frisch gespuckter Haferschleim, Fußnägel und Hornhaut dürften für Wochen orange verfärbt bleiben. Unsere Crocs geben die Farbe sicher nie wieder her. Erste Spuren sind trotz Schuhtüten im Cockpit zu finden. Die spontanen Verfärbungen sind der Wahnsinn.

Da fällt uns unser Anker ein. Er dürfte dick im roten Schlamm stecken. Wenn das Zeug aufs Schiff gerät. :shock: Wir möchten kein orangenes Deck. Ein vorsichtiger Test hat ergeben, dass das Flexiteek abweisend zu sein scheint. Trotzdem arbeiten wir gerade einen Plan aus, wie wir das Problem lösen, wenn wir Morgen diese spannend-giftige Bucht verlassen.

Matschige Landung. Hier war die Croc-Welt noch in Ordnung,

Bei Niedrigwasser kann man gut erkennen wie viel Sediment in die Bucht gespült wird. Stellenweise soll die Schicht einen Meter dick sein.

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Eine Gipfelwanderung unter untreuen Gefährten

  1. – 26. Juli 2025, Neukaledonien/Île des Pins; Baie de Kuto , Tag 4.073-4, 29.184 sm von HH

Direkt vor unserer Nase liegt der höchste Berg der Insel, der Pic N’Ga. Da wollen wir hin. Wir binden das Dinghy fest und stoßen schnell auf die kleine Hündin von neulich. Sie scheint versöhnt, dass wir sie stehen lassen haben und läuft wieder eifrig vor uns her. Da wir offensichtlich den Vormittag gemeinsam verbringen werden, geben wir ihr den Namen ‚Jacky‘.

Der Pic N’Ga von Bord aus gesehen.

Nach einem Kilometer erreichen wir den eigentlichen Wanderweg zum Berg. Jacky kennt sich aus. Sie läuft vorweg und kennt Abkürzungen, um schwierige Passagen zu umgehen. Der Weg ist steil. Jacky hechelt, wir hecheln. Aber sie wartet brav im Schatten, wenn wir eine Verschnaufpause machen.
Die Belohnung für die Kraxelei ist ein traumhafter Ausblick auf die Küste. Phantastisch.

Der Weg fängt harmlos an mit einer Dschungeltour.

 

Dann wird der Bewuchs spärlicher – Jacky immer dabei.

 

Kurz vor dem Gipfel war die Welt noch in Ordnung.

 

Atanga rechts – nur zwei Schiffe liegen aktuell in der Bucht

 

Die Gelegenheit hat man seltener als man denkt – Selfie mit Boot im Hintergrund.

 

Der Blick nach Osten ist ebenso schön.

Wir machen eine kleine Rast am Gipfelkreuz und überlegen, wie wir Jacky etwas von unserem Wasser abgeben könnten. Ohne recht eine vernünftige Lösung zu finden.

Nummer zwei am Gipfel – Jacky war die Erste.

Viel Geröll liegt auf dem Weg – ein etwas rutschiger Abstieg. An dieser Stelle verlässt Jacky uns.

Grade haben wir das Kreuz wieder verlassen, da hören wir Stimmen. Eine Familie kommt uns entgegen geschnauft. Kurzer Gruß, wir lassen sie passieren und gehen weiter. Jacky nicht. Jacky hat andere Pläne. Ohne einen Blick, einen Gruß dreht sie sich um und läuft hinter der Familie hinterher.  Treulose Tomate!
„Ich bin euch gar nichts schuldig“, wedelt der Schwanz zum Abschied. „Wer hat mich vor zwei Tagen einfach stehen lassen?“ Recht hat sie, ich rufe sie trotzdem noch einige Mal. Sie kommt nicht, ist ja klar, sie heißt ja wahrscheinlich gar nicht Jacky. Ohne Hund kommen wir zurück ins Dorf.

Am nächsten und letzten Tag unserer Woche auf der île des Pins laufen wir noch eine Runde um die Halbinsel an der östlichen Flanke unserer Bucht. Zuerst schauen wir, ob Jacky zu finden ist. Wo genau sie wohnt, wissen wir nicht. Keine Jacky. :cry:
Noch dreimal schauen wir am Dinghy-Dock vorbei. Sie ist bestimmt mit der Crew vom Katamaran unterwegs, versichern wir uns. Der schlaue Hund kennt alle Wege ganz genau.

