Archiv der Kategorie: Kanaren

Folklore in Santa Cruz

So., 28. Jun.15, La Palma, Tag 393, 2.587 sm von HH

Zu Beginn der Semana Chica wird nicht nur die Flagge der Jungfrau gehisst, sondern auch ihr Thron wird in die Hauptstadt getragen.
Dieser Thron wiegt zwei Tonnen und ist aus purem, mexikanischem Silber gefertig. In 42 Einzelteilen wird er in einer feierlichen Prozession heruntergetragen und in den nächsten Tagen wieder aufgebaut. In einer Woche nimmt dann die Jungfrau darauf Platz.

Santa Cruz hübscht sich weiter für diesen Festakt auf: Mit Farn geschmückte Torbögen zieren die Gassen. Rote Fußwege an der Marina werden neu gestrichen, alle Fahrbahnmarkierungen neu getüncht, Einheimische tragen T-Shirts mit „Bajada 2015“ und die Frauen entsprechenden Schmuck um den Hals.
Alle Verkäuferinnen im Supermarkt haben ein Bajada-Käppi auf, es gibt Bajada-Wein und Bajada-Brot. Jeden Tag hängen mehr Fähnchen, Banner und Flaggen in der Stadt.

Aus jedem Fenster, von jedem Balkon hängen seit heute Tücher herab.
Diese sind entweder schlicht oder geschmückt mit Brot, Milchkannen, Schuhen oder sonstigen Haushalts-Gegenständen. Offizielle Gebäude hängen mit Wappen bestickte Tücher an die Balkone.

Zusätzlich zu den Fähnchen füllt sich Santa Cruz so langsam mit Besuchern.
Es werden zwischen 40.000 und 80.000 (je nach Quelle) Gäste erwartet. Überwiegend sind dies Palmeros, die in der Ferne ihr Glück gesucht haben. Die Bajada nehmen sie zum Anlass aus Venezuela, Kuba und Kolumbien anzureisen und die Familien zu besuchen.
Unser Hafenmeister erwartet ebenfalls seine Verwandtschaft aus Übersee.

Die Thron-Prozession begleiten bestimmt 70 Prozent der Palmeros in Trachten.
Auch die ganz Kleinen müssen schon herhalten.
Alle flanieren durch die Straßen, hier und da wird Gitarre gespielt und uns kommt es vor wie im Mittelalter.
In der herrlichen Kulisse der Altstadt fügen sich die Trachten mit den vielen Fähnchen hübsch zusammen.

Die Flagge der Virgen de las Nieves

So., 28. Jun.15, La Palma, Tag 393, 2.587 sm von HH

Heute fangen die Feierlichkeiten der Bajada in Santa Cruz erst richtig an. Alles was die letzten Tage stattgefunden hat, war nur müdes Vorgeplänkel.

Heute ist Beginn der Semana Chica, der kleinen Woche.

Für uns war das Vorgeplänkel sehr angenehm:
Dadurch dass die Bühne direkt vor der Marina aufgebaut ist, werden wir fast jeden Abend unterhalten.
Mit klassischer Musik, mit Folklore oder einen Schlager-Barden. Der allerdings war ganz furchtbar und wollte gar nicht wieder aufhören zu singen.

Wahlweise findet auch eine White-Moon-Night statt mit fünf DJ‘s und utz-utz-Musik bis morgens um 5:00 Uhr.
Uns stört das nicht. Hinten in der Achterkoje bekommen wir nicht viel mit. Oder Achim greift sich einen Ohrstöpsel.

Wenn wir etwas sehen wollen, brauchen wir nur auf die Terrasse vom Hafen-Büro zu gehen und haben einen feinen Blick auf das aktuelle Geschehen.
Es gibt nämlich auch etwas fürs Auge: Freestyle Motocross Künstler drehen ihre riskanten Salti.

