Die gelbe Flagge

Fr.,28. Mai 2021, Franz.Polynesien/Tahiti/Papeete, Tag 2554, 21.559 sm von HH

Auch Pestflagge genannt, hatte früher die Bedeutung: ‚Seuchengefahr, Schiff nicht betreten“. Sie wurde von vor Anker liegenden Schiffen gehisst, wenn eine ansteckende Krankheit an Bord ausgebrochen war. Die Besatzungen solcher Schiffe wurden unter Quarantäne gestellt. Die Bedeutung der Flagge hat sich gewandelt, heutzutage wird sie gehisst beim Erstkontakt in einem neuen Land. Die Flagge zeigt an, dass an Bord eines ankommenden Schiffes alles in Ordnung ist und das Schiff um Einklarierung im Land bittet.

Achim und ich waren versucht für zwei Wochen in der Marina die gelbe Flagge zu hissen: Seuchengefahr! Ich kann mich kaum erinnern, wann wir beide eine so böse Erkältung hatten. Das ist bestimmt zehn Jahre her. An Bord sind wir bislang mit kleinen Schnupfen davon gekommen. Der Chef hat Halsschmerzen, die an das ‚Schlucken von Rasierklingen‘ erinnern. Ich habe einem Husten direkt aus der Hölle. Beide Fieber, verstopfte Nase, Appetitlosigkeit, das volle Programm.

Der Skipper ist zuerst krank – bei 28 Grad unter der Wolldecke und mit Socken an den Füßen

Achim fing als erster an. Er lag schon als sterbender Schwan auf dem Sofa, da habe ich mich noch fünf Tage in Sicherheit gewähnt. Eine leichte Laufnase, sonst nichts. Aber auf einem miko-kleinen Boot kann man der Ansteckung nicht entgehen. Schnell war ich noch am Pfingstsamstag in der Apotheke, um mir Nasenspray zu besorgen. Was für eine Enttäuschung, ich halte irgendwelche nicht helfende Kräutertropfen in den Händen. Das gute Zeug bekommt man nur gegen ein Rezept. Weiß denn der Apotheker nicht, dass ich ein Nasentropfen-Junkie bin? Es folgten zwei Nächte ohne Schlaf und Atmung. Ich wünsche mir zu Weihnachten ein Sauerstoffzelt.

Am Dienstag ist Achim dann mein Held. Er kommt mit den begehrten Drogen aus der Apotheke zurück. Warum der Apotheker an ihn die verschreibungspflichtigen Nasentropfen rausgerückt, wissen die Götter. Vielleicht hat er den gequälten Zug um seine Augen gesehen und hatte Mitleid. Ich bin seitdem happy und kann wieder atmen. Mein Husten löst sich auch prima. Achim hat auch gleich noch illegalen Hustensaft mitbekommen. Viva La Papeete!

Jetzt geht es langsam aufwärts. Achim ist schon wieder gut zu Wege, ich bräuchte eigentlich noch zwei Tage Sofapflege, aber da ist ein Wetterfenster zu sehen. Dies verspricht seltenen Südwind – vielleicht sogar mit Westkomponente drin. Da wir fast genau nach Osten segeln wollen (schon seit drei Wochen — Augen roll), müssen wir einfach diese Gelegenheit nutzen. Das bekommen wir so schnell nicht wieder. Also werden die Backen zusammen genkniffen und auf geht’s. Bin ja schließlich kein Weichei. Am Sonntag ist Abfahrt.

41

2 Gedanken zu „Die gelbe Flagge

  1. Richard Stoll

    Oops, hab vergessen: Gute Besserung.
    Alter Ärztewitz: Die „Grippe“ dauert eine Woche und bei maximaler Therapie 7 Tage.
    Hier in Australien läuft auch eine kleine „Common cold“ – Pandemie. Dauert aber nur 2-3 Tage.

    Gruss,

    -Richard

    Antworten

Schreibe einen Kommentar zu Richard Stoll Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.