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Es geht nach Robinson Cays

Mo., 08.Mai 17, Belize/San Pedro, Tag 1072, 10.193 sm von HH

Morgen geht’s weiter nach Robinson Cays.
Nur ein Tagestrip von knapp 50 sm. Wir erwarten schwachen Wind, müssen also früh raus, um noch im Hellen anzukommen.
Die Balou ist schon da. Beate und Reiner haben ihre Gäste aus Deutschland in Belize City „raus gekippt“ und warten dort auf uns, bevor sich unsere Wege trennen.
Einen Abend wollen wir noch ‚Robinson‘ spielen.
Die Balou will nach New York und für Mittwoch steht der Wind günstig. Ein Wiedersehen wird für den Jahreswechsel angepeilt. :-)

Auch für uns läuft die Zeit im Norden der Karibik langsam ab.
Das Wasser wird jeden Tag wärmer und das verheißt nichts Gutes. Die Hurrikan-Saison steht vor der Tür. Die zerstörerischen Wind-Teufel brauchen eine Wassertemperatur von 27 Grad, um sich überhaupt entwickeln zu können. Die Temperatur bis 50 Meter Wassertiefe ist entscheidend. Bis dahin kann ein Hurrikan das Meer aufwirbeln. Ist im Sommer die Karibik bis zu 100 Meter Tiefe lauwarm, so kann ein Hurrikan geradezu explodieren.
Ein Hurrikan schafft Wellenberge von 30 Metern zu erzeugen, wie Drucksonden im Golf von Mexiko gemessen haben.

Offizieller Beginn der Saison ist am 01. Juni. Aber es geht schon zögerlich los.
Auf der Pazifik-Seite von Mexiko entsteht aktuell ein Tropischer Sturm. Mit 80%iger Wahrscheinlichkeit, dass er zum Zyklon wird. Ein Zyklon ist der gleiche Wind wie ein Hurrikane. Er hat nur einen anderen Name, da diese Biester im Pazifik toben.

Uns bleiben also noch drei Wochen für Belize übrig.
Den Anfang macht Morgen Robinson Cays. Ein palmenbewachsener Sandhaufen im endlosen Gewirr der Korallenriffe von Belize.
Einen Freitag gäbe es dort auch, weiß Beate zu berichten.

Lochfraß

Fr., 05.Mai 17, Belize/San Pedro, Tag 1069, 10.193 sm von HH

Zweitanker als Reitgweicht, 80 Meter Kette und weiß der Henker, was noch alles, hauen wir auf den Meeresgrund, damit wir auf der Stelle bleiben.
Und dann hängt unser ‚Leben‘ nur am rostigen Faden. Buchstäblich. :shock: :shock: :shock:

Ein Glied unserer Ankerkette ist total zerfressen. Das Eisen ist bis auf die Hälfte verschwunden. Weggefressen, durch ‚Bimetall-Korrosion‘.
Der Chemiker an Bord kennt sich mit sowas aus, ist Angesicht der schnellen und rücksichtslosen Zerstörung trotzdem überrascht.
Ich bin geschockt.

Lochfraß im verzinkten Kettenglied, rechts das Verbindungsglied aus Edelstahl

Lochfraß im verzinkten Kettenglied, rechts das Verbindungsglied aus Edelstahl

 

Mit Kauf des Schiffes haben wir 50 Meter Edelstahlkette erworben.
Über Edelstahl als Ankerkette gehen die Experten-Meinungen auseinander. Bei schlechten Stählen bzw. Verarbeitung kann Edelstahl porös werden, Löcher bekommen, ohne dass dies optisch zu erkennen ist. Trotzdem ist Edelstahl drei bis vier Mal so teuer.
Einig ist sich die Welt über das Fallverhalten von Edelstahl zurück in den Ankerkasten. Viel geschmeidiger.

Die 50 Meter Kette erschienen uns nicht als ausreichend und wir haben auf Martinique 45 Meter verzinkte Kette dazu gekauft. Die lag bislang nutzlos im Ankerkasten. Mit der Edelstahlkette durch ein Verbindungsglied, ebenfalls Edelstahl, verbunden.
So ein Verbindungsglied hat eine Bruchlast von ca. 4 Tonnen (laut Katalog :mrgreen: ). Das ist nicht so elegant, wie eine durchgängige Kette, aber passt schon.

Der erste Einsatz der verzinkten Kette erfolgte am letzten Samstag.
Bereits nach zwei Tagen im Salzwasser nahm Achim eine leichte Verfärbung des ersten verzinkten Ketten-Gliedes wahr. Merkwürdig, aber Mann denkt sich ja noch nicht so viel dabei. Der Fokus seiner Aufmerksamkeit beim Ankergeschirr galt dem Halt auf schlechtem Grund.

Weitere zwei Tage später war schon das zweite Glied betroffen.
Achim wurde jetzt stutzig und schnorchelte beunruhigt um das Verbindungsglied. Ihm gefällt nicht, was er sieht, aber beim Schnorcheln sind die Details nicht zu erkennen.

