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Heatwave in Australien

25.Jan.24,  Australien/SA/Leigh Creek, Tag 53-56 Roadtrip,  4.379 km total, 138 Tages-km

Wir sitzen in der Camp-Küche in Leight Creek. Der Gefrierschrank läuft auf Hochtouren.  Vier Wasserflaschen haben wir am Start. Regelmäßig legen wir eine geleerte Wasserflasche aufgefüllt zurück in den Eisschrank. Fünf Liter trinken wir jeder über den Tag verteilt. Direkt aus dem Wasserhahn. Wir brauchen nicht mal Trinkwasser schleppen. Herrlich!
In der Küche erreicht die Temperatur 43 Grad. Der beste Platz im weiten Umkreis. Vier Tage hocken wir in dem Kabuff und sind glücklich, es so gut getroffen zu haben. :mrgreen:

In Australien werden regelmäßig Hitzewellen-Warnungen ausgerufen. Je nach Region im Land bei unterschiedlichen Temperaturen. Der Süden, in dem wir uns aktuell befinden, ist im Sommer sowieso schon brüllend heiß mit Durchschnittstemperaturen im Januar von 36 Grad. Per Definition wird erst von Hitzewelle gesprochen, wenn die ortsübliche Temperatur drei Tage oder mehr deutlich erhöht ist.

Von Westen her ist die letzten Tage eine Hitzewelle fast über den gesamten Kontinent gerollt, die sich nur langsam ostwärts bewegte. Daher schafften es vier Tage lang die Temperaturen auf 46 bis 49 Grad. Von drei Gefahren-Klassifizierungen reicht dies aber grade für mittlere Stärke.

Okay, wir sehen das anders. Für uns hat das hohe Qualität an Hitze.

Heatwave – das wo das weiße Kreuz ist, da ist Leigh Creek. Wir hätten nur entkommen können, wenn wir zur Küste zurück gefahren wären. Viele Kilometer.

Aus dem Berg-Camp waren wir auf Grund dieser Vorhersage geflohen. Es kommt dort kein Trinkwasser aus der Leitung und es existiert dort nur ein offener Überstand, der Schatten spendet. Das erschien uns zu mau. Und einkaufen wäre auch mal wieder an der Zeit.
Die 150 Kilometer Schotter zum asphaltierten Highway zurück verliefen problemlos. Die Städte-Dichte mit Laden und Campingplatz ist dünn im Outback, somit haben wir uns Leigh Creek nur per Zufall ausgewählt. Und wir haben Schwein. Aber richtig Schwein mit der Wahl.

Telefonisch fragen wir an, ob das Camp überhaupt geöffnet hat, weil die Beschreibung im Internet Zweifel gestreut hat. „Doch wir haben geöffnet. Ich gebe euch den Code vom Toiletten-Schloss und die Küche steht sowieso offen. Sucht euch irgendeinen einen Platz und wenn ihr wieder abreist, wenn die Hitze vorbei ist, zahlt ihr eure Übernachtungen (35 Dollar) einfach bei der Tankstelle gleich neben an“.

Hauptgeschäft des Campingplatzes ist es Cabins zu vermieten. Alle Hütten stehen zurzeit leer. Drei der Hütten wurden für Camper als Toiletten und die Küche freigegeben. Somit haben Achim und ich je ein komplettes Bad für uns. In der Küchen-Hütte stehen Tische und ein Sofa und eben der überlebenswichtige Gefrierschrank.

Auch nicht super viel Schatten – aber wenigstens ein wenig. Die Nachmittage verbringen wir aber in der Küche. Unter der Markise sind 49 Grad.

Die Hütten – die in der Mitte ist unsere Küche

Unser Campingplatz – hier die Hüttenanlage – alles steht leer – kein Mensch da. Nicht mal der Vermieter. Auch etwas gruselig.

Eine Küche für uns ganz allein – sogar einen Ofen gibt es – der erste in einem Camp – das schenkt uns mal eine Pizza. Klar, Ofen an bei der Hitze ;-)

Das ursprüngliche Leight Creek befand sich ein paar Kilometer nördlich. Ein lebendiger Ort mit bis zu 2.500 Einwohnern. Die meisten arbeiteten in der angrenzenden Kohlemine. Dann wurde die Kohlemine erweitert und man verlegte Leigh Creek in den 80er Jahren auf seinen heutigen Standort.

2016 wurde die Kohlemine geschlossen. Und die Leute zogen weg. Jetzt wohnen noch 200 Menschen in dem etwas unheimlichen Ort. Viele der nicht mehr benötigten Häuser wurden abgerissen bzw. abtransportiert und wo anders wieder aufgestellt. Um den inneren Kern von Leigh Creek findet man überall die Reste von ehemaligen Straßen und Fußwegen.

