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Zwergen-Aufstand

Do., 09. Jul.15, La Palma, Tag 404, 2.587 sm

Nein, dies ist kein Aufstand kleinwüchsiger Märchenfiguren, sondern der Aufstand, der auf La Palma um die Zwerge gemacht wird. Die absolute Hauptattraktion alle fünf Jahre während der Bajada ist

Der Tanz der Zwerge – Danza de los Enanos

Zwerge auf T-Shirts, Zwerge als Schmuck, Zwerge als Schlüsselanhänger, Magnet oder als Leuchtreklame. Zwerge, soweit das Auge reicht; Zwergenplakate und Zwerge als Gartenzwerge.

Die Zwerge mit dem großen Napoleon-Hut sind das Wahrzeichen von La Palma. Auch in normalen Jahren. In einem Bajada-Jahr wir auf alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, ein Zwerg gedruckt.
Das Ganze geht so weit, dass der Zwerg als Warenzeichen geschützt ist. Jeder, der mit den Zwergen Werbung machen will, der muss einen Obolus an die Stadt entrichten.


Den Tanz der 24 Zwerge gibt es seit 2 Jahrhunderten. Die Polka zu der sie tanzen, ist erst seit knapp 100 Jahren fester Bestandteil des Auftritts.
Tanzende Männer mit Umhängen verschwinden hinter einem Vorhang und tauchen blitzschnell als Zwerge verkleidet wieder auf.
Mit einer um den Bauch geschnallten schweren Holzmaske, Kopf und Arme im Zweispitz versteckt, führen sie zu eigenwilligen Polka-Rhythmen magisch-mystische Tänze auf, was wegen der begrenzten Bewegungsfreiheit der Beine eine wahre Kunst ist.
Die Illusion, dass es sich um Zwerge handelt, wird dadurch erzeugt, dass die Maske mit Kopf und Hut bis zur Körpermitte reicht.
Das Geheimnis des mehrstündigen Ankleidens, um die Verwandlung vollziehen zu können, ist wohl gehütet.

Der Zwergentanz ist derart populär, dass es mehrere Vorstellungen gibt. Von unserem Stammplatz auf der Terrasse im Hafen sehen wir leider nichts. Wir klettern zu anderen Zaungästen auf ein Fahnenmast-Podest und können ein paar kurze Momente erhaschen.

Nach der letzten Vorstellung kommen die Zwerge auf die Straße und tanzen dort weiter. Die Tradition will es, dass sie bis zum Morgengrauen durchtanzen müssen.
Diese Sensation wollen wir auf keinen Fall verpassen.
Die letzte Vorstellung ist erst um 1:30 Uhr und damit wir nicht auf Atanga einschlafen, mischen wir uns bereits um Mitternacht unters Volk.

Die Straßen sind zum Bersten voll mit Menschen. Hinter Absperrungen in den Altstadt-Gassen haben sie es sich gemütlich gemacht. Kühlboxen, Klapphocker oder Isomatten, Essen und Trinken, alle sind dabei. Ganze Familien mit Oma und den Kleinsten im Kinderwagen.

Hinter den Absperrungen gibt es noch genügend Plätze, die frei sind. Somit schlendern wir von einer Ecke zur nächsten, um einen guten Platz zu finden. Ein Gespräch zwischen Vater und Sohn macht uns stutzig: Papa erklärt dem Kleinen, dass die Zwerge um 5:00 Uhr erscheinen werden. Wir glauben an einen Hörfehler, ist doch die letzte Vorstellung um 2:00 Uhr zu Ende.

An unserem finalen Standort füllen sich die Reihen.
Selbst um 1:00 erscheinen die Schaulustigen noch mit Klapphockern. Warum eigentlich? Muss doch nun bald losgehen… Zu hören oder zu sehen ist allerdings nicht recht was.

