Leben auf dem Fluss

Sa., 05.Mrz.16, Französisch Guyana/Kourou, Tag 644, 5.573 sm von HH

Vielmehr ankern in Südamerika, ankern in Kourou.
Das ist schon speziell. Tag und Nacht brüten 30 Grad über uns. Decken in der Nacht brauchen wir schon lange nicht mehr.
Bis zur Morgendämmerung, dann kühlt es auf 28 Grad empfindlich ab, so dass wir für eine Stunde nach den Laken greifen. Achim braucht seit ein paar Tagen sogar eine dünne Wolldecke dazu.
Sobald die Sonne aufgeht, wird es sofort wieder warm.

Schön sind die Stunden, wenn sich Atanga in Wind und Strömung so dreht, dass der Wind ordentlich in die Achter-Koje pfeift. Das ist etwas Tiden-abhängig.
Somit bleibt, nicht nur auf hoher See bist Du in Gottes Hand, sondern er hat auch noch im Fluss das Sagen ( ist da etwa jemand allmächtig ;-)  ).
Zum Glück lässt er fast 24 Stunden den Passat freundlich über uns hinweg fegen.
Somit ist es gut auszuhalten.

Kochen, was mir sonst viel Spaß bereitet, wird zur Sauna-Tour.
Kurzbrat-Gerichte liegen gerade hoch im Trend. In meiner kleinen Niesche habe ich neulich  fast 35 Grad gemessen.
Die sowieso schon lästigen Alte-Frauen-Hitze-Wallungen bekommen an dieser Stelle eine neue Qualität. :mrgreen:

Was uns nervt, sind die Mücken.
Tagsüber lassen sie uns in Ruhe. Zumindest meistens. An dunklen Tagen lauern sie bereits mittags unterm Tisch in unserem Internet-Cafè. Wir haben jetzt in jeder Tasche, Rucksack und Satteltasche eine Flasche Mücken-Ex dabei.

Mit Beginn der Dämmerung beginnt der Run auf Süßblut. Nur kurz noch das Dinghi gesichert mit dem letzten Licht und zack, fünf Stiche mindestens. Einer garantiert auf dem Rücken durchs T-Shirt.
Damit wir beim Essen unsere Ruhe haben, ziehen wir ab 18:00 Uhr unsere Gardine über das Cockpit. Ich bin froh das hässliche Teil bereits in Las Palmas genäht zu haben.  Gardinen-Unfall

Als ob die Biester nicht reichen, machen uns zeitweise noch Sand-Flies zu schaffen.
Diese lungern in der Marina und warten nur darauf, dass wir unbedarft den Steg entern.
Die Stiche jucken wie Sau! Und das 48 Stunden lang.
Warum  sie mal da sind und mal nicht, konnten wir noch nicht herausfinden.

Es gefällt uns auf dem Kourou.
Schiffsverkehr ist fast nicht existent und wir haben unsere Ruhe.
Monatlich soll ein Frachter einer Ariane-Rakete im Gepäck vorbei kommen . Den haben wir bislang noch nicht gesehen.
Ein paar Fischer schauen manchmal neugierig vorbei und regelmäßig wird für Kanu-„Drachen“-Boot-Rennen geübt. Schnell zischen die Kanus an uns vorbei. Der Taktgeber ruft laut seine Kommandos die weit über den Fluss schallen. Einen Wettkampf zu erleben, wäre mal nicht schlecht.

Unser neues Dinghi bewährt sich gut. Ist es doch viel einfacher überzusteigen, wenn so ein Schlauchboot einen festen Boden hat.
Zur Belohnung für seine guten Dienste, haben wir angefangen ein Cover zu nähen.

Je nach Tide ist die Fahrt an Land mehr oder weniger feucht. Wenn wir gegen kleinere Wellen anfahren müssen, kommt schon schlammiges Spritzwasser über.
Schnell lernt man, dass helle Klamotten im Dinghi fehl am Platz sind.
Wenn man nicht nass gespritzt wird, dann scheuert garantiert ein bemooster Tampen über den Rücken.

Nicht beliebig zu jeder Zeit an Land zu können ist etwas ungewohnt, aber wir haben unseren Rhythmus gefunden.
Zum Einkaufen und Wäsche waschen, fahre ich alleine mit dem Rad. Achim bringt mich dann meistens an Land. Wenn ich von ihm abgeholt werden möchte, rufe ich ihn über Funk mit unserem Handfunk-Gerät. :-)

Fast jeden Tag gehen wir gemeinsam ins Internet-Café. Ein kleines Bistro mit gutem Wifi.
Ein Internet-Stick für endloses Surfen an Bord ist in Französisch Guyana zu teuer.
Ein Giga Datenvolumen kostet 100 EUR. Zum Vergleich: Auf den Kap Verden hatten wir für 6 Giga nur 15 EUR bezahlt.

Durch die von Achim beschriebene Unabhängigkeit an Energie und Wasser hat dieses etwas beschwerlichere Leben etwas von der ganz großen Freiheit. Und als Ökos noch dazu. ;-)

P.S. Hier als Nachtrag auf vielfachen Wunsch noch die neue Frisur.
Sie ist ja nicht schlecht geworden, nur einfach viiiiel zu kurz.

6 Gedanken zu „Leben auf dem Fluss

  1. Jürgen

    Mir stellt mir heute, als ich so in meiner Sauna sass die Frage: durch die Tide wird ja auch am Grund viel Sand usw hin und her gespült. Gräbt sich so ein Anker nicht mächtig ein und bist du sicher, dass ihr den wieder hoch bekommt?
    Komisch Gedanken, die beim schwitzen kommen ……
    Denke an euch
    Jürgen

    Antworten
    1. Sabine

      Während wir so in unserer Sauna sitzen, haben wir uns das auch schon gefragt. :shock:
      In ein paar Tagen wissen wir mehr, am Donnerstag soll es weiter gehen.

      Antworten
  2. Cornelia

    Also, liebe Sabine, ich finde, dass Dir die neue Frisur ausgezeichnet steht. Und wenn es so heiß ist, ist es doch viel besser so. Wir wünschen Euch jedenfalls, dass der Anker gut wieder hochkommt. Wie seid Ihr eigentlich auf Kouros gekommen?

    Antworten
    1. Sabine

      Danke, danke… Du hast es nicht von vorne gesehen :mrgreen:

      Wir sind auf Kourou gekommen, weil ich unbedingt einen Raketen-Start sehen wollte.
      Ich liebe schon Sylvester das Feuerwerk. ;-)
      Der Start findet Morgen Nacht statt und ich bin schon ganz gespannt.

      LG
      Sabine

      Antworten
  3. Melanie

    Hallo,
    du liebst Sylvester und Feuerwerk ??????
    :-) lach mich grad schlapp ……grüsse an bang, bang Jo !

    Viel Spass heute beim Start…..und pass auf Deine Zehen auf :-) !
    Kuss
    Melli

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.