Heute, an Tag sechs im Salzwasser, holen wir die Kette ein.
Herr im Himmel. Das dritte Glied hat auch schon Farbe angenommen. Noch eine Woche weiter und wir wären durch gegammelt.
Der Witz an der Sache ist, dass die Edelstahlkette auch mit dem Anker verbunden. Der ist ebenfalls verzinkt und unedler als die Kette. Dort zeigen sich weder Verfärbungen noch Lochfraß. Nur die Kombination edel/unedel scheint also nicht zu reichen, um diesen Prozess der Zerstörung hervorzurufen.

Achim musste das Verbindungs-Glied aufsägen (einmal geschlossen, ist es nicht wieder zu öffnen) und hat die drei befallenen Glieder der verzinkten Kette ebenfalls entfernt.

Beide Ketten sind wieder miteinander verbunden. Jetzt mit einem Ankerwirbel ( mit deutlich weniger Bruchlast als eine Verbindungsglied), ebenfalls aus Edelstahl.
Das Experiment hat begonnen. Alles zusammen ist im Salzwasser versenkt. Jetzt brauchen wir nur noch abwarten, ob sich wieder die Bimetall-Korrosion zeigt.

Wohnen in einer Fisch-Suppe

Do., 04.Mai 17, Belize/San Pedro, Tag 1068, 10.193 sm von HH

Manchmal kommt sogar ein Delphin durch die Suppe geschwommen. Dann hört man es neben dem Schiff schwer atmen und einen Augenblick später erscheint die Finne.
Als Einzelgänger kommen sie in die Lagune. Vielleicht zum Schlafen.

Als Untermieter haben wir eine Bande Adler-Rochen. Bis zu sechs Mann stark ist die Truppe, die unermüdlich ihre Kreise im flachen Wasser zieht. Auf der Suche nach Futter, lassen sie sich kaum stören. Nur, wenn man direkt auf sie zu paddelt, nehmen sie reiß aus.
Elegante Gleiter im Pünktchen-Kleid.

Adlerrochen

Adlerrochen

 

Am Riff, keine fünf Minuten mit dem Dinghy, wohnt ein Ammenhai. Ein kleiner Kerl, der schon mal aufdringlich nah heran kommt. Deutlich in die eigene Mensch-Hai-Komfort-Zone hinein. Das muss doch nicht sein. ;-)

Ammenhai

Ammenhai

Bissige Drucker hat es hier keine, dafür buntes Kein-Vieh in rauen Mengen.

Stachelrochen

Stachelrochen

 

Was fehlt, sind Langusten. Alle weg gefressen.
Zeitzeugen berichten, dass früher -in den 20er Jahren- die Langusten vom Strand aus gesammelt werden konnten. Für die Einheimischen waren Langusten ‚Müll-Fisch‘.
Aus ‚Müll‘ wurde ‚Gold‘ als der US-Markt seine Fühler nach Belize ausstreckte.

In den ersten Jahren des Exports, verkauften die Fischer die Langusten noch
für 2 Cent das Kilo. :shock:
Bereits in den 40er Jahren war Languste der maritime Verkaufs-Schlager Belizes. Die Riffe waren voll, 400 Stück konnte ein Fischer problemlos am Tag fangen. Richtig an den Kragen ging es den Langusten als Tauchermasken und Flossen ‚erfunden‘ waren.
Die Preise für Languste stiegen und in den 80er Jahren verdiente ein Fischer das fünffache eines Arbeiters an Land.

Das System kollabierte Ende der 80er Jahre. Game over. Die Riffe waren leer. Aus Fischern wurden Tour-Guides oder Arbeitslose.

Bereits 1948 wurde erlassen, dass Eier tragende Weibchen nicht gefangen werden durften. So gut gemeint dieser Erlass war, so schwer war es, seine Einhaltung durchzusetzen. Es dauerte noch bis 2010, bis Belize sich mit seinen Nachbarn, Guatemala, Panama, Costa Rica, Nicaragua und Honduras sich auf ein einheitliches Langusten-Fang-Verbot von März bis Ende Juni verständigen konnte.

Die Bestände haben sich etwas erholt. In der Saison 2014/2015 wurden in Belize wieder 200.000 Kilo geerntet. Mit einem Umsatz von 7,5 Millonen USD stellt die Languste nach wie vor einen wichtigen Wirtschaftsfaktor für Belize dar.
In den Restaurants in San Pedro hält man sich an die Schonzeit. Es sind keine Langusten auf den Grills zu sehen. Leider auch nicht an den Riffen.

La Isla Bonita

Di., 02.Mai 17, Belize/San Pedro, Tag 1066, 10.193 sm von HH

Warum Madonna sich ausgerechnet Ambergris Caye ausgesucht hat, um es zu besingen als ’schöne Insel‘, wissen die Götter.
Nun, vielleicht waren es die Drogen. Sympathisch wirkt sie ja, aber schön?

Wir wollen es herausfinden und müssen dafür einen der Golf Carts mieten, die im Ort so nervig sind. Das machen wir zusammen mit den Balous und ihrem Besuch aus Deutschland.
Nett, mal zu sechst unterwegs zu sein.