Offiziell beginnt die Bajada Santa Cruz durch Hissen der Flagge

Das Banner der Virgen de las Nieves wird nur alle fünf Jahre aus dem Schrank geholt. Für die Zeit der Bajada weht es hoch über der Stadt auf dem Castillo.
Zunächst wird das Banner aber gesegnet und dann feierlich von der Kirche zur Burg getragen.

Alle möchten bei diesem Transport dabei sein. Geistliche und Weltliche möchten einmal eine Ecke des überdimensionalen Tuches tragen. Einmal anfassen, einmal mit dabei sein.
Nur durch viel Selbstdisziplin kann verhindert werden, dass der Lappen in 1.000 Stücke reißt.
Polizei und Sicherheitskräfte passen zusätzlich auf.

Als dann unter Kanonenschüssen das Banner gehisst wird, müssen wir uns die Augen reiben.
Sah das Tuch, was eben noch getragen wurde, nicht ganz anders aus?
Ein Blick auf die Speicherkarte bestätigt die Annahme.
Ob das eine Vorsichtsmaßnahme ist, die jenes Zerreißen des kostbaren Originals verhindern soll? Welches Teil wurde nun feierlich gesegnet?

Achim vermutet, dass die Fälschung ein Briefumschlag ist in dem das Original transportiert wird.
Vergrößerungen unserer Bilder zerschlagen diese Theorie.
Das gehisste Original war schon auf der Burg, bevor die Fälschung dorthin getragen wurde. Auch das ist klar auf unseren Bildern zu erkennen.
Vielleicht gibt es einen Tunnel in dem das Original unterhalb der Stadt zur Burg gebracht wird?

Sämtliche Recherchen verlaufen im Nichts.
Weiß jemand etwas darüber, warum es zwei Banner gibt?

Regatta Lustral

Fr./Sa., 26./27. Jun.15, La Palma, Tag 391/2, 2.587 sm von HH

Ein Teil der Feierlichkeiten der Bajada Santa Cruz ist eine zweiteilige Regatta.

Die „regata lustral“ de La Palma

Der erste Abschnitt ist ein Rennen von Santa Cruz de Tenerife nach Santa Cruz de La Palma.
Es sind 50 Yachten für diese Regatta eingeschrieben und knapp 40 davon treffen am Morgen in der Marina ein.

Mit den Yachten kommen zusätzlich 250 Herren im Hafen an. Regatta-Frauen entdecke ich nur zwei.
Nach der verschlafenen Zeit mit unbewohnten Schiffen ist das eine angenehme Abwechslung und bringt ein wenig Leben in die Bude.

Bei den Crews handelt sich nicht um junge, coole Helden eines Volvo Ocean Races, sondern überwiegend um Herren mittleren Alters.

Das Benehmen einiger Kerle lässt leider zu wünschen übrig. Dieses rüde Verhalten kann ich nur mit rüdem Ton beschreiben:
Statt die Toilette aufzusuchen wird sich mitten im Hafen neben die Boote gestellt und vom Steg aus an die Bordwand gepinkelt. Es wird zwar nicht das Schiff getroffen, aber womöglich lässt die Zielgenauigkeit mit fortschreitendem Bierkonsum nach.
Ich mag mir nicht vorstellen, wenn im Dunkeln Schiffe verwechselt werden und es auf einmal neben uns plätschert.

Auf dem Nachbarschiff turnt einer, nur mit weißer Feinripp-Unterhose bekleidet, an Deck herum und befreit sein Schiff von Salzwasser. Die Unterbüx ist pitschnass und so kann sich seine Kimme deutlich sichtbar abzeichnen. :shock:

Ein anderer steht in grünen Shorts auf dem Vorschiff und kratzt sich genüsslich die Eier.

Hallo! Das ist er, der Untergang des Abendlandes.