Die verbliebenen Einheitsbauten sind von hohen Wellblech-Zäunen eingefasst. Kaum ein Mensch ist auf der Straße oder in den winzigen Garten-Verschlägen zu sehen. Im überdachten Einkaufskomplex hat nur noch ein Medic-Center, der Schnapsladen und Supermarkt geöffnet. Alles andere steht leer.
Der Supermarkt ist nicht sehr groß, aber insbesondere die Frische-Abteilung ist ungewöhnlich gut sortiert: zwei Sorten Melonen, Zuckerschoten, frische Champignons – und so weiter. Eine tolle Auswahl. Für so wenig Menschen, wie kann das sein? Aber unser Überleben ist prima gesichert – keine zehn Minuten Fußweg vom Gefrierschrank entfernt.

Ich dachte schon, dass ich etwas für meine Haare tun könnte. Nein, leider geschlossen.

Jeder Regentropfen wird in Leigh Creek aufgefangen. Wasser aus dem Hahn ist feinstes Trinkwasser – aufbereitet mit einer Osmoseumkehranlage in Leigh Creek.

Die Kirche im Einkaufskomplex – von hinten alles Fake

Die Menschen wohnen in Leigh Creek irgendwie eingezäunt – da wo wir das Foto aufnehmen, befinden sich alte Straßenseite.

Farblos und eingesperrt – Wohnen in Leigh Creek

Mich gruselt der Ort etwas

Wir beschließen, die Hitzewelle hier abzuwettern. Durch die Gegend zu fahren, macht keinen Spaß. Und wandern ist fast ausgeschlossen. Diese Hitze ist schon belastend. Vor allem, weil es nachts nicht mehr abkühlt. Üblicherweise fällt  in Wüstenregionen die Temperatur nachts deutlich ab. Während einer Hitzewelle nicht. Morgens um sechs Uhr – der kühlsten Stunde des Tages-  herrschen bereits (oder noch – wie man will) 33 Grad.

Unser Zelt hat an drei Seiten Gaze, so dass wir Luft rein lassen können, aber die ersten Nächte weht da kaum ein Lüftchen hinein. Am späten Nachmittag des vierten Tages ist die Hitze dann vorbei. Von jetzt auf sofort. Es kommt Wind auf, viel Wind. Die Temperatur fällt innerhalb von zwei Stunden um zehn Grad. Die Nacht wäre herrlich, würde es nicht so stürmen. Und morgens beim Frühstück sitzen wir mit Fleecejacke in der Sonne. „29 Grad – gefühlt wie 25“, sagt der Wetterbericht. Da kann man schon mal frieren. ;-)

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Heißer Besuch in Arkaroola

21.Jan.24,  Australien/SA/Arkaroola, Tag 51-52 Roadtrip,  4.241 km total, 158 Tages-km

Nach Minenstadt Blinman geht es 160 Kilometer (drei Stunden Fahrzeit) über Schotterpiste Richtung Vulkathunha-Gammon Ranges Nationalpark. Dieser ist der nördlichste Teil der Flinders Kette und am wenigsten besucht. Tatsächlich kommt uns auf der gesamten Streck kein einziges Auto entgegen. Das einzige Fahrzeug, was wir sehen, ist ein Wohnwagen-Gespann, das wir überholen.
Die unbefestigte Straße wäre auch mit normalen Autos befahrbar, wären nicht die Furten, die durch ausgetrocknete Bäche führen. Hier gibt es häufig Auswaschungen oder es liegen angespülte Steine auf dem Weg.

160 Kilometer Schotterpiste – mal eben

mal bergig und ohne Fernsicht

Und das erste Mal machen wir mit Bodenwellen Bekanntschaft. Die sehen aus wie die Wellen im Watt, wenn sich das Wasser zurück gezogen hat. Langsam sind diese Wellen nicht befahrbar. Bundy schüttelt sich. Die Zähne klappern. Alles rappelt und wackelt. Achim gibt Gas. Und tatsächlich, wie einschlägig beschrieben, kann man klapperfrei fahren, wenn man nur schnell genug ist. 60 plus km/h müssen es aber schon sein. Das birgt dann natürlich die Gefahr, dass man ein heftiges Schlagloch oder ähnliches nicht rechtzeitig sieht.
Aber der Kutscher bringt uns sicher zum Ziel.

Felsformation auf dem Weg zum Camp

Unser Ziel ist ein Eco-Camp, was bereits 1968 gegründet wurde. Die Familie vom Geologen Sprigg (eben jener, der den wundersamen Fund machte, der mit dem goldenen Spike gekennzeichnet ist) betreibt einen Mix aus Luxus-Lodges, Zeltplatz, 4WD-Spielplatz und drei Observatorien.