In einem Golf Cart zu fahren hat den Komfort eines Aufsitzmähers. Dazu hunds-schlechte Straßen, da gibt es schon mal einen Schlag ins Kreuz.
Alex hat Bock auf die Karre und fährt uns hoch in den Norden der Insel.

Manchmal ist sie so schmal, dass man See-Seite und wellenfreie Lagune zeitgleich sehen kann.
Flach wie ein Kuhfladen, mit Mangroven bewachsen. Aus.
Ambergris Caye hat Tourismus, keine Frage. Außerhalb von San Pedro verläuft er sich total. Diese Rasenmäher-Tour tut sich kaum einer an.
Es gibt auch nicht wirklich viel zu entdecken. Trotz eifriger Suche nach Crocs, werden wir nicht fündig.


Am ‚Secret Beach‘, der seinen geheimen Status durch Wegweiser und Erwähnung in Reiseführern längst eingebüßt hat, stoßen wir auf ein Dutzend Amis an einem lauschigen Plätzchen.
Eine Bar hilft bei Durst, man kann dort teuer Übernachten (85 USD) und in der badewannen-warmen Lagune planschen. Ein schönes Plätzchen.

Wir stoppen erneut, diesmal an der See-Seite.
Unerwartet stoßen wir hinter einer zugewachsener Sandpiste auf gute, bessere, und noch bessere Resorts. Der Abstand der Stege zeigt, wann ein neues Hotel beginnt.
Hier ist Ende der Heide. Nichts los, außer ein paar verirrte Strandläufer.
Die Resorts haben Speedboote, um die Gäste mal nach San Pedro oder zum Tauchen zu kutschieren.
Wir finden es alle schön. 14 Tage Urlaub jedoch, möchte keiner von uns hier machen.

Die Piste wird schlechter, je weiter wir in den Norden kommen,
Resorts hören auf. Manchmal kommen wir an einem aufgegeben Hotel vorbei, gebeutelt und zerstört vom Hurrikan. Jetzt wohnen Einheimische in den halben Ruinen.

Ein Wegweiser lockt uns weiter.  Zum Beach-Bar & Grill ‚El Norte‘. Da wollen wir hin. Noch vier Meilen rumplige Straße, jetzt bloß nicht aufgeben. Alle haben Hunger.
Kurz vor dem Ziel führt der Weg ans Wasser. Buh, es stinkt. Der Seetang, der an den Resort-Stränden geharkt wird, rottet hier prima vor sich hin. Eklig. Fauliger Mief.
Wir stehen vor ‚El Norte‘ mit dem Geruch noch in der Nase. Fast kriegt die gelbe Bretterbude keine Chance: „Los, las uns umdrehen, zu den pikfeinen Resorts.“

Uns wird freundlich gewunken und da vor der Bar kein Seetang liegt, stinkt es auch nicht.
Wir stoßen auf Chris, Kanadier, der sich entschieden hat, keinen Bock mehr auf Arbeit zu haben und deshalb diese Bar am Ende der Welt zu betreiben.
Noch drei Meilen weiter, dann ist Schluss mit Straße. Wir geben seinen beiden Koch-Mädels eine Chance und werden mit köstlichen Tortillias belohnt.
Während wir aufs Essen warten, unterhält Chris uns launig mit kleinen Geschichten über Belize, wie schnell die Entwicklung hier voran schreitet. Potential habe das Land.

Wie schön, dass wir doch gehalten haben. Drei Stopps, dreimal schön.
Vielleicht weiß Madonna doch, was sie tut. ;-)

Wind Ende

So., 30.Apr.17, Belize/San Pedro, Tag 1064, 10.193 sm von HH

Der Spuk ist vorbei. Heute Morgen ziehen noch mal 30 Knoten an der Ankerkette. Ohne Erfolg. Wir bleiben liegen, wo wir hin gehören. Nach der Prüfung von gestern haben wir es auch nichts anderes befürchtet.

Die verbliebenen 20-22 Knoten erscheinen jetzt wie ein laues Lüftchen. ;-)

Atanga sieht aus wie Sau. Schlimmer als nach der Atlantik-Überquerung. Alles ist mit einer seifigen, salzigen Schicht überzogen. Die Gischt vom Riff sorgt für milchige Sicht und eine Salzwasser-Dusche.
Selbst Innen ist es klebrig. Geschlossene Luken sind keine Alternative, droht doch sonst ein qualvoller Erstickungs-Tod.
Ein Regenguss wäre willkommen. Darauf können wir lange warten, die Regenzeit hat noch nicht begonnen. In den letzten drei Monaten hatten wir grad zweimal Regen.
Anfassen kann man so zunächst nichts.

Die Geräuschkulisse bei so viel Wind ist beeindruckend. Es klingt als wären wir mit Highspeed unterwegs. Nur ohne unangenehme Schiffsbewegung. Power Segeln auf der Stelle.
Da ist doch wohl ein Anleger-Bier fällig heute Abend. Angekommen sind wir ja schließlich.