Wir beide können die Spanier gut leiden und mit ihrer etwas ruppigen, direkten Art sind sie unkompliziert und leicht zu nehmen. Darüberhinaus sind sie sehr aufmerksam und ungemein hilfsbereit.
Aber die Herren pissen gerne mal an Häuserwände oder was ihnen sonst so als Pfahlersatz gelegen kommt. An vielen Ecken riecht es wie in einem Urinal.
Das ist unangenehm und verbesserungsfähig. :-)

Regatta lustral

Die kleine Regatta am nächsten Morgen fällt leider wegen zu viel Wind ins Wasser.
Erst wird der Start verschoben und eine Handvoll Schiffe läuft mit zwei Stunden Verspätung aus. Aber final wird das Rennen dann doch abgebrochen.
Das ist sehr schade, da die Rennstrecke genau an der Hafeneinfahrt entlangführt und wir eine bombige Sicht auf das Geschehen haben.

Viele segeln also gleich nach Hause und kehren gar nicht mehr in die Marina zurück.
Somit ist an Tag zwei schon wieder stiller in Santa Cruz.

Die Caldera – Ein überraschender Aussichtspunkt

Di., 23. Jun.15, La Palma, Tag 388, 2.587 sm von HH

An unserem letzten Tag mit dem Leihwagen, erleben wir noch eine Überraschung.
Und das, obwohl wir die hochalpine Strecke am Rande der Caldera bereits zweimal gefahren sind.

Ein Blick in die Caldera am Roque de los Muchachos

Es gibt genau drei Straßen auf La Palma auf denen die Insel in Ost-West-Richtung gequert werden kann.
Die spektakulärste Straße ist die Caldera-Route in 2.300 Meter Höhe. Hier befinden sich die Observatorien und die endemischen Natterköpfe.

Ich bin meistens Beifahrerin und plane und recherchiere unsere Ausflüge. Somit darf ich unterwegs die entsprechenden Kommandos geben: „Jetzt rechts, im nächsten Ort links“ oder „stopp, anhalten, Sehenswürdigkeiten-Alarm.“
Diese Anweisungen werden meistens willig befolgt. ;-)

Jeder Reiseführer und Reise-Blog erwähnt die Caldera Straße.
Natürlich erwähnt jeder Reiseführer und Reise-Blog die Caldera Straße. Hat man doch von hier aus den besten Blick in den Schlund des riesigen Vulkans.
Es wird auch immer eifrig auf den Mirador Roque de los Muchachos hingewiesen.
Dass dieser sich am Ende einer kurzen Stichstraße oberhalb der Observatorien befindet, steht allerdings nirgends (oder ich habe es die ganze Zeit überlesen). Für mich machte es den Eindruck, diese Straße bedient nur die Sternegucker.

Als wir heute wieder an dieser Stichstraße vorbeikommen, habe ich eine Eingebung: „Jetzt rechts“!
Ein gut besuchter Parkplatz, Infohäuschen, Infoschilder, ein gepflasterter Fußweg zum Mirador und ein einmaliger Ausblick in die Caldera erwarten uns.

Zwar müssen wir dafür ein Stück wandern (gehen in der Landschaft), was wir heute auf gar keinen Fall machen wollten. Aber so kommen wir doch noch in den Genuss des besten Ausblicks von La Palma. :-)

La Fajana

So schön wie La Palma ist, so hat diese Insel doch einen kleinen Makel.
Es gibt nur wenige Straßen, die ans Wasser führen. Der Norden hat, außer Wanderwegen, nur zwei Stück vorzuweisen.

Wir fahren in La Fajana ans Meer.
Dort gibt es einige Meerwasser-Schwimmbecken, die bereits seit 1976 als Schwimmbecken dienen. Zuvor wurden diese von den Einheimischen als Waschstelle genutzt. Mittlerweile haben sich aber zwei Appartement-Häuser, ein Campingplatz und ein Restaurant dazu gesiedelt.