Ich sichere unseren Standort während Achim auf die Pirsch Richtung Bühne geht, wann mit dem Zwergen-Aufstand zu rechnen ist. Ich komme mit unserer Steh-Nachbarin ins Plaudern.
Alles verstehe ich nicht, aber ihr resigniertes „Zeit, viel Zeit“ kommt bei mir an.
„Ja , wann kommen denn die Zwerge“, frage ich sie? Sie bleibt ganz cool: „5.00 Uhr, vielleicht 5:30 Uhr“.
Waaas, nein, wir glauben es nicht. Überall ist zu lesen, dass sie die ganze Nacht tanzen… Was hält die Zwerge nach ihrem letzten Auftritt auf??

Wir beschließen kurzentschlossen, dass dies das Geheimnis der Palmeros und Zwerge bleiben soll. Um 2:00 verlassen wir die Versammlung und gehen nach Hause. Dort trinken wir noch ein Glas Wein, können die Polka-Klänge der letzten Vorstellung hören, es ist 3.00 Uhr, und lassen Zwerge, Zwerge sein.

Menuett – ganz nett

Mi., 08. Jul.15, La Palma, Tag 403, 2.587 sm

Als einer der Top-Acts unter den Bajada-Veranstaltungen gilt

Danza de Minué

Es handelt sich um eine Tanzveranstaltung in den ausschweifenden Rokoko-Kostümen und gepuderten Perücken des 18. Jahrhunderts. Dieser Tanz ist seit den 40er Jahren ein fester Bestandteil der Bajada.

Es gibt zwei Vorstellungen am Abend. Beide sind ausverkauft und auf unserer Marina-Terrasse stehen die Schaulustigen dicht gedrängt. Aber ebenso gedrängt wie die Leute an der Balustrade stehen, desto schnell verlieren sie auch das Interesse und machen den Blick frei. Auch wir sind nur mäßig begeistert, um es charmant zu formulieren.

Die trippelnden Tanzschritte der 25 Paare sind für uns langweilig. Wir erkennen keine Choreographie oder Geschichte. Außerdem ist von der Musik, ein Menuett aus dem Jahre 1980, auf unserem Platz nicht viel zu hören. Somit machen wir es den Spaniern gleich und ziehen bald von dannen.

Verlust der Nacht

Di., 07. Jul.15, La Palma, Tag 402, 2.587 sm

Was nach einer spannenden, durchzechten Nacht bis zum Verlust der Muttersprache klingt, ist leider deutlich nüchterner: Es handelt sich um die Lichtverschmutzung während der Bajada.

Lichtschutz auf La Palma

Es gibt auf La Palma bereits seit 1988 ein Gesetzt zur Verhinderung der Licht-Verschmutzung. Ursächlich dafür verantwortlich ist das in den Bergen angesiedelte Observatorium.
Der Schutz für die Sternegucker geht sogar so weit, dass die Unesco (wer auch sonst?) auf La Palma das weltweit erste Starlight-Reserve zertifiziert hat.

Auf der gesamten Erde hat die Lichtverschmutzung extrem zugenommen.
Der Spruch, dass man die Hand nicht vor Augen sieht, stammt aus einer Zeit der Kutschen.
Der hellste Ort, der in einer Studie gemessen wurde, ist das niederländische Schipliuden. Dort leuchtet der Himmel 10.000 Mal heller als am dunkelsten Ort, Kitt Peak in den USA.

Menschen, die in Ballungs-Zentren leben, kenne gar keine dunklen Nächte mehr. Mit Glück kann man dort noch ein paar der hellsten Sterne erkennen.

Auf La Palma helfen gegen die Lichtverschmutzung nach unten strahlende, orange Straßenlaternen. Diese leuchten ohne Sicherheitsverlust für Autos und Fußgänger. Leuchtreklame unterliegt strengen Regeln. Genau genommen findet man in Santa Cruz kaum Beleuchtung an Geschäften, Bars oder Restaurants.