Von den Lodges (über sechzig an der Zahl) sind nur drei, vier Häuser besetzt. Den riesigen Zeltplatz teilen wir uns mit dem Aussie-Ehepaar, was wir vorher überholt haben. „Wir steigen jetzt in unseren klimatisierten Landcruiser und gehen off-roaden. Und wir steigen heute auch nicht mehr aus“, verkündet uns der ältere Haudegen, Typ Crocodile Dundee.
Richtig machen die das, finden wir. Auf dem fast baumlosen Gelände hocken wir den Rest des Nachmittags unter unserer Markise und hecheln. 39 Grad sagt die Vorhersage – 39 Grad zeigt unser Thermometer.

Stellplatz fast komplett ohne Schatten – bei den Temperaturen schon eine kleine Herausforderung

Der Sonnenuntergang mal die Berge bunt

Am nächsten Morgen gehen wir rechtzeitig los zur Wanderung in dieser wundervollen Landschaft. Es ist noch kühl: 33 Grad! :lol: Aber dank niedriger Luftfeuchtigkeit und mit viel Wasser schaffen wir eine schöne Runde. Am Nachmittag geht gar nichts mehr – die Temperatur erreicht 43 Grad.
Und die weitere Vorhersage ist nicht positiv. Eine Hitzewelle von Westen kommend, überrollt die nächsten Tage fast gesamt Australien. In Arkaroola sind Spitzenwerte von 47 Grad angesagt.

Wandern geht nur noch am Vormittag – ab Mittag wird es viel zu heiß

Die Observatorien sind unser Ziel

Kleine Observatorien – man kann Vorführungen buchen – wir leider nicht – der Mond ist fast voll und überstrahlt den Sternenhimmel

Dies ist ein Model des Ein-oder Vielzellers den der Geologe Sprigg entdeckt hat. Wir sind unten dran vorbei gegangen und haben es für Parkplatzmarkierungen gehalten. :lol:

Die letzten Ausläufer der Flinders Kette

Neben der Hitze machen uns auch die Fliegen das Leben schwer. Waren sie in den ersten Camps in den Bergen noch erträglich, so nerven sie hier schon gewaltig. Mit dem Netz überm Kopf geht es, aber beim Abendessen ist es böse. Die Fliegen setzten sich in Augen, Nase und Mund, weil sie scharf sein sollen auf das Eiweiß in unseren Körperflüssigkeiten.
Wir haben es mit einem Fleischopfer etwas abseits auf einem Teller versucht. In der Tat, das interessiert sie gar nicht. Aber unsere Nudelsauce mit Sahne, da sind sie scharf drauf.  Brrrrr. Eklig. Hunderte kommen aus allen Ecken angesaust. Mit einer Hand wedeln wir, mit der anderen versuchen wir die Nudeln in den Mund zu stopfen. Möglichst ohne Fliegeneinlage. Pfui.

Der Familienrat entscheidet, dass wir fliehen und nach nur zwei Tagen wieder abreisen. Wir fliehen den Fliegen und der Hitze, beides auf einmal ist zu viel für schwache europäische Gemüter im Outback. ;-)

Der Australische Gruß – Fliegen vor dem Gesicht weg wedeln

 

Fliegen und Kuhscheiße Talk

Die Fliegen gab es schon vor Ankunft der weißen Siedler in Australien. Brav haben sie ihre Eier in die harten Ködel von Kängurus abgelegt und sich vernünftig vermehrt. Dann kamen die Rinder. Dreißig Millionen sollen es in Spitzenzeiten gewesen sein (heute noch 22 Millionen).
Mit den Rindern kamen die Kuhfladen. Was fehlte, waren Mistkäfer. Sorgen diese Scheiße liebenden Tiere in Europa und Amerika für eine ökologisch saubere und rasche Entfernung der Fladen, so bleiben sie in Australien einfach liegen. Dreißig Millionen Kühe fladdern ungefähr dreißig Quadratkilometer mit ihrem dünnflüssigen Dung zu – täglich.
Der Australische Mistkäfer kann damit nichts anfangen. Es schmeckt ihm nicht. Fliegen hingegen lieben die weichen Kuhfladen und konnten sich unkontrolliert vermehren.
In den 60er, 90er Jahren und 2015 brachte man verschiedene Mistkäfer ins Land, um die Fliegen-Plage einzudämmen. Zum Teil mit Erfolg. Aber es dauert noch, bis sich ein vernünftiges Gleichgewicht eingestellt haben wird.

Da die Kuhfladen zu lange in Australien liegen bleiben, nützen sie nicht nur den Fliegen, sondern schaden auch den Weideflächen. Sie bedecken zu lange die Grasnarbe. Neues Gras wächst nicht nach, Flächen verdorren. Erosion folgt. Weideland ist für immer verloren.
Ein Hoch auf die euro-amerikanischen Mistkäfer. Guten Appetit – haut bloß ordentlich rein.

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