Besonders einladend wirkt der kleine Naherholungsort auf uns allerdings nicht.
Auf den Kanaren wird überall mit viel Aufwand jeder Kreisel und jeder Aussichtspunkt mit großem Aufwand verschönert und bepflanzt.
Aber eine der wenigen Stellen an denen man das Meer erreicht, wird so vernachlässigt.
Das finden wir sehr schade.

 

Cascada de Colores – Wanderung im Flussbett

Mo., 22. Jun.15, La Palma, Tag 387, 2.587 sm von HH

„Wandern ist eine Form des weiten Gehens über mehrere Stunden. Wandern ist Gehen in der Landschaft.“
Was bei Wiki so lapidar einfach klingt, trifft auf unseren heutigen Ausflug nicht zu.

Unser Ziel ist die Cascada de Colores in der Caldera de Taburiente.

Um dorthin zu gelangen müssen wir sechs Kilometer dem Barranco de las Angustias -der Schlucht der Todesängste- folgen.
Nach starken Regenfällen ist dieser Weg gesperrt, da es in der engen Schlucht kein Entrinnen vor heran rauschenden Wassermassen gibt. Die gesamte, riesige Caldera entleert sich dann über diese Schlucht.

Wassermassen sind heute nicht unser Problem.
Wir finden den Rio de Taburiente als ein schmales Bächlein vor. Über weite Strecken folgen wir dem langsam ansteigenden Flussbett. Häufig ist es erforderlich die Bachseite zu wechseln, um trockenen Fußes weiter zu kommen. Wir queren den Bach mit größeren Sprüngen oder suchen uns über Trittsteine einen Weg auf die andere Seite.
Eine ist schweißtreibende Angelegenheit! Schatten Fehlanzeige!

Zeitweise verläuft der Weg auch 20 bis 30 Meter oberhalb der Schlucht.
Natürliche Hindernisse, wie glattgeschliffene Felsen an Stromschnellen, verhindert an einigen Abschnitten ein Weiterkommen am Bach. Außerdem existieren zwei Staustufen, da das Wasser des Taburiente für die Trinkwasser und die Bewässerung der Bananen-Plantagen genutzt wird.

Somit ist es wichtig, dass wir die weiß-gelben Markierungen nicht übersehen, die eine Nebenstrecke markieren. Denn zurück laufen möchte keiner von uns.
Ärgerlicherweise passiert es uns dann doch zweimal.

Diese Nebenstrecken sind ebenso schweißtreibend. Verdoppeln sich wahrscheinlich doch mal eben die zu erklimmenden Höhenmeter.

Kurz bevor wir unser Ziel erreichen, wird der Rio Taburiente noch so breit, dass wir nur barfuß auf die richtige Seite gelangen. Springen unmöglich.

Schon kurz danach kommen wir an die Stelle, wo sich der klare Taburiente mit dem gelben Almendro Amargo vereint.


Und dann ist es nicht mehr weit und wir stehen vor der knapp 10 Meter hohen, bunten Kaskade, der Cascada de Colores.
Eine Sackgasse, die nur über das kleine, gelbe Bächlein zu erreichen ist.
Sehr mystisch und idylisch ist der Ort. Da fällt es auch nicht negativ auf, dass es sich um eine künstliche Staustufe handelt.
Die mineralischen Ablagerungen sind es auf jeden Fall echt. Die stammen aus dem vulkanischen Inneren der Caldera.

Nach kurzer Mittagspause machen wir uns auf den Rückweg und benötigen für die zwölf Kilometer hin- und zurück knapp fünf Stunden.
Wir sind fußlahm, staubig und durstig. Unsere Wegzehrung von drei Liter Wasser ist getrunken, aber im Auto finden wir in einer Flasche noch einen Rest Wasser. Dies ist zwar kurz vorm Kochen, aber egal, löscht auch den Durst.

Diese Wanderung ist großartig, hat uns viel Spaß gemacht und wir empfehlen sie unbedingt weiter.
Aber diese Wanderung ist kein Sonntagsspaziergang und weit davon entfernt ein „Gehen in der Landschaft“ zu sein.