Diese Halbinsel macht auch von unten Spaß.

 

Sie hat rundherum kleine Strände

 

Pandanuss-Bäume und Araukarien wechseln sich ab.

 

Panda Nüsse – Fußball groß – werden von den Kanak viel und gerne gegessen

 

Korallenkalk-Verkarstung – ein ehemaliges Riff wird jetzt unterspült.

 

Nach einer Woche sagen wir Au revoir zur île des Pines. Gerne hätten wir noch einmal Jacky gesehen.

 

Eine schmale Mondsichel kündigt eine neue Mondphase an. Eine tolle Zeit liegt hinter uns.

 

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Île des Pins – ein Inseltraum

  1. – 24. Juli 2025, Neukaledonien/Île des Pins; Baie de Kuto , Tag 4.070-2, 29.184 sm von HH

Die Lagune von Neukaledonien ist wirklich riesig. Bis zum nächsten Ziel sind es über vierzig Meilen. Ein Frühstart im Morgengrauen liegt an. Leider bleibt der versprochene Westwind aus, mit dem wir prima nach Süd-Osten hätten segeln können. Der Motor rattert.
Von Juli bis September kommen die Buckelwale aus der Antarktis in die Lagune. Wir sind unsicher, ob sie schon angekommen sind. Dann der Beweis. Dicht neben Atanga taucht ein kleines Tier auf. Leider holt der Wal nur zweimal Luft, dann taucht er wieder ab.
Hurra, das gibt Hoffnung auf weitere Sichtungen.

Eine halbe Stunde vor Ankunft auf der île des Pins kommt dann der Westwind. Plus dichtem Nieselregen. Die Ankerbucht verschwindet im Nebel. Wir schnappen uns eine der Mooring-Bojen und tütteln uns fest. Der Wind nimmt zu, ein unangenehmer Schwell läuft in die Bucht. Wir liegen auflandig, aber die Moorings machen einen sehr gut gewarteten Eindruck. Vertrauen ist alles im Leben.

Der nächste Tag bleibt grau und regnerisch. Wir legen einen Haushalts-Pflege-Tag ein und bleiben an Bord. Am zweiten Tag dreht der Wind auf Osten. Das Wasser ist wie im Ententeich. Die Sonne scheint. Und plötzlich verwandelt sich die Bucht in einen Swimmingpool. Türkis, soweit das Auge reicht. Das reicht bis zum schneeweißen Strand mit feinstem Sandkisten-Sand. Makellos im Halbkreis gearbeitet. Gesäumt von Palmen und den ulkigen Araukarien.  Der perfekte Südsee-Kitsch. Man gerät zwangsläufig in einen Foto-Rausch, denn unsere Bucht ist nur durch eine schmale Landzunge von einem zweiten Pool getrennt. Am Horizont sind kleine Inseln mit Sandstränden getupft. Schildkröten paddeln im Türkis. Perfekt!

Makelloser und muschelloser Sand in unserer Bucht. Meist auch noch menschenleer.

 

Kalkinselchen in der Bucht gegenüber.

 

Verlockend – leider nur 22,5 Grad.

 

Die perfekte Idylle

 

 

Nicht nur das Meer ist großartig. Auf der Landzunge die die Buchten trennt, wächst eine verwunschene Allee.

Nur ungefähr 2.000 Menschen wohnen auf der île des Pins. Davon liegen drei Duzend Wohnhäuser an der Dorfstraße direkt hinter dem Strand, außerdem ein kleiner Laden und ein Hotel. Das ist menschenleer. Wir wollen uns in der Rezeption nach einem Motorroller erkundigen und finden niemanden vor. Es ist unheimlich in einem leeren Hotel. Shining lässt grüßen: „Hier ist Johnny!“
Zwei Tage später treffen wir zwei junge Frauen aus Nouméa. Sie sind die einzigen Gäste im Hotel und bestätigen unsere Vermutung, es sei tatsächlich ein wenig gruselig.

Neben dem Hotel liegt ein Erholungs-Zentrum für Angehörige des französischen Militärs. Es riecht nach frisch gemähtem Rasen. Aber ebenfalls kein Mensch zu sehen.