Mit diesem Schutz der Dunkelheit ist nun vorbei.
Zumindest für kurze Zeit. Die Bajada fordert ihren Tribut.
Die gesamte Stadt ist illuminiert, mit Leuchtgirlanden geschmückt und bestrahlt. Hoffentlich nehmen die Astronomen ebenfalls an den Feierlichkeiten teil, dann kann sich an den bunten Girlanden keiner stören.
Und nach der Bajada ist die Licht-Sauberkeit für die nächsten fünf Jahre wieder hergestellt.

Pandorga de Santa Cruz

Mo., 06. Jul.15, La Palma, Tag 401, 2.587 sm

Heute studiert die desaströse Reiseleitung :cry: die Programmhefte richtig:
Wir sind somit zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Laternenumzug – der Beginn der Semana grande

Die Pandorga gibt es bereits seit fast 200 Jahren und wird überall als die Attraktion für Kinder beschrieben.
Von wegen!
Kinder dürfen bei diesem Umzug auch mitlaufen, aber die meisten Laternenträger sind Erwachsene. Einige haben ein Alibi-Kind an ihrer Seite. ;-)

Und es sind Hunderte Träger, die mit selbst gebastelten Laternen durch die Straßen ziehen. Es scheint, dass es Rohlinge, die die Form der Laterne vorgeben in vier, fünf Varianten zu kaufen gibt. Aber die Gestaltung aus buntem Pergamentpapier, Fähnchen und Krepp, Glitzern, Stickern und Schleifen ist absolut individuell: Frösche, Vögel, Schmetterlinge und Schweine, die gesamte Tierwelt ist vertreten, „hello Kitty“, Tweety und Kater Silvester als Vertreter der Comic-Figuren und zarte Blütenkreationen, alles ist dabei.

Die endlose Schlange an Lichtern wird von mehreren Spielmannszügen begleitet, die stimmige Trommelwirbel anstimmen.

Die Laternen werden von echten Kerzen beleuchtet. Das sorgt für heimeliges, warmes Licht. Leider steigt ab und an der Geruch von verbranntem Papier in die Nase und von der ein oder anderen Laterne ist nur noch das Gerippe des Rohlings über. ;-)

Die unglaubliche Zahl an Laternen und der nicht abreißende Strom ist absolut sehenswert. Die Straßen sind voll mit Menschen, alle wollen dabei sein, beim gemütlichen, altmodischen Laternenumzug.

 

Horst, horstiger, Bine oder …mi guía es un desastre

So., 05. Jul.15, La Palma, Tag 400, 2.587 sm von HH

Der Thron der guten Virgen de Las Nieves ist ja nun schon vor gut einer Woche von Las Nieves nach Santa Cruz gebracht worden.
Nach gründlicher Recherche kam Bine zu dem Schluss, dass das Fräulein am heutigen Sonntag ebenfalls den Weg ins Tal finden sollte.

Für heute stand also relativ frühes Aufstehen auf dem Programm, um die Prozession aus der Nähe zu betrachten. Nachdem wir die Marina verlassen hatten und durch die Stadt gingen fiel uns zwar auf, dass eigentlich nichts vorbereitet war.
Was soll´s, dachten wir und entschieden, dem Zug weiter entgegen zu gehen.
Selbst auf dem Weg nach Las Nieves war nichts zu sehen. Keine Autos der 80.000 Pilger und auch keine Menschen. Wir marschierten trotzdem weiter …den ganzen Weg bis Las Nieves.
Im Ort angekommen betraten wir etwas irritiert Kirche und dort saß die gar nicht reisefertige Jungfrau auf ihrem Thron.
Ich glaube, dass sie sich einen gekniggert hat, als sie uns reinkommen sah. ;-)

Nachdem wir wieder in Santa Cruz angekommen waren, betrachteten wir das Plakat der Bajada  Feierlichkeiten noch einmal und dort stand es dann auch….sie kommt erst am 12 Juli.
10 Km Wanderung (davon die Hälfte bergauf), in der Mittagszeit, unter der sengenden Sonne Spaniens und alles für die Katz. :evil: