Archiv der Kategorie: Neukaledonien

11 Jahre – zwei Fazits

01.Juni 2025, Neukaledonien/Nouméa, Tag 4.019, 29.095 sm von HH

Ausgerechnet letztes Jahr – zum zehnjährigen Jubiläum – sind unsere Fazits ausgefallen. Wir durften ungeplant in Perth auf dem Flughafen übernachten. Danach ging alles drunter und drüber.
Aber dieses Jahr soll die Tradition fortgeführt werden. Wie immer, getrennt von einander geschrieben.

Unsere Route in 11 Jahren. Halb rum erst. Was mag das für die nächsten 11 Jahre bedeuten?

 

Achim

Die Zeit rennt und kaum zu glauben, dass unsere Reise schon 11 Jahre andauert. Und immer noch gibt es Überraschungen. Neben Ankerliegen und Marina-Leben hat uns diese Reise, die für uns komplett unerwartete Tour, durch Australien beschert. Der Kontinent war uns immer zu groß für einen kurzen Urlaub, aber nachdem wir uns ein Jahresvisum besorgt hatten, war alles möglich. Unsere 14-monatige Rundreise mit unserem Auto und Dachzelt ist ohne jede Frage ein Highlight der Reise. Es war unvergleichbar, aufregend, anstrengend, großartig und einzigartig. Es war somit ein unvergessliches Jahr. Mühsam erarbeitet, aber die Belohnung war es wert.

Gern wären wir geblieben, aber diese beiden Länder am Ende der Welt, Australien und Neuseeland, lassen halt nicht jeden dauerhaft rein. Vielleicht auch gut so, denn es hätte vermutlich das Ende unseres Bordlebens bedeutet.

Die Reise geht also weiter. Jetzt sind wir schon in Neukaledonien und werden sehen, was dieses Jahr bringt. In einem Land, was nie auf unserem Zettel stand. Genauso wenig wie Australien.

 

Sabine

Elf Jahre. Tatsächlich wollten wir fünf, sechs Jahre los. Dass daraus elf Jahre werden würden, hätten wir selbst nie gedacht.

Gestartet sind wir 2014 in Hamburg. Mit Atanga, die damals kleiner erschien als unser Mut. Inzwischen liegen 29.095 Seemeilen hinter uns. Auf diese wunderbare Art unterwegs zu sein. Frei, selbst bestimmt, langsam. Auch mal nass, schräg und anstrengend.

Ganz schnell haben wir uns nach dem Auto wieder an das Bordleben gewöhnt. Zuhause ist halt dort, wo man den Lichtschalter im Dunkeln findet.
Wir waren die letzten Monate viel an Land. Wir mögen staubige Wege, fremde Supermärkte und unbekannte Dörfer zu erkunden. Und ehrlich gesagt, ist das Leben an Land häufig deutlich entspannter. Keine Böen in der Nacht, keine Riffe, kein Ankeralarm.

Australien war nie der Plan. Irgendwann waren wir einfach da. Und nun ist es zu unserem Land-Highlight geworden.  So sehr haben wir uns verliebt, dass wir gar nicht wieder aufhören wollten.
Wir haben gelernt, dass Pläne flexibel sein müssen – und dass die besten Momente oft ungeplant passieren.

Heute, elf Jahre nach dem Ablegen, schauen wir zurück – und gleichzeitig nach vorn. Wir wissen noch nicht, wie lange wir unterwegs sein werden.  Aber wir wissen, diese Reise hat uns verändert. Langsam gemacht. Offener. Sogar geduldiger. Manchmal auch müde – aber meistens ziemlich glücklich.

Vor 11 Jahren – erschienen im Hamburger Abendblatt. Was den rasenden Reporter damals getrieben hat von 8 bis 10 Jahren zu schreiben, wissen wir nicht mehr. Geplant waren 5 bis 6.
Wie man sieht, lagen beide Parteien daneben. ;-)

Gleiches Schiff, gleiche Position, gleiche Menschen. Um einige Falten und graue Harre reicher.
Aber auch um unvergessliche Erfahrungen und Abenteuer. Wir sind dankbar, dass wir dieses Leben genau so führen dürfen.

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Tag 10 nach Osten – Die Ankunft

25.Mai.25, Neukaledonien/Nouméa, Tag 4.012, 29.095 sm von HH

Die letzten Meilen werden mühsam. Von wegen, wir lassen uns über Nacht gemütlich treiben. Auf einmal setzt der, seit Tagen für Samstagnachmittag angedrohte, kräftige Wind tatsächlich ein. Wir sind viel zu schnell. Wollen nicht mit fünf Knoten die ganze Nacht auf und absegeln.
Als es dunkel wird, reffen wir auf Sturmbesegelung. Atanga wird ausgebremst auf unter zwei Knoten. Somit beschränkt sich unsere Nachtaktivität auf zwei Kreuzschläge. Prima. Nicht so prima sind Böen von bis zu 30 Knoten. Die Gischt fliegt übers Deck. Wir nehmen noch mal richtig Salz auf.

Als es hell wird, motoren wir durch den Pass. Die drei Freunde, Wind, Sonne und Strömung haben sich gegen uns verschworen. 23 Knoten Wind genau auf die Nase. Tiefstehende Sonne von vorn. Und ausgehende Strömung von zwei Knoten. Zwei Meilen holpern wir über eine hässliche Buckelpiste.

Schlechte Sicht gegen die aufgehende Sonne

Kabbeliges Wasser in der Lagune

Die Einfahrt zieht sich. 15 Meilen bis zur Marina. Der Wind Fetch ist ordentlich. In unserer Vorstellung lag eine türkisene, glattgezogene Lagune vor uns. Die Wahrheit sind weiße Schaumkronen und Hacksee.

Kurz vor Mittag erreichen Nuoméa. Den Hauptort und einzigen Einklarierungshafen Neukaledoniens. Wir rufen über Funk die Marina. Ein netter Mitarbeiter meldet sich und spricht mit Achim auf Englisch. „Ihr bekommt Liegeplatz i15.“ Er sagt i. Achim fragt i wie ‚echo‘? „No, no i wie india‘“. :mrgreen:
Okay, Missverständnis ausgeräumt. Steg india soll es sein

Kurz vor der Einfahrt meldet sich der Marinero zurück. „Sorry, neuer Liegeplatz b17, bravo. Anlegen auf Steuerbordseite.“ Achim bereitet Fender und Leinen für Steuerbord vor. Wir fahren in die Marina. Der Marinero meldet sich erneut: „Neuer Liegeplatz c15, auch Steuerbord.“
Uns ist es egal, wo wir festmachen. Achim fährt in die Boxengasse. Wir können die Nummern für die Liegeplätze nicht entdecken. Da sehen wir jemanden winken. Das ist aber nicht Steg C. Doch, doch, dort wo gewunken wird, sollen wir rein. Festmachen mit Backbord. Bis auf einen Fender sind alle auf der falschen Seite. Eine Brustleine haben wir auf Backbord ebenfalls nicht vorbereitet. Der Wind von hinten treibt uns in unsere Lücke. Achim entscheidet mit Backbord anzulegen. Ich bekomme die Vorleine prima zum Marinero rüber. Die legt er als Spring. Sehr gut. Bei der Achterleine träumt er und holt sie nicht dicht genug. Wir drohen den Katamaran neben uns zu versenken. Ich kann uns grade noch abdrücken. Puh, Glück gehabt.
Der freundliche junge Mann entschuldigt sich tausend Mal und ist einfach nur reizend. Man kann nicht böse sein und er ist nicht der vom Funkgerät.

Wir klaren das Schiff auf. Salz aus dem Cockpit wischen, Bimini installieren und warten auf den Mann von der Biokontrolle. Es werden ein paar Opfer-Kartoffeln, Zwiebeln und Eier konfisziert. Unsere Sonnenblumenkerne habe ich hinter dem Mehr versteckt. Das wäre gar nicht nötig gewesen. Er wirft nur einen Blick in den Kühlschrank. „Butter und Käse sind aus Australien?“
„Oui!“ Ich darf alles behalten. Merci, nette Leute hier in Neukaledonien.

Fazit über das Segeln nach Osten
Die Überfahrt war überraschend von wenigen Kreuzschlägen begleitet. Genau sechs Mal mussten wir wenden. Alle Meilen hoch am Wind. Von 33 Knoten bis 5 war alles dabei. Eine leichte Fahrt Richtung Osten, kann man nicht anders sagen.
Ein Unterwand hat ein gebrochenes Kardel. Zum Glück ist ein Ersatzdraht ist an Bord. Das erspart uns Lauferei.
Die Regel sagt, alles, was kaputt gehen kann, geht kaputt. Aber doch bitte nicht ein Kompass. Bei unserem Kompass am Steuerstand ist ein Haltering im Inneren gebrochen. Nicht, dass man noch häufig drauf schauen würde, Plotter und Autopilot zeigen die Kurse viel präziser. Aber ein Kompass ist schon schön auf See.

Alles geht kaputt auf Langfahrt. Aber doch nicht ein Kompass. Made in Germany. Ein Cassens & Plath.
Unser hat nun Schieflage. Ob man das reparieren kann?

 

Tag 10: Meilen total: 883 (davon 224 unter Maschine); direkte Strecke 788, somit nur (!) 95 Meilen beim Kreuzen draufgelegt

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