Ein individuelles Hotel. Alles ist gut in Schuß, nur die Gäste fehlen. Erst Corona, dann letztes Jahr die Unruhen. Es braucht sicherlich noch eine Zeit, bis der Tourismus wieder Fahrt aufnimmt.
Ob das Hotel das überleben wird?

 

Das Hotel-Restaurant steht ebenfalls leer. Hochgekippte Stühle laden nicht zum Essen ein. Dabei liegt es direkt am Strand mit Blick auf das eigene Schiff.

 

Ein bis drei Nachbarn haben wir während unseres Aufenthalts. Nichts los zur Zeit auf der Insel. Vielleicht liegt es an der Wassertemperatur.

 

Am nächsten Tag wollen wir nach Vao. Dem einzigen richtigen Ort auf der Insel. Mittwochs ist Markt und ich hoffe auf ein paar Gurken und ein Baguette. Gleich neben dem Dinghie-Dock adoptiert uns eine kleine Hündin. Wir fragen sie, ob sie mit nach Vao möchte – immerhin sieben Kilometer – und sie läuft nickend und freudestrahlend vor uns her.
Schon nach ein paar hundert Metern hält ein Auto. Wir können wegen der recht weiten Strecke nicht widerstehen und steigen ein. Wir meinen, dass der Hund uns grummelig nachschaut.

Der Markt in Vao ist der kleinste, auf dem wir je gewesen sind. Zwei ältere Damen verkaufen Chayote und Papaya. Weder das eine, noch das andere möchten wir haben beziehungsweise schleppen.
Vao selber ist total niedlich. Wahrscheinlich zu 100 % von Kanak bewohnt. Man soll auf der île des Pins kein Land kaufen oder mieten können. Acht verschiedene Stämme teilen sich die kleine Insel, grad mal 18 mal 14 Kilometer groß.
Es ist so typisch Südsee. Nichts erinnert mehr an das französische Nouméa. Folglich bekommen wir auch kein Baguette.
Den Rückweg laufen wir zur Hälfte zu Fuß und dann hält erneut ein Auto und bringt uns nach Kuto zurück.

Typisch Südsee: wenig Verkehr und eine dominante Kirche. Alles geht geruhsam zu.

 

Statue für den heiligen Mauritius, die zum Gedenken an die Anladung der ersten Missionare errichtet wurde. Eingerahmt von heidnischen Totem. Ein schöner Mix.

 

Besser kann man einen Platz für ein Denkmal nicht wählen.

 

Vao ist schmuck – überall gibt es die auffälligen Zäune aus verwitterten Stämmen.

 

 

Unseren Hund sehen wir wieder am nächsten Tag. Er läuft jetzt mit anderen Seglern. Wir werden ignoriert. Gemeinsam sind sie auf den Weg zum alten Gefängnis von dem wir gerade zurück kehren.
Zwischen 1864 und 1922 betrieb Frankreich ein Netz von mindestens zwanzig Straflagern in Neukaledonien. Auf die île des Pins wurden politische Gefangene eingesperrt. Die Gebäude sind weitestgehend überwuchert und dem Verfall überlassen.

Die Vorderseite ist noch halbwegs intakt – die Wand der Rückseite wölbt sich schon gefährlich nach außen.

 

Einstürzende Altbauten – die Hände über dem Kopf :lol:

 

Der alte Wasserturm ist noch in Betrieb. Versorgt das Dörfchen in der Baie Kuto mit Wasser. Gebaut 1874/1875.

 

Dieses auffällige Haus gehörte einst dem Gefängnisarzt. Es steht neben dem Dinghy-Dock und gehört heute der Gendarmerie.

 

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Die wundersamen Araukarien

21.Juli 2025, Neukaledonien/Île des Pins; Baie de Kuto , Tag 4.069, 29.184 sm von HH

„Wenn du die Bäume nicht mehr siehst, bist du zu weit draußen.“ Dieser Warnung soll früher den Kanak mitgegeben worden sein. Auf Ausflügen mit ihren Auslegerbooten in die riesige Lagune. Mit ‚die Bäume‘ sind die auffälligen ‚Pins‘ gemeint, die überall in Neukaledonien herum stehen.  James Cook hat sie als erster Europäer entdeckt und fälschlicher Weise für Kiefern gehalten. Die falsche Bezeichnung ‚Pins‘ ist in den Sprachgebrauch übergegangen. Dabei handelt es sich nicht um Kiefern, sondern um eine Araukarien Art, die nur in Neukaledonien heimisch ist. Die ‚Araukaria columnaris‘.

