Mi., 05. Aug.15, Gran Canaria, Tag 431, 2.728 sm
…war eigentlich nie eine Frage.
Jeder, der was von Schiffen versteht (und auch welche ohne Plan) haben uns immer bescheinigt, dass wir ein schweres, stabiles, absolut seegängiges Schiff haben.
Dieses Schiff hält mehr aus als die Crew und kann locker die Welt umsegeln.
Ich habe diesen Behauptungen Glauben geschenkt.
Um so größer war dann mein Entsetzten als ich vor ein paar Monaten einen Riss entdeckte. Mitten im Salon unterm Sitz von Achim.
Keine Ahnung, seit wann sich der dort schon befindet. Die Stelle wird halb verdeckt vom Salontisch. Dort ist es dunkel und man kommt nicht wirklich daran vorbei.
Achim beruhigte mich. Ich schwieg. Ich schwieg in der stillen Hoffnung, dass der Riss dort schon immer war.
Dann vor vier Wochen fand ich den zweiten Riss.
Auf der anderen Seite vom Salon in der Ecke zum Schrank. Der musste neu sein. Okay, das ist eine Ecke in der man nicht jede Woche Staub wischt, aber er wäre mir schon vorher aufgefallen.
Wir brechen doch nicht auseinander? Mamma mia!
Achim schafft es, mich wieder zu beruhigen. Muss wohl an seiner Kompetenz als Bootsbauer und Schiffszimmermann liegen.
Holz ist nicht wirklich seins, aber er lullt mich ein. Sind ja nur die Möbel, beruhige ich mich selber.
Es bleibt jedoch so viel Unsicherheit, dass ich wieder schweige.
Klar, wer berichtet schon gerne davon, dass sein Schiff auseinander bricht? Oder zumindest droht, auseinander zu brechen?
Oder entschärft formuliert, dass sich das Mobiliar verzieht, weil das Schiff sich verwindet. Hallo, eine Hanseat verwindet sich nicht!
Heute breche ich das Schweigen, denn wir sind nicht länger allein.
Es erreicht uns eine Mail eines befreundeten Bootes.
Lapidar tauschen sich die beiden Skipper über anstehende Reparaturen aus. Beiläufig wird Achim berichtet, dass Risse im Mobiliar zu beseitigen sind.
Ein paar Mails später mit der Dame des Schiffes und bin ich im Bilde.
Da sie ebenfalls in Schweige-Starre gefallen ist, als die ersten Risse entdeckt wurden, bewahre ich hier ihre Anonymität und nenne sie nur B von der SY C.
Unsere Schiffe sind, was Qualität, Alter und Bauweise betrifft, sehr gut vergleichbar. Ebenfalls eine Werft ohne Tadel.
B’s Worte in ihrer ersten Nachricht: „ich bin so froh, dass ihr welche habt, hab auch nicht drüber gesprochen“
Nein, keiner spricht gerne drüber. Zumindest keiner, dem verkauft wurde, dass das Boot das aus hält. Also eine Weltumsegelung aushält.
B und ich tauschen Fotos von den entdeckten Schäden aus und Infos über unsere Männer.
Die haben ebenfalls Gemeinsamkeiten. Beide sind eher Elektronik lastig als Holz interessiert, beide mit dem Hang zum Hobby-Funker.
Über die Risse im Mobiliar herrscht auch auf der C absolute Tiefenentspannung beim Skipper.
B fasst unsere gemeinsame Situation pragmatisch zusammen:
„Wenn unser Funk super läuft und wir absaufen, weil die Karre auseinander bricht, können wir noch immer Tschüss sagen. Egal wo wir sind.“
B, ich freu mich auf Dich.
Inzwischen habe ich mich getraut mit dem echten Fachmann der Familie zu sprechen: Gert hat seiner Tochter nicht dringend geraten, das Schiff fluchtartig zu verlassen.
Das ist ja eine gute Nachricht.
Im Augenblick tauschen wir Bilder aus und die finalen Reparatur-Vorschläge erhalte ich in Deutschland. Mit ein paar Holzschrauben ist es nicht getan.
Hallo Sabine
Das hast Du aber schön geschrieben!
Wir haben inzwischen die Biskaya mit bis zu 8 Bft durchquert. Dabei sind wir – wie man sieht – nicht abgesoffen. Der Lärm unten war allerdings grenzwertig. Morgen, wenn ich wieder denken kann, gibt es eine Risskontrolle. Ich vermesse jetzt! Wenn Du Dich dann über Reparaturen schlau gemacht hast, werden wir die Sache mal selbst in die Hand nehmen. Lass sie doch funken, selbst ist die Frau….
Ich freue mich auch schon
Lg von B. Von der Segelyacht C.
Herzlichen Glückwunsch zur geglückten Biskaya-Querung. Allerdings, 8 Bft klingt eindeutig nach „joke’s over“.
Schlaft Euch aus und genießt A Coruña.
LG