Wenn voll, dann voll

Mi., 12.Jun. 19, Franz.Polyn./Tuamotu/Insel Hao/d’Otepa, Tag 1837, 17.889 sm von HH

Das sehen aber nicht alle so. Und somit stapeln sich in der Zwischenzeit die Schiffe in unserem kleinen Hafenbecken. Ich lass mich selten über die Fehler der anderen aus, weil wir mit unseren eigenen Dummheiten genug zu tun haben, aber seit fünf Tagen kommen wir aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Hierbei wird besonders die Deutsch-Französische Freundschaft strapaziert. :mrgreen:
Neben den Plätzen an den Betonwänden gibt es in der Mitte des Beckens tonnenschwere Betonklötze mit massiven Haken, die als Mooring benutzt werden können. Vanessa war die erste, die sich so eine Mooring geschnappt hat. Friedlich, mit doppelter Leine und Scheuerschutz an ihren Tampen, schwoit ihr Boot in der Mitte umher.

Vor alle Schiffe in Luv (!!) hat sich ein französischer 25-Tonnen-Kahn mit 18 Meter Länge gelegt. Sein Betonklotz ist schon etwas angefressen. Nach eigener Aussage kann er den Klotz anheben, wenn er mit der Maschine rückwärts gibt. Sein Tampen liegt nur auf ‚Slip‘ um den Metallhaken. Da er keinen Platz zum Schwoien hat, hat er sein Heck an irgendwelchen Ketten, die im Hafenbecken liegen und wohl mal zur Mooring-Klotz-Konstruktion gehörten, festgebunden. :shock: Leider gefährdet er mit seiner Sorglosigkeit nicht nur sich selber, sondern uns alle.

Diesen Parkplatz an einer kaputten Mooring zu wählen, ist verantwortungslos

Zwei weitere Franzosen liegen am Eingang des Hafenbeckens. Zunächst lagen sie so eng beieinander, dass man fast von einem Schiff zum anderen übersteigen konnte. Das mögen die Franzosen gerne haben und soll uns egal sein. Ihre Hecks hatten sie mit Landleinen an Bäumen festgebunden. Das gefiel allerdings den Einheimischen nicht, dass man ihre Palmen benutzt. Jetzt ankern die beiden in der Gasse am Eingang. Ihre Hecks haben sie mit Heckankern gesichert.

Genau neben uns liegt ein englisches Schiff. Vierzehn Meter plus Dinghy, was in den Davids hängt und den Kahn auf sechszehn Meter anschwellen lässt. Fröhlich haben sie sich an der Mooring auf unserer Höhe festgebunden. Auf unsere Frage, ob sie sicher sind, dass sie uns nicht berühren, wenn der Wind auf Nord-Osten dreht, wird eifrig genickt: „Es sind locker zwei Schiffslängen zwischen uns“. Sorglosigkeit und Fahrlässigkeit sind also Nationen übergreifend.
Wir sind misstrauisch. Die hauseigene Messung mit einer Angelschnur, ergibt einen Abstand von 25 Meter. Das klingt okay, aber wenn Zug auf ihren Tampen kommt bei einer Wassertiefe von vier Metern, dürften nur noch fünf bis sieben Meter Abstand zu uns übrig bleiben. Uns ist das zu wenig, was wir ihnen freundlich mitteilen. Sie bringen darauf hin einen Heckanker aus. „Nun zufrieden?“, werden wir am Abend angegiftet. Da haben wir wohl keine Freunde fürs Leben gefunden. :lol:

Zum krönenden Abschluss kommt heute ein deutsches Schiff in den Hafen gefahren – „Der liebe Gott beschütze mich vor Sturm und Wind und Deutschen, die auf Reisen sind.“
Ein fünfzehn Meter langer Eisenhaufen. „Du kannst da vorne ankern“, ruft unsere britische Nachbarin dem Skipper zu und zeigt auf die Stelle, wo die einheimischen Fischer bei viel Wind ihre Boote festmachen. „Nein, da kannst du nicht ankern“, klärt Achim ihn auf. „Mach kurz auf der anderen Seite an der Betonpier fest. Aber du solltest die Fischer fragen, ob das okay ist, denn eigentlich wollen sie, dass der Platz für sie frei gehalten wird.“
Der Skipper folgt Achims Empfehlung. Zehn Minuten später steht er neben unserem Schiff. „Wen muss ich fragen, ob ich dort festmachen darf?“, will er von uns wissen. Wir erklären ihm, wo er wahrscheinlich jemanden finden kann, da fängt er plötzlich wild an zu winken. Ein weiteres Schiff kommt auf den Hafen zugetuckert. Offensichtlich kennen die Crews einander. Über Funk ruft er seinen Kumpel an: „Du kannst bei mir längsseits gehen! Kein Problem, ich hänge Fender raus.“ Dass der Platz frei bleiben soll, interessiert ihn nicht.
„Und? Was ist hier so los? Auch nichts, oder? Auch nur türkises Wasser, nä?“
Nein, auch wir werden keine Freunde.

Solange der Wind friedlich mit fünfzehn Knoten über die Lagune weht, ist alles in Ordnung, obwohl der Hafen jetzt bis zur Manövrierunfähigkeit zugeparkt wurde. Vierzehn Schiffe, ein Rekord, wie die Einheimischen berichten.
Vor zwei Wochen ist eine dreistündige Mini-Depression über Hao hinweggegangen, die uns fast vierzig Knoten Wind beschert hat. Ungewöhnlich mit Westwind. Sollte sich so etwas wiederholen, geht das sicher nicht ohne Schäden an einigen Booten aus.
Es ist verständlich, dass keiner draußen in der Lagune ankern mag. Die bietet keinen Schutz vor Schwell und Wind. Aber, dass der Hafen voll ist, wurde breit über Funk bekannt gegeben. Und wenn voll, dann voll. Dann sollte man vernünftig sein und in ein anderes Atoll ausweichen.

Wenn der Kahn neben uns um 90 Grad herumschwingt, müssen wir die Fender rausholen

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