Mit üblichen dreißig Metern – selten sogar bis sechzig Meter – sind die Araukarien tatsächlich schon gut von weitem zu sehen.
Ein seltsamer Baum. Rank und senkrecht reckt er sich in die Höhe. Die Äste sind horizontal ausgerichtet und bilden eine symmetrische Krone. Fast wie Säulen oder Pfeiler.

Gute Landmarken – auch bei Nieselregen und tief hängenden Wolken.

Egal, wo die Säulen-Araukarie außerhalb Neukaledoniens gepflanzt wird, zeigen die Bäume eine auffällige Neigung. Immer Richtung Äquator. Auf der Nordhalbkugel neigen sie sich nach Süden. Auf der Südhalbkugel entsprechend nach Norden. Es sind immerhin Neigungen von 8 bis 10 Grad, während die Araukarien in Neukaledonien wie ein Pfahl senkrecht in den Himmel zeigen.
Das ist umso erstaunlicher als Neukaledonien sich auf 22 Grad Süd befindet. Somit gäbe auch hier allen Grund für die, den scheinbar Äquator liebenden Bäume, in Schieflagen zu stehen. Fehlanzeige.
Der Grund für diese in der Baumwelt einmalige Regelwidrigkeit ist nicht geklärt. Licht- und Schwerkraftwahrnehmung. Geotropische oder heliotrope Reaktionen auf Sonnenverläufe, die genetisch programmiert sein sollen. Das klingt nach ‚in-echt-haben-wir-keinen-blassen-Schimmer‘.

 

Blick auf die schöne Bucht Katu auf der Ile des Pins – wie überall säumen Araukarien die Küstenlinie.

 

Keine Schönheit – erinnert eher an eine Flaschenbürste. In der Masse sind sie imposant.

Kurze Zweige sind dicht mit Schuppenblättern besetzt. Was sich wie raue Katzenzungenanfühlt sind also keine Nadeln.

Für Nachschub wird gesorgt. Nur über Saat möglich. Stecklings-Vermehrung funktioniert nicht.
Ein echter Dinosaurier unter den Pflanzen – geschätzte 150 Millionen Jahre alt sollen diese Araukarien sein.

 

Für die Kanak ist die Säulen-Araukarie kein Nutzbaum im klassischen Sinne. Für die Schnitzerei ihrer Pfeiler oder Totems, die man überall in Neukaledonien als schmückende Elemente sehen kann, ist die Araukarie nicht geeignet. Sie ist zu weich und harzhaltig.
In vielen Stämmen der Kanak symbolisiert der aufrechte Wuchs ‚den rechten Weg‘ und die Würde des Clans. Oft steht eine einzelne Araukarie vor der Hütte des Stammes-Chefs und ist tabu. Wer sie beschädigt, begeht eine schwere Respektlosigkeit. In manchen Regionen dürfen nur bestimmte Stammes-Linien Araukarien pflanzen. Für die Kanak sind diese Bäume häufig spiritueller Richtungsgeber  –  die Achse zwischen Himmel und Erde.
Oder eben auch Wegweiser, wenn man zu weit in die Lagune hinaus gefahren ist.

Allgegenwärtige Totems

Meistens aus einem Baumstamm geschnitzt.

Auch in Nouméa im Park und an den Promenaden zu finden – hier tanzende Wale.

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Die Lagune von Neukaledonien

15.-19.Juli 2025, Neukaledonien/Baie de Prony/Îlot Casy, Tag 4.063/-67, 29.142 sm von HH

Neukaledonien hat die größte Lagune der Welt. 24.000 Quadratkilometer. Das ist so groß wie Mecklenburg-Vorpommern. Da man sich nichts darunter vorstellen kann: das entspricht der Fläche von 200 Millionen Familienpizzen. Pizzakruste von Paris bis Istanbul. Ziemlich groß also. :mrgreen:
Diese Fläche ist Herberge von 1.600 Kilometer Riff. Nummer zwei in der Welt nach dem großen Barriere-Riff in Australien.

