Die Schrauben müssen raus

Sa., 15.Jan.22, Neuseeland/Whangarei, Tag 2786, 24.688 sm von HH

Vielen Dank für all die guten Tipps, die Ihr uns gesendet und kommentiert habt. Viele bezogen sich auf unser Schrauben-Problem, daher ein paar erläuternde Details: Üblicherweise wird ein Teakdeck geschraubt und geklebt. Dabei wird das Deck vollflächig mit Kleber bestrichen und die Leisten mit Schrauben zusätzlich ans Deck geschraubt. In der Mitte der Leisten. Über die Schrauben werden Holz-Stopfen eingeklebt, die dann bündig mit der Teakoberfläche abgeschliffen werden.
Solche Schrauben haben wir auch, allerdings nur an den Scheuerleisten und in Umrandungen an Luken und ähnlichem. Bei allen anderen Flächen hat man bei Atanga Schrauben ins Holz in den Fugen gedreht und mit Fugenmasse den Mantel der Unsichtbarkeit darüber gelegt.
Diese Schrauben sind erstmals bei unserem eigenen Refit der Fugen im Winter 2010 aufgetaucht. Teakdeck Refit | Atanga  Bis dahin dachten wir, dass unser Deck nur geklebt sei. Bei der damaligen Vertiefung der Fugen haben die Schrauben zum größten Teil ihren Kopf verloren. Darüber haben dann auch wir mit Fugenmasse den Mantel der Unsichtbarkeit gelegt. :mrgreen:

Jedes X ist eine sichtbare Schraube – daneben gibt es noch die im Verborgenen

Da Achim einfach mehr Fläche schafft als ich, haben wir unser System geändert. Er macht Masse. Ich breche zunächst auch Holz vom Deck, aber sobald Achim einen gewissen Vorsprung herausgearbeitet hat, fange ich mit dem Ausputzen unserer Flächen an. Ich befreie die stehen gelassenen Schrauben komplett vom Holz. Dann biege ich die krummen Hunde grade und sie bekommen einen Hammerschlag an die Seite und einen auf den Kopf. Das bricht ihren Halt und sie lassen sich dann ganz passabel mit der Kombizange herausdrehen. Ungefähr jede zehnte Schraube zeigt Widerstand. Ursprünglich zu schräg eingeschraubt, wehren diese Gesellen sich mit jeder Gewindeumdrehung.
Die vielen Schrauben sind der Grund dafür, warum wir kein „schweres Gerät“ benutzen. Pressluft-Spachtel, Multi-Tools oder ähnliches. Wir würden alle Schrauben abscheren. Das passiert sogar mit Stecheisen und Hammer noch häufig genug. Diese Schrauben müssen wir alle ausbohren …

Stehen gebliebene Schrauben zum Ausputzen fertig

Die Schrauben sind Werkzeug-Killer

Die Schrauben freie Fläche ist jetzt noch mit Kleber voll geschmiert. Der ist auch nach über dreißig Jahren noch elastisch und macht was er machen soll: er klebt wie Teufel am Deck. Von alleine kommt das Zeug nicht runter. Es muss aber runter, da das Deck am Ende noch geschliffen wird und sich der Kleber sich nicht schleifen lässt.

Der Kleber muss ebenfalls runter

In Streifen verklebt – Pfusch am Bau

Wo die Schrauben saßen haben wir offene Löcher. Die müssen noch am gleichen Tag zu, damit es dort nicht rein regnen kann. Allerdings kommt vor „zu“ erstmal größer bohren, damit wir die Löcher anständig füllen können. Nach dem Bohren folgt das Aussaugen der Löcher und mit Aceton ausreiben, damit das Epoxid gut haftet. Epoxid ist ein Zwei-Komponenten-Füller, der möglichst exakt gemischt werden muss, damit er weder zu schnell oder zu langsam aushärtet.
Das kann man recht ungenau von Hand mischen oder man benutzt ein Pumpen-Misch-System. Diese sind leider aasig teuer. Jetzt kommt Glück ins Spiel. Auf dem Werft-Bauhof gibt es drei dieser Pumpensysteme. Von dort können wir uns im Joghurt-Becher unseren täglichen Hub abholen den wir benötigen. Gleich perfekt gemischt – wie wir es wollen, slow, very slow oder normal aushärtend. Wir nehmen slow, unserem Arbeitstempo angemessen. :mrgreen:
Der Bauhof-Meister notiert die Anzahl unserer Hübe (Epoxid ist ebenfalls aasig teuer) und wir bekommen nur das Material in Rechnung gestellt.

Mit einer Art Holz-Eis-Stil füllen wir dann die Löcher. Bitte nicht überkleckern, das Epoxid wird eisenhart und  ist schwer zu schleifen. Ungefähr hundert Löcher legen wir am Tag frei. Ein Viertel unserer Arbeitszeit geht nur für die Löcher drauf.

Epoxid kommt in die aufgebohrten Löcher

Das Herz blutet. Wir schleppen Holz im Wert von tausenden von Euros von Deck. Denn die Dicke der Leisten ist noch gar nicht so schlecht. So betrachtet hätte das Deck sicher noch fünf, sechs Jahre gehalten.  Vielleicht sogar länger. Aber die Leisten haben angefangen längs zu reißen, dicht neben den Fugen. Es ist möglich, dass die Schrauben daran nicht unschuldig sind.
Außerdem wurde das Deck nicht vollflächig geklebt, wie man schön an den schwarzen Kleber-Spuren sehen kann. Ausgerechnet unter den Fugen fehlt der Kleber. Schöne Kanäle, in denen das Wasser seinen Weg finden konnte. An einigen Stellen stoßen wir tatsächlich auf unterwärts angerottetes Teak. Sehr, sehr ärgerlich.

Aber wir kommen voran. :-)

Schmale Risse gut zuerkennen neben den Fugen – die gehen durch bis nach unten

Arbeit im Liegen hat mein Vater immer gesagt – kann ja so schwer nicht sein

Das Rätsel der Falten um den Mund ist geklärt – es sitzt sich nicht überall so gemütlich wie beim Chef

 

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4 Gedanken zu „Die Schrauben müssen raus

  1. Ralph Thomas

    Hallo Sabine,

    Wir haben 2015 zum Abziehen des alten Klebers einen Ziehspachtel verwendet. Der war bei AWN ursprünglich zum Entfernen von Antifouling gedacht. Danach mit 60 Körnung und Festool geschliffen. So einen Ziehspachtel könnt ihr auch aus einem Stück angeschliffenem Blech selbst basteln.

    Viel Erfolg beim weiteren Abriss. Der schönsten Moment ist dann wenn du dir abends beim Feierabendbier das fertige neue Deck im Licht der untergehenden Sonne anschaust. Die paar Wochen bis dahin vergehen auch irgendwie…

    Liebe Grüße aus Solingen,

    Ralph

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  2. Sven

    Löcher verfüllen (wenn es hunderte sind) ist ätzend. Als Tipp; leerkartuschen (wenn ihr die dort bekommt). Also übliche Kartuschen wo sonst sika oder ähnliches drin ist mur halt in leer zum selber befüllen. Ein Bäckerbeutel mit Tülle geht auch (für die Sahnehäubchen :-). Gutes Gelingen und Daumen hoch.

    Grüße aus Düsseldorf.

    Sven

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  3. Sabine

    Ihr seid klasse! Es gibt nahezu alles hier … aber am besten gefällt uns der Bäckerbeute-Füll-Sack für Sahnedeko.

    LG von der Baustelle

    P.S. 80 Prozent sind fertig.

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