07.-11.07.24, Australien/NT/Kakadu NP, Tag 211-224 Roadtrip, 16.585 km total, Tages km 520+256+101
Wenn Satzzeichen Leben retten.
An dem Fluss an dem wir stehen, sind die Schilder eindeutiger.
Wir stehen am Fluss, gucken in die schlammige Brühe und brauchen nicht lange zu warten. Träge treibt ein Krokodil an uns vorbei. Ein Leistenkrokodil. Dann sind es zwei.
Ein Exemplar brät am Ufer in der Sonne und wartet darauf auf Betriebstemperatur zu kommen. Leistenkrokodile sind gefährliche Lauerjäger, die sich seit 200 Millionen Jahren nicht verändert haben sollen. Weil sie auch gerne im Salzwasser schwimmen, werden sie von den Australiern ‚Salties‘ genannt. Der niedliche Kosename täuscht. Anders als ihre verträglichen Freshy-Kollegen, sind Salzwasserkrokodile eine reale Gefahr. Durchschnittlich zwei Personen werden jährlich Opfer der Salties. Grade vor ein paar Tagen hat es der schreckliche Tod eines zwölfjährigen Mädchens bis in die Bild-Schlagzeilen geschafft. Gar nicht weit von uns entfernt passierte das Unglück beim Schwimmen im Fluss.
Salzwasserkrokodile können blitzschnell aus dem Wasser schießen. Dieser Geschwindigkeitsüberschuss ist ihre Strategie. Als Mensch hat man da kaum Zeit zu reagieren. Das Krokodil schnappt zu, ertränkt sein Opfer und reißt ihm durch eigene Körperdrehung Stücke aus dem Leib.
Das monströse Gebiss taugt nicht zum Kauen.
Gut zu wissen, wer dem ersten Zugriff entgeht, hat eine Chance. Eine Verfolgung an Land wird schnell aufgegeben. Hier hört die Überlegenheit der Krokodile auf. Somit lautet die Experten-Meinung, dass fünf Meter vom Ufer – möglichst erhöht – als Sicherheitsabstand genügen.
Grundsätzlich sind Salties gar nicht auf große Beute aus. Üblicherweise treiben sie fast bewegungslos im Wasser und lauern auf unvorsichtige Fische, die ihnen zu nahe kommen. Das Maul ist dabei leicht geöffnet. Drucksensoren am Kopf verraten die Annäherung eines Fisches. Expositionsartig schnappen die Krokodile dann zu. Als Opportunisten erlegen sie aber alles, was sie zu fassen bekommen. Auch vor kleineren Artgenossen wird nicht Halt gemacht. Somit überleben nur zehn Prozent der Jungtiere ihr erstes Lebensjahr.
Wir stehen auf einer Plattform am ‚East Alligator River‘. Fünf Meter oberhalb der Wasseroberfläche. Die Plattform befindet sich am östlichen Ende vom Kakadu Nationalpark. Der bekannteste und größte Nationalpark Australiens ist touristisch gut erschlossen. Dreihundert Kilometer Rundweg durch den Park sind durchgehend asphaltiert. Fast überall gibt es Internetempfang und heiße Duschen auf den Campingplätzen. Der Ruhm wirft seine Schatten – statt üblicher 17 Dollar Eintritt pro Fahrzeug werden im Kakadu 40 Dollar pro Person verlangt.
Die ersten drei Tage sind wir ein wenig enttäuscht. Die Landschaft ist flach und ändert sich kaum. Dichtes Buschland links, dichtes Buschland rechts. Von den 280 Vogelarten, die hier leben sollen, zeigt sich ein halbes Dutzend.
In der Nähe einer Lodge kann man Bootsfahrten im Flussgewirr buchen. Das klingt reizvoll, ist aber mit 260 Dollar (160 Euro) für 1,5 Stunden Fahrt reichlich überzogen. Ein Croc-Sichtungs-Garantie kann natürlich nicht gegeben werden.
Die Enttäuschung ändert sich spontan als wir auf der Plattform stehen. Vom nahe gelegenen Campingplatz führt ein netter Wanderweg zum Fluss. Egal zu welcher Tageszeit wir schauen, verlässlich patrouillieren einige Salties im Wasser. Es ist schwer, sich an den faszinierenden Tieren satt zu sehen.
Danke Kakadu Nationalpark.