Das wollen wir uns genauer ansehen und verlassen die Marina. Weit fahren wir nicht. Um zu testen, ob alles gut funktioniert, werfen wir den Anker in einer beliebten Bucht gleich um die Ecke von Nouméa. Heute ist keiner da, wir liegen alleine und verbringen bei totaler Flaute eine ruhige Nacht am Anker. Unser erstes Ankermanöver nach ein-dreiviertel Jahren. Ein sehr schönes Gefühl in einer geschützten Bucht sanft zu wiegen.

Am nächsten Morgen hält die Flaute an. Wir beschließen, das auszunutzen und motoren 30 Meilen Richtung Süd-Osten. So einfach gegen die vorherrschende Windrichtung Strecke zu machen, das kommt nicht so häufig vor.
Die Fahrt ist abwechslungsreich vor imposanter Kulisse.

Inselchen vor der beeindruckenden Kulisse der Hauptinsel.

Hier macht das Umherschippern Spaß.

In der großen ‚Baie de Prony‘ schnappen wir uns eine Mooring vor der kleinen Insel ‚Casy‘. Was für ein idyllischer Platz. Wieder sind wir ganz alleine. Dazu kommt, dass sowohl Casy als auch die Westseite der Bucht unbewohnt sind. Nur unser Ankerlicht scheint in tiefschwarzer Nacht.

Bequem kommen wir mit unserem aufblasbaren Kajak — unserem ‚Waka‘, polynesisch für Kanu — an Land. Es gibt einen Wanderweg einmal um die Insel herum. Der ist stellenweise etwas überwuchert und durch Erosion weggespült, aber noch zu finden.
Die ‚Îlot Casy‘ hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Zuerst war sie 1850-1860 Marinestützpunkt. Dann wurde sie von den Angestellten des Straflagers, was sich auf dem Festland befand, bewirtschaftet. Etwas Gemüseanbau und eine komplette Entwaldung fanden bis 1900 statt. Gefolgt von Probe-Grabungen, die nach Nickel suchten. Diese Buddelei hat hässliche Wunden in die Insel gerissen. Der Rest ist wieder komplett bewaldet.

Der Steg im Hintergrund ist halb morsch. Aber es gibt genug Strand zum bequemen Anlanden.

Das Dinghi kann an Deck bleiben.

Stellenweise sind die Wege stark überwuchert.

Liebliche Ostseite.

Probegrabungen nach Nickel haben ihre Spuren hinterlassen. Ist die Erosion mal in Gang …

Araukarien wachsen schlank und senkrecht.

Der letzte Versuch auf der Insel zu wohnen, war eine kleine Eco-Lodge. Der Betreiber gab seinen Gästebetrieb allerdings 2004 wieder auf und verließ die Insel.
Ihm gehörte ein Hund namens Mouss. Und Mouss dachte gar nicht daran, mit ihm zu gehen und die Insel zu verlassen. Mehrere Versuche seines Besitzers schlugen fehl. Mouss sprang immer wieder von Bord und schwamm zur Insel zurück.
Schließlich wurde er alleine auf der Insel zurück gelassen. Er ernährte sich von Ratten, Krebsen und lernte Fische zu fangen. Schnell wurde er zum Liebling von Seglern, die vor Casy ankerten. Mouss machte sich selber zum Inselguide und führte Besucher über die Pfade. Immer vergewisserte er sich, dass man ihm auch wirklich folgte. Er soll so gewitzt gewesen sein, dass er tat, als ob er sich verirrt habe, wenn ihm die Spazierrunde zu kurz erschien.           Als Belohnung für seine Dienste gab es Hundefutter und Reis. Mouss war der heimliche Star von Casy.
Seine Beliebtheit führte so weit, dass genug Geld gesammelt werden konnte, um einen fliegenden Tierarzt zu bezahlen als Mouss nach fünf Jahren krank und schwächlich wurde. Regelmäßig schaute bis zu Mouss Tod ein Arzt bei ihm vorbei. Schließlich starb Mouss 2017 – eine kleine Gedenktafel am Strand hält sein Ansehen in Erinnerung.

Wir bleiben drei Tage und laufen mal rechts, mal links herum über diese hübsche Insel.

Ruhiges Wetter alle vier Nächte. Die Moorings scheinen in gutem Zustand und schützen die Korallen.

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